zu Einwendungen. In überlebensgrossem Format hätte das Denkmal vielleicht eine etwas dürftige Fernwirkung gemacht und bei näherer Betrachtung trotz der grossen Kunst im Detail die architektonische Gliederung vergessen lassen. Aber die belgische Regierung ging nicht von diesem ästhetischen Motiv aus, als sie die Aufstellung des Werkes ablehnte, sondern fürchtete vielmehr, das Denkmal könne, da es den Arbeiterstand verherrlicht, den Anlass zu Arbeiterunruhen geben. Man beschloss, alle Teile des Denkmals in einem Meunier-Saale des modernen Museums unterzubringen.
Wenngleich wir sofort nach Ergehen der Entscheidung über den Wettbewerb um das Kaiserin Elisabeth-Denkmal in Wien das Thatsächliche kurz mitgeteilt hatten, wird die folgende Kritik unseres Wiener Korrespondenten hier doch noch interessieren: Es ist von zwei bedeutenden Preisbewerbungen zu berichten, aber leider wenig Gutes. Sowohl das Deutschmeisterdenkmal, als auch das der Kaiserin Elisabeth hat ein starkes Geschwader von Bildhauern in Bewegung gesetzt. Für das der Kaiserin waren 67 Bewerber vorhanden; begreiflich bei dem intimen Reiz dieser edlen Frauengestalt, wie auch bei derHöhe der sechs Preise (10000—2000 Kronen), ln beiden Bewerbungen war Hans Bitterlich, Professor an der Akademie, Sieger. Der Urheber des Gutenberg- Denkmals hat das Talent, nicht anzustossen. So modern zu sein, dass er nicht ganz akademisch aussieht, und so akademisch, dass er nicht recht modern zu nennen ist. Er hat sich den ganzen Porträtrealismus der vorletzten Wiener Periode bewahrt und dazu gewisse Allüren von sogenannter Stimmungsplastik (namentlich im schwimmenden Relief und freierer Sockelbildung) angenommen. Das ist der goldene Mittelweg, auf den sich aufgeklärtere Jurymehrheiten eben noch verlocken lassen. Auf Ursprünglichkeit, Temperament, Phantasie ist dabei freilich nicht zu rechnen. Man erhält eine leidlich brauchbare Formel, mehr sachlich als persönlich, und durchaus im Einklang mit den gegebenen Bedingungen. Bei dem Entwurf für das Elisabethdenkmal, das doch poetisch stimmen müsste, hat der Künstler die Formel sogar geradezu nüchtern ausgerechnet. Er baut eine eng zusammengefasste, halbrunde Estrade von sieben Stufen, auf deren einer die Figur steht und in beiden vor dem Schosse vereinigten Händen ein Buch hält. Am Bau kein herkömmliches Einzelzeug von Balustraden, Vasen und dergleichen, auch kein Zierwerk, mit Ausnahme zweier geflügelter Greifenköpfe als Sitzlehnen und eines Flachreliefs über die Segmentfläche der Rückseite weg. Dagegen trachtete der Künstler recht bildnismässig zu sein und dies hauptsächlich bewog die Jury, ihm den zweiten Preis zu geben. Der erste Preis wurde nämlich überhaupt nicht zuerkannt (eine Protestversammlung der Künstler hat dieserhalb stattgefunden), und dies allein beweist schon, dass man die Preisbewerbung eigentlich für misslungen hält. Oder sollte man der edlen Märtyrerin ein Denkmal errichten wollen, das nicht einmal des ersten Preises würdig befunden wird? Übrigens finden wir auch den Charakter der Figur nicht authentisch genug, vielmehr zu stämmig, und das englisch glatte Kostüm ist viel zu sehr durch Anläufe zu herkömmlichem Faltenwurf beunruhigt. Die weiteren Preise fielen an Hans Müller (Wien), Franz Metzner (Friedenau-Berlin), Alexander Jaray (Charlottenburg) und Prof. Georg Winkler (Graz). Auch diese Reihenfolge ist seltsam. Der Metzner’sche Entwurf ist überhaupt der interessanteste. Er ist auch der einzige, dem man unsere Zeit ansieht. Er stellt ein Kenotaph dar, aus dessen Mitte Sockel und Figur in langer Linie und lotrechter Steilheit aufsteigen. Rechts und links schliessen sich in halber Höhe huldigende Gruppen an, dichtgedrängt, fast friesartig wirkend, obgleich es Rundfiguren vor freier Luft sind. Der
Stil ist breitflächig, nur das wichtigste Detail andeutend; die hohe, schlanke Porträtfigur, das Haupt mit langem Schleier bedeckt, das glatte englische Kleid, auf wenige grosse Linien und Flächen zurückgeführt, wirkt feierlich, ja tragisch. Es ist allerdings etwas Dante darin, was durch Weglassung des Schleiers und »Freilegung« des Kopfes zu heben wäre. Dieser Entwurf eines jungen Österreichers hätte wohl den ersten Preis verdient. — Das Deutschmeisterdenkmal ist dem zweihundertjährigen Bestände (1696 — 1896) des Wiener Hausregimentes »Hoch- und Deutschmeister« gewidmet. Der Bitterlich’sehe Entwurf zeigt eine hohe schlanke Pyramide zwischen einer Kämpfergruppe und einem brüllenden Löwen; die Kaiserkrone auf einem Kissen dient als Bekrönung, darunter breiten sich die Fittiche des Doppeladlers in die Quere; an den unteren Seitenflächen Reliefs des früheren und jetzigen Deutschmeisters. Material: Marmor und Bronze. Es ist eine Zusammenstellung herkömmlicher Elemente, mehr auf das Gefällige hin, ohne urwüchsigen persönlichen Zug. Die übrigen Preise fielen an Wilhelm Seih und Arthur Strasser (mit Architekt Rudolf Dick, der vor einigen Jahren den ersten Preis für die kalifornische Universität errang). Der Entwurf Strasser-Dick enthält ohne Zweifel die Elemente zu einem guten Denkmal. Strasser’s dekorative Kraftnatur bewährt sich an den vier kolossalen Eckfiguren (dunkle Bronze mit Vergoldungen) von Deutschmeistern aus vier Epochen. Er ist ja der Meister des malerischen Kostüms. Reizvoll ist auch die St. Georgsgruppe, mit der er die Pyramide krönt. Wegzulassen wäre ein Löwenpaar, das vorne einen rücklings hingestreckten toten Krieger betrauert und dabei auf ,seinen beiden Rücken (!) ein bequastetes Kissen mit der Kaiserkrone liegen hat. Die Pyramide Dick’s zeigt ein secessionistisch modernisiertes Barock von übergrossem Reichtum an zierlichem Einzelwerk. Vereinfacht gäbe sie mit dem St. Georg und den vier Deutschmeistern ein interessantes Denkmal. Ludwig Hevesi.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Die internationale Kunstausstellung in Rom. Die römischen Ausstellungen haben stetig an Bedeutung zugenommen, seitdem vor mehreren Jahren die beiden ausschlaggebenden Genossenschaften der cultori delle belle arti und der aquarellisti Frieden geschlossen haben und vereinigt ausstellen. Freilich die Bedeutung, welche die Kunstausstellungen Venedigs sich errungen haben, werden die hiesigen kaum jemals erreichen. Dazu fehlt es an thäliger Unterstützung der leitenden Kreise und an Interesse des grossen Publikums, das Fremdenpublikum nicht ausgenommen, das moderner ausübender Kunst im allgemeinen sehr kühl gegenübersteht und ihr höchstens durch Atelierbesuche einen bequemen und leicht wiegenden Zoll zahlt. Und doch wird auch innerhalb der aurelianischen Mauern jetzt viel Tüchtiges und Ansprechendes geleistet. Die in früheren Jahrzehnten herrschende Selbstgenügsamkeit findet unter den Anregungen, die fremde Elemente in langjähriger Anwesenheit oder kürzerem Winteraufenthalt ausüben, keinen Boden mehr, das Konventionelle für den Verkauf an kunstverständige Fremde berechnete Modellbild, die geistlose Vedute, ist längst zurückgetreten vor dem ernsthaften Studium und der Wiedergabe der wirklichen Natur, des wirklichen Menschentums. Auch die diesmalige Ausstellung giebt dafür den Beleg, und sie lässt ausserdem die Vielseitigkeit dieses römischen Kunstmikrokosmus erkennen, in dem die verschiedenen Nationen und verschiedensten Richtungen friedlich nebeneinander hausen, ohne dass es zu Spaltungen, Secessionen und sonstigem künstlerischen Waffenlärm kommt. Durch eine Reihe von Sonderausstellungen hat
Wenngleich wir sofort nach Ergehen der Entscheidung über den Wettbewerb um das Kaiserin Elisabeth-Denkmal in Wien das Thatsächliche kurz mitgeteilt hatten, wird die folgende Kritik unseres Wiener Korrespondenten hier doch noch interessieren: Es ist von zwei bedeutenden Preisbewerbungen zu berichten, aber leider wenig Gutes. Sowohl das Deutschmeisterdenkmal, als auch das der Kaiserin Elisabeth hat ein starkes Geschwader von Bildhauern in Bewegung gesetzt. Für das der Kaiserin waren 67 Bewerber vorhanden; begreiflich bei dem intimen Reiz dieser edlen Frauengestalt, wie auch bei derHöhe der sechs Preise (10000—2000 Kronen), ln beiden Bewerbungen war Hans Bitterlich, Professor an der Akademie, Sieger. Der Urheber des Gutenberg- Denkmals hat das Talent, nicht anzustossen. So modern zu sein, dass er nicht ganz akademisch aussieht, und so akademisch, dass er nicht recht modern zu nennen ist. Er hat sich den ganzen Porträtrealismus der vorletzten Wiener Periode bewahrt und dazu gewisse Allüren von sogenannter Stimmungsplastik (namentlich im schwimmenden Relief und freierer Sockelbildung) angenommen. Das ist der goldene Mittelweg, auf den sich aufgeklärtere Jurymehrheiten eben noch verlocken lassen. Auf Ursprünglichkeit, Temperament, Phantasie ist dabei freilich nicht zu rechnen. Man erhält eine leidlich brauchbare Formel, mehr sachlich als persönlich, und durchaus im Einklang mit den gegebenen Bedingungen. Bei dem Entwurf für das Elisabethdenkmal, das doch poetisch stimmen müsste, hat der Künstler die Formel sogar geradezu nüchtern ausgerechnet. Er baut eine eng zusammengefasste, halbrunde Estrade von sieben Stufen, auf deren einer die Figur steht und in beiden vor dem Schosse vereinigten Händen ein Buch hält. Am Bau kein herkömmliches Einzelzeug von Balustraden, Vasen und dergleichen, auch kein Zierwerk, mit Ausnahme zweier geflügelter Greifenköpfe als Sitzlehnen und eines Flachreliefs über die Segmentfläche der Rückseite weg. Dagegen trachtete der Künstler recht bildnismässig zu sein und dies hauptsächlich bewog die Jury, ihm den zweiten Preis zu geben. Der erste Preis wurde nämlich überhaupt nicht zuerkannt (eine Protestversammlung der Künstler hat dieserhalb stattgefunden), und dies allein beweist schon, dass man die Preisbewerbung eigentlich für misslungen hält. Oder sollte man der edlen Märtyrerin ein Denkmal errichten wollen, das nicht einmal des ersten Preises würdig befunden wird? Übrigens finden wir auch den Charakter der Figur nicht authentisch genug, vielmehr zu stämmig, und das englisch glatte Kostüm ist viel zu sehr durch Anläufe zu herkömmlichem Faltenwurf beunruhigt. Die weiteren Preise fielen an Hans Müller (Wien), Franz Metzner (Friedenau-Berlin), Alexander Jaray (Charlottenburg) und Prof. Georg Winkler (Graz). Auch diese Reihenfolge ist seltsam. Der Metzner’sche Entwurf ist überhaupt der interessanteste. Er ist auch der einzige, dem man unsere Zeit ansieht. Er stellt ein Kenotaph dar, aus dessen Mitte Sockel und Figur in langer Linie und lotrechter Steilheit aufsteigen. Rechts und links schliessen sich in halber Höhe huldigende Gruppen an, dichtgedrängt, fast friesartig wirkend, obgleich es Rundfiguren vor freier Luft sind. Der
Stil ist breitflächig, nur das wichtigste Detail andeutend; die hohe, schlanke Porträtfigur, das Haupt mit langem Schleier bedeckt, das glatte englische Kleid, auf wenige grosse Linien und Flächen zurückgeführt, wirkt feierlich, ja tragisch. Es ist allerdings etwas Dante darin, was durch Weglassung des Schleiers und »Freilegung« des Kopfes zu heben wäre. Dieser Entwurf eines jungen Österreichers hätte wohl den ersten Preis verdient. — Das Deutschmeisterdenkmal ist dem zweihundertjährigen Bestände (1696 — 1896) des Wiener Hausregimentes »Hoch- und Deutschmeister« gewidmet. Der Bitterlich’sehe Entwurf zeigt eine hohe schlanke Pyramide zwischen einer Kämpfergruppe und einem brüllenden Löwen; die Kaiserkrone auf einem Kissen dient als Bekrönung, darunter breiten sich die Fittiche des Doppeladlers in die Quere; an den unteren Seitenflächen Reliefs des früheren und jetzigen Deutschmeisters. Material: Marmor und Bronze. Es ist eine Zusammenstellung herkömmlicher Elemente, mehr auf das Gefällige hin, ohne urwüchsigen persönlichen Zug. Die übrigen Preise fielen an Wilhelm Seih und Arthur Strasser (mit Architekt Rudolf Dick, der vor einigen Jahren den ersten Preis für die kalifornische Universität errang). Der Entwurf Strasser-Dick enthält ohne Zweifel die Elemente zu einem guten Denkmal. Strasser’s dekorative Kraftnatur bewährt sich an den vier kolossalen Eckfiguren (dunkle Bronze mit Vergoldungen) von Deutschmeistern aus vier Epochen. Er ist ja der Meister des malerischen Kostüms. Reizvoll ist auch die St. Georgsgruppe, mit der er die Pyramide krönt. Wegzulassen wäre ein Löwenpaar, das vorne einen rücklings hingestreckten toten Krieger betrauert und dabei auf ,seinen beiden Rücken (!) ein bequastetes Kissen mit der Kaiserkrone liegen hat. Die Pyramide Dick’s zeigt ein secessionistisch modernisiertes Barock von übergrossem Reichtum an zierlichem Einzelwerk. Vereinfacht gäbe sie mit dem St. Georg und den vier Deutschmeistern ein interessantes Denkmal. Ludwig Hevesi.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Die internationale Kunstausstellung in Rom. Die römischen Ausstellungen haben stetig an Bedeutung zugenommen, seitdem vor mehreren Jahren die beiden ausschlaggebenden Genossenschaften der cultori delle belle arti und der aquarellisti Frieden geschlossen haben und vereinigt ausstellen. Freilich die Bedeutung, welche die Kunstausstellungen Venedigs sich errungen haben, werden die hiesigen kaum jemals erreichen. Dazu fehlt es an thäliger Unterstützung der leitenden Kreise und an Interesse des grossen Publikums, das Fremdenpublikum nicht ausgenommen, das moderner ausübender Kunst im allgemeinen sehr kühl gegenübersteht und ihr höchstens durch Atelierbesuche einen bequemen und leicht wiegenden Zoll zahlt. Und doch wird auch innerhalb der aurelianischen Mauern jetzt viel Tüchtiges und Ansprechendes geleistet. Die in früheren Jahrzehnten herrschende Selbstgenügsamkeit findet unter den Anregungen, die fremde Elemente in langjähriger Anwesenheit oder kürzerem Winteraufenthalt ausüben, keinen Boden mehr, das Konventionelle für den Verkauf an kunstverständige Fremde berechnete Modellbild, die geistlose Vedute, ist längst zurückgetreten vor dem ernsthaften Studium und der Wiedergabe der wirklichen Natur, des wirklichen Menschentums. Auch die diesmalige Ausstellung giebt dafür den Beleg, und sie lässt ausserdem die Vielseitigkeit dieses römischen Kunstmikrokosmus erkennen, in dem die verschiedenen Nationen und verschiedensten Richtungen friedlich nebeneinander hausen, ohne dass es zu Spaltungen, Secessionen und sonstigem künstlerischen Waffenlärm kommt. Durch eine Reihe von Sonderausstellungen hat