den Sinn kam, war allerdings Giovanni di Pisa. Aber ein an Ort und Stelle wiederholter Vergleich mit dessen Altar in der Eremitani ergab namentlich für den Bambino zu starke VerschiedenheitenJ). Von den übrigen Mitarbeitern Donatello’s kann Urbano da Cortona nicht in Betracht kommen; Antonio Chellino und Francesco Valente können wir als Künstlerindividualitäten noch nicht fest genug umgrenzen.
Auch für denjenigen, welcher zögert, hier Donatello’s eigene Hand zu erkennen, wird dies Relief den sehr willkommenen festen Anhalt in der Frage bieten, wie Donatello’s Madonnenkompositionen der Paduaner Zeit ausgesehen haben. Wir waren bisher auf den kleinen Tondo am Antoniusrelief des Santoaltars angewiesen, um den Typus festzustellen; und dabei war es sehr misslich, eine dekorative Verzierung als Modell für selbständige grosse Kompositionen zu benutzen. Das neue Relief füllt diese fatale Lücke aus. Jetzt wird deutlich, wie recht Bode (Florentiner Bildhauer der Renaissance, S. 112) hatte, die sogenannte Veroneser Madonna, trotz der Nähe von Verona und Padua, in eine frühere Zeit (um 1435) als die Paduaner zu setzen. Sie gehört zu demselben Typus, wie alle die mit der Verkündigung in Sa. Croce (um 1435) zusammenhängenden Reliefs. Diese Gruppe bietet den zweiten Typus von Donatello’s Madonnen, während die erste sich um die Madonna Pazzi resp. die Silberplakette beiSchnütgen in Cöln anordnen lässt. Das Entscheidende für die dritte, Paduaner Gruppe ist die gerade Haltung Maria’s, mit durchgedrücktem Kreuz, die Nacktheit
des Bambino und die Lockerung der Komposition. Der neugefundenen Madonna steht am nächsten der Stucco bei Bardini (Abbildung Bode 1. c. S. 116), von dem das Berliner Museum eine teilweise Wiederholung — sehr abgewaschen, aber noch immer ungemein gewaltig — besitzt (Abb. Meyer, Donatello, S. 118). Dagegen weiss ich die sogenannte Madonna Pietrapiana*) in Florenz nicht in die Paduaner Gruppe einzufügen. Sie gehört wohl noch zum zweiten Typus; ob sie ein eigenhändiges Werk Donatello’s ist, bleibt bei aller Schönheit zweifelhaft.
Die Faltenbehandlung unseres neuen Reliefs, das ich am liebsten schon in die fünfziger Jahre setzen möchte, weist auch schon vorwärts auf die späten Arbeiten Donatello’s in Florenz. Ich rechne zu den nachpaduanischen Werken auch die Thüren der Sakristei von S. Lorenzo. Bereits Hugo von Tschudi hat diese späte Datierung einmal angedeutet, wenn auch nicht fest behauptet. Nun finden wir bei Vespasiano Bisticci (1. c. S. 259) die Notiz, dass Donatello keine Arbeit gehabt, in schlechten Verhältnissen und schlecht gekleidet gewesen sei; deshalb habe ihm Cosimo certi pergami di bronzo per Santo Lorenzo übertragen, e fecegli fare certe porte che sono nella sagrestia. Das lässt doch auf eine gleiche Entstehungszeit der Kanzeln und Thüren schliessen. Bedenken wir nun, dass der alternde Meister auch für den Sieneser Dom damals Bronzethüren übernahm, die freilich nicht über das Wachsmodell hinausgediehen, so wird die späte Datierung der Sakristeithüren noch wahrschein
1) Der Name ist ursprünglich Pietrapane; die Strasse war nach jenem Francesco da Pietrapane genannt, der um 1431 nach Florenz kam, ein »uomo di santissima vita«, wie ihn Vespasiano Bisticci (Vite di nomini illustri etc. ed. Bartoli, p. 248) nennt. Vielleicht ist das Madonnenrelief in eben dieser Zeit entstanden.
1) Die früher in Sa. Maria Constanzia, jetzt in der Sakristei von Sa. Oiustina einsam thronende Madonna, welche der Cicerone, 8. Aufl., 11, 475b als »Art Giovanni di Pisa’s« bezeichnet, scheint mir mit diesem Donatelloschüler nicht in Zusammenhang zu stehen. Wir bilden das wenig bekannte, bisher nicht photographierte Werk ab. Es ist sicher von einem Florentiner gearbeitet, der aber Desiderio näher steht als Donatello.
Abb. 3. B. Bellano, Marmorrelief. Padua, Eremitani
Abb. 2. Florentiner Meister
um 1450.
Padua, Sa. Oiustina