pressionistischen Bilder unternehmen die Flucht in die Öffentlichkeit. Bei Bernheim werden einige entzückende Sachen gezeigt. Dabei ist auffallend, wie die Impressionisten ihre Manier geändert haben: so ansprechend geschmackvoll und fein ihre älteren Sachen sind, so virtuos im schlechten Sinne, so brutal geradezu wirken sie in den Arbeiten der letzten zehn Jahre. Da sind zwei Claude Monets aus dem Jahre 1872: Ansichten aus Saardam, wo sich hochgieblige hellgrüne Häuser, dunkle Baummassen, ein blauer, hoher, mit weissen Wolken befahrener Himmel im Kanal spiegeln. Die Luft ist durchsichtig rein und klar, und man schaut bis in weite Fernen hinaus auf den am Horizont verschwindenden Kanal mit seinen Kähnen und den Windmühlen seiner Ufer. Nichts kann reizender, poetischer und realistischer zugleich sein als diese beiden Bilder. In zwei spätem Bildern von der französischen Riviera zeigt sich Claude Monet wieder als der entzückende Farbendichter, der sich in seinen besten Sachen mit dem grössten Koloristen der Neuzeit, mit dem Engländer Turner, messen kann. In rosigem Dufte liegt der See und die Alpen im Hintergründe vor dem Beschauer, so zart und fein hingehaucht wie ein Märchenland. Wie schade, dass Monet, in dessen Seele ein grosser Poet schlummert, sich viel lieber in der Rolle des Grammatikers gefällt, der die wechselnden Lichterscheinungen an einem bestimmten Thema gewissenhaft und oft sehr unerfreulich abhandelt! Sisley hat dieselbe Wandlung durchgemacht: auch von ihm ist eine Landschaft von 1873 da: neben einem saftig grünen Kohlfelde liegt eine gelbe Weizenfläche, und in schweren dunklen Massen stehen die Obstbäume am hohen blauen Himmel, an dem die weissen Wolken hinziehen. In diesem »Argenteui!« genannten Bildchen findet man zwar nicht die später bei Sisley so beliebten Abstufungen von blau, violett und lila, aber desto natürlicher, richtiger und ungesuchter wirkt die Arbeit.
Von Manet selbst ist ein grosses Bildnis Zola’s da, ferner ein Junge in weissem Kittel, der Seifenblasen macht, ein kleinerer Junge mit einem leuchtend roten Käppchen, ein weibliches Bildnis ganz in Weiss, eines der besten Beispiele für die feine Modellierung der Fleischtöne ohne jede Zeichnung als Linienführung, ein Stillleben und einige andere Sachen, deren keines etwas Neues lehrt, und die alle ohne Ausnahme die oben angeführte Thatsache von dem Verschwinden der Farben Manet’s erhärten. Wie Manet auf seine Schülerin Berthe Morizot gewirkt hat, lässt sich hier ebenfalls sehr gut beobachten: das Bildnis der Dame im rosa Ballkleid könnte fast von der Morizot sein, und die Damenbildnisse der Morizot, die in der Nähe hängen, unterscheiden sich von den Arbeiten Manet’s nur durch grössere Zartheit, Anmut, fast möchte man sagen: Weiblichkeit. In der Auffassung, in der Technik, in der Anschauung der Natur sind Meister und Schülerin einander vollkommen gleich. Ausser der Morizot ist hier noch eine Schülerin Manet’s vertreten, deren Bilder man nur sehr selten zu sehen bekommt: die Engländerin Mary Cassatt. Ihre hier ausgestellten Porträts von
jungen Frauen und Kindern weisen ihr nicht die aparte und eminente Stelle ein, die der Morizot gebührt. Sie sucht durch Verwendung grosser franker Farbenflächen zu wirken und setzt deshalb grüne, blaue und rote Kleider in breiten Flächen nebeneinander. Das wirkt nicht immer angenehm, und die Stärke der Cassatt liegt nicht in diesen koloristischen Versuchen, sondern vielmehr in ihrer frischen Auffassung und der technisch äusserst geschickten Modellierung der Gesichtszüge ihrer Modelle. Neben Manet scheint sie als Lehrmeister Rubens studiert zu haben, und einige ihrer nackten Kinder sind direkte Urenkel der Kinder und Engel des Flamen. Leider sind sie wie alle Urenkel etwas degeneriert, verzeichnet und verformt.
Degas ist mit einigen Tänzerinnen und Wäscherinnen vertreten, sehr feinen und aparten Sachen, die das unglaubliche Talent dieses grossen Meisters im Erfassen einer vorüberhuschenden Bewegung aufs neue beweisen. Renoir’s Bildnisse und Landschaften zeigen nichts Neues: er war immer von der Vorliebe für die blaue Farbe eingenommen, und alles wird bei ihm blau, was andere grün, rosig oder braun sehen. Von Pissarro ist ausser zwei hohen Gärten mit kleinen Figuren ein sehr feines und stimmungsvolles Bild da: ein pflügender Bauer auf dem von den letzten Strahlen der Abendsonne beleuchteten Acker. Schliesslich sei noch Cézanne erwähnt, der grausamste und unerbittlichste von den impressionistischen Meistern. Alle seine Bilder leiden an äusserst störenden perspektivischen Fehlern; um eine Schüssel mit Äpfeln zu malen, setzt er sich offenbar direkt auf den Tisch und sieht dann die Sachen in einem bei der Wiedergabe ganz unmöglich wirkenden Winkel: die ganze Sache steht schief, und handelte es sich um wirkliche Äpfel, so müssten sie unfehlbar von dem Tische herabrollen. Ebenso giebt es bei ihm kein Vor- und Zurücktreten der Gegenstände, alles steht in gleicher Entfernung, und auf dem Bildnisse des Schriftstellers Gustav Geffroy sind der Mann, der vor ihm stehende Tisch und der hinter ihm stehende Bücherschrank alle in der nämlichen Linie aufgebaut. Dadurch verschwindet jede plastische Körperlichkeit, und die Figuren und Gegenstände sehen aus, als ob sie flache Blech- oder Papierstücke wären, die man auf die Wand aufgeklebt hat. Man muss ein Auge schliessen, um die Welt so zu sehen, und ich glaube stark, dass Cézanne wirklich dieses einäugige Verfahren anwendet, welches alle Perspektive und alle Körperlichkeit aufhebt. Jedenfalls wird die kommende Richtung nicht gerade diese Eigentümlichkeit des Impressionismus beibehalten. KARL EUGEN SCHMIDT.
INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG IN
BUDAPEST
Diesmal kamen die ausländischen Künstler in geschlossenen Gruppen nach Budapest. Sie brachten auch etwas von ihrem Genius loci mit, namentlich die Schweden, Engländer, Franzosen. Die letzteren reichen freilich bis ins Jahr 1864 zurück, von Eduard Manet bis zu den Malern der Bretagne: Luden Simon