des Kupferstichs. Die Hauptmezzotintsammlung enthält 7650 Blätter, die letztere 2675 Bildnisse. Die seltensten lind schönsten Beispiele der graphischen Kunst sind hier durch 284 englische und 70 ausländische Meister vertreten. Da noch viel auszubessern ist, so wurden zur Zeit nur 60 der interessantesten Blätter dem Publikum zur Besichtigung geboten, dagegen sollen im nächsten Jahre 500 bis 600 Stiche im British Museum ausgestellt werden.
Das »Viktoria- und Albert-Museum« veranstaltete in seinen Räumen eine Ausstellung von Kupferstichen britischer Meister, die den dritten Abschnitt einer graphischen Serie bildet. Die in den Vorjahren den graphischen Künsten gewidmete Ausstellung betraf Lithographie und Illustration. Wenngleich die ausgezeichnetsten Probeblätter und die verschiedensten Plattenzustände hier vorhanden sind, so werden dem interessierten Publikum die meisten derselben doch bekannt sein. In der South Kensington-Kunstschule fand unter Vorsitz des Bildhauers Alfred Gilbert eine Vereinigung statt, um den zum Besuch in London eingetroffenen Bildhauer Auguste Rodin zu bewillkommnen. Wie es kaum anders zu erwarten war, fiel die Hauptrolle in dieser Begrüssungsfeier den beiden hervorragenden Landsleuten des Gastes, nämlich dem Professor Legros und M. E. Lantéri zu.
Die Menzelausstellung in der vornehmen French Gallery in Pall Mall wurde am 6. Juni unter dem Protektorate des deutschen Botschafters Grafen Wolff- Metternich feierlich eröffnet. Wenn auch diese ca. 120 Nummern von Zeichnungen, Aquarellen und zwölf Ölgemälden nicht entfernt einen Begriff von der Grösse Menzel’scher Kunst geben und besonders die Darstellungen aus der Fridericianischen Zeit vermissen lassen, so kann man doch mit Genugthuung konstatieren, dass die hier den Londoner Kunstkreisen zum erstenmal gebotenen Proben Menzel’scher Zeichnung und Malerei eine sehr sympathische Aufnahme gefunden und einen tiefen Eindruck gemacht haben. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Der Markttag auf der Piazza d’Erbe in Verona, von der Galerie Henneberg (für 240000 Mark verkäuflich!) ausgestellt, und die von Generalkonsul C. Behrens in Hamburg geliehenen drei Werke: Das Innere der Kathedrale von Salzburg (Aquarell) und die Ölgemälde Alte Synagoge in Prag und Eine Strasse in Paris. Zwei vortreffliche, im Jahre 1850 gemalte Porträtstudien des Dr. Puhlmann und Major Leuthold wurden noch kurz vor der Absendung nach London von der Berliner Nationalgalerie erworben, wie der Timeskritiker schreibt »aus Furcht, dass ein englischer Kunstfreund sie wegschnappen könnte«.
Ein inzwischen bereits in Berlin angelangtes Porträt König Eduard’s VII. von der Hand des Malers Emil Fuchs und bestimmt von dem Chef für sein Gardedragoner-Regiment, fand hier vielen Beifall. Unter den Personalien gebührt dem Präsidenten der Königlich schottischen Akademie die erste Stelle. Dieser wurde als Sir James Guthrie in den Adelsstand erhoben, und da er erst 44 Jahre alt ist, so bleibt van Dyck der Ruhm, die betreffende
Ehre schon früher, das heisst mit 34 Jahren erreicht zu haben.
Hinsichtlich der grossen stattgehabten Kunstauktionen will ich nur einige Worte an den Verkauf des Gainsborough für 198450 Mark anknüpfen. Ich habe das betreffende Bild, ein weibliches Damenporträt, eingehend besichtigt und halte dasselbe für kein zu besonderes Werk des Künstlers. Andererseits sprechen alle Anzeichen dafür (vorausgesetzt normale Zeiten), dass die Werke ersten Ranges der alten englischen Meister auf 500000—600000 Mark steigen werden. Seit zwölf Jahren habe ich fortgesetzt an dieser Stelle auf die kommenden Preissteigerungen hingewiesen. o. v. SCHLEINITZ.
KARLSRUHER KUNST
Im Karlsruher Kunstverein ist zur Zeit eine grössere Kollektion von Arbeiten des bekannten Aktlehrers der Karlsruher Akademie Professor Ludwig Schmid-Reutie ausgestellt: Skizzen und Studien und ein vollendetes Bild »Kain«. Schmid - Reutte, in dem die Akademie eine ihrer hervorragendsten Lehrkräfte besitzt, ist auch als ausübender Künstler jedenfalls ein Mann von unbestreitbar grossen, wenn auch einseitig ausgebildeten Qualitäten. Seine Beherrschung der menschlichen Form ist vollendet, wird aber nie akademisch, bleibt immer gross, wuchtig, herb, energisch auf das Wesentliche gerichtet und durchsetzt von einem stark persönlichen Zug eines leidenschaftlichen Kraftgefühls. Dagegen fehlen ihm die eigentlich malerischen Potenzen. Seine Vorzüge reden aus den Skizzen, den gezeichneten Aktstudien am eindringlichsten zu uns. Sein »Kain« wirkt bei aller Wucht der formalen Darstellung mehr zeichnerisch als bildmässig.
In einem erfreulichen Fortschreiten ihrer Entwickelung ist unsere jung aufblühende Karlsruher Privatarchitektur begriffen. Es ist das um so bedeutungsvoller, als gerade das eigentlich lokale Kunstleben aus der Thätigkeit der Privatarchitekten, dem bürgerlichen Wohn- und Geschäftshaus neuerdings die stärksten Impulse einer künstlerischen Regeneration empfangen hat. In der Malerei stehen einer solchen, im strengen Sinne autochthonen Entwickelung vorläufig noch mancherlei Schwierigkeiten im Weg: vor allem der Mangel an einem einheimischen Kunstmarkt und dann auch das Fehlen an grossen staatlichen und kommunalen Aufträgen. Auf diesem Gebiete hängt die Frage, ob sich das Karlsruher Kunstleben auf der Höhe halten wird, immer wieder vom staatlichen Eingreifen ab: vor allem von den Berufungen an die Akademie. Nun haben zwar die letzten Jahre bewiesen, dass man an massgebender Stelle die Bedeutung dieser Frage wohl zu würdigen versteht. Mit Thoma, Dill, Trübner ist gewiss ein bedeutendes Stück modernen deutschen Kunstlebens bei uns eingekehrt. Aber sie kamen als fertige Künstler. Ihre eigentliche Werdezeit liegt jenseits ihrer Karlsruher Berufung. Ihre Thätigkeit, das heisst ihre eigentlich künstlerische, schöpferische, wird in einem mehr oder minder äusserlichen Zusammenhang mit ihrem hiesigen Aufenthalt bleiben müssen, solange ihnen nicht von seiten des Staates oder der Stadt Gelegenheit geboten wird, in grösseren Monumentalaufgaben die Spuren ihres hiesigen Wirkens auch durch sichtbare Zeugen mit der künstlerischen Entwickelung der Stadt zu verweben (wie das z. B. Thoma und Trübner in Heidelberg zu teil geworden ist).
Ein um so reicheres Feld künstlerischer Thätigkeit auf dem Karlsruher Boden ist den hiesigen Privatarchitekten gegeben. Es ist gewiss kein schlechtes Zeugnis für den
Das »Viktoria- und Albert-Museum« veranstaltete in seinen Räumen eine Ausstellung von Kupferstichen britischer Meister, die den dritten Abschnitt einer graphischen Serie bildet. Die in den Vorjahren den graphischen Künsten gewidmete Ausstellung betraf Lithographie und Illustration. Wenngleich die ausgezeichnetsten Probeblätter und die verschiedensten Plattenzustände hier vorhanden sind, so werden dem interessierten Publikum die meisten derselben doch bekannt sein. In der South Kensington-Kunstschule fand unter Vorsitz des Bildhauers Alfred Gilbert eine Vereinigung statt, um den zum Besuch in London eingetroffenen Bildhauer Auguste Rodin zu bewillkommnen. Wie es kaum anders zu erwarten war, fiel die Hauptrolle in dieser Begrüssungsfeier den beiden hervorragenden Landsleuten des Gastes, nämlich dem Professor Legros und M. E. Lantéri zu.
Die Menzelausstellung in der vornehmen French Gallery in Pall Mall wurde am 6. Juni unter dem Protektorate des deutschen Botschafters Grafen Wolff- Metternich feierlich eröffnet. Wenn auch diese ca. 120 Nummern von Zeichnungen, Aquarellen und zwölf Ölgemälden nicht entfernt einen Begriff von der Grösse Menzel’scher Kunst geben und besonders die Darstellungen aus der Fridericianischen Zeit vermissen lassen, so kann man doch mit Genugthuung konstatieren, dass die hier den Londoner Kunstkreisen zum erstenmal gebotenen Proben Menzel’scher Zeichnung und Malerei eine sehr sympathische Aufnahme gefunden und einen tiefen Eindruck gemacht haben. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Der Markttag auf der Piazza d’Erbe in Verona, von der Galerie Henneberg (für 240000 Mark verkäuflich!) ausgestellt, und die von Generalkonsul C. Behrens in Hamburg geliehenen drei Werke: Das Innere der Kathedrale von Salzburg (Aquarell) und die Ölgemälde Alte Synagoge in Prag und Eine Strasse in Paris. Zwei vortreffliche, im Jahre 1850 gemalte Porträtstudien des Dr. Puhlmann und Major Leuthold wurden noch kurz vor der Absendung nach London von der Berliner Nationalgalerie erworben, wie der Timeskritiker schreibt »aus Furcht, dass ein englischer Kunstfreund sie wegschnappen könnte«.
Ein inzwischen bereits in Berlin angelangtes Porträt König Eduard’s VII. von der Hand des Malers Emil Fuchs und bestimmt von dem Chef für sein Gardedragoner-Regiment, fand hier vielen Beifall. Unter den Personalien gebührt dem Präsidenten der Königlich schottischen Akademie die erste Stelle. Dieser wurde als Sir James Guthrie in den Adelsstand erhoben, und da er erst 44 Jahre alt ist, so bleibt van Dyck der Ruhm, die betreffende
Ehre schon früher, das heisst mit 34 Jahren erreicht zu haben.
Hinsichtlich der grossen stattgehabten Kunstauktionen will ich nur einige Worte an den Verkauf des Gainsborough für 198450 Mark anknüpfen. Ich habe das betreffende Bild, ein weibliches Damenporträt, eingehend besichtigt und halte dasselbe für kein zu besonderes Werk des Künstlers. Andererseits sprechen alle Anzeichen dafür (vorausgesetzt normale Zeiten), dass die Werke ersten Ranges der alten englischen Meister auf 500000—600000 Mark steigen werden. Seit zwölf Jahren habe ich fortgesetzt an dieser Stelle auf die kommenden Preissteigerungen hingewiesen. o. v. SCHLEINITZ.
KARLSRUHER KUNST
Im Karlsruher Kunstverein ist zur Zeit eine grössere Kollektion von Arbeiten des bekannten Aktlehrers der Karlsruher Akademie Professor Ludwig Schmid-Reutie ausgestellt: Skizzen und Studien und ein vollendetes Bild »Kain«. Schmid - Reutte, in dem die Akademie eine ihrer hervorragendsten Lehrkräfte besitzt, ist auch als ausübender Künstler jedenfalls ein Mann von unbestreitbar grossen, wenn auch einseitig ausgebildeten Qualitäten. Seine Beherrschung der menschlichen Form ist vollendet, wird aber nie akademisch, bleibt immer gross, wuchtig, herb, energisch auf das Wesentliche gerichtet und durchsetzt von einem stark persönlichen Zug eines leidenschaftlichen Kraftgefühls. Dagegen fehlen ihm die eigentlich malerischen Potenzen. Seine Vorzüge reden aus den Skizzen, den gezeichneten Aktstudien am eindringlichsten zu uns. Sein »Kain« wirkt bei aller Wucht der formalen Darstellung mehr zeichnerisch als bildmässig.
In einem erfreulichen Fortschreiten ihrer Entwickelung ist unsere jung aufblühende Karlsruher Privatarchitektur begriffen. Es ist das um so bedeutungsvoller, als gerade das eigentlich lokale Kunstleben aus der Thätigkeit der Privatarchitekten, dem bürgerlichen Wohn- und Geschäftshaus neuerdings die stärksten Impulse einer künstlerischen Regeneration empfangen hat. In der Malerei stehen einer solchen, im strengen Sinne autochthonen Entwickelung vorläufig noch mancherlei Schwierigkeiten im Weg: vor allem der Mangel an einem einheimischen Kunstmarkt und dann auch das Fehlen an grossen staatlichen und kommunalen Aufträgen. Auf diesem Gebiete hängt die Frage, ob sich das Karlsruher Kunstleben auf der Höhe halten wird, immer wieder vom staatlichen Eingreifen ab: vor allem von den Berufungen an die Akademie. Nun haben zwar die letzten Jahre bewiesen, dass man an massgebender Stelle die Bedeutung dieser Frage wohl zu würdigen versteht. Mit Thoma, Dill, Trübner ist gewiss ein bedeutendes Stück modernen deutschen Kunstlebens bei uns eingekehrt. Aber sie kamen als fertige Künstler. Ihre eigentliche Werdezeit liegt jenseits ihrer Karlsruher Berufung. Ihre Thätigkeit, das heisst ihre eigentlich künstlerische, schöpferische, wird in einem mehr oder minder äusserlichen Zusammenhang mit ihrem hiesigen Aufenthalt bleiben müssen, solange ihnen nicht von seiten des Staates oder der Stadt Gelegenheit geboten wird, in grösseren Monumentalaufgaben die Spuren ihres hiesigen Wirkens auch durch sichtbare Zeugen mit der künstlerischen Entwickelung der Stadt zu verweben (wie das z. B. Thoma und Trübner in Heidelberg zu teil geworden ist).
Ein um so reicheres Feld künstlerischer Thätigkeit auf dem Karlsruher Boden ist den hiesigen Privatarchitekten gegeben. Es ist gewiss kein schlechtes Zeugnis für den