charakteristisches Werk für das Jahr der ersten Anatomie, der über den Haag aus England nach Kopenhagen umsiedelt, lieh Herr Hage aus Nivaa. Die Gräfin Delaborde in Paris hatte die Güte, ein sehr fein durchgeführtes, sympathisches Selbstbildnis Rembrandt’s (auf Kupfer! gemalt), das auf keiner der Rembrandt-Ausstellungen zu sehen war, zu leihen. Herr Kleinberger aus Paris lieh ein anderes frühes Selbstporträt aus der Esterhazy’schen Sammlung — eine Lachstudie. Drei weitere interessante Studienköpfe des Meisters, zwei aus späterer Zeit, sandte Herr E. Warneck aus Paris, der auch einen herrlichen kleinen Hals von 1617 und das wunderbare Porträt des Grafen de Peüaranda von ter Borch geben wollte; der Pefiaranda, der ter Borch mitnahm nach Spanien und ihn dem Könige vorstellte. Ein kleines Bildnis, durch das ein Hauch des Grossen, des Monumentalen weht, der an Velasquez’ Kunst erinnert. Ein Mädchenporträt von 1627 von Paulus Moreelse gehört zu dem reizvollsten, was ein holländischer Maler in dieser Richtung geleistet hat. Ein erstaunlich schöner Leandro Bassano, 1600 datiert, ein junger Lautenspieler, von tizianesker Vornehmheit, mit einer prächtigen Hand und einem schönen grossen Hundekopf sandte Prinzessin Cecilia Lubomirska aus Krakau. Überhaupt sind die polnischen Zusendungen höchst beachtenswert. Graf Tarnowski, aus Dziköw, sandte einen vortrefflichen Jacob Gerritsz Cuyp, einen sehr intimen und reizvollen Mabusc (Darnenporträt) und andere Gemälde. Das früheste Gruppenbild von van der Heist (1637) kam aus dem Wallonischen Waisenhaus in Amsterdam, ein anderes, lebensgrosses Porträt, ganze Figur, 1644, kam aus England. Eine Ehrerbietung fordernde alte sitzende Dame, stark an Rembrandt erinnernd, trägt die Signatur Jan Victor’s, dem man ein solches Meisterstück nicht Zutrauen würde. Vier Porträts vertreten Verspronck ausgezeichnet. — Ich könnte noch lange fortfahren — z. B. darf ich den charaktervollen, grossartigen kleinen Hals von Herrn Gumprecht aus Berlin, einen höchst interessanten Kopf von Simon de Nos aus der Sammlung Dahl, eine Reihe trefflicher Miereveits nicht unerwähnt lassen. — Beinahe hätte ich ein mächtiges, lebensgrosses, sehr wirkungsvolles Porträt von Rubens, eine Reihe von Maes, Govert Flinck (fünf Stück!) noch vergessen. Hauptzweck ist nur, die Aufmerksamkeit aller Kunstfreunde auf diese Ausstellung zu lenken, die am 1. September schon wieder zur Vergangenheit gehören wird.
A. D.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Syrakus. In der Nähe des antiken Camarina, der einstigen Hafenstadt von Vittoria bei Syrakus, sind 420 Gräber aus dem 5. und 6. Jahrhundert v. Chr. aufgedeckt. Zehn grosse rote Vasen und eine Menge kleinerer Materialien bereichern mit ihren Darstellungen die bisherigen Kenntnisse und Vorstellungskreise der keramischen Kunst jener Zeiten. Wie diese Funde werden auch Bronze- und Goldgegenstände, die neuerdings bei Mazzarino in der Gegend von Caltanisetta gefunden sind, der prähellenischen Sammlung des Museums von Syrakus überwiesen werden, die in kurzer Zeit zu grosser kunstgeschichtlicher Bedeutung emporgewachsen ist. v. Gr.
Ein neuentdecktes Selbstbildnis Zeitblom’s. In einem Doppelporträt, St. Petrus mit einem betenden Greise in Brustbildern, in der Galerie des Fürsten von Fürstenberg zu Donaueschingen, das 1876 als ein Werk des Wohlgemuth erworben worden war, erkannte Professor Dr. Konrad Lange ein Selbstbildnis Zeitblom’s. In dem Spruchbande über dem Kopfe des Beters entzifferte er die Legende: »O scte petre ora pro me indigno pictori«, und
der nicht häufige lange, zweigeteilte Spitzbart des Dargestellten erinnerte ihn an ein kleines Selbstbildnis Zeitblom’s auf der Rückseite seines Heerberger Altars in der Stuttgarter Gemäldegalerie. Auf diesem 1497 datierten Bilde erscheint der Maler wesentlich jünger, als auf dem neugefundenen, das etwa um 1510—1515 angesetzt wird. Professor Lange wird seine Entdeckung im »Jahrbuch der preussischen Kunstsammlungen« veröffentlichen.
DENKMÄLER
Goethedenkmal. Am 20. Juni fand auf dem Naschmarkte in Leipzig die feierliche Enthüllung der Bronzestatue des »jungen Goethe« statt. Die in etwa anderthalbfacher Lebensgrösse gehaltene Statue, ein Werk Professor Karl Seffner’s, zeigt eine ideale Jünglingsgestalt in reicher Rokokotracht hocherhobenen Hauptes von einer Anhöhe herabschreitend. In der Rechten hält der Dichter ein offenes Buch, in dem er wohl eben gelesen und poetische Anregungen gefunden hat, während die Linke den Dreispitz trägt und in burchikoser Ungezwungenheit in der Hosentasche ruht. An dem vierkantigen Sockel aus rotem Granit sieht man links das lebensgrosse ovale Brustbild der Friederike Oeser in Marmorrelief, rechts das von Kätchen Schönkopf, letzteres in Vorderansicht und nicht so lebendig wie das hübsche Profilbild der Oeser. Das ganze Monument ist etwas über fünf Meter hoch und findet einen vortrefflichen Hintergrund in der feinen Barockfassade der alten Börse.
Ein Goethedenkmal in Franzensbad. Die Gesellschaft zur Förderung deutscher Kunst, Litteratur und Wissenschaft in Prag hat beschlossen, in Franzensbad ein Goethedenkmal im Morgenzeilpark zur Aufstellung bringen zu lassen. Mit der Ausführung wurde der deutsch-böhmische Künstler Wilfert jun. betraut.
Ein Denkmal für Hoffmann von Fallersleben in Höxter soll am 2. August enthüllt werden. Es erhält seinen Platz am Ausgange der Allee, die von Höxter nach Corvey führt, und besteht aus einem vier Meter hohem Granitblock mit dem Medaillonbildnisse des Dichters.
VOM KUNSTMARKT
Bei Christie in London kam letzte Woche eine interessante Sammlung moderner Bilder zur Versteigerung, die besonders wegen des deutlichen Preisrückganges für Meissonniers bester Qualität bemerkenswert war. Von den sechs Bildern Meissonnier’s brachte: Eine Truppe Kavallerie in Rokokotracht 20425 M., Zwei Kavaliere zu Pferd 12900 M., Die Vorhut einer Armee 10965 M., Der Künstler zu Pferd in Antibes 17630 M., Ein Florentiner 5375 M. und Eine Landschaft mit zwei Reitern 4300 M. Dagegen kam Corot, Zuydcoote près Dunkerque auf 40850 M. und Die Landschaft mit Heuwagen 16770 M.; Ludwig Knaus, Metzgerjunge 19780 M.; Turner, Ansicht von Worcester 23650 M.; Diaz, Im Walde von Fontainebleau (1872) 18490 M.; Dupré, Das offne Meer und Der See je 10320 M.; Millet, Porträt seiner Frau 16125 M.; ein prächtiger Manet, Jetée de Boulogne, nur 10320 M. und Lord Leighton’s Nausikaa 21720 Mark.
Die Versteigerung der Sammlung Lelong enthielt in ihrem fünften Abschnitt am 20. Juni Musikinstrumente, Porzellane, Fächer, Uhren, Goldschmiedewerke, Spitzen, Bronzen, Möbel und brachte 294732 Francs. In der sechsten Vakation am 22. Juni erzielte noch eine Anzahl Gemälde und Aquarelle einen Erlös von 132845 Franken.