wo die elegante Halbwelt glänzend wahr geschildert ist. — Zorolla ist wie immer erfreulich. Seine Fischer, welche in der Sonne Netze flicken, sind ebenso wahr als blendend in der solidesten Technik behandelt.
Wie immer erscheint die Plastik auch auf dieser Ausstellung als Stiefkind. Deutschland ist so gut wie nicht vertreten. Dagegen hat Österreich-Ungarn einen Vertreter in Ph. Beck’s schönen kleineren Bronzen. Der Belgier Meunier hat wieder zwei seiner grandiosen Arbeiterfiguren ausgestellt und van Biesbrock ein grosses ergreifendes Relief, eine trauernde Arbeiterfamilie. Van der Stoppen hat drei Arbeiten geschickt, darunter einen erschreckenden »Schmerzensmann«, Büste Christi mit Armen und Händen, welche sich krampfhaft in den Sockel einpressen. — Ein süsses nacktes, ganz junges Mädchen, sitzende Figur in Marmor, »Frühling« genannt, gehört dem Franzosen Froment an. — Wir sehen ferner einen Ugolino, am Boden verzweifelnd kriechend von Rodin und eine sonderbar gedachte »Hand Gottes«, welche gleich kleinem Gewürme Adam und Eva hält. — Am meisten fesselt das Modell der sitzenden Statue des Fürsten Leo Galitzin von Trotibezkoi durch den Geist und das Leben, welches in dieser mit unglaublichem Geschicke skizzierten Figur sich darstellt. Ebenso wird eine kleine bekleidete Figur einer Dame bewundert, mit derselben Meisterschaft modelliert. Seine Manier hat sich eine Dame (Russin) F. Ries angeeignet. Wir sehen von ihr die Halbfigur des Grafen Wilszek und die des Professors Helmer. Beide voller Leben. — O. Frampton stellt eine Bronzebüste des Malers East aus. Unter den Italienern zeichnet sich U. Nono aus mit einer schönen Jünglingsfigur im Begriffe sich selbst zu tätowieren. In dem verzweifelten Kampfe eines nackten Jünglings mit einer Schlange hat er eine sehr schön bewegte Gruppe geschaffen. Zum ersten Male ausgestellt hat ein junger Venezianer De Lotto und einen sehr schönen Erfolg mit einem nackten Knaben im Modell errungen. Derselbe beugt sich in schöner Bewegung zum Wasser, um mit einer Muschel daraus zu schöpfen. — Montenerde zeigt sich in seiner Bronzebüste Verdi’s nicht auf der Höhe. Der Turiner Canonica glänzt mit der Marmorbüste der Königin Mutter, einem Relief mehrerer betender Frauen und der Büste eines lachenden kleinen Knäbleins im Sinne Donatello’s. Alle drei vortrefflich in Marmor durchgeführte Arbeiten. Von dem unglücklichen Napolitaner Oemito sind ausser den genannten Zeichnungen eine Anzahl kleiner wertvoller Bronzestatuetten zu sehen. Apolloni s schöne Marmorfontäne ist schon erwähnt worden, nicht aber eine zweite, kleinere reizende Fontäne mit kleiner Marmorgruppe: Silen und Waldnymphe. — Ein lebensgrosser Fischerknabe in Bronze ziert den Napolitanischen Saal. Die schöne Bronze ist von dem verstorbenen Amendola. Ebenda von demselben Material ein Kain, in Schmerz und Reue zusammengebrochen, von dem vortrefflichen Trentacoste.
Es erübrigt noch, der Schwarz- und Weissausstellung einen Blick zu gönnen. Ausser den prachtvollen Radierungen, Scenen aus dem Pariser Leben des Armeniers Cakine, muss besonders Baertson erwähnt werden, die Zeichnungen von Sartario und Hermann Urban mit einer lebengrossen, vom Rücken gesehenen Daphne.
Noch ein Schlusswort: Wir erfahren, alles in allem, durch diese Ausstellung nicht viel Neues. Durch die grausam verfahrende Jury ist uns nicht nur vieles aus dem Auslande Eingesandte vorenthalten worden, sondern es sind auch in ganz besonderer Weise die italienischen Künstler geschädigt worden. Ist doch aus der ganzen Provinz Emilia nicht ein einziges Bild angenommen worden! Die fünf Bilder des De Stefani, eines unserer angesehensten
Maler, darunter das grosse Porträt zu Pferd des Fürsten Giovanelli, eines der Wohlthäter der Ausstellung und Gründer der modernen Galerie im Palazzo Pesaro, sowie das seiner jugendlichen Gemahlin sind erbarmungslos zurückgewiesen worden, ebenso Bresanin mit einem vortrefflichen Bilde, ferner das grosse schöne Porträt von der Hand des E. v. Blaus, zwei prächtige Bilder M. Bortoluzzi’s und vieler anderer. Nur eine kleine Anzahl der betreffenden Bilder wurden dann nachträglich im Saale der Consolation untergebracht, manche der Besten jedoch waren mit Recht zu stolz, um sich der zweiten improvisierten Jury zu unterwerfen. — Man hofft, dass fürs nächste Mal andere Saiten aufgezogen werden. Man hat durch die massenhaften Einladungen der Ausländer ohne bestimmten Plan die italienischen Künstler geschädigt. Eine allzu edle Massregel ist die, dass keine venezianischen Künstler eingeladen werden können, da ja sie die Gastgeber seien. So wurden denn alle Zurückgewiesenen vom Markte, welches doch jede Ausstellung trotz der schönen Redensarten ist, ausgeschlossen. — Trotzdem nehmen sie, die Venezianer, so ziemlich die erste Stelle ein in dem Gebotenen und werden, wenn erst die nordischen Einflüsse noch völlig verdaut sind, jeder Ausstellung fürderhin die höchste Ehre machen. auoust wolf.
NEUE ZEICHNUNGEN VON MICHELANGELO
oder
WIE MAN ENTDECKUNGEN MACHT
Von Emil Jacobsen
In der Kunstchronik vom 17. Juli befindet sich ein Aufsatz »Neue Zeichnungen von Michelangelo« von Herrn Dr. G. Gronau dem ich glaube, folgende Bemerkungen widmen zu müssen.
Herr Gronau fühlt sich dadurch irritiert, dass die Tagespresse sich mit den von Ferri und mir nachgewiesenen Studien beschäftigt hat (die Tagespresse sollte sich überhaupt nicht mit Michelangelo beschäftigen!), davon Sensation gemacht und sie gar als Entdeckungen bezeichnet habe.
Kann hier überhaupt von Entdeckungen die Rede sein? Herr Gronau scheint dies sehr zu bezweifeln.
»Wer die Chance hat, an eine im allgemeinen nicht zugängliche Stelle zu gelangen, kann leicht einmal eine ,Entdeckung machen« — Entdeckung, ja im selben Sinne wie die Harlemer Zeichnungen (!) oder »wie damals, als ein englischer Herr in einem Zimmer des Palazzo Pitti, in das nur diejenigen kamen, die dem Herzog von Aosta ihre Aufwartung machten, Botticelli’s Pallas an der Wand hängen sah.«
Das Handzeichnungskabinett in den Uffizien wird von Dr. Gronau mit einem unzugänglichen Zimmer im Palazzo Pitti verglichen. Weiss er denn nicht, dass das Florentiner Kabinett öffentlich ist, dass es jeden Tag (mit Ausnahme des Sonntags) von zehn bis zwölf und von zwei bis vier jedem Besucher zugänglich ist, dass jede Mappe, sowohl die, welche Blätter von bekannten Künstlern, wie die, welche Anonymen enthalten, die systematisierten, sowie die nicht systematisierten mit derselben Bereitwilligkeit vorgelegt werden?
»Aber man sollte von Entdeckungen nur sprechen,« bemerkt ferner Herr Gronau, »wo es sich wirklich um solche handelt. Es war ein ander Ding, als Friederichs in der vatikanischen Statue denDoryphoros Polyklet’s erkannte, oder Morelli in einem Dresdner Bild Giorgione’s Venus.«
Weder Ferri noch ich wollen so unbescheiden sein, uns mit so hochberühmten Forschern oder unsere kleinen Nachweisuiigen mit den ihrigen zu vergleichen, aber ich
Wie immer erscheint die Plastik auch auf dieser Ausstellung als Stiefkind. Deutschland ist so gut wie nicht vertreten. Dagegen hat Österreich-Ungarn einen Vertreter in Ph. Beck’s schönen kleineren Bronzen. Der Belgier Meunier hat wieder zwei seiner grandiosen Arbeiterfiguren ausgestellt und van Biesbrock ein grosses ergreifendes Relief, eine trauernde Arbeiterfamilie. Van der Stoppen hat drei Arbeiten geschickt, darunter einen erschreckenden »Schmerzensmann«, Büste Christi mit Armen und Händen, welche sich krampfhaft in den Sockel einpressen. — Ein süsses nacktes, ganz junges Mädchen, sitzende Figur in Marmor, »Frühling« genannt, gehört dem Franzosen Froment an. — Wir sehen ferner einen Ugolino, am Boden verzweifelnd kriechend von Rodin und eine sonderbar gedachte »Hand Gottes«, welche gleich kleinem Gewürme Adam und Eva hält. — Am meisten fesselt das Modell der sitzenden Statue des Fürsten Leo Galitzin von Trotibezkoi durch den Geist und das Leben, welches in dieser mit unglaublichem Geschicke skizzierten Figur sich darstellt. Ebenso wird eine kleine bekleidete Figur einer Dame bewundert, mit derselben Meisterschaft modelliert. Seine Manier hat sich eine Dame (Russin) F. Ries angeeignet. Wir sehen von ihr die Halbfigur des Grafen Wilszek und die des Professors Helmer. Beide voller Leben. — O. Frampton stellt eine Bronzebüste des Malers East aus. Unter den Italienern zeichnet sich U. Nono aus mit einer schönen Jünglingsfigur im Begriffe sich selbst zu tätowieren. In dem verzweifelten Kampfe eines nackten Jünglings mit einer Schlange hat er eine sehr schön bewegte Gruppe geschaffen. Zum ersten Male ausgestellt hat ein junger Venezianer De Lotto und einen sehr schönen Erfolg mit einem nackten Knaben im Modell errungen. Derselbe beugt sich in schöner Bewegung zum Wasser, um mit einer Muschel daraus zu schöpfen. — Montenerde zeigt sich in seiner Bronzebüste Verdi’s nicht auf der Höhe. Der Turiner Canonica glänzt mit der Marmorbüste der Königin Mutter, einem Relief mehrerer betender Frauen und der Büste eines lachenden kleinen Knäbleins im Sinne Donatello’s. Alle drei vortrefflich in Marmor durchgeführte Arbeiten. Von dem unglücklichen Napolitaner Oemito sind ausser den genannten Zeichnungen eine Anzahl kleiner wertvoller Bronzestatuetten zu sehen. Apolloni s schöne Marmorfontäne ist schon erwähnt worden, nicht aber eine zweite, kleinere reizende Fontäne mit kleiner Marmorgruppe: Silen und Waldnymphe. — Ein lebensgrosser Fischerknabe in Bronze ziert den Napolitanischen Saal. Die schöne Bronze ist von dem verstorbenen Amendola. Ebenda von demselben Material ein Kain, in Schmerz und Reue zusammengebrochen, von dem vortrefflichen Trentacoste.
Es erübrigt noch, der Schwarz- und Weissausstellung einen Blick zu gönnen. Ausser den prachtvollen Radierungen, Scenen aus dem Pariser Leben des Armeniers Cakine, muss besonders Baertson erwähnt werden, die Zeichnungen von Sartario und Hermann Urban mit einer lebengrossen, vom Rücken gesehenen Daphne.
Noch ein Schlusswort: Wir erfahren, alles in allem, durch diese Ausstellung nicht viel Neues. Durch die grausam verfahrende Jury ist uns nicht nur vieles aus dem Auslande Eingesandte vorenthalten worden, sondern es sind auch in ganz besonderer Weise die italienischen Künstler geschädigt worden. Ist doch aus der ganzen Provinz Emilia nicht ein einziges Bild angenommen worden! Die fünf Bilder des De Stefani, eines unserer angesehensten
Maler, darunter das grosse Porträt zu Pferd des Fürsten Giovanelli, eines der Wohlthäter der Ausstellung und Gründer der modernen Galerie im Palazzo Pesaro, sowie das seiner jugendlichen Gemahlin sind erbarmungslos zurückgewiesen worden, ebenso Bresanin mit einem vortrefflichen Bilde, ferner das grosse schöne Porträt von der Hand des E. v. Blaus, zwei prächtige Bilder M. Bortoluzzi’s und vieler anderer. Nur eine kleine Anzahl der betreffenden Bilder wurden dann nachträglich im Saale der Consolation untergebracht, manche der Besten jedoch waren mit Recht zu stolz, um sich der zweiten improvisierten Jury zu unterwerfen. — Man hofft, dass fürs nächste Mal andere Saiten aufgezogen werden. Man hat durch die massenhaften Einladungen der Ausländer ohne bestimmten Plan die italienischen Künstler geschädigt. Eine allzu edle Massregel ist die, dass keine venezianischen Künstler eingeladen werden können, da ja sie die Gastgeber seien. So wurden denn alle Zurückgewiesenen vom Markte, welches doch jede Ausstellung trotz der schönen Redensarten ist, ausgeschlossen. — Trotzdem nehmen sie, die Venezianer, so ziemlich die erste Stelle ein in dem Gebotenen und werden, wenn erst die nordischen Einflüsse noch völlig verdaut sind, jeder Ausstellung fürderhin die höchste Ehre machen. auoust wolf.
NEUE ZEICHNUNGEN VON MICHELANGELO
oder
WIE MAN ENTDECKUNGEN MACHT
Von Emil Jacobsen
In der Kunstchronik vom 17. Juli befindet sich ein Aufsatz »Neue Zeichnungen von Michelangelo« von Herrn Dr. G. Gronau dem ich glaube, folgende Bemerkungen widmen zu müssen.
Herr Gronau fühlt sich dadurch irritiert, dass die Tagespresse sich mit den von Ferri und mir nachgewiesenen Studien beschäftigt hat (die Tagespresse sollte sich überhaupt nicht mit Michelangelo beschäftigen!), davon Sensation gemacht und sie gar als Entdeckungen bezeichnet habe.
Kann hier überhaupt von Entdeckungen die Rede sein? Herr Gronau scheint dies sehr zu bezweifeln.
»Wer die Chance hat, an eine im allgemeinen nicht zugängliche Stelle zu gelangen, kann leicht einmal eine ,Entdeckung machen« — Entdeckung, ja im selben Sinne wie die Harlemer Zeichnungen (!) oder »wie damals, als ein englischer Herr in einem Zimmer des Palazzo Pitti, in das nur diejenigen kamen, die dem Herzog von Aosta ihre Aufwartung machten, Botticelli’s Pallas an der Wand hängen sah.«
Das Handzeichnungskabinett in den Uffizien wird von Dr. Gronau mit einem unzugänglichen Zimmer im Palazzo Pitti verglichen. Weiss er denn nicht, dass das Florentiner Kabinett öffentlich ist, dass es jeden Tag (mit Ausnahme des Sonntags) von zehn bis zwölf und von zwei bis vier jedem Besucher zugänglich ist, dass jede Mappe, sowohl die, welche Blätter von bekannten Künstlern, wie die, welche Anonymen enthalten, die systematisierten, sowie die nicht systematisierten mit derselben Bereitwilligkeit vorgelegt werden?
»Aber man sollte von Entdeckungen nur sprechen,« bemerkt ferner Herr Gronau, »wo es sich wirklich um solche handelt. Es war ein ander Ding, als Friederichs in der vatikanischen Statue denDoryphoros Polyklet’s erkannte, oder Morelli in einem Dresdner Bild Giorgione’s Venus.«
Weder Ferri noch ich wollen so unbescheiden sein, uns mit so hochberühmten Forschern oder unsere kleinen Nachweisuiigen mit den ihrigen zu vergleichen, aber ich