ausserordentlich umfangreich und hilft dem Verfasser mancherlei Fäden aufzudecken, die bis jetzt unbekannt oder wenigstens unbeachtet geblieben waren. Von grösstem Interesse ist der Gang der Entwickelung, den Verfasser an der Hand der Theoretiker der Zeit aufzeichnet. Er beginnt bei den Formalisten der Dekoration, den »Säulenbüchern* der W. Dietterlein, D. Meyer, Hans Blum von Lor und anderen, und ihren Versuchen, neben den rein zu überliefernden fünf klassischen Ordnungen schliesslich noch eine neue, sechste, zu erfinden. Die Hauptaufmerksamkeit unter den Meistern über das gesamte Reich der Architektur fesselt natürlich L. Chr. Sturm, Goldmann’s berühmterer Editor, neben dem Decker, Sänger und Fäsch zu erwähnen sind. Der Verfasser stellt fest, dass die von den Theoretikern im Laufe eines Jahrhunderts niedergelegten Ideen sich mit den Typen vollständig decken, die in Deutschland während des 18. Jahrhunderts entstanden sind. Auch die Entwickelung des bürgerlichen Wohnhauses erfährt solche Parallelisierung durch die architektonische Litteratur. Einen Kampf zwischen den überlieferten ästhetischen Forderungen und der zeitgemässen Technik, sowie dem reinen Nützlichkeitsprinzip, in dem schliesslich das letztere siegt, zeigt hier der Überblick. Furttenbach, Daniel Harttmann, Nie. Goldmann, dann natürlich wieder Becker und Sturm, schliesslich Krubsacius,Schmid und Büsch werden ausführlich herangezogen. Auch das Landhaus (Hoppenhaupt’s Entwürfe) wird charakteristisch gestreift. — Das Buch trägt sehr fleissig das Material zusammen; die oft etwas sprunghafte Darstellung enthält auch manche gute Bemerkung über den inneren Fluss der Dinge, der oft zu stocken scheint, niemals aber ganz versiegt. Die Abbildungen geben freilich nur das notdürftigste,
und ein Namenindex fehlt leider vollständig. e. h.
Fritz Schumacher, ltn Kampfe um die Kunst. Beiträge zu architektonischen Zeitfragen. Strassburg, J. H. Ed.Heitz (Heitz & Mündel). 2. Auflage 1902.
Die neue Auflage des ausgezeichneten Buches, das bei seinem Erscheinen vor vier Jahren überall freudig anerkannt wurde, beweist, dass trotz aller Wirrnisse und Unklarheiten der gegenwärtigen künstlerischen und besonders architektonischen Entwickelung das Bedürfnis nach ruhigen und ernsthaften Urteilen über die Grundzüge des Werdenden nach wie vor besteht. Der Kampf gegen zwei Fronten, gegen Schematismus im Alten und Schematismus im Neuen, wie sie in diesen Aufsätzen sich ausprägt, thut auch heute noch bitter not. Die paar Stationen, die wir vorwärts gekommen sind, dürfen uns nicht darüber täuschen, dass die Verwilderung der Zustände im grossen gerade jetzt unendliche Opfer fordert. »Weiterkämpfen ist selbstverständlich,« sagt das neue Vorwort: wir wünschen, dass so tapferer und rüstiger Kämpen, wie Schumacher einer ist, uns noch recht viele den Weg über die streitzerwühlte Wahlstatt weisen. e. 11.
Die dritte Auflage von Camillo Sitte’s Buch: »Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen«, die jetzt vorliegt, erlebt es, dass das von ihm so denkwürdig durchdachte und geförderte Problem bald schon einen Platz im Vordergrund unserer künstlerischen Kulturbestrebungen einnimmt. Sitte’s Verdienst selbst braucht kaum neu hervorgehoben zu werden: der klare Blick für das Wesentliche des Vorwurfs, die genaue Kenntnis des Geschichtlichen, dann vor allem der warme, oft hinreissende Ton des Vortrags, aus dem das Temperament des selbst schöpferischen Künstlers so kräftig hervorbricht. Man wird das Werk gern in einem Zuge durchlesen, um dann den Einzelergebnissen allmählich an der Hand der Zeichnungen noch tiefer nachzudenken. Den Widerhall der
Sitte’schen Vorschläge wird hoffentlich auch die deutsche Städte-Ausstellung unter ihren Resultaten mit vernehmen lassen.
E H
NEKROLOGE
H. Gude f. Der bekannte Landschafts-und Marinemaler Hans Frederik Gude ist Mitte August in Berlin gestorben. Von Geburt Norweger (geboren in Christiania am 13. März 1825), war er seiner Ausbildung nach bei A. Achenbach und Schirmer in Düsseldorf und in seinem Schaffen und seiner Lehrthätigkeit an den Akademien zu Düsseldorf, Karlsruhe und Berlin völlig einer der unseren. Fast alle grösseren Galerien Deutschlands besitzen seine feingestimmten und von intimem Naturempfinden zeugenden Seebilder mit meist norwegischen, bayrischen oder schottischen Motiven. Die Berliner Nationalgalerie z. B. besitzt vier auserlesene Stücke, darunter das erst 1899 gemalte Bild: Nach dem Sturm. — Am besten orientiert über ihn die stattliche Monographie von E. Dietrichson: Af H. Gude’s Liv og Vaerker, und die Zeitschrift für bildende Kunst hat seit ihrem ersten Jahrgang, die Kunstcbronik seit ihrem fünften Jahrgang vielfach von seinen Werken und seinen Erfolgen zu berichten gehabt.
In Dresden ist am 26. August im Alter von 68 Jahren der Kupferstecher Eduard Büchel gestorben. Er wurde am 22. April 1835 zu Eisenberg geboren, besuchte von 1851 an die Dresdner Kunstakademie und wurde im besonderen Schüler Steinla’s. Seit 1858 hat er selbständig geschaffen. Wir nennen von seinen Kupferstichen und Radierungen den heiligen Rodriguez nach Murillo, den Gruss aus der Welt (Nonne) nach Kuntz, die Madonna nach Feuerbach und den zwölfjährigen Jesus im Tempel nach Heinrich Hofmann (sämtlich in der Dresdner Galerie), sowie das Bildnis der Johanna Seymour nach Holbein (kaiserliche Galerie in Wien). Letzteres darf als sein bestes Werk bezeichnet werden. Er hat auch in siebenjähriger Arbeit Steinla’s Stich nach Raffael’s Sixtinischer Madonna überarbeitet. Büchel gehörte zu der älteren Schule der Kupferstecherei in Linienmanier, aber er arbeitete mit ganz ungewöhnlicher Sorgfalt und wusste die Mittel seiner Kunst in so mannigfaltiger Weise zu verwenden, dass er damit in gewissem Grade malerische Wirkungen erzielte. Davon zeugt namentlich seine Johanna Seymour. Büchel war eine vornehme, bescheidene und liebenswürdige Künstlernatur; er erkannte bereitwillig die Verdienste anderer Künstler an, mochte ihre Weise noch so sehr von seiner älteren Manier abweichen. Sein Andenken wird in Ehren bleiben.
/>. seh.
Friedrich Kaulbach, Professor und Hofmaler, einer der Senioren unter den deutschen Historien- und Porträtmalern, der Neffe und Schüler Wilhelm von Kaulbach’s und der Vater und Lehrer Friedrich August von Kaulbach’s, ist am 5. September in Hannover gestorben. Er wurde am 8. Juli 1822 zu Arolsen geboren, studierte bis 1845 in München, erhielt 1855 einen Ruf als Hofmaler nach Hannover, wo er die Königsfamilie und viele Fürstlichkeiten und hochgestellte Personen porträtierte und grossen Beifall fand. Auch malte er mehrere umfangreiche Historienbilder mit biblischen oder den Shakespear’schen Dramen entnommenen Stoffen.
DENKMALPFLEGE
Venedig. Vom Markusturm. Seit der feierlichen Grundsteinlegung des wieder zu erbauenden Markusturmes sind bereits vier Monate verflossen. Leider ist nichts Er
und ein Namenindex fehlt leider vollständig. e. h.
Fritz Schumacher, ltn Kampfe um die Kunst. Beiträge zu architektonischen Zeitfragen. Strassburg, J. H. Ed.Heitz (Heitz & Mündel). 2. Auflage 1902.
Die neue Auflage des ausgezeichneten Buches, das bei seinem Erscheinen vor vier Jahren überall freudig anerkannt wurde, beweist, dass trotz aller Wirrnisse und Unklarheiten der gegenwärtigen künstlerischen und besonders architektonischen Entwickelung das Bedürfnis nach ruhigen und ernsthaften Urteilen über die Grundzüge des Werdenden nach wie vor besteht. Der Kampf gegen zwei Fronten, gegen Schematismus im Alten und Schematismus im Neuen, wie sie in diesen Aufsätzen sich ausprägt, thut auch heute noch bitter not. Die paar Stationen, die wir vorwärts gekommen sind, dürfen uns nicht darüber täuschen, dass die Verwilderung der Zustände im grossen gerade jetzt unendliche Opfer fordert. »Weiterkämpfen ist selbstverständlich,« sagt das neue Vorwort: wir wünschen, dass so tapferer und rüstiger Kämpen, wie Schumacher einer ist, uns noch recht viele den Weg über die streitzerwühlte Wahlstatt weisen. e. 11.
Die dritte Auflage von Camillo Sitte’s Buch: »Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen«, die jetzt vorliegt, erlebt es, dass das von ihm so denkwürdig durchdachte und geförderte Problem bald schon einen Platz im Vordergrund unserer künstlerischen Kulturbestrebungen einnimmt. Sitte’s Verdienst selbst braucht kaum neu hervorgehoben zu werden: der klare Blick für das Wesentliche des Vorwurfs, die genaue Kenntnis des Geschichtlichen, dann vor allem der warme, oft hinreissende Ton des Vortrags, aus dem das Temperament des selbst schöpferischen Künstlers so kräftig hervorbricht. Man wird das Werk gern in einem Zuge durchlesen, um dann den Einzelergebnissen allmählich an der Hand der Zeichnungen noch tiefer nachzudenken. Den Widerhall der
Sitte’schen Vorschläge wird hoffentlich auch die deutsche Städte-Ausstellung unter ihren Resultaten mit vernehmen lassen.
E H
NEKROLOGE
H. Gude f. Der bekannte Landschafts-und Marinemaler Hans Frederik Gude ist Mitte August in Berlin gestorben. Von Geburt Norweger (geboren in Christiania am 13. März 1825), war er seiner Ausbildung nach bei A. Achenbach und Schirmer in Düsseldorf und in seinem Schaffen und seiner Lehrthätigkeit an den Akademien zu Düsseldorf, Karlsruhe und Berlin völlig einer der unseren. Fast alle grösseren Galerien Deutschlands besitzen seine feingestimmten und von intimem Naturempfinden zeugenden Seebilder mit meist norwegischen, bayrischen oder schottischen Motiven. Die Berliner Nationalgalerie z. B. besitzt vier auserlesene Stücke, darunter das erst 1899 gemalte Bild: Nach dem Sturm. — Am besten orientiert über ihn die stattliche Monographie von E. Dietrichson: Af H. Gude’s Liv og Vaerker, und die Zeitschrift für bildende Kunst hat seit ihrem ersten Jahrgang, die Kunstcbronik seit ihrem fünften Jahrgang vielfach von seinen Werken und seinen Erfolgen zu berichten gehabt.
In Dresden ist am 26. August im Alter von 68 Jahren der Kupferstecher Eduard Büchel gestorben. Er wurde am 22. April 1835 zu Eisenberg geboren, besuchte von 1851 an die Dresdner Kunstakademie und wurde im besonderen Schüler Steinla’s. Seit 1858 hat er selbständig geschaffen. Wir nennen von seinen Kupferstichen und Radierungen den heiligen Rodriguez nach Murillo, den Gruss aus der Welt (Nonne) nach Kuntz, die Madonna nach Feuerbach und den zwölfjährigen Jesus im Tempel nach Heinrich Hofmann (sämtlich in der Dresdner Galerie), sowie das Bildnis der Johanna Seymour nach Holbein (kaiserliche Galerie in Wien). Letzteres darf als sein bestes Werk bezeichnet werden. Er hat auch in siebenjähriger Arbeit Steinla’s Stich nach Raffael’s Sixtinischer Madonna überarbeitet. Büchel gehörte zu der älteren Schule der Kupferstecherei in Linienmanier, aber er arbeitete mit ganz ungewöhnlicher Sorgfalt und wusste die Mittel seiner Kunst in so mannigfaltiger Weise zu verwenden, dass er damit in gewissem Grade malerische Wirkungen erzielte. Davon zeugt namentlich seine Johanna Seymour. Büchel war eine vornehme, bescheidene und liebenswürdige Künstlernatur; er erkannte bereitwillig die Verdienste anderer Künstler an, mochte ihre Weise noch so sehr von seiner älteren Manier abweichen. Sein Andenken wird in Ehren bleiben.
/>. seh.
Friedrich Kaulbach, Professor und Hofmaler, einer der Senioren unter den deutschen Historien- und Porträtmalern, der Neffe und Schüler Wilhelm von Kaulbach’s und der Vater und Lehrer Friedrich August von Kaulbach’s, ist am 5. September in Hannover gestorben. Er wurde am 8. Juli 1822 zu Arolsen geboren, studierte bis 1845 in München, erhielt 1855 einen Ruf als Hofmaler nach Hannover, wo er die Königsfamilie und viele Fürstlichkeiten und hochgestellte Personen porträtierte und grossen Beifall fand. Auch malte er mehrere umfangreiche Historienbilder mit biblischen oder den Shakespear’schen Dramen entnommenen Stoffen.
DENKMALPFLEGE
Venedig. Vom Markusturm. Seit der feierlichen Grundsteinlegung des wieder zu erbauenden Markusturmes sind bereits vier Monate verflossen. Leider ist nichts Er