um »Glasmalerei« im gewöhnlichen Sinne, also um bemalte Scheiben, sondern um Glasmosaik im Sinne der alten Meister, um Zusammensetzungen farbiger, nur selten in sich auch zeichnerisch-malerisch behandelter Glasstücke, bei denen die Verbleiungen die Rolle der Konturen übernehmen. Der Eindruck, der mit solchen Mitteln erzielt wird, ist ein großartiger.
Bei Gurlitt stellt der Franzose Le Fauconnier, einer der selbständigsten Köpfe aus dem Kreise um Picasso, zum erstenmal in Berlin aus. Auch er huldigt der kubistischen Flächenzerlegung, und seine Leidenschaft zum schematischen Aufbau von Dreiecken und anderen geometrisch gehaltenen Flächen führt oft zu ganz abstrakten und doktrinären Gebilden, die sich aller sinnlichen Wirkung begeben. Aber Le Fauconnier hat dann wieder ein merkwürdiges Gefühl für Tonschönheit und geschmackvoll abgestufte Valeurs, das in Verbindung mit jener strengen Formgebung zu neuen und sehr interessanten Resultaten führt. Namentlich unter seinen Bildnisköpfen und größeren Porträts sind Stücke, die durch eine Mischung aus souveräner Auffassung und alter malerischer Kultur seltsam fesseln.
In Paris ist jedermann Maler und beinahe jedermann Sammler. Dort gibt es alljährlich eine große Ausstellung der malenden Eisenbahnbeamten und eine noch viel größere der malenden Postleute. Dazu kommt in diesem Jahre eine Ausstellung im Cercle militaire, wo nur Offizieie ihre Malereien zeigen. Im einzelnen ist nichts davon zu nennen, nur als bedeutsames Sympton der durch alle Franzosen oder richtiger durch alle Pariser gehenden künstlerischen Betätigung soll die Ausstellung erwähnt werden. Auffallend ist darin übrigens, daß weit mehr Stilleben und Landschaften als Soldaten und militärische Szenen gezeigt werden.
Paris. Bei Gelegenheit des Concours hippique wird in Paris eine sehr interessante Ausstellung von Arbeiten französischer Tiermaler und Tierbildhauer veranstaltet, wobei die retrospektive Abteilung mit Barye, Bonheur, Fremiet, Gericault, Delacroix, Decamps, Fromentin, Vernet, Meissonier und anderen ein besonderer Clou zu werden verspricht.
SAMMLUNGEN
Paris. Aus dem Nachlaß des Sammlers Cheramy gelangt durch letztwillige Verfügung ein aus mehreren Gründen sehr interessantes Gemälde in den Besitz der Pariser Oper, die bekanntlich ein allerdings weiteren Kreisen unbekanntes kleines Museum besitzt. Es ist das Bildnis, das Renoir im Winter 1882, kurz vor dem Tode des Musikers, von Richard Wagner in Venedig gemalt hat. Das Bild war eine Zeitlang verschollen, und Renoir selbst wußte nicht, wo es geblieben war, bis es vor einigen Jahren wieder auftauchte und von Cheramy angekauft wurde. Künstlerisch und auch gegenständlich weniger interessant ist das Porträt der Schauspielerin Clairon von Carmontelle, welches Cheramy der Comedie fran^aise vermacht hat.
FORSCHUNGEN
Schwedische Kunstschätze. Olof Granberg hat uns mit dem zweiten Bande seiner trefflich gedruckten, reich und schön illustrierten Arbeit über die schwedischen Kunstsammlungen1) Genuß, Belehrung und Überraschungen aller Art bereitet. An diesem allen war auch der erste Band schon reich2). Wir finden hier noch einige Abbildungen,
1) Inventaire General des Tresors d’Art . . . en Suede par Olof Granberg (Selbstverlag).
2) Von mir besprochen in »Kunst en Kunstleven«, 1911.
welche zu dem ersten Bande gehören. Etwas lästig; aber wer einen Band dieser hervorragenden Publikation besitzt, will auch den andern haben.
Es ist unglaublich, welch eine Menge ganz bedeutender Kunstwerke sich in schwedischem Privatbesitz befindet. Freilich, solch ein Buch hat eine ganz gefährliche Schattenseite. Bei den enorm gesteigerten Preisen mancher Meister ist ein solcher »Katalog« der Führer aller Kunsthändler, welche auf die leichteste Art erfahren, wo noch etwas Gutes zu erhaschen ist. So muß Granberg schon konstatieren, daß einige im ersten Band genannten Bilder seit dem Erscheinen desselben Schweden verlassen haben.
Dagegen, welch eine Quelle des Studiums sind diese Bände für die Kunstwissenschaft! Zahlreiche Künstler erscheinen uns hier wieder in einem ganz neuen Lichte, ganz unbekannte Maler erscheinen auf einmal vor uns als ganz bedeutende Meister — ich nenne z. B. nur das Bild von Constantyn Verhout 1663. Ein junger Mann sitzt hinter einem Tisch; auf diesem liegt ein merkwürdiges Bücherstilleben, so schön gemalt, wie das nur in der besten Zeit gemacht werden konnte. Die Komposition ist nicht glücklich, die Beleuchtung, die den jungen Mann im Halbdunkel läßt, aber einen grellen Schein auf die Bücher wirft, dagegen höchst originell. Houbraken erwähnt Verhout nur vorübergehend als den Lehrer des Johannes Verhout, nennt ihn aber »een fraai Schilder van moderne Historien«.
Aber ehe ich noch einige andere merkwürdige Bilder erwähne, sei konstatiert, daß dieser Band die Beschreibung von 376 und die (sehr guten) Abbildungen von 100 Bildern enthält. Ein paar der merkwürdigsten Stücke des Nationalmuseums hat Granberg mit Recht gleichfalls aufgenommen.
Abb. Nr. 1 u. 2 zeigen uns Werke von Hans Muelich aus der Kirche zu Solna. Sie wurden 1632 von den Schweden aus München mitgenommen. Die Grablegung muß wohl das Meisterwerk des Muelich sein; einige Köpfe sind vorzüglich im Ausdruck. Abb. 3: Familiengruppe von Terborch: Vater, Mutter und drei Kinder. Bedeutendes Bild, das aber gelitten zu haben scheint. Abb. 4: Terborch, ein Pferd in einem fein beleuchteten Stalle, zwei Figuren. Pikantes, schönes Bild!
Abb. 5: Stilleben, groß bezeichnet, von Barent Vermeer. Von diesem vermutlichen Kalff-Schüler kommen immer mehr Bilder ans Tageslicht. The Burlington Magazine bildete kürzlich das Stück ab, das nach Südafrika geht; das hier reproduzierte erinnert an das ähnliche Bild im Würzburger Schloß. Wie Kalff liebt er die herabhängende Zitronenschale und den blauen chinesischen Teller. Kunsthistorisch wichtig ist Abb. 6, eine Dornenkrönung des Aernout Mytens, des ältesten dieses Namens, über den Oud Holland s. Z. berichtete und der viel in Süditalien arbeitete. Erfreulich ist das (im Nationalmuseum befindliche) Bild nicht. Drei prächtige Chardins, ein Figurenbild und zwei Stilleben aus der reichen Sammlung Wachtmeister bieten dem Auge dagegen einen Hochgenuß. Abb. 13 u. 14 sind Kuriositäten: Schwedische adlige Herren, von Pietro da Cortona um 1655 in Rom gemalt. Elegante Verfallkunst! Abb. 15. Wieder etwas Seltenes: eine Regenbogenlandschaft von van Goyen! Auch noch mehrere van Goyen und Molyn sind abgebildet; lustig ist der reichbeladene Wagen, der eine Brücke überschreitet — ein van Goyen ohne einen Baum.
Die Marine scheint allerersten Ranges zu sein; man fühlt den Wind, der die Segel schwellen läßt. Abb. 21 bringt einen hervorragenden Metsu: Mann mit Hut, der seine Pfeife anzünden will, ans Tageslicht. Nr. 22 ist ein nicht weniger bedeutendes Bild dieses großen Künstlers: eine »Poffertjes bakster« und Frau mit zwei Kindern.