Interessant drei Bilder von Linschoten, über den ich im zweiten Jahrgang Oud Holland schrieb. Hierbei ein Evangelist mit einem Engel fl. 4.—. Ebenfalls eine Ansicht von Scheveningen von Benjamin Cuyp! u. s. f. Solche alte Inventare bringen eine Fülle von Belehrung. Die Quintessenz dieser Notizen muß meines Erachtens folgende sein:
Cuyp hat, bis zu seiner Ehe, als ausübender Künstler gemalt. Dann aber, sehr reich, sehr vornehm, hat er das Verkaufen seiner Bilder aufgegeben und nur für sich selbst gemalt. Seinen Freunden mag er ja wohl ab und zu ein Bild geschenkt haben, aber auf Bestellung hat er kaum mehr gearbeitet. Daher die Seltenheit seiner Bilder, außerhalb Dordrecht bis nach 1700. Erst nach und nach wurden gegen das Ende des 18. Jahrhunderts seine Bilder höher geschätzt. Noch 1749, Auktion Bürgermeister Pompe van Meerdervoort aus Dordrecht: die Bekehrung Pauli, schön gemalt von A. Cuyp: 13 Gulden. Dagegen: van der Ulft 350 Gulden, Potter 91, Jacob de Heusch! 105, van Huysum 1215 Gulden. Und 1745, Auktion van der Vugt: Prinz Frederik Hendrik mit der Flotte vor Dordrecht 1646 von deVlieger 1361/2 Gulden; derselbe Gegenstand, von A. Cuyp: 13 8/4 Gulden. Noch 1767 finde ich in einer großen Sammlung des Rotterdamer Bürgermeisters Leers; Pferd, Bauern und Hund von A. Cuyp 20 Gulden: dagegen eine Kopie nach Wouwermans 36 Gulden!
NEKROLOGE
Karl von Lemcke f. Am 7. April ist in München der frühere Professor für Ästhetik und Kunstgeschichte an der technischen Hochschule in Stuttgart und Inspektor der Stuttgarter Gemäldegalerie, Karl v. Lemcke im 82. Jahre gestorben. L. gehörte noch zu den Männern der älteren Generation, die dem Ideal einer möglichst vielseitigen literarisch-ästhetischen Ausbildung nachstreben. Von den meisten seiner Altersgenossen unterscheidet er sich aber dadurch, daß er neben der geistigen Ausbildung auch der körperlichen ihr Recht werden ließ. Sehr verschieden von dem gewöhnlichen Typus des deutschen Professors von ehedem, sah er seinen Stolz darin, ein guter Reiter, Turner und Schwimmer zu sein und in seiner Person das Ideal der mens sana in corpore sano zu vertreten. Er ist deshalb auch nicht eigentlich bahnbrechend als Gelehrter geworden. Sein Streben ging mehr nach einer harmonischen Ausbildung der ganzen Persönlichkeit, und er hätte wohl selbst am meisten Einspruch erhoben, wenn man ihn als hervorragenden Gelehrten oder gewiegten Bilderkenner hätte bezeichnen wollen. L. ist am 26. August 1831 in Schwerin geboren und hat in Göttingen, München und Heidelberg studiert. Nach seinem im Jahre 1856 bestandenen Doktorexamen bewarb er sich zunächst um keine Stelle, sondern privatisierte in Berlin und Paris, hauptsächlich aber in München. Hier trat er dem Kreise der Münchener Dichter, die sich um Heyse und Geibel scharten, nahe und betätigte sich auch selbst auf dem Gebiete der Poesie, das eigentlich bis zu seinem Tode sein Lieblingsfeld geblieben ist. Im Jahre 1862 habilitierte er sich für Ästhetik und deutsche Literaturgeschichte an der Universität Heidelberg, 1867 erhielt er Titel und Rang eines außerordentlichen Professors. 1871 verließ er Heidelberg und nahm seinen Wohnsitz wieder in München, wohin es ihn immer am meisten zog und wo er ja auch seine letzten Jahre verlebt hat. 1873 erhielt er einen Ruf als Lehrer der bildenden Künste nach Amsterdam,
1876 ging er als Professor der Ästhetik und Kunstgeschichte an das Polytechnikum in Aachen, von wo er 1885 in derselben Stellung als Lübkes Nachfolger nach Stuttgart berufen wurde. Hier übernahm er neben seiner Professur 1897 auch die Inspektion der Kgl. Gemäldegalerie, die er aber 1901 abgab. 1903 trat er auch von seiner Professur zurück und lebte von da an als Privatmann in München. Kunstwissenschaftliche Arbeiten von ihm sind die Biographien holländischer Künstler in Dohmes Sammelwerk »Kunst und Künstler« und die zuerst 1876 erschienene populäre Ästhetik, deren Beliebtheit daraus hervorgeht, daß sie bis 1890 in sechs Auflagen erschienen ist. Auf dem Gebiete der Literaturforschung ist er durch eine Geschichte der deutschen Dichtung neuerer Zeit hervorgetreten, deren erster Band (von Opitz bis Klopstock) 1867 erschienen ist. Seine übrigen Werke sind sämtlich poetischer Art. In seiner Jugend schrieb er Gedichte, in seiner reiferen Zeit mehrere Romane und Novellen, die unter dem Pseudonym Karl Manno erschienen: Beowulf, Der Schwan, Ein süßer Knabe, Gräfin Gerhild, Jugendgenossen usw. Auch ein Lustspiel »Kinder des Tages« und den Text eines Oratoriums »Heinrich der Finkler« hat er verfaßt. Als Galerieinspektor hat er das Verdienst, den ersten Katalog geschrieben zu haben, der die neueren Forschungen berücksichtigt. Die völlig unzulängliche Ordnung der Galerie durch eine bessere zu ersetzen, fehlte es ihm damals schon an Kraft. Seine Abneigung gegen die moderne Richtung, die in seinen letzten Stuttgarter Jahren in den Künstlerkreisen zunahm, und seine große Kurzsichtigkeit veranlaßten ihn schließlich zum Rücktritt. L.
In Düsseldorf starb am 2. April der Maler Theodor Groll. Er war in Düsseldorf am 9. Februar 1857 geboren und besuchte, ehe er Maler wurde, die Bauakademie in Berlin. Der Architektur ist aber Groll insofern treu geblieben, als er, ein Schüler Kaspar Scheurens, Architekturbilder und Interieurs bevorzugte. Mit seinen sauber ausgeführten Gemälden beschickte er regelmäßig die Düsseldorfer Kunstausstellungen. Groll war einer der führenden Leute in der Düsseldorfer Künstlergesellschaft »Malkasten«.
+ München. Am 6. April starb der ordentliche Professor für Geschichte an der hiesigen Universität Dr. Henry Simonsfeld. Er war 1852 in Mexiko geboren, hatte in Nürnberg das Gymnasium absolviert, die Universitäten München und Göttingen besucht, war Assistent an verschiedenen Gymnasien gewesen, hatte sich 1878 an der Münchener Universität habilitiert und war gleichzeitig Assistent an der Hof- und Staatsbibliothek geworden. 1898 wurde er zum außerordentlichen Professor für historische Hilfswissenschaften, 1912 zum ordentlichen Professor der Geschichte und insbesondere der historischen Hilfswissenschaften ernannt. Simonsfeld hat der Kunstwissenschaft durch seine Arbeiten über den Fondaco dei Tedeschi und die deutschvenezianischen Handelsbeziehungen, durch die Herausgabe der »Mailänder Briefe zur bayerischen und allgemeinen Geschichte des 16. Jahrhunderts«, der »Bayerischen Gemäldesammlung des 18. Jahrhunderts im Schloß Liechtenstein«, »Aus bayerischen Schloßinventaren von 1603, 1604 und 1680« usw. viele wertvolle Dienste geleistet.
In St. Petersburg verschied am 20. Februar / 5. März der bekannte Kunstsammler Geheimrat Paul Viktorowitsch Delarow im Alter von 62 Jahren. Von Fach Jurist und als solcher vieler, u. a. der Heidelberger, Fakultäten Doktor, repräsentierte der Verstorbene den auch in Petersburg immer seltener werdenden Typus des urbanen, internationalen Kulturmenschen. Ob Müsset oder Baudelaire, ob Heine oder Goethe, ob Dante und Ariost und Alfieri oder Byron, gleichgültig; sie waren ihm alle substantielle