Elemente seiner eigensten Bildung geworden, die der begnadete Causeur mit bewunderungswürdiger Präzision des Gedächtnisses in den schwierigsten Gesprächen sonst fachsimpelnder Natur als Bundesgenossen anrufen konnte. Dieser synthetische Zug in Delarows Natur befähigte ihn, in hohem Maße ein einflußreicher Propagator der modernen deutschen kunstwissenschaftlichen Ideen im Kreise der russischen Amateure zu werden. Mit der ganzen »weiten Natur« des Russen an Geist und Gemüt begabt und zugleich im Besitz der strengsten akademischen Schulung deutscher Prägung, vertrat er aus persönlichstem Empfinden heraus jene Mittellinie zwischen Paris und Berlin, nach der das Petersburger Kunstleben sich heute allein fruchtbar orientieren kann. Gegenüber seiner allbekannten Tätigkeit als Sammler muß diese, meist bei einem trefflichen Tropfen ausgeübte, pädagogische Tätigkeit des fröhlichen Lebemannes mit dem langen schütteren Braunbart besonders betont werden. Wie ein Junger pflegte er mit den Jüngsten bis zum Morgengrauen zu sitzen, wenn es galt, seine geliebten kunstkritischen und kunsthistorischen Probleme zu debattieren und zu erläutern. Nun sollte er sich zusammenfassend über die Geschichte der Niederländischen Malerei äußern, als ihn Graf Valentin Subow als Lektor für sein kunsthistorisches Institut gewann. Die drei ersten Vorlesungen versammelten alles, was neuere Kunstgeschichte in Petersburg betreibt — am Tage der vierten sang man an seinem Sarge die Totenmesse. —chm—
PERSONALIEN
Paris. Der Louvre hat glücklich einen neuen General- Direktor gefunden. Nachdem alle Fachleute abgelehnt hatten, als Nachfolger des wieder in den Polizeidienst zurückgekehrten Herrn Pujalet die Oberleitung der vornehmsten französischen, um nicht zu sagen europäischen Kunstsammlung zu übernehmen, ist der bisherige Administrator der Nalional-Bibliothek zu der Umsattelung bewogen worden. Henry Marcel verdankt diese, wie seine frühere ebenso unerwartete Ernennung an die National-Bibliothek seinen Beziehungen zu einflußreichen Politikern. Er begann seine Laufbahn als Sekretär verschiedener Minister, war dann eine Weile im diplomatischen Dienst und wurde von einem seiner ministeriellen Gönner vor acht Jahren an die Spitze der National-Bibliothek geschoben. Jetzt tritt er an die Spitze des Louvre, wozu er übrigens nicht so wenig befähigt ist wie sein unmittelbarer Vorgänger Pujalet, denn er hat früher viel für Kunstzeitschriften gearbeitet und auch mehrere Bücher über Kunst und Künstler veröffentlicht. Seine Übersiedelung wird zugleich benutzt, um dem vor anderthalb Jahren in sehr ungerechter Weise abgesetzten damaligen Generaldirektor des Louvre, dem durch seine Ausgrabungen in Delphi bekannten Direktor der französischen Schule in Athen Homolle, eine kleine Genugtuung zu geben: er wird jetzt als Nachfolger Marcels Administrator der National-Bibliothek.
Zum Kustos an der Berliner Nationalgalerie ist Dr. Georg J. Kern ernannt worden, der früher als Hilfsarbeiter an der Sammlung tätig war. Dr. Kern wird hier der Nachfolger des verstorbenen Direktorialassistenten Prof. Dr. Lionel von Donop.
Warschau. An Stelle des jetzt abgehenden Generalsekretärs der Gesellschaft für Denkmalpflege, des Malers Kasimir Broniewski, der die Stellung seit der Begründung der Gesellschaft bekleidete und sich große Verdienste darin erworben hat, ist Dr. Klyszewski berufen worden, der bisherige Assistent im polnischen Museum in Rapperswyl (Schweiz).
F. H. Ehmcke, der ausgezeichnete Kunstgewerbler und Schriftkünstler der Städtischen Kunstgewerbeschule in Düsseldorf, hat einen Ruf als Professor an die Kgl. Kunstgewerbeschule in München erhalten und wird ihm zum 1. Oktober dieses Jahres Folge leisten. Obschon Ehmcke ebensowenig wie Bosselt, jetzt in Magdeburg, im Rheinlande selbst genügende Förderung und Anerkennung gefunden hat, wird sein Scheiden in Düsseldorf und in den Kreisen der von ihm begründeten »Gilde«, einer Vereinigung rheinischer Kunstgewerbler, aufrichtig beklagt. Der Künstler wurde vor zehn Jahren als Leiter der graphischen Klasse von dem damaligen Direktor Professor Peter Behrens nach Düsseldorf berufen.
WETTBEWERBE
Ein Wettbewerb um Vorentwürfe zur Bebauung des Kaiser-Wilhelm-Platzes in Geestemünde wird unter den Mitgliedern des Architektenvereins in Berlin, des Architekten- und Ingenieurvereins in Hannover und den in Geestemünde, Lehe und Bremerhaven ansässigen Architekten bis zum 20. Mai dieses Jahres ausgeschrieben. Drei Preise von 2000, 1200 und 800 M. sind ausgesetzt, der Ankauf von weiteren Entwürfen zu je 400 M. ist in Aussicht genommen.
Die Regierung von Uruguay hatte im vorigen Jahre einen großen Internationalen Wettbewerb zur Aufstellung eines Generalbebauungsplanes für Montevideo erlassen und u. a. dazu auch einige namhafte deutsche Städtebauer besonders eingeladen. Der 2. Preis im Betrage von 13000 Mark fiel nach Deutschland und wurde Prof. Joh. Brix von der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg zugesprochen, (einem der ersten Preisträger beim Wettbewerb Groß-Berlin). Seine Mitarbeiter waren Architekt E. Maul in Charlottenburg und Stadtbaumeister O. Hecker in Berlin.
AUSGRABUNGEN
Die Ausgrabungen von Ain Shems. Über den Beginn der Ausgrabungen des Palastine Exploration Fund zu Ain Shems in Palästina im Jahre 1911 ist an dieser Stelle schon die Rede gewesen. Im Jahre 1912 wurden diese Ausgrabungen fortgesetzt und haben solche Erfolge gebracht, daß man von einem neuen »Gezer« dafür sprechen kann. Ausführlichen Berichten in den »Quarterly Statements des P. E. F.« und in der »Revue Biblique Internationale« entnehmen wir das Wichtigste, was an dieser Stelle interessieren könnte. Die Ausgräber gaben die Arbeit an der zuerst untersuchten Stätte innerhalb der Mauern auf und konzentrierten ihre Untersuchungen auf die Nekropolen, die sie außerhalb der Mauern an den Seitenabhängen des Teils fanden, und auf die Zentralpartie der Plattform, auf der das israelitische Beth-Shemesh stand. Die Funde ergaben drei große Perioden, eine eingeboren kananitische, eine philistinische und eine israelitische. Die erste erstreckt sich von dem entfernten Anfang des Bewohntseins der Stätte im 3. Jahrtausend bis zum Ende des 15. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung. Ein furchtbares Ereignis begrub damals für längere Zeit die ganze Stadt unter Asche. Vom 14. bis zum Ende des 12. Jahrhunderts herrschte die Philisterkultur. Dann pflanzte die israelitische Eroberung der Stadt, deren Befestigungen für immer zerstört wurden, eine zwar andere, aber doch nicht neue Kultur auf, die ganz aus den Traditionen der Vergangenheit bestand. — Sanherib zog eines Tages auf seinem Kriegszuge, als er von Lachish heraufkam, nach Beth-Shemesh und vernichtete die kleine israelitische Stadt, wo der Tod seit dieser Zeit herrschte, bis in der byzantinischen Periode auf kurze Zeit wieder Leben begann. — Die größte Entdeckung, die in der letzten