Kampagne gemacht worden ist, war die Aufdeckung eines Hochplatzes in der Art des berühmten Heiligtums von Oezer. Aber die fünf großen Stelen, die den Charakter des Hochplatzes bedingen, stehen nicht mehr auf ihren Basen, sondern sie liegen in einem gewissen Alignement auf dem Boden. Im allgemeinen gleichen sie den Mazzebas von Gezer; aber ihr oberes Ende hat doch eine gewisse Regelmäßigkeit, durch die sie den Grabstelen ähnlicher sind. Die Fundamente, auf denen die Stelen von Ain Shems aufgepflanzt sind, gehen herunter unter die Philisterschicht. Von da aus gelangte man an die Mündung einer doppelten Höhle, die vollständig der in Gezer gefundenen gleicht. Man hat das Adytum dieser Höhle noch kurz untersuchen können. Die beiden Höhlen sind voll von noch unberührten Gräbern mit reichem Mobiliar, das bis in die ältesten historischen Zeiten dieser Gegend zurückgeht. Die nunmehr beginnende weitere Ausgrabungsarbeit hat sicher hier noch große Entdeckungen vor sich. Soweit man bis jetzt sehen konnte, wurde die doppelte Höhle erst im Laufe der Jahrhunderte getrennt, indem die ältesten Gräber durch die Mauer abgeschlossen wurden. Es scheint, daß die israelitische Orthodoxie, wohl im Beginn des 11. Jahrhunderts, der Entwicklung dieses Hochplatzes ein schroffes Ende gesetzt hat, welcher mehr als ein Jahrtausend lang schon einen Kult besessen hatte.
Der Leiter der Ausgrabungen von Ain Shems, Dr. Duncan Mackenzie, schöpft aus den bisherigen Funden religionsgeschichtliche Ideen, die sich nicht viel von denen entfernen, die Toutain aus der Ausgrabung des Dolmenheiligtums von Alesia geschöpft hat (s. Kunstchronik 1912/13, Sp. 302/3). Ursprünglich ist die Mazzeba (Baetylum) nichts anderes, als der in dem Stein inkarnierte Vorfahre. In einer zweiten Periode wird das Heiligtum das des Clans; es ist mit den Gemeindeversammlungen assoziiert, und mit magischen Riten vor dem Stein werden die Vorfahren einer jeden Familie zur Gegenwart gerufen. Endlich, nach mehreren Zwischenstufen verliert das Baetylum seinen ursprünglichen Charakter ganz und wird das Heiligtum eines Gottes, an dem niemals etwas Irdisches gewesen ist. Selbstverständlich scheinen die entdeckten und noch nicht genau untersuchten Gräber im Zusammenhang mit dem Hochplatz, wahrscheinlich mit dessen erster Phase der Entwicklung zu stehen, in der das Grab des Vorfahren durch den aufrechten Stein notifiziert ist und seine Seele in ihn eingeschlossen gedacht wird. — Anzeichen sind auch schon vorhanden, daß man auch in Ain Shems in dem Hügel Wasseranlagen finden wird, wie sie zu Jerusalem, Gabaon, Gezer gefunden worden sind und die durch Tunnels und unterirdische Treppen zugänglich waren. m.
AUSSTELLUNGEN
Pariser Ausstellungen. Eine sehr interessante Ausstellung dekorativer Kunst wurde kürzlich in der Galerie Manzi gezeigt. Über das Beiwort »dekorativ« könnte man allerdings ein wenig streiten. Schließlich ist jede Kunst dekorativ oder sollte es sein, wenn man das Wort aber so auffaßt und wenn man wie bei Manzi Büsten und Porträts neben Töpfereien und monumentalen Malereien zeigt, dann sollte man sich eigentlich ohne jedes Beiwort behelfen. Das Schwergewicht liegt allerdings wirklich in der dekorativen Malerei, der Wandmalerei, und zwei große Kartons von Puvis de Chavannes zu seinen Wandgemälden im Pantheon, mehrere Kartons von Besnard zu seinem Deckengemälde im Theätre fran^ais, ein Fragment des Spaniers Sert, das wir früher schon im Herbstsalon gesehen haben, zwei große, freskenartig behandelte Gemälde von Auburtin geben der Ausstellung ihren Stempel. Außerdem hat Blanche einen ganzen Raum mit chinesischen und japani
schen Stoffen und Schnitzereien ausgestaltet und zeigt in dieser Umgebung acht oder neun Gemälde mehr oder weniger chinesischen Charakters; von Gauguin ist eine sehr schöne Malerei von der Südsee da, und als das Beste mag wohl die in den Gobelins geschaffene Zimmereinrichtung nach Vorlagen Jules Cherets bezeichnet werden. Jules Cheret ist wirklich trotz oder neben Puvis der größte dekorative Maler, den Frankreich in den letzten fünfzig Jahren besessen hat. Man kann ihm ohne Zweifel eine Menge Zeichenfehler nachweisen, aber in der kecken, lustigen, graziösen Farbe, im sichern Geschmack steht er als ein unbestrittener Meister da, und darin können alle jüngeren Maler von ihm lernen, — wenn man so etwas überhaupt lernen kann.
Bei Bernheim jeune ist eine retrospektive Ausstellung des Pointillisten Cross zu sehen, darunter sehr schöne, leuchtende Sachen aus der Provence und von Italien. Der im Jahre 1910 gestorbene, 1856 geborene Maler war einer der Väter der Pünktchenmalerei, die jetzt schon lange als überwundener Standpunkt gelten kann. Diese Ausstellung hat eigentlich mehr historisches als rein künstlerisches Interesse, und seit wir die Bekanntschaft des Kubismus gemacht haben, kommen uns die Tüpfler wie alte, gesetzte und langweilige Herren vor.
Künstlerisch unbedeutend, aber kulturell höchst interessant sind die Bilder, Zeichnungen und Skizzen, die Georges Scott vom Balkan mitgebracht hat und bei Georges Petit ausstellt. Scott ist so etwas wie der Erbe Detailles, trotz seines englischen Namens; er malt Uniformen mit Soldaten darin und hat auch mitgeholfen, als die französische Armee neue Uniformen erhalten sollte. Nun hat er wirklich den Krieg gesehen, den er bisher so zu malen pflegte, als ob er von Zinnsoldaten ausgefochten würde. Hoffentlich bleibt die Lehre nicht ohne Folgen für ihn. Was er uns bei Petit zeigt, erinnert an die Bilder Werestschagins, die dereinst so großes Aufsehen machten. Auch Werestschagin war kein großer Maler, aber er hatte den Krieg gesehen und kannte seine Greuel. Scott wird niemals ein großer Maler werden, aber man darf hoffen, daß er hinfort keine Zinnsoldaten mehr malen wird, nachdem er eine Ahnung von der Realität des Krieges bekommen hat. Diese nur zur Hälfte verscharrten, verwesenden Leichen, an denen Raben und Schakale sich sättigen, diese mit Händen oder Füßen an den hoch mit Toten beladenen Ochsenkarren angebundenen und hinter ihm herschleifenden gräßlichen Kadaver, diese Dorfruinen mit menschlichen und tierischen Leichen, all diesen Wust und Greuel kann man unmöglich gesehen und gezeichnet haben und nachmals ein hohler Uniformenmaler bleiben. Vielleicht aber wirken diese schauderhaften Szenen gerade darum so stark, weil sie so trocken und beinahe gefühllos der Wirklichkeit abgeschrieben sind. Vielleicht wäre ein mit tiefem Gefühl und Phantasie begabter Maler nicht imstande, so etwas überhaupt zu malen. Die Skizzen und Bilder Scotts sollte man, wie dereinst die Arbeiten Werestschagins, in ganz Europa herumführen; sie würden wie ein kalter Wasserguß auf die Kriegsbegeisterten wirken.
ln der Ausstellung der humoristischen Zeichner in Paris ist das Was bedeutungsvoller als das Wie, und damit ist schon ausgesprochen, daß sehr viele hier gezeigten Arbeiten eigentlich nicht als »Kunst« bezeichnet werden können. Der Zeichner des Witzblattes verläßt sich oft mehr auf den Witz, den man unter seine Arbeit druckt, als auf die Güte seines sogenannten Kunstwerkes. Wenigstens die Hälfte der in der Galerie La Boetie gezeigten humoristischen Blätter sucht den Beifall des Beschauers durch den dazu gehörigen Wortwitz zu erringen, und rein