künstlerische Arbeiten sind recht selten. Vor allem sind da, wie in jedem Jahre, die Alten zu nennen: Willette, Forain und Leandre, da Steinlen in diesem Jahre nichts ausgestellt hat. Ob diese drei so recht eigentlich humoristische Zeichner sind, ist allerdings auch noch die Frage. Nur bei Leandre kann man sie unbedingt bejahen, Willette ist beinahe immer humoristisch, Forain aber ist viel zu giftig, als daß man bei ihm auch von Humor sprechen könnte. Willette hat in diesem Jahre ein altes Ölgemälde ausgestellt, das in diese Ausstellung paßt wie die Faust aufs Auge. Denn es stellt eine Barrikadenkämpferin der Kommune dar, die tot und verlassen in ihrem Blute liegt. Außer diesen dreien muß noch Poulbot genannt werden, ein jüngerer Zeichner, der sich als Spezialität die Jugend der Pariser Elementarschulen erkoren hat und mit den Kindern des Montmartre ebenso hübsch gezeichnete wie humoristisch verklärte kleine Kunstwerkchen schafft.
Leipzig. Die Märzausstellung des Kunstvereins brachte (etwas spät) die bekannte Kollektion »Stätten der Arbeit«, nachdem sie von Dresden aus viele deutsche Städte bereist hat. — Soeben traf noch das Bildnis des Leipziger Oberbürgermeisters Dr. Dittrich ein, das Robert Sterl im Auftrag eines ungenannten Stifters für die Stadt gemalt hat. Die Figur, stehend hinter einem Tisch mit Akten, ist zur Hälfte sichtbar, das Gesicht dem Beschauer zugewandt in Dreivierteldrehung des Körpers. Die Porträtähnlichkeit ist bedeutend, der kluge und energische Kopf und die Hände sind mit entschiedener Meisterschaft behandelt. Um so mehr überrascht die Zahmheit alles Beiwerks. Den Hintergrund hat Sterl zu dem roten Samt der Sessel des Arbeitsraumes gestimmt, d. h. er hat die Leinwand einfach hellrotbraun zugestrichen, in einem Farbton, der an sich schon wenig sympathisch ist, vor allem aber keine Bildung von Atmosphäre gestattet. Das an sich hübsche Stilleben der Akten auf dem Tisch vermag die Monotonie des Eindrucks nicht wesentlich zu durchbrechen. — Im Kunstsalon Beyer sah man im März eine größere Gemäldegruppe von Hermann Ebers, einem Sohn des bekannten Romanschriftstellers Georg Ebers, vorwiegend Landschaften mit Wasser, und dann immer von der tüchtigen Arbeit eines begrenzten, aber sympatischen Talents, das sich an Liebermann und Trübner geschult hat. Unter den Porträts ist das Beste ein Bildnis des Schriftstellers Ludwig Ganghofer. — Bei Beyer war dann noch für wenige Tage ein Teil der im Mai in Berlin zur Versteigerung gelangenden graphischen Sammlung des verstorbenen Notars Dr. Weber-Hamburg zu sehen. Bekanntlich sammelte Weber vor allen das Oeuvre von Anders Zorn, Israels, Liebermann und Kalckreuth, es fehlt aber kein Name von Rang, und jedes Blatt hat seinen besonderen Sammlerwert.
Bender.
Chemnitz. Der März brachte uns zwei interessante Ausstellungen. Bei Gerstenberger sahen wir in vorteilhafter Aufstellung, nur etwas gekürzt, die Kollektion Sascha Schneider der Galerie Arnold.
Die Kunsthütte brachtein ihrer Märzausstellung u. a. eine größere Kollektion Gemälde von Fritz Mackensen, dem Maler »der Menschen der einsamen schwarzen Erde« Worpswedes* Von seinen Bildern interessiert immer wieder am meisten »Die Wöchnerin« durch die stille Erhabenheit, die feierliche Menschlichkeit, durch die stimmungsvolle^Einheitlichkeit. Unter den Porträts fesselt das Selbstbildnis durchweine künstlerische Durchbildung.
Neben Mackensen sahen wir Modersohn, dessen künstlerische Art einen leicht kunstgewerblichen Einschlag erhalten hat, und Sieck, dessen lyrische, fast beschauliche Art menschlich und künstlerisch abgerundet ist und ihn im
besten Sinne zum Maler des »Familienbildes« prädestiniert, das heute auf unserm Kunstmarkte fehlt. Die Kunsthütte veröffentlichte ihren Jahresbericht, aus dem erwähnt sei, daß 1912 inklusive der Graphischen Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes für 44167 M. Kunstwerke verkauft wurden. Vorträge hielten Konrad Lange, Dr. Willrich, Dr. Corwegh und Hildegard Heyne. Die Mitgliederzahl beträgt 920. In Zukunft gewährt die Stadt Chemnitz eine jährliche Beihilfe von 3000 M. f. w.
Wilhelmshaven. Der hier im vorigen Jahre gegründete »Verein der Kunstfreunde für Wilhelmshaven und Rüstringen« konnte am 23. Februar dieses Jahres die neuerbaute Kunsthalle einweihen und zugleich eine Kunstausstellung eröffnen, die bis zum 31. März zu besichtigen war. ln der Ausstellung zogen besonders vier Gemälde von Hans Unger und die Kollektivausstellung von Charles J. Palmie die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Desgleichen fand ein großes dreiteiliges Gemälde »Schiffbaudes einheimischen Malers J.G. Siehl-Freystedt viel Beifall; es wurde zum Preise von 2000 M. von der Stadt Rüstringen für das zu erbauende Rathaus angekauft.
Madrid. Die Sociedad de amigos del arte, die in den letzten Jahren eine sehr gelungene keramische und eine spanische Mobiliarausstellung veranstaltet hat, wird diesen Mai wieder eine Ausstellung veranstalten, und zwar sollen diesmal die spanischen Künstler aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie Allenza, Esquivel, Perez Rubio, Gubierrez de la Vega usw., zu Wort kommen. _y_
In Lemberg ist eine Ausstellung alter Meister eröffnet worden, eine jener Ausstellungen, die in Lemberg und Krakau fast alljährlich stattfinden und seltene, im Privatbesitz befindliche Werke dem Publikum zugänglich machen. Die jetzige Ausstellung zählt über 70 Bilder, die alle aus zwei Sammlungen stammen: aus der Sammlung der Fürsten Lubomirski in Przeworsk und aus der Sammlung des Grafen Leon Pininski. Der ersten Sammlung gehört die »Anbetung der Könige« eines Nürnberger Meisters, ein ausgezeichnetes Bild von Theodor van Thulden (»Findung des Erechteios«), der »Tod des heiligen Joseph« von Tiepolo, eine schöne Madonna, die als ein Werk Tizians gilt und jedenfalls aus seiner Umgebung stammt, der »Tod Lukrezias« von Guido Reni, kleinere Bilder Jan Breughels, Landschaften von A. v. d. Velde, ein Bildnis des Fürsten Lubomirski von M >e Vigee- Lebrun und anderes mehr. Graf Leon Pininski, der ehemalige Statthalter Galiziens, hat aus seiner reichen und vielseitigen Sammlung hauptsächlich Bildnisse gegeben, darunter von Bartolomäus van der Heist, Reynolds und Raeburn, außerdem ein kleines Bildchen von Goya und ausgezeichnete Bilder seines Schülers Lucas. Auch interessante und seltene Beispiele alter Graphik gehören der letzteren Sammlung.
Warschau. In den Räumen der Gesellschaft zur Förderung der schönen Künste findet gegenwärtig die Ausstellung der Werke von Peter Michalowski statt. Michalowski (1801—1855) ist einer der größten Maler Polens und dank der Vielseitigkeit und Tiefe seiner Talente eine der markantesten Persönlichkeiten in der Kunst des 19. Jahrhunderts. Er ist Genre-, Bildnis- und Historienmaler und zeigt eine gewisse Verwandtschaft mit Gericault, dessen Bilder er durch seinen Lehrer Charlet kennen gelernt haben wird. Seine Werke finden sich, mit geringen Ausnahmen, in den Händen seiner Nachkommen und sind schwer zugänglich; daher wohl ist Michalowski nicht in dem Maße bekannt, wie er es verdient. Die jetzt zum ersten Male aufgestellten Bilder und Skizzen gehören dem Großneffen des Malers, dem Grafen Julius Ostrowski.