auf den Erwerb der älteren und neueren Hamburger Kunst und der lebenden Künstler überhaupt eingeschränkt. In dieser Linie sind auch die neuen Zuwendungen gehalten. Nur in einem von dem Frans Hals-Schüler Ravensteyn gemalten Bildnis einer vornehmen Dame ist von dieser Regel abgewichen worden. h. e. Wallsee.
Paris. Die im Petit Palais veranstaltete Ausstellung der Schule Davids bringt wenig neues, ist aber doch interessant, weil sie recht eindringlich vor Augen führt, wie tot diese Schule für uns ist. Sie kommt uns nicht nur tot, sondern sogar totgeboren vor, und wir können gar nicht mehr begreifen, wie diese statuenhaften Leonidasse, Brutusse, Belisare und wie sie alle heißen, jemals den Beschauern wie lebendige und natürlicheMenschen Vorkommen konnten. Eher können wir uns mit den Bildnissen Davids befreunden, aber neues lernen wir aus ihnen nicht, so wenig wie aus den recht zahlreichen Arbeiten von Ingres, Girodet, Gros, Gerard usw. die alle im Louvre sehr vollständig vertreten sind, so daß uns das Herbeischaffen ihrer in anderen Museen oder Privatbesitz aufbewahrten Arbeiten nichts neues bringen kann. Die einzige Überraschung bieten uns drei Bilder von Fragonard, nicht von Honore, dem schlüpfrigen Maler tändelnder Liebesszenen, sondern von seinem Sohne Alexandre, den wahrscheinlich die eiserne Fuchtel Davids umgebracht hat. Die hier gezeigten drei Bilder, die Versammlung des Tiers-Etat, Maria Theresia im ungarischen Reichstag und die Versammlungdes Nationalkonvents, worin der Pöbel dem Vorsitzenden das Haupt eines Abgeordneten auf einer Pike vorhält, sind nicht Ausläufer Davids, sondern Vorläufer von Delacroix; Meisterwerke in Farbe und Beleuchtung, die uns mit Staunen und Bewunderung füllen, denn die verschiedenen Jahrhundertausstellungen der letzten Jahrzehnte hatten uns den jüngeren Fragonard nicht von dieser Seite gezeigt. Er muß jetzt neben Gericault als Bahnbrecher der romantischen Malerei eingeschätzt werden.
Die Pariser Unabhängigen. Die Ausstellung der Pariser Unabhängigen hat in diesem Jahre 3500 sogenannte Kunstwerke aufgebracht, fast lauter Ölgemälde, nur sehr wenige Skulpturen und Griffelkunstblätter und gar keine Architektur. Die Baukunst ist ja leider heutzutage in Frankreich sozusagen überhaupt keine Kunst mehr, sondern eine technische Wissenschaft, die man in der Schule erlernen kann, und so muß die einstige Königin der Künste sich mit einem Plätzchen im Hinterstübchen begnügen. Die Malerei aber steht an der Spitze, und wie man sich bei den Unabhängigen überzeugen kann, ist der Kubismus vorläufig noch Trumpf. Die hervorragende Rolle der Malerei und gerade dieser Malerei läßt sich offenbar daraus erklären, daß zu ihrer Ausübung so gut wie gar kein Talent und ebensowenig Fleiß und Wissen erforderlich ist. Jeder kleine Junge und erst recht jedes kleine Mädchen kann solche Striche, Linien, Punkte, Dreiecke, Kreise usw. auf eine Leinwand oder ein Stück Papier schmieren, und erwachsene Menschen können derartige Kunstwerke tagtäglich zu Dutzenden verfertigen, wenn sie nichts Besseres zu tun haben. Seit man angefangen hat, die Zeichnung zu verachten, ist die Malerei zu einer der am leichtesten auszuübenden Künste geworden, und die jungen oder nicht mehr jungen Damen, die früher Sofaschoner und Schlummerkissen häkelten und stickten, malen jetzt alle Bilder, weil das bei weitem leichter und schneller geht und obendrein mehr Ansehen und Achtung verschafft. Früher, als man nicht nur zuerst eine Skizze machen, sondern auch jede, Einzelheit des Bildes aufs gründlichste durchzeichnen mußte, zuerst auf ein kleines Blatt Papier, dann auf einen großen Karton, endlich auf die Leinwand, da
war die Malerei eine schwierige Sache, mit der man sich nicht so gerne die Finger beschmutzte. Jetzt nimmt man gleich die Leinwand zur Hand und setzt die Farben darauf, und es müßte mit dem Henker hergehen, wenn man da nicht manchmal etwas zustande brächte, das dem Auge gefiele.
Der Kubismus ist also noch Trumpf, aber schon wird von einem neuen Ismus als seinem Nachfolger gesprochen. Dieser neue Ismus ist allerdings im Grunde ein alter Bekannter, denn sein Erfinder, der in Paris als französischer Schriftsteller wirkende Rumäne Guillaume Apollinaire, hat schon vor einem halben Jahre in einer Vorlesung auseinandergesetzt, daß der Örphismus oder Orpheismus die bedeutendste Abart des Kubismus sei. Obgleich wir damals der Vorlesung beigewohnt und den Worten Apollinaires gelauscht haben, ist uns nicht mehr recht erinnerlich, aus welchen Gründen Apollinaire dieser Kunstübung ihren Namen gab, und wodurch der Örphismus sich von anderen Ismen unterscheidet, doch glauben wir uns zu erinnern, daß sein Merkmal darin besteht, daß er überhaupt nichts Existierendes darstellt, sondern einzig und allein aus dem Hirne oder der Phantasie des Künstlers entspringt. Also etwas, wobei man sich absolut nichts Wirkliches vorstellen kann, ist orphistische Malerei.
Obgleich er selbst sich dagegen wehrt, zu den Kubisten oder sonst irgendwelchen Isten gerechnet zu werden, wird man schließlich doch den Tschechen Franz Kupka als den obersten Orphisten bezeichnen müssen. Kupka möchte mit bestimmten Farben, bestimmten Linien auf unser Auge wirken, wie ein bestimmter Ton, ein Akkord auf unser Ohr wirkt. Nicht mehr das durch Farbe und Linie hervorgebrachte Abbild irgend eines wirklichen Gegenstandes soll uns interessieren, sondern der Strich, die Farbe an sich. Damit zergrübelt dieser ausgezeichnete und vortrefflich veranlagte Künstler, der keineswegs zu den sehr zahlreichen »Fumistes« gehört, die sich über die Beschauer, das Publikum und die Kunst selbst lustig machen, sich den Kopf, vermutlich zu seinem und unserm Schaden. Denn ehe wir und die anderen gewöhnlichen Menschen zum Verständnisse einer solchen transzendentalen, von allem Irdischen und Körperlichen losgelösten Kunst herangebildet werden können, hätte Kupka uns eine Menge schöner und sterbliche^ Menschen verständlicher Kunstwerke schenken können. Die übrigen Kubisten und Orphisten verlocken uns weder zur Nennung ihres Namens noch zu einem Bedauern ihrer Tätigkeit, denn fast alle sind sie skrupellose Streber, die auf diesem marktschreierischen Wege die Aufmerksamkeit des Publikums zu erlangen suchen, nachdem es ihnen auf anderen ehrlicheren Wegen nicht gelingen wollte.
K. E. Sch.
SAMMLUNGEN
In der Dresdner Gemäldegalerie hat Direktor Posse für den Monat April in der Vorhalle des ersten Obergeschosses alle Gemälde ausgestellt, die während seiner Amtszeit für die Galerie erworben worden sind. Zu dauernder Aufstellung gewährt die Galerie keinen Platz; glücklicherweise hat Staatsminister Dr. Beck kürzlich angekündigt, daß dem nächsten sächsischen Landtag bereits eine Vorlage für den Bau eines neuen Museums für moderne Kunst zugehen soll. Der Vorraum, in dem die Gemälde aufgestellt sind, stellt ein neues wohlgelungenes Stück der Erneuerungsarbeiten Posses in der Galerie dar: die Decke ist in ihren ornamentalen Teilen wesentlich vereinfacht, die Wandfüllungen sind mit dunkelgrünem, eigens für die Galerie hergestellten Stoff bespannt, Pfeiler und Decke sind in grauem Ton gehalten; die Scherwände, die früher an die Wand anschlossen, sind freigestellt, so daß sich
Paris. Die im Petit Palais veranstaltete Ausstellung der Schule Davids bringt wenig neues, ist aber doch interessant, weil sie recht eindringlich vor Augen führt, wie tot diese Schule für uns ist. Sie kommt uns nicht nur tot, sondern sogar totgeboren vor, und wir können gar nicht mehr begreifen, wie diese statuenhaften Leonidasse, Brutusse, Belisare und wie sie alle heißen, jemals den Beschauern wie lebendige und natürlicheMenschen Vorkommen konnten. Eher können wir uns mit den Bildnissen Davids befreunden, aber neues lernen wir aus ihnen nicht, so wenig wie aus den recht zahlreichen Arbeiten von Ingres, Girodet, Gros, Gerard usw. die alle im Louvre sehr vollständig vertreten sind, so daß uns das Herbeischaffen ihrer in anderen Museen oder Privatbesitz aufbewahrten Arbeiten nichts neues bringen kann. Die einzige Überraschung bieten uns drei Bilder von Fragonard, nicht von Honore, dem schlüpfrigen Maler tändelnder Liebesszenen, sondern von seinem Sohne Alexandre, den wahrscheinlich die eiserne Fuchtel Davids umgebracht hat. Die hier gezeigten drei Bilder, die Versammlung des Tiers-Etat, Maria Theresia im ungarischen Reichstag und die Versammlungdes Nationalkonvents, worin der Pöbel dem Vorsitzenden das Haupt eines Abgeordneten auf einer Pike vorhält, sind nicht Ausläufer Davids, sondern Vorläufer von Delacroix; Meisterwerke in Farbe und Beleuchtung, die uns mit Staunen und Bewunderung füllen, denn die verschiedenen Jahrhundertausstellungen der letzten Jahrzehnte hatten uns den jüngeren Fragonard nicht von dieser Seite gezeigt. Er muß jetzt neben Gericault als Bahnbrecher der romantischen Malerei eingeschätzt werden.
Die Pariser Unabhängigen. Die Ausstellung der Pariser Unabhängigen hat in diesem Jahre 3500 sogenannte Kunstwerke aufgebracht, fast lauter Ölgemälde, nur sehr wenige Skulpturen und Griffelkunstblätter und gar keine Architektur. Die Baukunst ist ja leider heutzutage in Frankreich sozusagen überhaupt keine Kunst mehr, sondern eine technische Wissenschaft, die man in der Schule erlernen kann, und so muß die einstige Königin der Künste sich mit einem Plätzchen im Hinterstübchen begnügen. Die Malerei aber steht an der Spitze, und wie man sich bei den Unabhängigen überzeugen kann, ist der Kubismus vorläufig noch Trumpf. Die hervorragende Rolle der Malerei und gerade dieser Malerei läßt sich offenbar daraus erklären, daß zu ihrer Ausübung so gut wie gar kein Talent und ebensowenig Fleiß und Wissen erforderlich ist. Jeder kleine Junge und erst recht jedes kleine Mädchen kann solche Striche, Linien, Punkte, Dreiecke, Kreise usw. auf eine Leinwand oder ein Stück Papier schmieren, und erwachsene Menschen können derartige Kunstwerke tagtäglich zu Dutzenden verfertigen, wenn sie nichts Besseres zu tun haben. Seit man angefangen hat, die Zeichnung zu verachten, ist die Malerei zu einer der am leichtesten auszuübenden Künste geworden, und die jungen oder nicht mehr jungen Damen, die früher Sofaschoner und Schlummerkissen häkelten und stickten, malen jetzt alle Bilder, weil das bei weitem leichter und schneller geht und obendrein mehr Ansehen und Achtung verschafft. Früher, als man nicht nur zuerst eine Skizze machen, sondern auch jede, Einzelheit des Bildes aufs gründlichste durchzeichnen mußte, zuerst auf ein kleines Blatt Papier, dann auf einen großen Karton, endlich auf die Leinwand, da
war die Malerei eine schwierige Sache, mit der man sich nicht so gerne die Finger beschmutzte. Jetzt nimmt man gleich die Leinwand zur Hand und setzt die Farben darauf, und es müßte mit dem Henker hergehen, wenn man da nicht manchmal etwas zustande brächte, das dem Auge gefiele.
Der Kubismus ist also noch Trumpf, aber schon wird von einem neuen Ismus als seinem Nachfolger gesprochen. Dieser neue Ismus ist allerdings im Grunde ein alter Bekannter, denn sein Erfinder, der in Paris als französischer Schriftsteller wirkende Rumäne Guillaume Apollinaire, hat schon vor einem halben Jahre in einer Vorlesung auseinandergesetzt, daß der Örphismus oder Orpheismus die bedeutendste Abart des Kubismus sei. Obgleich wir damals der Vorlesung beigewohnt und den Worten Apollinaires gelauscht haben, ist uns nicht mehr recht erinnerlich, aus welchen Gründen Apollinaire dieser Kunstübung ihren Namen gab, und wodurch der Örphismus sich von anderen Ismen unterscheidet, doch glauben wir uns zu erinnern, daß sein Merkmal darin besteht, daß er überhaupt nichts Existierendes darstellt, sondern einzig und allein aus dem Hirne oder der Phantasie des Künstlers entspringt. Also etwas, wobei man sich absolut nichts Wirkliches vorstellen kann, ist orphistische Malerei.
Obgleich er selbst sich dagegen wehrt, zu den Kubisten oder sonst irgendwelchen Isten gerechnet zu werden, wird man schließlich doch den Tschechen Franz Kupka als den obersten Orphisten bezeichnen müssen. Kupka möchte mit bestimmten Farben, bestimmten Linien auf unser Auge wirken, wie ein bestimmter Ton, ein Akkord auf unser Ohr wirkt. Nicht mehr das durch Farbe und Linie hervorgebrachte Abbild irgend eines wirklichen Gegenstandes soll uns interessieren, sondern der Strich, die Farbe an sich. Damit zergrübelt dieser ausgezeichnete und vortrefflich veranlagte Künstler, der keineswegs zu den sehr zahlreichen »Fumistes« gehört, die sich über die Beschauer, das Publikum und die Kunst selbst lustig machen, sich den Kopf, vermutlich zu seinem und unserm Schaden. Denn ehe wir und die anderen gewöhnlichen Menschen zum Verständnisse einer solchen transzendentalen, von allem Irdischen und Körperlichen losgelösten Kunst herangebildet werden können, hätte Kupka uns eine Menge schöner und sterbliche^ Menschen verständlicher Kunstwerke schenken können. Die übrigen Kubisten und Orphisten verlocken uns weder zur Nennung ihres Namens noch zu einem Bedauern ihrer Tätigkeit, denn fast alle sind sie skrupellose Streber, die auf diesem marktschreierischen Wege die Aufmerksamkeit des Publikums zu erlangen suchen, nachdem es ihnen auf anderen ehrlicheren Wegen nicht gelingen wollte.
K. E. Sch.
SAMMLUNGEN
In der Dresdner Gemäldegalerie hat Direktor Posse für den Monat April in der Vorhalle des ersten Obergeschosses alle Gemälde ausgestellt, die während seiner Amtszeit für die Galerie erworben worden sind. Zu dauernder Aufstellung gewährt die Galerie keinen Platz; glücklicherweise hat Staatsminister Dr. Beck kürzlich angekündigt, daß dem nächsten sächsischen Landtag bereits eine Vorlage für den Bau eines neuen Museums für moderne Kunst zugehen soll. Der Vorraum, in dem die Gemälde aufgestellt sind, stellt ein neues wohlgelungenes Stück der Erneuerungsarbeiten Posses in der Galerie dar: die Decke ist in ihren ornamentalen Teilen wesentlich vereinfacht, die Wandfüllungen sind mit dunkelgrünem, eigens für die Galerie hergestellten Stoff bespannt, Pfeiler und Decke sind in grauem Ton gehalten; die Scherwände, die früher an die Wand anschlossen, sind freigestellt, so daß sich