mentalen Aufgaben fragmentarisch bleiben muß, scheint dem neuen Typ des reinen, in sich geschlossenen Tafelbildes die nächste Zukunft unbedingt zu gehören. Hofers »König von Thule« beweist, daß die seit Delacroix verschüttete Quelle freier, nicht modellmäßiger Figurenerfindung, die zugleich anschaulich schön und gegenständlich bedeutend ist, wieder zu sprudeln beginnt. Dieser Künstler besitzt einen Liniensinn von höchstem Wohllaut, Gefühl für harmonische Gruppenbildung und eine anmutige Phantasie, ln der rhythmischen Verteilung seiner Farbflecken strebt er eine möglichst einheitliche flächenhafte Verarbeitung dieser Bildelemente an. Über den Farbensinn des Künstlers freilich läßt sich streiten. Er ist nicht ohne Delikatesse, entbehrt aber der lebendigen Frische und Wärme. Hier ist ihm der, übrigens wahlverwandte Carl Caspar entschieden überlegen, der aus Cezanne und seiner großen Ahnenreihe eine rhythmische Einheit von Figur und Landschaft zu gewinnen sucht. Von Robert Gen in interessierte mehr noch als die an Marees und Puvis sowie, weiter rückwärts, an Giotto und den Primitiven orientierten Gemälde, ein wundervoller Zyklus von Steindrucken. Äußerlicher als Hofer und Caspar verarbeitet Max Oppenheimer das Grecosche Vorbild. Seine Kreuzabnahme ist unangenehm in der Farbe und fatal künstlich im Aufbau. Seine Porträts allerdings .verraten eine äußerst hoch entwickelte Sensibilität und leidenschaftliche Kunst der Charakterisierung. Dinge wie die Bildnisse von Arnold Schönberg und Heinrich Mann bleiben dauernd im Gedächtnis. Neben diesen sehr vielsagenden Künstlern erweckt der effektvolle Plakatstil Henry Bings weniger Interesse. Franz Reinhardt-München fällt in einer Kindergruppe durch herbe deutsche Schlichtheit auf, ohne doch ganz die Kraft seiner Simson-Federzeichnungen zu verraten. Eine treffliche Kollektion der Simplizissimuszeichner sowie sehr hoffnungsvolle figürliche Radierungen Carla Pohles sind zum Schluß noch zu erwähnen.
G. F. Hartlaub.
In Paris geht der Streit um die internationale Kunstgewerbeausstellung weiter. Nachdem man sie zweimal verschoben hat, ist man vorläufig bei dem Jahre 1915 stehen geblieben, wird aber höchst wahrscheinlich noch weitere Aufschübe eintreten lassen. Diese sind umso wahrscheinlicher, als man sich bisher noch gar nicht nach einem passenden Gelände umgetan hat. Das Marsfeld, wo bisher alle internationalen Pariser Ausstellungen stattgefunden haben, kommt nicht mehr in Betracht, da die Hälfte seines Gebietes verkauft und mit Wohnhäusern bebaut worden ist, und einen andern Platz gibt es innerhalb der Stadt nicht. Wenn also überhaupt etwas aus der Ausstellung wird, muß man sie vor die Stadt verlegen, und da melden sich außer dem Wäldchen von Vincennes noch verschiedene andere Vorstädte, deren keine einen wirklich idealen Weltausstellungsplatz zu bieten hat. Unterdessen zankt man sich darüber, ob nur moderne Formen oder auch Nachahmungen der alten Meubles de style zugelassen werden sollen. Der Deputirte Francis Carnot, Präsident der Union des Arts decoratifs, will die Kopien und Nachahmungen ausschließen und nur moderne Sachen zulassen, der Stadtverordnete Gabriel Deville, der im Namen des Pariser Stadtrats spricht, verlangt die Zulassung der Möbelfabrikanten des Faubourg St. Antoine, die ihn in den Stadtrat wählen, und die sich fast ausschließlich mit der Fabrikation von Meubles de style beschäftigen. Jetzt hat sich auch noch die Künstlerschaft eingemengt, die natürlich auf seiten Carnots steht und in einem Manifest gegen die Ansprüche der Fabrikanten auftritt. Der ganze Streit spitzt sich also mehr und mehr zu einem Kampfe zwischen Künstlern und Fabrikanten zu, und gerade die Tatsache,
daß diese beiden wichtigen Faktoren einander feindlich gegenüberstehen, lehrt uns, daß das moderne Kunsthandwerk in Frankreich auf sehr schwachen Füßen steht. Es wird eigentlich nur von dem Amateur, dem Dilettanten, dem Snob gehegt; das weitere Publikum, auch das wohlhabende und reiche, will nichts von modernem Hausrat wissen, sondern bleibt bei seinen alten Stilmöbeln. Unter diesen Umständen ist es ganz natürlich, wenn die Fabrikanten sich nicht auf moderne Modelle einlassen, und es ist nicht wahrscheinlich, daß das moderne Kunsthandwerk in Bälde den Sieg davontragen werde. Es scheint also, daß das deutsche Kunsthandwerk (denn um dieses handelt es sich in der Hauptsache bei der französischen Agitation für die Ausstellung) den Vorsprung nicht nur erreicht hat, sondern auch behalten wird, und wenn die Franzosen wirklich eine kunstgewerbliche Weltausstellung veranstalten, dürfte diese wie die große Weltausstellung von 1900 weniger den französischen als den deutschen Industriellen und Künstlern zum Vorteil gereichen.
SAMMLUNGEN
Mannheim. Das Bild »Hafis vor der Schenke« von A. Feuerbach wurde für die Kunsthalle erworben. Es ist bekanntlich ein Hauptwerk der Frühzeit des Künstlers und entstand 1852 in Paris. Es erweitert den Besitz des Museums an Werken Feuerbachs in glücklichster Weise. — Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, daß das im letzten Bericht aufgeführte »Kinderständchen« mit Allgeyer-Neumann Nr. 347 identisch ist und die zweite Fassung des bekannten Bildes darstellt. Die anderen sind in St. Gallen und Leipzig.
w. F. St.
Neuerwerbungen von Gegenständen aus dem klassischen Altertum im Metropolitan-Museum. Das New Yorker Museum hat im Jahre 1912 eine Anzahl wichtiger Erwerbungen im Department der klassischen Kunst gemacht, über die die Bulletins des Metropolitan-Museums einen allgemeinen Bericht und Spezialberichte, je nach der besonderen Bedeutung der Erwerbungen, geben. Im ganzen wurden 7 Skulpturen, 14 Bronzen, 6 Terrakotten, 13 Vasen und Vasenfragmente und außerdem 9 unter »Verschiedenesrangierende Gegenstände angekauft. — Unter den Skulpturen verdient besondere Erwähnung eine Kolossalporträtbüste aus rotem Porphyr, ein Prachtexemplar römischer Arbeit in diesem so schwierigen Material. Der Kopf von 57,4 cm Höhe mit dein Sockel stellt einen bärtigen Mann in mittleren Jahren vor, mit starkem Haar und kurzem Bart und Schnurrbart. Zweifellos ist ein Soldat dargestellt, wie auch die Reste des paludamentum zeigen. Es ist entweder ein Kaiser oder ein Mitglied der kaiserlichen Familie. Unter den bekannten Kaiserporträts ist eigentlich keine Ähnlichkeit zu finden; vielleicht ist aber Älius Verus, der Adoptivsohn Hadrians, der 138 n. Chr., ein Jahr vor seinem Adoptivvater starb, dargestellt. Die Arbeit zeigt einen Meister aus dieser Periode, eine freie und sichere Hand, der das harte Material keine Schwierigkeiten machte. — Ein weiteres bemerkenswertes Stück ist ein archaistischer Athenakopf, der in römischer Zeit ein Werk der griechischarchaischen Periode des 6. Jahrhunderts nachzuahmen sucht. Wir sehen hier eines der feinsten Stücke archaistischer Skulptur, in dem der römische Künstler den Reiz des altattischen Werkes in ungewöhnlicher Weise zu wiederholen verstanden hat. Die Vorliebe der zwei ersten Jahrhunderte des römischen Kaiserreiches für die griechische Kunst des 6. Jahrhunderts zeigte sich einerseits in dem Sammeleifer für archaische Werke, dann in der Kunst der Zeit selbst, d. h. in Nachahmungen der vergangenen Kunst. Es ist nicht schwierig, die archaistische Manier von der wirklich archaischen Kunst zu unterscheiden; denn so klar