die Absicht, archaisch zu sein, auch auftritt, so ist doch meistens auch eine gewisse Verstellung ersichtlich, die zeigt, daß die Hand des Künstlers keineswegs so primitiv war, wie er sein wollte, und daß er auch mit mehr Naturwahrheit hätte modellieren können, wenn er gewollt hätte, während die archaischen Künstler ersichtlich danach strebten, mehr herauszubringen als sie konnten. Der neuerworbene archaistische Athenakopf des Metropolitan-Museums ist mit großer Delikatesse in der Modellierung des Gesichtes und mit feinster Ausarbeitung des Haares und der Ornamente aus dem weißen Marmorblock herausgehauen. Der Mund verrät vielleicht am besten den späten Ursprung, ob es nun eine Kopie nach einem alten Werke oder eigene Erfindung des römischen Künstlers ist; denn er ist viel lebhafter modelliert, als es der archaische Künstler fertig gebracht hätte. Der Kopf zeigt Ähnlichkeit mit der berühmten archaistischen Artemis aus Pompeji, die jetzt im Neapeler Museum ist, und so mag sie auch aus dieser Zeit stammen, also nicht nach 79 n. Chr. entstanden sein. — Des weiteren ist zu bemerken das Fragment einer griechischen Stele aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. mit dem Relief eines stabtragenden Jünglings, eine ausgezeichnete Arbeit und höchst wertvoll, trotzdem nur die Mittelpartie erhalten. Dazu treten von Skulpturen eine Grabvase mit Handschlagsszene im Relief, das kleine Relief eines Reiters, eine Marmorsäule mit Schlange und Kranz, vielleicht ein Symbol des Apollo Agyieus, und der Kopf einer alten Frau ähnlich dem des vor einigen Jahren in das Metropolitan übergegangenen alten Marktweibes. — Sehr wertvoll sind die neuerworbenen Bronzen: eine hellenistische Aphrodite des knidischen Typus aus Kleinasien, eine Groteskfigur mit Silber- und Nielloeinlage, ein Silen mit Nymphe und ein Läufer aus dem Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. und aus gleicher Zeit eine Serie von 10 merkwürdigen, zusammengehörigen Bronzevasen von eleganter Form, feiner Dekoration und prachtvoller Patina. — Unter den Vasen zählt das Bulletin eine prachtvolle weiße Lekythos, einen trefflichen kleinen Phaleronkrug von ausgezeichneter Erhaltung, einen mykeneischen hochfüßigen Becher, eine geometrische Vase in Granatapfelform und mehrere attische schwarze großfigurige Vasen auf. — Unter den Terrakotten sind zu rühmen die Statuette einer Frau mit Spiegel, zwei archaische Reliefs mit fechtenden Kriegern resp. einer Frau und einem Kind mit einem Hahn, und ein schönes melisches Relief mit Darstellung von Phrixos auf dem Widder. Auch Glasgegenstände sind hinzugetreten, ferner einige mit Relief verzierte Knochen, eine mykeneische Gemme und Goldschmuck aus dem 6. Jahrhundert v. Chr.
m.
KONGRESSE
Das Programm des Kongresses für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft vom 7. bis 9. Oktober 1913 zu Berlin (vergl. »Kunstchronik« Nr. 26) umfaßt u. a. Vorträge von E. Bullough (Cambridge): Genetische Ästhetik; J. Cohn (Freiburg i. B.): Die Autonomie der Kunst und die Lage der gegenwärtigen Kultur; W. Jerusalem (Wien): Zur Psychologie und Ästhetik des Typischen; O. Külpe (Bonn): Die Stellung der Ästhetik im System der Wissenschaften; K. Lange (Tübingen): Der Witz; G. Treu (Dresden): Durchschnittsphotographie und Schönheit; Th. Ziehen (Wiesbaden): Der gegenwärtige Stand der experimentellen Ästhetik; H. Cornelius (Frankfurt am Main): Die Ansichtsforderung in Architektur und Plastik; M. Hoernes (Wien): Anfänge der bildenden Kunst; J. Strzygowski (Wien): Die systematischen Grundlagen einer vergleichenden Kunstforschung; K. Groos (Tübingen): Der paradoxe Stil; B. Litzmann (Bonn): Literarische Kritik; O. Walzel
(Dresden): Das Problem des Tragischen; Fr. Kayßler (Berlin): Das Schaffen des Schauspielers; M. Marlersteig (Leipzig): Illusionsbühne und Stilbiihne; W. v. Scholz (Oberhambach): Das Schaffen des dramatischen Dichters; C. S. Myers (Cambridge): Anfänge der Musik.
VERMISCHTES
Neue Bauwerke der Stadt Dresden. Unter diesem Titel hat der Dresdner Stadtbaurat Prof. Hans Erlwein gegenwärtig in der Galerie Arnold zu Dresden in farbigen Ansichten von Fritz Beckert und in kleinen Modellen alle Bauwerke und Projekte, die er während seiner achtjährigen Dresdner Tätigkeit in Dresden errichtet oder geplant hat, ausgestellt. Die erstaunliche Fülle dieser Bauten und Projekte zeugt von einer riesigen städtischen Bautätigkeit, die so umfänglich ist, wie nie zuvor in dem mehr als siebenhundertjährigen Bestehen Dresdens. Da sehen wir nicht weniger als elf neue Schulen verschiedener Art, weiter den neuen Vieh- und Schlachthof, der mit seinen zahlreichen Bauten einer kleinen Stadt gleicht, das neue sog. Italienische Dörfchen am Theaterplatz, das demnächst vollendet sein wird, drei große Gasbehälter, zwei Feuerwachen, drei größere Anlagen von Kleinwohnungsbauten, ein Sparkassengebäude, ein Stadthaus, einen Aussichtsturm auf dem Wolfshügel in der Dresdner Heide, fünf stattliche Innenräume im neuen Rathaus, endlich das Projekt des Neu- und Erweiterungsbaus des Friedrichstädter Krankenhauses (d. i. des ehemaligen Marcolinischen Palais, in dem u. a. Napoleon und Richard Wagner gewohnt haben), das noch weit großartigere und umfassendere Projekt des Königsufers (d. i. des Elbufers in Dresden-N. zwischen dem Finanzministerialgebäude und dem Garten des Japanischen Palais) und das Projekt für den Neubau der Löwenapotheke mit einem Laubengang, der die ästhetische Schädigung des altberühmten Dresdner Altmarkts durch die allzustarke Erweiterung der Wilsdruffer Straße verhindern und zugleich den gebieterischen Forderungen des großen Verkehrs genügen soll. Man denke dabei noch daran, daß Dresden im letzten Jahrzehnt an städtischen Neubauten auch noch die König-Friedrich-August-Brücke von Wilhelm Kreis, das neue Rathaus von Roth und Bräter und das Krematorium von Fritz Schumacher erhalten hat, um zu ermessen, wieviel Dresden an städtischen Neubauten in so wenigen Jahren hinzugewonnen und wie mannigfach sich das Stadtbild gewandelt hat und noch wandelt. Hans Erlwein ist hieran ersichtlich in hervorragender Weise beteiligt. Seine künstlerischen Grundsätze gehen darauf hinaus, im Anschluß an die Überlieferung Neues zu schaffen und seine Bauwerke zweckmäßig, gediegen und einfach zu gestalten. Innerhalb dieser Grundanschauungen hat er sich während seiner achtjährigen Tätigkeit in Dresden zu seinem Vorteil nicht unwesentlich entwickelt. Während er zuerst noch entschieden süddeutsch baute, hat er es im Laufe der Jahre immer besser gelernt, den architektonischen Forderungen zu genügen, die sich aus den architektonischen Überlieferungen Dresdens, aus dem Klima, aus der Luftperspektive, aus der weichen, im Elbtal herrschenden Beleuchtung ergeben. Das ersieht man namentlich aus den Dachformen, die er seinen Bauten neuerdings gibt. Die Mannigfaltigkeit in der Gesamterscheinung seiner Bauwerke ergibt sich zum Teil daraus, daß er immer mit Sorgfalt die Lage und die Umgebung berücksichtigt, die ja in der weit ausgedehnten Stadt mit ihren verschiedenartigen Bauzonen mannigfach wechselt. Anderseits aber bemerken wir, daß Erlwein auch dem allgemeinen Zuge von malerischer Bewegtheit zu größerer Ruhe, zur Monumentalität und zur Symmetrie folgt. Endlich zeigt sich in der Durchbildung der Einzelheiten vollkommene Abkehr von Stil
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KONGRESSE
Das Programm des Kongresses für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft vom 7. bis 9. Oktober 1913 zu Berlin (vergl. »Kunstchronik« Nr. 26) umfaßt u. a. Vorträge von E. Bullough (Cambridge): Genetische Ästhetik; J. Cohn (Freiburg i. B.): Die Autonomie der Kunst und die Lage der gegenwärtigen Kultur; W. Jerusalem (Wien): Zur Psychologie und Ästhetik des Typischen; O. Külpe (Bonn): Die Stellung der Ästhetik im System der Wissenschaften; K. Lange (Tübingen): Der Witz; G. Treu (Dresden): Durchschnittsphotographie und Schönheit; Th. Ziehen (Wiesbaden): Der gegenwärtige Stand der experimentellen Ästhetik; H. Cornelius (Frankfurt am Main): Die Ansichtsforderung in Architektur und Plastik; M. Hoernes (Wien): Anfänge der bildenden Kunst; J. Strzygowski (Wien): Die systematischen Grundlagen einer vergleichenden Kunstforschung; K. Groos (Tübingen): Der paradoxe Stil; B. Litzmann (Bonn): Literarische Kritik; O. Walzel
(Dresden): Das Problem des Tragischen; Fr. Kayßler (Berlin): Das Schaffen des Schauspielers; M. Marlersteig (Leipzig): Illusionsbühne und Stilbiihne; W. v. Scholz (Oberhambach): Das Schaffen des dramatischen Dichters; C. S. Myers (Cambridge): Anfänge der Musik.
VERMISCHTES
Neue Bauwerke der Stadt Dresden. Unter diesem Titel hat der Dresdner Stadtbaurat Prof. Hans Erlwein gegenwärtig in der Galerie Arnold zu Dresden in farbigen Ansichten von Fritz Beckert und in kleinen Modellen alle Bauwerke und Projekte, die er während seiner achtjährigen Dresdner Tätigkeit in Dresden errichtet oder geplant hat, ausgestellt. Die erstaunliche Fülle dieser Bauten und Projekte zeugt von einer riesigen städtischen Bautätigkeit, die so umfänglich ist, wie nie zuvor in dem mehr als siebenhundertjährigen Bestehen Dresdens. Da sehen wir nicht weniger als elf neue Schulen verschiedener Art, weiter den neuen Vieh- und Schlachthof, der mit seinen zahlreichen Bauten einer kleinen Stadt gleicht, das neue sog. Italienische Dörfchen am Theaterplatz, das demnächst vollendet sein wird, drei große Gasbehälter, zwei Feuerwachen, drei größere Anlagen von Kleinwohnungsbauten, ein Sparkassengebäude, ein Stadthaus, einen Aussichtsturm auf dem Wolfshügel in der Dresdner Heide, fünf stattliche Innenräume im neuen Rathaus, endlich das Projekt des Neu- und Erweiterungsbaus des Friedrichstädter Krankenhauses (d. i. des ehemaligen Marcolinischen Palais, in dem u. a. Napoleon und Richard Wagner gewohnt haben), das noch weit großartigere und umfassendere Projekt des Königsufers (d. i. des Elbufers in Dresden-N. zwischen dem Finanzministerialgebäude und dem Garten des Japanischen Palais) und das Projekt für den Neubau der Löwenapotheke mit einem Laubengang, der die ästhetische Schädigung des altberühmten Dresdner Altmarkts durch die allzustarke Erweiterung der Wilsdruffer Straße verhindern und zugleich den gebieterischen Forderungen des großen Verkehrs genügen soll. Man denke dabei noch daran, daß Dresden im letzten Jahrzehnt an städtischen Neubauten auch noch die König-Friedrich-August-Brücke von Wilhelm Kreis, das neue Rathaus von Roth und Bräter und das Krematorium von Fritz Schumacher erhalten hat, um zu ermessen, wieviel Dresden an städtischen Neubauten in so wenigen Jahren hinzugewonnen und wie mannigfach sich das Stadtbild gewandelt hat und noch wandelt. Hans Erlwein ist hieran ersichtlich in hervorragender Weise beteiligt. Seine künstlerischen Grundsätze gehen darauf hinaus, im Anschluß an die Überlieferung Neues zu schaffen und seine Bauwerke zweckmäßig, gediegen und einfach zu gestalten. Innerhalb dieser Grundanschauungen hat er sich während seiner achtjährigen Tätigkeit in Dresden zu seinem Vorteil nicht unwesentlich entwickelt. Während er zuerst noch entschieden süddeutsch baute, hat er es im Laufe der Jahre immer besser gelernt, den architektonischen Forderungen zu genügen, die sich aus den architektonischen Überlieferungen Dresdens, aus dem Klima, aus der Luftperspektive, aus der weichen, im Elbtal herrschenden Beleuchtung ergeben. Das ersieht man namentlich aus den Dachformen, die er seinen Bauten neuerdings gibt. Die Mannigfaltigkeit in der Gesamterscheinung seiner Bauwerke ergibt sich zum Teil daraus, daß er immer mit Sorgfalt die Lage und die Umgebung berücksichtigt, die ja in der weit ausgedehnten Stadt mit ihren verschiedenartigen Bauzonen mannigfach wechselt. Anderseits aber bemerken wir, daß Erlwein auch dem allgemeinen Zuge von malerischer Bewegtheit zu größerer Ruhe, zur Monumentalität und zur Symmetrie folgt. Endlich zeigt sich in der Durchbildung der Einzelheiten vollkommene Abkehr von Stil