Opern zu; es liegt darin etwas von dem retrospektiven, leicht überlegenen Genuß am Rokoko etwa des Rosenkavaliers, das sich mit dem echten sinnlichen Rokoko Mozarts nicht zu decken vermag. — In den Salon Goldschmidt ist die italienische Gruppe der Futuristen (Boccioni, Carra, Russolo, Severini) eingezogen. Es ist klar, wie wenig die Tendenzen dieser Gruppe mit anderen zeitgenössischen Bestrebungen, die um eine künstlerische Form ringen, zu tun haben, wie unangebracht es wäre, sie mit diesen zu verwechseln. Die eigentlich künstlerischen Mittel der Gruppe sind meistens absolut nicht futuristisch. So erzielt z. B. Severinis große Leinwand »der Pan-Pan-Tanz in Monico« ihre gar nicht geringe Wirkung mit ganz impressionistischen Mitteln, mit einer Art von plakatartig vergrößertem Pointillismus; denn die eigentlich futuristischen Mittel, das Überschneiden, das kinematographische Zerschneiden usw., scheinen mir für die Wirkung nur sehr bedingt in Betracht zu kommen. Man darf wirklich nicht daran denken, wie souverän der Barock ähnliche Absichten zu lösen vermochte. Es erscheint als eine Blasphemie, etwa an einen Höllensturz des Rubens zu erinnern. — Worin das Futuristische in dem »Bad« von Carra beruht, ist mir nicht klar. Ich vermag darin nur die technisch und geistig vergröberte und verdeutlichte Art etwa Renoirs zu sehen. Das Unangenehme bei den Arbeiten der ganzen Gruppe sind die primitiven, oft fehlerhaften gedanklichen, literarischen Absichten, gedankliche Verwechslungen wie etwa folgende: Die Bewegung des Mondes (Carra). »Der Eindruck des sich bewegenden Lichts, eine Impression, die der sehr sensitive Künstler empfindet, während das nichtdenkende Publikum es als bewegungslos empfindet« (Nr. 8 des Katalogs). Warum nicht auch umgekehrt? Oder, wenn Boccioni auf seinem Bild »das Leben der Straße dringt in das Haus»sich nicht darauf beschränkt, wie ein Photograph, das wiederzugeben, was er von dem kleinen viereckigen Ausschnitt seines Fensters aus sieht, sondern alles auf das Bild bringt, was man auf einem offenen Balkon von allen Seiten übersehen kann«, so bedeutet das doch wirklich nur eine gedankliche quantitative Vermehrung, keine Erweiterung oder gar Vertiefung des künstlerischen Eindrucks. — Die Sichtbarmachung eines amüsanten Einfalls, wie Boccionis »Scheinvision«, »der Eindruck, den man von der Außen- und Innenseite empfängt, wenn man sich einem Fenster nähert«, scheitert an dem Unvermögen des Malers. Peinlich ist der mehrfache, offenbar auf einem Gedankenfehler basierende Versuch, einen zeitlichen Ablauf darzustellen, der immer zu einem absolut nicht suggestiven Nebeneinander von Einzelheiten wird. Die Einzelheiten aber, wie die immer wiederkehrenden, süßlichen Mädchenköpfe z. B. sind wohl das Unerquicklichste und gleichzeitig im negativen Sinne Aufschlußreichste in der ganzen Ausstellung. Sie wirken besonders peinlich, wenn sie mit »Arabesken« verquickt sind, vielmehr in ihrem Realismus scharf getrennt und ohne Möglichkeit einer Vereinigung neben »Arabesken« stehen, die man so wiederum nicht als ein geistiges Element zu empfinden vermag. Wieviel höher steht da Kandinskys Konsequenz. — Manchmal sind die Absichten so gerichtet, daß man sich sagt, sie wären von ganz großen, souveränen Künstlern zu erfüllen; so etwa die von Luigi Russolos Revolution mit dem vorwärts stoßenden Keil der Volksmasse, den grellroten Strahlenkeilen. Da wirkt dann aber ein peinliches formales Unvermögen, die beabsichtigte Stoßkraft zum Ausdruck zu bringen, hemmend, das man m. E. in dem Stumpferwerden der Keillinien nach links hin, in der philiströsen Schachtelung der Häuser erkennt. Der Gesamteindruck ist der einer merkwürdig pedantischen, ja philiströsen Art, die im
stärksten Gegensatz zu den revolutionären Absichten steht. — Wenn je, so lernt man in dieser Ausstellung die formale Konsequenz eines Picasso, die geistige eines Kandinsky achten; die Fähigkeit eines Franz Marc, in ernstem Denken einen formalen Ausdruck zu finden, die Erfolge eines Pechstein von starken und gesunden sinnlichen Eindrücken ausgehend, zu einem großen Stil zu gelangen, würdigen.
A. w.
Straßburg i. E. Im Elsässischen Kunsthaus findet zurzeit eine Kollektivausstellung des aus Straßburg stammenden und seit mehreren Jahren in Paris tätigen Malers Hans Mathis statt. Dieselbe umfaßt 36 Ölgemälde und Studien, meist Landschaften aus Oberbayern. Die wenigen Porträts erscheinen den Landschaften nicht ganz ebenbürtig; sie ermangeln der Frische des Vortrags, welche manche der letzteren auszeichnet. — In der Galerie Grombach hat C. Schultze-Bertallo einige Gemälde ausgestellt. k.
SAMMLUNGEN
Die Vorderasiatische Abteilung der Berliner Museen hat aus dem 2. Jahrtausend v. Chr. ein Bronzewerk der Hethiter erworben, das an Bedeutung auf diesem Gebiete einzig dasteht. Diese kleine, in Schrittstellung bewegte Figur, die ursprünglich mit Goldblech überzogen war, stammt aus der Nähe von Sidon, von der syrischen Küste. Dank dem Eingreifen von Dr. James Simon gelang die Erwerbung für Berlin. Das Werk steht in naher Beziehung zu der besten und bedeutendsten Skulptur, die aus dem alten Kleinasien auf uns gekommen ist, die das Tor von Boghazköi, derResidenzderGroßkönigedes Hethiterreichs inderzweiten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends, schmückte. Dieses Torrelief, das bei den deutschen Ausgrabungen dort zutage kam, das aber schwerlich für Berlin wird gewonnen werden können, entspricht in der Darstellung der Berliner Neuerwerbung recht sehr. Puchstein sah in dem Torrelief eine Königsdarstellung. Doch weist jetzt Dr. C. Weber in den Amtlichen Berichten darauf hin, daß hier wohl beide Male die Sonnengottheit dargestellt ist. Ein noch weit höheres Alter haben einige für Berlin neuerworbene Siegelzylinder, die bis ins dritte vorchristliche Jahrtausend, ja vielleicht in noch frühere Zeit zurückreichen. Es ist eine hochaltertümliche Opferszene, in der zwei Frauen, vielleicht Herrin und Dienerin, vor dem thronenden Gotte erscheinen und ein Böckchen, wohl das zu opfernde, springend dargestellt ist, einer der allerältesten Zylinder, die wir besitzen, und bisher ganz alleinstehend; dann eine Darstellung der noch immer ungedeuteten Gilgamesch-Szene und ein Jagdbild aus dem Waldgebirge, wo viele Jäger hinter einem Steinbock jagen. Wesentlich jünger ist ein schönes Siegesrelief eines von einem Adler verfolgten Steinbockpaares. Die übrigen neuerworbenen Zylinder führen in das letzte vorchristliche Jahrtausend. Es erscheinen zwei Tiergestalten vor dem Lebensbaum, es opfert ein Priester oder König einem Skorpionmenschen, es jagen Reiter Eber beim Scheine der geflügelt dargestellten Sonne.
Berlin. FürdieSammlungvon Bildwerken der christlichen Epoche des Kaiser-Friedrich-Museums schenkte Direktor Dr. Theodor Wiegand das Eckstück eines altbyzantinischen marmornen Kranzgesimses aus dem 4. oder 5. Jahrhundert und Marcell von Nemes einen Säulenträger in Löwengestalt, mit einer menschlichen Figur im Rachen, unteritalische Arbeit aus dem 13. Jahrhundert. Der islamischen Abteilung überwies Generaldirektor Bode ein auf weißem Grunde buntbemaltes Fayenceschälchen mit ornamentalem Muster und einer Schriftborte, ein persisches Stück aus dem 13. Jahrhundert.