Mäanderbildungen zeigen und vor allem die profilierten Umrahmungen der Quadrate und Rechteckfelder klar hervortreten lassen.
Wenngleich nun Herr Ehelolf durch wissenschaftliche Nachfrage erkundet hat, daß die natürliche, nicht fabrikmäßige Ausscheidung solcher Chlorkalium-Kristalle auch an den griechischen Meeresküsten beobachtet worden sei, so wäre es meiner Ansicht nach doch undenkbar, die Mäander der prähistorischen Keramik, der Mittelmeerkunst, der chinesischen und der altamerikanischen Ornamentik oder gar die Formensprache der profilierten Umrahmungen auf unmittelbare oder mittelbare Anschauung und Nachbildung von Chlorkalium-Kristallen zurückzuführen. Dazu liegen diese im Gegensätze zu den genannten Naturspiralen, die sich dem Beobachter überall beinahe aufdrängten, doch zu weit ab vom Wege der künstlerischen Entwickelung, dazu sind sie zu selten, und, obgleich in den heute fabrikmäßig hergestellten Kristallen mit unbewaffnetem Auge deutlich erkennbar, doch zu unscheinbar gestaltet.
Als eckig stilisierte Spirale erscheint der Mäander wenigstens in der eckig stilisierenden Kunst Altamerikas mit eindrucksvoller Selbstverständlichkeit.
Dennoch dünkt es auch uns lehrreich und bedeutsam, daß wirkliche Mäanderzüge sich als Naturgebilde nachweisen lassen. Ist doch der Mikrokosmos des Menschen mitsamt seiner Kunst nur ein Auszug aus dem Weltall; erscheint es doch keineswegs unmöglich, daß der Mensch als Teil der Schöpfung die einfacheren Gebilde der Natur nicht nur nachempfinden, sondern auch, selbst wenn er sie nicht mit äußeren Augen geschaut hat, nachschaffen kann. Es ist sozusagen eine Überlieferung aus der Werkstatt der Natur, aus der auch die Schaffenskraft des Menschen hervorgegangen ist.
NÜRNBERGER BRIEF
Jede Stadt hat ihre eigene geistige Atmosphäre, die aus den mannigfachsten und oft verschiedenartigsten Grundstoffen, wie sie sich aus Vergangenheit und Gegenwart ergeben, zusammengesetzt ist. Für eine Stadt wie Nürnberg, die als eine der angesehensten und mächtigsten unter den alten Reichsstädten ehemals eine stark ausgeprägte, außer auf den Handel wesentlich auf Kunst und Kunsthandwerk gestellte Sonderentwicklung aufzuweisen hatte, heute aber den regsamen Mittelpunkt des hauptsächlichsten bayerischen Industriebezirks bildet, ist die Analyse dieser Atmosphäre besonders schwierig. Nicht immer günstig beeinflußt und häufig genug gedrückt durch die überwältigende Größe der künstlerischen Vergangenheit, bei der Nähe der Kunstmetropole München und auch aus Mangel an Vertiefung und Sammlung mancher zwar kaufkräftigen, aber sehr real gerichteten Kreise namentlich der Gewerbs- und Handelswelt, hat die neuere Kunst es in Nürnberg bisher nicht zur Entfaltung einer wirklichen Blüte bringen können. Zwar fehlt es dazu nicht an trefflichen Ansätzen und erfreut sich die Stadt einer ansehnlichen, mit Eifer strebenden Künstlerschaft, die auf den verschiedensten Gebieten
Tüchtiges, ja Ausgezeichnetes leistet. Dafür waren, um nur an wenige Momente aus dem Kunstleben der letzten Monate zu erinnern, u. a. die prächtigen Kostümgruppen des Festzuges und die Ausschmückung mancher Straßen und Plätze aus Anlaß des 8. Deutschen Sängerbundesfestes Ende Juli vorigen Jahres ein beredtes Zeugnis; und von dem Keimen, Sprossen und Treiben in der Nürnberger Malerei des 20. Jahrhunderts konnte man aus der Dezemberausstellung im Albrecht-Dürer-Verein, an der sich eine große Anzahl hiesiger Künstler beteiligt hatte, nur einen durchaus günstigen Eindruck gewinnen. Einer groß empfundenen Landschaft von Georg Kellner, der sich in den letzten Jahren vor allem durch seine Wandmalereien am neuen Gebäude des Nürnberger Handelsvorstandes und im Schlosse Ratibor zu Roth a. S. einen Namen gemacht hat, und seiner alla prima treffsicher hingesetzten Bleistiftstudien, des köstlichen »Schweinehirten« von Rudolf Schiestl und zweier Bravourstücke der Bleistiftmalerei von Ernst Lösch muß dabei ganz besonders gedacht werden.
Auch an Anregungen von innen und außen fehlt es nicht. So bot eine reichbeschickte Ausstellung neuerer Gemälde aus Nürnberger Privatbesitz vor kurzem viel Bemerkenswertes, einiges Hervorragende, manches Überraschende, und auch mit der neuen Botschaft der Futuristen und Expressionisten, die freilich, so interessant in kulturgeschichtlicher und psychologischer Hinsicht diese Erscheinungen auch sein mögen, mit der Kunst doch nur noch recht lose Zusammenhängen, ist die Pegnitzstadt bereits durch eine Ausstellung der Kunsthandlung Fehrle und Sippel bekannt gemacht worden.
Aber das Hauptinteresse und die eigentliche Liebe bleibt doch der alten Kunst zugewendet, die uns in Nürnberg auf Schritt und Tritt umgibt und der gegenüber Stadt und Bevölkerung in der Tat die tiefstgehenden Verpflichtungen haben. Nach rühmlich zu Ende geführter Wiederherstellung der Kirche des heiligen Sebald, zu der ein im vorigen Jahre mit Unterstützung der Stadtgemeinde Nürnberg vom Verein für nürnbergische Geschichte herausgegebenes, mit Tafeln und Textabbildungen reich ausgestattetes Werk gewissermaßen den Epilog bildet, ist zurzeit und wohl noch auf Jahre hinaus die majestätische Lorenzkirche in der Restaurierung begriffen, die wiederum, wie bei der Sebalduskirche, den bewährten Händen des tiefgründigen Kenners und feinsinnigen Wiederbelebers alter Stile und Stilformen, des Professors Josef Schmitz, an vertraut ist. Auch sonst wird der Erhaltung des unvergleichlichen alten Stadtbildes von Magistrat und Privaten dauernd die liebevollste Sorgfalt zuteil; und die natürliche Zentrale aller deutsch-archäologischen, historisch-nationalen Bestrebungen und Forschungen, das Germanische Museum, steht unmittelbar vor umfangreichen Neubauten, die durch das rasche Wachstum der Sammlungen zu einer dringenden Notwendigkeit geworden sind. Die Erwerbungskosten (1200000 M.) für den Grund und Boden (6200 Dm) zu diesen Erweiterungs