frage) eine nicht zu unsichere Grundlage zu schaffen«. Deshalb schließt er von seinem Verzeichnis nur diejenigen Blätter aus, die seiner Ansicht nach überhaupt nichts mit Rembrandt zu tun haben; während er die Bezeichnung »zweifelhaft« oder dergleichen nur in den seltenen Fällen anwendet, wo solches kaum zu vermeiden war. Der Zweck, den er verfolgt, ist somit mehr ein statistischer als ein kunstgeschichtlicher; und die Methode, die er dabei anwendet, muß eher als eine diplomatische denn als eine archäologische bezeichnet werden.
Denn statt bei seinen Untersuchungen in erster Linie von dem künstlerischen Wesen Rembrandts auszugehen, wie es sich aus dem Studium des gesicherten Gesamtwerks an Gemälden, Radierungen und Zeichnungen ergibt, sucht er zunächst bei jedem einzelnen Werk nach »objektiven Kennzeichen für die sichere Zuschreibung an den Künstler«, nach Bezeichnungen, Überlieferungen, Beziehungen zu anderen Werken, die naturgemäß häufig irreführend sind, so »daß man, seinen Worten nach, fast den Glauben an solche Kennzeichen verlieren könnte«. Dabei bleibt die Schwierigkeit unerwähnt, von solchen Kennzeichen, auch wenn sie durchaus feststehen, überhaupt den richtigen Gebrauch zu machen.
Da sich Grundlagen dieser äußerlichen Art nur in beschränktem Umfange aufstellen lassen, muß bei der Mehrzahl der Blätter ohnehin zur Stilkritik gegriffen werden. Über die Bedeutung dieses Punktes scheint die Teyler-Gesellschaft in Haarlem bei ihrem Preisausschreiben, auf Grund dessen Hofstede de Groot im Jahre igoo sein Verzeichnis abgefaßt hatte, im Unklaren gewesen zu sein, da sie schlechtweg ein chronologisches Verzeichnis der Zeichnungen verlangte, von dessen Vorbedingung, der Prüfung der Echtheit der einzelnen Blätter, aber gar keine Erwähnung tat, sei es, daß sie solche Prüfung für etwas Selbstverständliches hielt oder meinte, einer solchen Arbeit bedürfe es nicht mehr. Von der chronologischen Anordnung mußte der unüberwindlichen Schwierigkeiten wegen ohnehin Abstand genommen werden, in bezug auf die Echtheitsfrage aber entschied sich Hofstede de Groot auf Grund eigener wie fremder Erfahrung dahin, einen möglichst weiten Standpunkt einzunehmen. »Im Anfang«, sagt er, »steht man den Zeichnungen in der Regel viel zu skeptisch gegenüber.« »Je tiefer man sich aber im Laufe der Studien in den Gegenstand versenkt, um so mehr lernt man die erstaunliche Vielseitigkeit des Künstlers bewundern.« »Man kommt dann leicht dazu, alles, was nur um ein geringes besser ist als das Mittelmäßige, für echt zu halten«.
Wenn Hofstede de Groot schließlich meint, »ein vollkommener Consensus Eruditorum in der Echtheitsfrage von Rembrandts Zeichnungen wird wohl nie erreicht werden«, so würde das eine Bankrotterklärung der Kunstwissenschaft bedeuten. Diese Behauptung dürfte aber nicht zutreffend sein. Denn wenn auch in bezug auf eine verhältnismäßig geringe Zahl von Blättern Zweifel fortbestehen werden, so braucht in bezug auf die überwiegende Mehrzahl
nur eine Umfrage unter denjenigen, welche sich eingehend mit Rembrandt beschäftigt haben, angestellt zu werden, um darzutun, daß Hofstede de Groot mit seinen Ansichten über die Echtheit einer großen Zahl von Zeichnungen mehr oder weniger allein steht.
So sorgfältig das Verzeichnis in philologischer Hinsicht auch gearbeitet ist und so gewissenhaft es das ganze Material der weit verstreuten Zeichnungen Rembrandts umfaßt: als Ratgeber in Fällen des Zweifels, wie z. B. bei der bevorstehenden Auktion, versagt es und muß es enttäuschen, da es mit nur geringfügigen Ausnahmen auf eine stilkritische Würdigung der Blätter verzichtet 1). Dazu wirkt die Neigung des Verfassers verwirrend, irgendwelche wenn auch nur entfernte Ähnlichkeiten oder Beziehungen zu anderen Werken des Meisters als Zuschreibungsgründe zu fassen, wie er solches auch in bezug auf Gemälde zu tun liebt 2).
Das Bestreben, um jeden Preis möglichst viel Werke einem Künstler erhalten zu wollen, steht den Forderungen der künstlerischen Erkenntnis durchaus entgegen, indem es den Fortschritt hemmt und die Dauer von Überlieferungen zu stützen sucht, denen keine ausreichende Beweiskraft innewohnt. Die Überschätzung äußerlicher Zeugnisse aber droht auf Abwege zu führen, wo sie nicht an der Stilkritik ihren Halt findet; denn mit Gründen bloß logischer Art kann ebensogut die eine Behauptung wie auch ihr Gegenteil bewiesen werden.
Wenn jelzt häufig die Rede davon ist, daß eine kritische Erörterung zum Kauf angebotener Werke die Interessen der Verkäufer beeinträchtige, so ist dabei nicht außer acht zu lassen, daß die Kauflustigen sich als in gleichem Maße geschädigt ansehen können, wenn sie in der vorhandenen Literatur keinen Hinweis auf geäußerte Bedenken finden. Daher erschien es nötig, die Sache hier zur Sprache zu bringen, und dabei daran zu erinnern, daß es für Fragen der Kunst keine unfehlbaren Autoritäten gibt, so daß zumal bei Käufen ein jeder selbst die Verantwortung für seine Entschließungen zu tragen hat.
1) Das gilt z. B. auch für die beiden folgenden Sammlungen, die ich habe nachprüfen können. Von den 91 Blättern in Dresden werden nur 13 als zweifelhaft angeführt, während m. E. dort gegen 40 fraglich oder nicht von Rembrandt sind; von den 160 in Berlin sind nur 12 als zweifelhaft angeführt, während mir gegen 35 als fraglich oder nicht von Rembrandt erscheinen.
2) Das schlagendste Beispiel dafür bietet sein Ausspruch über die »Ehebrecherin« der ehemaligen Sammlung Weber: »Im Grunde genommen gibt es kaum eine zweite größere Komposition Rembrandts, die so viele Beziehungen zu seinen anderen Werken aufweist, als gerade diese.«
PERSONALIEN
+ München. Der bekannte Landschafter Joseph Wopfner feierte am 19. März seinen siebzigsten Geburtstag. Wopfner, der seine Motive seit 40 Jahren der Chieniseegegend entnimmt, war in Schwaz in Tirol als Sohn eines Bäckers geboren worden, kam 1860 nach München, wo er bei einem Dekorationsmaler arbeitete und gleichzeitig die Akademie unter Piloty besuchte. 1896 wurde er
Denn statt bei seinen Untersuchungen in erster Linie von dem künstlerischen Wesen Rembrandts auszugehen, wie es sich aus dem Studium des gesicherten Gesamtwerks an Gemälden, Radierungen und Zeichnungen ergibt, sucht er zunächst bei jedem einzelnen Werk nach »objektiven Kennzeichen für die sichere Zuschreibung an den Künstler«, nach Bezeichnungen, Überlieferungen, Beziehungen zu anderen Werken, die naturgemäß häufig irreführend sind, so »daß man, seinen Worten nach, fast den Glauben an solche Kennzeichen verlieren könnte«. Dabei bleibt die Schwierigkeit unerwähnt, von solchen Kennzeichen, auch wenn sie durchaus feststehen, überhaupt den richtigen Gebrauch zu machen.
Da sich Grundlagen dieser äußerlichen Art nur in beschränktem Umfange aufstellen lassen, muß bei der Mehrzahl der Blätter ohnehin zur Stilkritik gegriffen werden. Über die Bedeutung dieses Punktes scheint die Teyler-Gesellschaft in Haarlem bei ihrem Preisausschreiben, auf Grund dessen Hofstede de Groot im Jahre igoo sein Verzeichnis abgefaßt hatte, im Unklaren gewesen zu sein, da sie schlechtweg ein chronologisches Verzeichnis der Zeichnungen verlangte, von dessen Vorbedingung, der Prüfung der Echtheit der einzelnen Blätter, aber gar keine Erwähnung tat, sei es, daß sie solche Prüfung für etwas Selbstverständliches hielt oder meinte, einer solchen Arbeit bedürfe es nicht mehr. Von der chronologischen Anordnung mußte der unüberwindlichen Schwierigkeiten wegen ohnehin Abstand genommen werden, in bezug auf die Echtheitsfrage aber entschied sich Hofstede de Groot auf Grund eigener wie fremder Erfahrung dahin, einen möglichst weiten Standpunkt einzunehmen. »Im Anfang«, sagt er, »steht man den Zeichnungen in der Regel viel zu skeptisch gegenüber.« »Je tiefer man sich aber im Laufe der Studien in den Gegenstand versenkt, um so mehr lernt man die erstaunliche Vielseitigkeit des Künstlers bewundern.« »Man kommt dann leicht dazu, alles, was nur um ein geringes besser ist als das Mittelmäßige, für echt zu halten«.
Wenn Hofstede de Groot schließlich meint, »ein vollkommener Consensus Eruditorum in der Echtheitsfrage von Rembrandts Zeichnungen wird wohl nie erreicht werden«, so würde das eine Bankrotterklärung der Kunstwissenschaft bedeuten. Diese Behauptung dürfte aber nicht zutreffend sein. Denn wenn auch in bezug auf eine verhältnismäßig geringe Zahl von Blättern Zweifel fortbestehen werden, so braucht in bezug auf die überwiegende Mehrzahl
nur eine Umfrage unter denjenigen, welche sich eingehend mit Rembrandt beschäftigt haben, angestellt zu werden, um darzutun, daß Hofstede de Groot mit seinen Ansichten über die Echtheit einer großen Zahl von Zeichnungen mehr oder weniger allein steht.
So sorgfältig das Verzeichnis in philologischer Hinsicht auch gearbeitet ist und so gewissenhaft es das ganze Material der weit verstreuten Zeichnungen Rembrandts umfaßt: als Ratgeber in Fällen des Zweifels, wie z. B. bei der bevorstehenden Auktion, versagt es und muß es enttäuschen, da es mit nur geringfügigen Ausnahmen auf eine stilkritische Würdigung der Blätter verzichtet 1). Dazu wirkt die Neigung des Verfassers verwirrend, irgendwelche wenn auch nur entfernte Ähnlichkeiten oder Beziehungen zu anderen Werken des Meisters als Zuschreibungsgründe zu fassen, wie er solches auch in bezug auf Gemälde zu tun liebt 2).
Das Bestreben, um jeden Preis möglichst viel Werke einem Künstler erhalten zu wollen, steht den Forderungen der künstlerischen Erkenntnis durchaus entgegen, indem es den Fortschritt hemmt und die Dauer von Überlieferungen zu stützen sucht, denen keine ausreichende Beweiskraft innewohnt. Die Überschätzung äußerlicher Zeugnisse aber droht auf Abwege zu führen, wo sie nicht an der Stilkritik ihren Halt findet; denn mit Gründen bloß logischer Art kann ebensogut die eine Behauptung wie auch ihr Gegenteil bewiesen werden.
Wenn jelzt häufig die Rede davon ist, daß eine kritische Erörterung zum Kauf angebotener Werke die Interessen der Verkäufer beeinträchtige, so ist dabei nicht außer acht zu lassen, daß die Kauflustigen sich als in gleichem Maße geschädigt ansehen können, wenn sie in der vorhandenen Literatur keinen Hinweis auf geäußerte Bedenken finden. Daher erschien es nötig, die Sache hier zur Sprache zu bringen, und dabei daran zu erinnern, daß es für Fragen der Kunst keine unfehlbaren Autoritäten gibt, so daß zumal bei Käufen ein jeder selbst die Verantwortung für seine Entschließungen zu tragen hat.
1) Das gilt z. B. auch für die beiden folgenden Sammlungen, die ich habe nachprüfen können. Von den 91 Blättern in Dresden werden nur 13 als zweifelhaft angeführt, während m. E. dort gegen 40 fraglich oder nicht von Rembrandt sind; von den 160 in Berlin sind nur 12 als zweifelhaft angeführt, während mir gegen 35 als fraglich oder nicht von Rembrandt erscheinen.
2) Das schlagendste Beispiel dafür bietet sein Ausspruch über die »Ehebrecherin« der ehemaligen Sammlung Weber: »Im Grunde genommen gibt es kaum eine zweite größere Komposition Rembrandts, die so viele Beziehungen zu seinen anderen Werken aufweist, als gerade diese.«
PERSONALIEN
+ München. Der bekannte Landschafter Joseph Wopfner feierte am 19. März seinen siebzigsten Geburtstag. Wopfner, der seine Motive seit 40 Jahren der Chieniseegegend entnimmt, war in Schwaz in Tirol als Sohn eines Bäckers geboren worden, kam 1860 nach München, wo er bei einem Dekorationsmaler arbeitete und gleichzeitig die Akademie unter Piloty besuchte. 1896 wurde er