museums in Amsterdam, und Professor Dr. W. Vogelsang in Utrecht.
m. D. h.
SAMMLUNGEN
X Die Porträtsammlung der Nationalgalerie, die aus den Beständen des Galeriegebäudes auf der Museumsinsel ausgesondert war und in eigenen Sälen in der alten Schinkelschen Bauakademie Unterkunft gefunden hat, soll in nächster Zeit eröffnet werden, ln diesem Augenblick tritt Direktor Ludwig Justi mit dem interessanten Plan hervor, die verhältnismäßig noch bescheidene Bildnisgalerie zu einer umfassenden, in großem Stile angelegten »Nationalen Porträtsammlung« zu erweitern. Während jene kleine »Filiale« der Nationalgalerie in einem halben Stockwerk des roten Backsteinhauses am Schinkelplatz einquartiert ist, soll nach Justis Vorschlag nunmehr das ganze Haus der Bauakademie dem neuen Zweck dienstbar gemacht werden — ein Projekt, das bereits die prinzipielle Zustimmung des Kaisers gefunden hat, und über das zwischen den beteiligten Ministerien seit längerer Zeit bereits Unterhandlungen schweben. Es scheint, daß der Kultusminister der Idee geneigt ist, der Finanzminister aber noch Bedenken trägt. Justi hat seinen Plan in einer programmatischen Schrift vorgelegt, die unter dem Titel »Der Ausbau der Nationalgalerie« soeben in Berlin erschienen ist. Dies Buch enthält zwei Denkschriften. Die erste betrifft die Veränderungen und Umbauten der Nationalgalerie selbst, die ihrer Vollendung entgegengehen. Die zweite aber entwickelt unter dem Titel »Aufgabe und Umfang der deutschen Bildnissammlung« jenen neuen Plan. Schon jetzt, da die Sammlung in der Bauakademie nicht mehr als acht Säle einnimmt, ist Justi, dem bei dieser Arbeit Prof. Hans Mackowsky zur Seite stand, über das engere Programm der Nationalgalerie, d. h. über die Beschränkung auf das 19. Jahrhundert, hinausgegangen. Er hat durch Anleihen beim Kaiser-Friedrich-Museum und beim Kupferstichkabinett Ausblicke ins 18. Jahrhundert, ja, noch weiter, ins 17. und 16. getan. Diese Erweiterung des Programms möchte er zur Grundlage des Ausbaues machen. Er entwickelt seinen Plan so: Im Erdgeschoß der Bauakademie sollten Porträts des Mittelalters — Siegel, Miniaturen usw. — und der Reformationszeit — neben Gemälden natürlich meist Kupferstiche, Holzschnitte und Medaillen — untergebracht werden; daneben Verwaltungsund Studienräume. Im mittleren Stockwerk würden Bildnisse von etwa 1550 bis 1830 Platz finden; dabei bestimmte Gruppen in einzelnen Sälen: der Kreis des Großen Kurfürsten, die Epoche Friedrichs des Großen, die klassischen Dichter, die Philosophen, die Zeit der Freiheitskriege, die romantische Kunst und Literatur usw. Im Obergeschoß (hohe Wandflächen, zum Teil Oberlichtsäle) Porträts von 1830 bis zur Gegenwart. Hier sollen wiederum Mitglieder des Königshauses, Gelehrte und Schriftsteller, Künstler, Staatsmänner und Parlamentarier, Generäle, Kaufherrn, Techniker und Industrielle übersichtlich in Gruppen getrennt werden. Im ganzen rechnet Justi auf rund 1000 Porträts (die Londoner »National-Porträt-Gallery« umfaßt 1200).
Frankfurt a. M. In der städtischen Skulpturensammlung im Liebieghause sind in letzter Zeit mehrfache Veränderungen vorgenommen worden. Der Raum, der die Menas-Ausgrabungen des Monsignore C. M. Kaufmann enthält, ein Zimmer der ehemaligen Liebiegschen Villa, ist durch Entfernung der schweren, unruhigen Holzvertäfelung, durch neuen Anstrich usw. musealer hergerichtet worden. Die dadurch ermöglichte Neuaufstellung, verbunden mit einer Sichtung, die die wichtigeren Stücke mehr hervor
hebt, gibt der Sammlung ein ganz neues Gesicht. Der frühere Eindruck einer Anhäufung allzu gleichartiger Dinge ist verschwunden. Die qualitätvollen Stücke treten hervor und bestimmen mehr als früher den Gesamteindruck dieser jetzt sehr geschlossen wirkenden Sammlung. — Augenblicklich ist man damit beschäftigt, die Aufstellung der Antiken vorteilhafter zu gestalten, wobei das Bestreben ersichtlich ist, die wichtigen Stücke, besonders die griechischen Originalarbeiten in günstigere Beleuchtung zu stellen und einzeln hervorzuheben. — Eine bedeutende Erweiterung ihres Besitzes hat die Sammlung neuerdings durch die Überweisung der Ergebnisse der letzten Ausgrabungskampagne des Monsignore Kaufmann erfahren. Es handelt sich um etwa tausend ägyptische Terrakotten der griechisch-römischen und der koptischen Epoche, die in der Mehrzahl in der Oase El Faijüm gefunden wurden. Die Sammlung enthält einen außerordentlichen, einzigartigen Reichtum an Typen, die neben dem kulturhistorischen starkes archäologisches und kunsthistorisches Interesse beanspruchen. In einem mit 700 Abbildungen glänzend ausgestatteten Bande hat Monsignore Kaufmann die Sammlung soeben publiziert1). — Außerdem ist von einer Anzahl von Neuerwerbungen der Galerie zu berichten. Aus der Reihe der neuerworbenen antiken Werke ist ein weiblicher Gewandtorso hervorzuheben, eine griechische Arbeit des 5. Jahrhunderts aus pentelischem Marmor, die in der Art der Drapierung des dorischen Chitons, in ihrer breiten, straffen Formgebung und gehaltenen Art an die Karyatiden des Erechtheions erinnert. — Von jüngeren antiken Arbeiten haben Eingang in die Galerie gefunden ein weicher, schlanker Jünglingstorso mit quer über die Brust gelegtem Fell (römische Arbeit nach einem griechischen Werk des 4. Jahrhunderts), ein hellenistisch er Jünglingstorso aus dem Dionysoskreise mit einem Kranz irn Haar, einem um die Schultern gelegten Fell, und der Torso einer bogenschießenden Artemis (römische Arbeit nach einem griechischen Werk des 4. Jahrhunderts). — Die spätantike Kunst hat eine großartige Repräsentation in einer schwungvollen, äußerst dramatischen Darstellung des stiertötenden Mithras mit den die Winter- und Sommersonnenwende darstellenden Figuren aus getöntem Stuck gefunden. Die goldene Färbung im Gesicht des Gottes ist gut erhalten. Der Leib des Stieres ist von einer Opferbinde umgeben. Das Stück stammt aus dem Schlangenheiligtum des Esquilin und gehört wohl der hadrianischen Epoche an. Es bringt mit seiner wilden, großartigen Energie, der fast barbarischen Heftigkeit des Ausdrucks, wozu noch leise das Gefühl einer gewissen exotischen Fremdartigkeit tritt, einen ganz neuen, starken Akzent in die Sammlung. — Auch die Gruppe der mittelalterlichen Werke ist bereichert worden. Zu den interessanten burgundischen Arbeiten aus dem Kreise des Claus Sluter, die die Sammlung schon enthielt, tritt als neue Erwerbung eine burgundische, schwer und weich drapierte Sandsteinfigur des jugendlichen Johannes (etwa 1420—30 zu datieren). — Ein sehr qualitätsvolles und graziöses Werk ist die neuerworbene schwäbische Maria der Heimsuchung (etwa 1460—70). Die Figur ist ausgezeichnet durch ihre liebliche, empfindsame Art, die in dem weichen, zarten Gesicht ebenso wie in der außerordentlich zart empfundenen Bildung der weichen, differenziert bewegten Hände zum Ausdruck kommt. — Unter einer Reihe neuerworbener mittelalterlicher Metallappliken sind Arbeiten von großer Qualität. Das schönste Stück ist wohl eine französische, zierliche vergoldete
1) Ägyptische Terrakotten der griechisch-römischen und koptischen Epoche von Carl Maria Kaufmann. Verlag Diemer, Kairo 1913.
m. D. h.
SAMMLUNGEN
X Die Porträtsammlung der Nationalgalerie, die aus den Beständen des Galeriegebäudes auf der Museumsinsel ausgesondert war und in eigenen Sälen in der alten Schinkelschen Bauakademie Unterkunft gefunden hat, soll in nächster Zeit eröffnet werden, ln diesem Augenblick tritt Direktor Ludwig Justi mit dem interessanten Plan hervor, die verhältnismäßig noch bescheidene Bildnisgalerie zu einer umfassenden, in großem Stile angelegten »Nationalen Porträtsammlung« zu erweitern. Während jene kleine »Filiale« der Nationalgalerie in einem halben Stockwerk des roten Backsteinhauses am Schinkelplatz einquartiert ist, soll nach Justis Vorschlag nunmehr das ganze Haus der Bauakademie dem neuen Zweck dienstbar gemacht werden — ein Projekt, das bereits die prinzipielle Zustimmung des Kaisers gefunden hat, und über das zwischen den beteiligten Ministerien seit längerer Zeit bereits Unterhandlungen schweben. Es scheint, daß der Kultusminister der Idee geneigt ist, der Finanzminister aber noch Bedenken trägt. Justi hat seinen Plan in einer programmatischen Schrift vorgelegt, die unter dem Titel »Der Ausbau der Nationalgalerie« soeben in Berlin erschienen ist. Dies Buch enthält zwei Denkschriften. Die erste betrifft die Veränderungen und Umbauten der Nationalgalerie selbst, die ihrer Vollendung entgegengehen. Die zweite aber entwickelt unter dem Titel »Aufgabe und Umfang der deutschen Bildnissammlung« jenen neuen Plan. Schon jetzt, da die Sammlung in der Bauakademie nicht mehr als acht Säle einnimmt, ist Justi, dem bei dieser Arbeit Prof. Hans Mackowsky zur Seite stand, über das engere Programm der Nationalgalerie, d. h. über die Beschränkung auf das 19. Jahrhundert, hinausgegangen. Er hat durch Anleihen beim Kaiser-Friedrich-Museum und beim Kupferstichkabinett Ausblicke ins 18. Jahrhundert, ja, noch weiter, ins 17. und 16. getan. Diese Erweiterung des Programms möchte er zur Grundlage des Ausbaues machen. Er entwickelt seinen Plan so: Im Erdgeschoß der Bauakademie sollten Porträts des Mittelalters — Siegel, Miniaturen usw. — und der Reformationszeit — neben Gemälden natürlich meist Kupferstiche, Holzschnitte und Medaillen — untergebracht werden; daneben Verwaltungsund Studienräume. Im mittleren Stockwerk würden Bildnisse von etwa 1550 bis 1830 Platz finden; dabei bestimmte Gruppen in einzelnen Sälen: der Kreis des Großen Kurfürsten, die Epoche Friedrichs des Großen, die klassischen Dichter, die Philosophen, die Zeit der Freiheitskriege, die romantische Kunst und Literatur usw. Im Obergeschoß (hohe Wandflächen, zum Teil Oberlichtsäle) Porträts von 1830 bis zur Gegenwart. Hier sollen wiederum Mitglieder des Königshauses, Gelehrte und Schriftsteller, Künstler, Staatsmänner und Parlamentarier, Generäle, Kaufherrn, Techniker und Industrielle übersichtlich in Gruppen getrennt werden. Im ganzen rechnet Justi auf rund 1000 Porträts (die Londoner »National-Porträt-Gallery« umfaßt 1200).
Frankfurt a. M. In der städtischen Skulpturensammlung im Liebieghause sind in letzter Zeit mehrfache Veränderungen vorgenommen worden. Der Raum, der die Menas-Ausgrabungen des Monsignore C. M. Kaufmann enthält, ein Zimmer der ehemaligen Liebiegschen Villa, ist durch Entfernung der schweren, unruhigen Holzvertäfelung, durch neuen Anstrich usw. musealer hergerichtet worden. Die dadurch ermöglichte Neuaufstellung, verbunden mit einer Sichtung, die die wichtigeren Stücke mehr hervor
hebt, gibt der Sammlung ein ganz neues Gesicht. Der frühere Eindruck einer Anhäufung allzu gleichartiger Dinge ist verschwunden. Die qualitätvollen Stücke treten hervor und bestimmen mehr als früher den Gesamteindruck dieser jetzt sehr geschlossen wirkenden Sammlung. — Augenblicklich ist man damit beschäftigt, die Aufstellung der Antiken vorteilhafter zu gestalten, wobei das Bestreben ersichtlich ist, die wichtigen Stücke, besonders die griechischen Originalarbeiten in günstigere Beleuchtung zu stellen und einzeln hervorzuheben. — Eine bedeutende Erweiterung ihres Besitzes hat die Sammlung neuerdings durch die Überweisung der Ergebnisse der letzten Ausgrabungskampagne des Monsignore Kaufmann erfahren. Es handelt sich um etwa tausend ägyptische Terrakotten der griechisch-römischen und der koptischen Epoche, die in der Mehrzahl in der Oase El Faijüm gefunden wurden. Die Sammlung enthält einen außerordentlichen, einzigartigen Reichtum an Typen, die neben dem kulturhistorischen starkes archäologisches und kunsthistorisches Interesse beanspruchen. In einem mit 700 Abbildungen glänzend ausgestatteten Bande hat Monsignore Kaufmann die Sammlung soeben publiziert1). — Außerdem ist von einer Anzahl von Neuerwerbungen der Galerie zu berichten. Aus der Reihe der neuerworbenen antiken Werke ist ein weiblicher Gewandtorso hervorzuheben, eine griechische Arbeit des 5. Jahrhunderts aus pentelischem Marmor, die in der Art der Drapierung des dorischen Chitons, in ihrer breiten, straffen Formgebung und gehaltenen Art an die Karyatiden des Erechtheions erinnert. — Von jüngeren antiken Arbeiten haben Eingang in die Galerie gefunden ein weicher, schlanker Jünglingstorso mit quer über die Brust gelegtem Fell (römische Arbeit nach einem griechischen Werk des 4. Jahrhunderts), ein hellenistisch er Jünglingstorso aus dem Dionysoskreise mit einem Kranz irn Haar, einem um die Schultern gelegten Fell, und der Torso einer bogenschießenden Artemis (römische Arbeit nach einem griechischen Werk des 4. Jahrhunderts). — Die spätantike Kunst hat eine großartige Repräsentation in einer schwungvollen, äußerst dramatischen Darstellung des stiertötenden Mithras mit den die Winter- und Sommersonnenwende darstellenden Figuren aus getöntem Stuck gefunden. Die goldene Färbung im Gesicht des Gottes ist gut erhalten. Der Leib des Stieres ist von einer Opferbinde umgeben. Das Stück stammt aus dem Schlangenheiligtum des Esquilin und gehört wohl der hadrianischen Epoche an. Es bringt mit seiner wilden, großartigen Energie, der fast barbarischen Heftigkeit des Ausdrucks, wozu noch leise das Gefühl einer gewissen exotischen Fremdartigkeit tritt, einen ganz neuen, starken Akzent in die Sammlung. — Auch die Gruppe der mittelalterlichen Werke ist bereichert worden. Zu den interessanten burgundischen Arbeiten aus dem Kreise des Claus Sluter, die die Sammlung schon enthielt, tritt als neue Erwerbung eine burgundische, schwer und weich drapierte Sandsteinfigur des jugendlichen Johannes (etwa 1420—30 zu datieren). — Ein sehr qualitätsvolles und graziöses Werk ist die neuerworbene schwäbische Maria der Heimsuchung (etwa 1460—70). Die Figur ist ausgezeichnet durch ihre liebliche, empfindsame Art, die in dem weichen, zarten Gesicht ebenso wie in der außerordentlich zart empfundenen Bildung der weichen, differenziert bewegten Hände zum Ausdruck kommt. — Unter einer Reihe neuerworbener mittelalterlicher Metallappliken sind Arbeiten von großer Qualität. Das schönste Stück ist wohl eine französische, zierliche vergoldete
1) Ägyptische Terrakotten der griechisch-römischen und koptischen Epoche von Carl Maria Kaufmann. Verlag Diemer, Kairo 1913.