Bronzefigur eines Diakonen aus dem 13. Jahrhundert. — Die Sammlung italienischer Bildwerke hat durch die dem Andrea della Robbia zugeschriebene Lünette mit Leda und dem Schwan aus der Sammlung Lippmann eine wichtige Bereicherung erfahren. In dem anmutig komponierten Werk eint sich eine strenge, herbe Empfindung mit einer außerordentlichen Zartheit und Grazie der Formen. — Ein barockes italienisches Brunnenmodell aus Terrakotta — es stellt zwei sitzende Tritonen dar, die um einen Delphin kämpfen — zeigt an einem kleinen Beispiel große, keine Schwierigkeiten kennende, alle Wirkungen sicher berechnende Kunst. a. w.
Budapest. Im Museum der bildenden Künste hat am 18. März der neu ernannte Kultusminister Dr. Béla v. Jankovich die dem Museum vermachte großartige Kollektion des Grafen Johann Pâlffy (s. Kunstchronik vom 23. Oktober 1912) feierlich eröffnet. Die Bilder (121 Werke alter und 57 neuerer Meister) sind in sechs ineinander mündenden Sälen, die eigens zu diesem Zwecke neu dekoriert wurden, aufgestellt; besonders imposant wirkt der große italienische Saal, in welchem z. B. das Porträt des Dogen Marc-Antonio Trevisani von Tizian, die hl. Familie von Francia, die Madonna von Lodi von Boltraffio, der Tote Christus von Marco Basaiti, die hl. Familie mit dem hl. Hieronymus von Boccacio Boccacino usw. in stilvollen Renaissancerahmen hängen; im Nebensaal sieht man ausgezeichnete Werke von Troyon, Daubigny, Couture, Mauve, Israels, Schleichd.Ä. DerDirektorstellvertreterdesMuseums, Hofrat Dr. Gabriel v. Térey, hat für die Eröffnung auch den wissenschaftlichen Katalog der Sammlung in ungarischer und deutscher Sprache fertig gestellt, welcher außer dem Bildnis des Grafen Johann Pâlffy auch vierunddreißig Hauptbilder der Sammlung in gelungenen Reproduktionen wiedergibt. — Dem Budapester Museum hat der unlängst verstorbene Graf Dionys Andrässy eine wertvolle Kollektion von etwa 150 —160 modernen Bildern, zumeist deutscher Meister, testamentarisch vermacht, außerdem der Landesgesellschaft für bildende Kunst ein Legat von 1400000 Kronen, dessen jährliche Zinsen für Ankäufe moderner Bilder bestimmt sind. Unter den vermachten Bildern ist ganz besonders ein wundervoller Böcklin »Frühling« hervorzuheben, der früher im Besitze von Franz v. Löbeccke in Brieg war und einen an einen Felsen hingelagerten musizierenden Faun darstellt, dem zwei zwischen Bäumen stehende Nymphen zuhören; sodann sei das Bildnis der Fürstin Bülow von Lenbach hervorgehoben, ferner Werke von Fritz August v. Kaulbach »Reife Früchte«, W. Firle »Am Frühstücktisch«, Uhde »Grablegung« (Skizze), W. v. Diez »Rauferei«, H. Zügel »Ruhende Schafherde(1899), P. Meyerheim »Löwenpaar«, René Reinicke »Nach der Redoute« und »Kaffeeklatsch« usw.
Die Venus von Arles. Im Louvre hat man jetzt neben die Marmorstatue der Venus von Arles einen Gipsabguß gestellt, der vor der Restauration durch Girardon von der antiken Figur gemacht worden ist. Die Venus von Arles, wahrscheinlich die Kopie eines Werkes des Praxiteles, wurde im Jahre 1651 gefunden und zur Aufstellung im Park von Versailles bestimmt. Da sie aber mannigfach zerbrochen und verstümmelt war, wurde sie dem Bildhauer Girardon zur Wiederherstellung übergeben, und es ist nun sehr interessant zu sehen, wie ungeniert man damals mit antiken Kunstwerken umging. Daß Girardon die abgebrochenen und verschwundenen Arme durch neue ersetzt hat, ist ja nicht schlimm, aber wenn man jetzt die beiden Statuen nebeneinander betrachtet, hat man beinahe Mühe zu glauben, daß der Abguß wirklich nach dieser nämlichen Marmorfigur gemacht worden sei. Der Abguß
stellt eine Frau von den kräftigen Formen der Venus von Milo dar, die Marmorfigur ein schlankes junges Mädchen. Bei näherer Besichtigung erklärt man sich das. Girardon hatte den Auftrag, die Marmorstatue sozusagen funkelnagelneu, ohne Schramme und Kratzer wieder herzustellen, er ging also, wo solche Schrammen und Löcher vorhanden waren, bis auf ihren tiefsten Punkt zurück und überarbeitete dann die ganze Figur, allenthalben etwa anderthalb bis zwei Zentimeter wegnehmend. Nichts kennzeichnet besser die Verschiedenheit der Ansichten, die Heiligkeit und Unantastbarkeit antiker Kunstwerke anlangend, zwischen heute und dem 17. Jahrhundert als ein Vergleich zwischen diesem »Original« und dem Abguß. Vielleicht aber wird man in hundert Jahren ebenso sehr über unsere Attentate auf mittelalterliche und Renaissancebauten staunen, die wir »stilgerecht« wiederherstellen, wie wir heute über den VandalismusGirardons und seinerZeitgenossen staunen, die so rücksichtslos mit antiken Statuen verfuhren. Der Abguß wurde erst vor einem Jahre verstaubt und vergessen in Arles aufgefunden, und man muß der Direktion des Louvre Dank wissen, daß sie so den Besuchern die Möglichkeit gibt, die wahre Venus von Arles kennen zu lernen und mit der falschen zu vergleichen.
+ München. Das Gemäldedepot der Augsburger Galerie mit ca. 200 Bildern wurde nach München überführt, da die Speicherräume, in denen die Bilder bisher untergebracht waren, sich als zu feuergefährlich erwiesen.
KONGRESSE
Ein Kongreß für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft wird vom 7.-9. Oktober 1913 in Berlin, im Aulagebäude der Kgl. Universität abgehallen werden. Der Kongreß soll eine Gemeinsamkeit wissenschaftlicher Interessen zum sichtbaren Ausdruck bringen. Ästhetische und kunstwissenschaftliche Zusammenkünfte werden zwar bei den Zusammenkünften der Philosophen und Psychologen, der Literatur-, Kunst- und Musikforscher, der Ethnologen, Soziologen und Pädagogen gern nebenbei erörtert, können aber bei solchen Gelegenheiten nie in ihrem inneren Zusammenhänge sich darstellen. Um diesen Zusammenhang deutlich hervorzuheben und zu fördern, sind die Ästhetiker, die von Philosophie und Psychologie ausgehen, mit denjenigen Vertretern der konkreteren Wissenschaften in Verbindung zu setzen, die im Kunstwerk als solchem den nächsten Gegenstand ihrer Forschung erblicken; andererseits sind die Kunst-, Literatur- und Musikhistoriker durch lebendige Berührung und Aussprache darin zu befestigen, daß sie die wertvollen Ergebnisse der neuen philosophischen und psychologischen Ästhetik sich zu eigen machen. Wenn die bisher gesondert Arbeitenden sich als Glieder einer umfassenden geistigen Bewegung fühlen lernen, so kann das dem Fortschritt unserer Wissenschaft erhebliche Dienste leisten. Daher soll das Organisationsmittel eines Kongresses zu Hilfe genommen und ein persönlicher Gedankenaustausch hergestellt werden. — Nähere Mitteilungen macht Professor Dr. Max Dessoir, Berlin W., Speyererstr. 9.
FORSCHUNGEN
In Heft 5 des »Cicerone« setzt A. L. Mayer seine Besprechung von Madrider Privatgalerien mit der Sammlung Pablo Bosch fort, die durch die Zahl der Bilder an erster Stelle in Madrid stehen dürfte. Die Abbildungen des Aufsatzes bringen außer drei bekannten Werken der Galerie, so der außerordentlich schönen Madonna Orleys von 1522 aus Burgos, eine Reihe von Bildern, deren Benennungen teilweise von dem mit großem Idealismus sammelnden Besitzer herrühren. Der »Salvator mundi«, der aus dem
Budapest. Im Museum der bildenden Künste hat am 18. März der neu ernannte Kultusminister Dr. Béla v. Jankovich die dem Museum vermachte großartige Kollektion des Grafen Johann Pâlffy (s. Kunstchronik vom 23. Oktober 1912) feierlich eröffnet. Die Bilder (121 Werke alter und 57 neuerer Meister) sind in sechs ineinander mündenden Sälen, die eigens zu diesem Zwecke neu dekoriert wurden, aufgestellt; besonders imposant wirkt der große italienische Saal, in welchem z. B. das Porträt des Dogen Marc-Antonio Trevisani von Tizian, die hl. Familie von Francia, die Madonna von Lodi von Boltraffio, der Tote Christus von Marco Basaiti, die hl. Familie mit dem hl. Hieronymus von Boccacio Boccacino usw. in stilvollen Renaissancerahmen hängen; im Nebensaal sieht man ausgezeichnete Werke von Troyon, Daubigny, Couture, Mauve, Israels, Schleichd.Ä. DerDirektorstellvertreterdesMuseums, Hofrat Dr. Gabriel v. Térey, hat für die Eröffnung auch den wissenschaftlichen Katalog der Sammlung in ungarischer und deutscher Sprache fertig gestellt, welcher außer dem Bildnis des Grafen Johann Pâlffy auch vierunddreißig Hauptbilder der Sammlung in gelungenen Reproduktionen wiedergibt. — Dem Budapester Museum hat der unlängst verstorbene Graf Dionys Andrässy eine wertvolle Kollektion von etwa 150 —160 modernen Bildern, zumeist deutscher Meister, testamentarisch vermacht, außerdem der Landesgesellschaft für bildende Kunst ein Legat von 1400000 Kronen, dessen jährliche Zinsen für Ankäufe moderner Bilder bestimmt sind. Unter den vermachten Bildern ist ganz besonders ein wundervoller Böcklin »Frühling« hervorzuheben, der früher im Besitze von Franz v. Löbeccke in Brieg war und einen an einen Felsen hingelagerten musizierenden Faun darstellt, dem zwei zwischen Bäumen stehende Nymphen zuhören; sodann sei das Bildnis der Fürstin Bülow von Lenbach hervorgehoben, ferner Werke von Fritz August v. Kaulbach »Reife Früchte«, W. Firle »Am Frühstücktisch«, Uhde »Grablegung« (Skizze), W. v. Diez »Rauferei«, H. Zügel »Ruhende Schafherde(1899), P. Meyerheim »Löwenpaar«, René Reinicke »Nach der Redoute« und »Kaffeeklatsch« usw.
Die Venus von Arles. Im Louvre hat man jetzt neben die Marmorstatue der Venus von Arles einen Gipsabguß gestellt, der vor der Restauration durch Girardon von der antiken Figur gemacht worden ist. Die Venus von Arles, wahrscheinlich die Kopie eines Werkes des Praxiteles, wurde im Jahre 1651 gefunden und zur Aufstellung im Park von Versailles bestimmt. Da sie aber mannigfach zerbrochen und verstümmelt war, wurde sie dem Bildhauer Girardon zur Wiederherstellung übergeben, und es ist nun sehr interessant zu sehen, wie ungeniert man damals mit antiken Kunstwerken umging. Daß Girardon die abgebrochenen und verschwundenen Arme durch neue ersetzt hat, ist ja nicht schlimm, aber wenn man jetzt die beiden Statuen nebeneinander betrachtet, hat man beinahe Mühe zu glauben, daß der Abguß wirklich nach dieser nämlichen Marmorfigur gemacht worden sei. Der Abguß
stellt eine Frau von den kräftigen Formen der Venus von Milo dar, die Marmorfigur ein schlankes junges Mädchen. Bei näherer Besichtigung erklärt man sich das. Girardon hatte den Auftrag, die Marmorstatue sozusagen funkelnagelneu, ohne Schramme und Kratzer wieder herzustellen, er ging also, wo solche Schrammen und Löcher vorhanden waren, bis auf ihren tiefsten Punkt zurück und überarbeitete dann die ganze Figur, allenthalben etwa anderthalb bis zwei Zentimeter wegnehmend. Nichts kennzeichnet besser die Verschiedenheit der Ansichten, die Heiligkeit und Unantastbarkeit antiker Kunstwerke anlangend, zwischen heute und dem 17. Jahrhundert als ein Vergleich zwischen diesem »Original« und dem Abguß. Vielleicht aber wird man in hundert Jahren ebenso sehr über unsere Attentate auf mittelalterliche und Renaissancebauten staunen, die wir »stilgerecht« wiederherstellen, wie wir heute über den VandalismusGirardons und seinerZeitgenossen staunen, die so rücksichtslos mit antiken Statuen verfuhren. Der Abguß wurde erst vor einem Jahre verstaubt und vergessen in Arles aufgefunden, und man muß der Direktion des Louvre Dank wissen, daß sie so den Besuchern die Möglichkeit gibt, die wahre Venus von Arles kennen zu lernen und mit der falschen zu vergleichen.
+ München. Das Gemäldedepot der Augsburger Galerie mit ca. 200 Bildern wurde nach München überführt, da die Speicherräume, in denen die Bilder bisher untergebracht waren, sich als zu feuergefährlich erwiesen.
KONGRESSE
Ein Kongreß für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft wird vom 7.-9. Oktober 1913 in Berlin, im Aulagebäude der Kgl. Universität abgehallen werden. Der Kongreß soll eine Gemeinsamkeit wissenschaftlicher Interessen zum sichtbaren Ausdruck bringen. Ästhetische und kunstwissenschaftliche Zusammenkünfte werden zwar bei den Zusammenkünften der Philosophen und Psychologen, der Literatur-, Kunst- und Musikforscher, der Ethnologen, Soziologen und Pädagogen gern nebenbei erörtert, können aber bei solchen Gelegenheiten nie in ihrem inneren Zusammenhänge sich darstellen. Um diesen Zusammenhang deutlich hervorzuheben und zu fördern, sind die Ästhetiker, die von Philosophie und Psychologie ausgehen, mit denjenigen Vertretern der konkreteren Wissenschaften in Verbindung zu setzen, die im Kunstwerk als solchem den nächsten Gegenstand ihrer Forschung erblicken; andererseits sind die Kunst-, Literatur- und Musikhistoriker durch lebendige Berührung und Aussprache darin zu befestigen, daß sie die wertvollen Ergebnisse der neuen philosophischen und psychologischen Ästhetik sich zu eigen machen. Wenn die bisher gesondert Arbeitenden sich als Glieder einer umfassenden geistigen Bewegung fühlen lernen, so kann das dem Fortschritt unserer Wissenschaft erhebliche Dienste leisten. Daher soll das Organisationsmittel eines Kongresses zu Hilfe genommen und ein persönlicher Gedankenaustausch hergestellt werden. — Nähere Mitteilungen macht Professor Dr. Max Dessoir, Berlin W., Speyererstr. 9.
FORSCHUNGEN
In Heft 5 des »Cicerone« setzt A. L. Mayer seine Besprechung von Madrider Privatgalerien mit der Sammlung Pablo Bosch fort, die durch die Zahl der Bilder an erster Stelle in Madrid stehen dürfte. Die Abbildungen des Aufsatzes bringen außer drei bekannten Werken der Galerie, so der außerordentlich schönen Madonna Orleys von 1522 aus Burgos, eine Reihe von Bildern, deren Benennungen teilweise von dem mit großem Idealismus sammelnden Besitzer herrühren. Der »Salvator mundi«, der aus dem