sieht man je ein Dromedar und die symbolische Darstellung einer Quelle oder eines Flusses. Besonders interessant ist aber die Mittelplatte, das Profilbild eines Nashorns (die Abb. stammt aus Mus. Borb. XIII Taf. 22—vgl. auch O. Keller, antike Tierwelt Fig. 135 und auf dem Einbande). In der Darstellung dieses absonderlichen Tieres wollte man schon eine Illustration zu den Erzählungen der alten Schrift
steller sehen, daß die römischen Kaiser sogar diese äußerst schwer zu erlangenden Dickhäuter zu ihren blutigen Tier
hetzen verwendeten. Da das Relief überdies nicht das gewöhnliche, afrikanische, zweihörnige Rhinozeros, sondern das einhörnige, indische zeigt, hatte man auch einen in
teressanten Hinweis auf die Beziehungen zwischen Indien
und Rom. Merkwürdigerweise stimmt nun dieses Relief genau mit dem bekannten Holzschnitt eines Rhinozerosses überein, den Dürer im Jahre 1515 nach einer ihm aus Lissabon zugesandten kleinen Skizze geschaffen hat. Dürers Zeichnung nach dieser Skizze wird heute im Britischen Museum in London bewahrt und trägt von seiner eigenen Hand die Notiz, daß das dargestellte Tier am 8. Mai 1513 für den König von Portugal in Lissabon ans Land gebracht worden sei. Die Übereinstimmung mit dem Marmorrelief ist um so einwandfreier festzustellen, weil es sich keineswegs um eine naturalistische Darstellung, son
dern um eine ziemlich phantastische Stilisierung des Tieres handelt. Sie ist auch in den Einzelheiten beidemal die gleiche. Da uns nun Dürer bei seinem Holzschnitt aus
nahmsweise eine genaue Quellenangabe macht, bleibt für die Marmorreliefs nur der Schluß übrig, daß sie gefälscht sind. Wahrscheinlich hatte der Fälscher selbst keine Ahnung, das er Dürer kopiere und benutzte als Vorlage die Abbildung irgend eines naturwissenschaftlichen Werkes. Da
bei wußte er nicht, daß diese Illustrationen des Rhinozerosses nach Vorgang des berühmten Geßnerschen Naturbuches bis weit ins 18. Jahrhundert hinein fast stets Nachbildungen
von Dürers berühmtem Holzschnitt sind. Die Möglichkeit, Dürer als den Nachahmer hinzustellen, ist schon deshalb hinfällig, weil das Relief wohl mit dem Holzschnitt, nicht aber mit Dürers Vorzeichnung in London übereinstimmt.
Raffael: Neue.seinerJ ugend zugeschriebene Werke. In der Schlußvorlesung vor den Osterferien teilte Venturi in der römischen Universität seine neuen Zuschreibungen im Felde der Raffaelforschung mit. Im Colleggio del Cambio zu Perugia weist er ihm die Gestalt der Fortitudo zu und das ganze große Fresko der Propheten und Sybillen. Wie man weiß, befinden sich gerade auf der Wand, auf welche die Fortitudo gemalt ist, auch Peruginos Porträt und die Jahreszahl 1500. Venturi meint, daß Raffael gerade in dem Jahre, als die Lehren des Timoteo della Vite noch ganz lebendig in ihm waren, nach Perugia gekommen sei und mit Perugino im Colleggio del Cambio gemalt habe. Er schreibt Raffael auch den Eccehomo im Sarkophag der Pinakothek in Perugia zu. Was Raffaels Erziehung betrifft, glaubt Venturi sie nach obigen Zuschreibungen folgender
maßen wieder entwickeln zu können: Vor dem Jahre 1500 hatte er in Urbino, nach dem Tode seines Vaters, seit 1495, unter der Leitung des Timoteo della Vite, eines Schülers des Francia, gearbeitet. Im Jahre 1500 kam er nach Perugia und sein erstes Werk daselbst, nach Venturi
die Fortitudo im Cambio, zeigt ihn noch ganz im Banne der Lehren Timoteos. Vor Timoteo war er bei Evange
lista di Pian di Meleto, dem Gehilfen seines Vaters, in der Lehre gewesen. Zu den peruginesken Werken Raffaels rechnet Venturi die Krönung der Vatikanischen Pinakothek und die Kreuzigung der Sammlung Mond, sowie eben den Eccehomo in der Galerie von Perugia. Was das Fresko der Sybillen und Propheten im Cambio betrifft, meint er, daß Raffael es ungefähr in den Jahren 1504—1505 gemalt
haben müsse, als er schon anfing, sich von Peruginos Einfluß zu befreien.
Fed. n.
Eine neue Deutung des Kardinalporträts Raffaels im Prado gibt Robert Dürrer in einem ausführlichen Auf
satz im Januarheft der Monatshefte für Kunstwissenschaft. Bekanntlich haben schon viele Gelehrte versucht, die Per
sönlichkeit des Dargestellten zu identifizieren, ohne daß sich eine dieser Benennungen auf die Dauer hat halten können. Dürrer möchte nun in dem Madrider Kardinal den Bischof von Wallis, Matthäus Schinner, erkennen, der 1511 den Purpur erhielt und 1522 starb. Er stützt sich dabei auf ein Profilbildnis Schinners in der ehemaligen Sammlung Giovios (jetzt im Besitz Dr. G. Rovellis in Como)
und dessen Holzschnittreproduktion von Tobias Stimmer in den Elogia virorum illustrium von 1575, sowie auf einige andere Bildnisse desselben Typus in Schweizer Besitz. Die Ähnlichkeit der hier dargestellten Persönlichkeit mit dem Madrider Kardinal erscheint durchaus einleuchtend. Jedenfalls wirkt der Vergleich Durrers überzeugender als der kürzlich von H. Hymans in einer Notiz im Burlington Magazin (XX, 1911/12, p. 897) angestellte. Hymans, dessen Hypothese Dürrer noch unbekannt ist, wollte auf Grund einer Medaille des Caradosso in dem Madrider Bildnis die Züge des 1517 erwählten 1527 verstorbenen Kardinals Scaramuccia dei Trivulzi erkennen. Für die neue Be
nennung Durrers fehlt aber leider eine wichtige Bestätigung. Die Münzen mit dem Kopfe Schinners zeigen keinerlei Beziehungen zum Madrider Kardinal oder nur zu den Profilbildnissen. Und Dürrer gelingt es auch nicht, diese Schwierigkeit vollständig zu beseitigen. Man wird also bei der ganzen Frage immer noch damit rechnen müssen, daß der Typus der Sammlung Giovios kein authentisches Bildnis Schinners ist und damit auch die neue Benennung des Madrider Bildes unsicher bleibt. —1.
VERMISCHTES
+ München. DasGeneralkonservatoriumderKunstdenkmale und Altertümer Bayerns veranstaltet vom 2.—10. Mai wieder wie im vorigen Jahre einen Museums
kurs, bei dem verschiedene Sammlungen in Oberbayern, Schwaben, Niederbayern, Oberpfalz und Mittelfranken unter Leitung des Generalkonservators Dr. Gg. Hager berührt werden sollen. In Aussicht genommen sind die Museen in Burghausen, Altötting, Dachau, Augsburg, Nördlingen, Maihingen, Dinkelsbühl, Feuchtwangen, Rothenburg o. T., Würzburg, Heidelberg und Speyer. Als Teilnehmer kommen sowohl Leute in Betracht, die mit der Verwaltung von Museen zu tun haben oder später sich solchen Aufgaben widmen wollen, wie auch Geschichts- und Kunstfreunde, vorausgesetzt, daß ihre Zahl nicht zu groß wird. Gesuche um Programme und Teilnehmerkarten, die unentgeltlich versandt werden, sind zu richten an das kgl. Generalkonser
vatorium der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns, Mün
chen, Prinzregentenstr. 3.
Inhalt: Die Rembrandtzeichnungen der Sammlung Heseltine und C. Hofstede de Oroot. Von W. v. Seidlitz. — •Personalien. — Büste Joseph Joachims; Kolonialkriegerdenkmal ln Berlin. — Römische Niederlassung in Compiègne; Bronzegräber aus der Späthallstattzeit. — Aussteflungen in Düsseldorf, Paris, Hertogenbosch. — Porträtsammlung der Nationalgalerie; Städt. Skulpturensammlung in Frankfurt a. M.; Museum der
bild. Künste in Budapest; Venus von Arles; Depot der Augsburger Oalerie. — Kongreß für Ästhetik usw. — Forschungen. — Vermischtes, Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig