Die Märzausstellung des Magdeburger Kunstvereins bringt diesmal die krassen Gegensätze in unserem heutigen Kunstleben zur Darstellung, neben Vertretern des Expressionismus recht zahme Künstler wie Beyer und Höckner. Der ganze mittlere Oberlichtsaal ist der neuesten expressionistischen Gruppe, der neuen Künstlervereinigung München, eingeräumt. Gleich beim Eintritt fällt das monumental aufgefaßte Bild von Girieud, die drei Grazien, in die Augen. Girieud ist von der neuen Künstlervereinigung der Sympathischste, vielleicht gerade deshalb, weil er in der Reduktion der Farbe und Form nicht so weit geht als die anderen. Die Zeichnung seiner Figuren ist kühl, aber korrekt, farbig wirkt er etwas nüchtern und ohne Tiefe. Besonders in der Landschaft überwiegen die kalten grauen Töne, nur der See zeigt ein tiefes leuchtendes Blau. Aber gerade sehr fein ist diese Wirkung des Farbenkontrastes, wie diese einzige kräftige Farbe im Bilde den an sich blassen Tönen des Inkarnats doch zu einer mächtig wirkenden Intensität verhilft.
Von den übrigen Künstlern der neuen Künstlervereinigung ist A. Erbslöh die bedeutendste Persönlichkeit, besonders in seinen Landschafts- und Straßenbildern. Hier zeigt sich bei einer andeutenden Darstellung des Raumes eine tiefe, satte Farbengebung, die allerdings ganz auf dekorative Wirkung ausgeht. Wie so oft bei den Bildern des Impressionismus kommt man von dem Eindruck nicht los, daß sie im Grunde eigentlich prachtvolle dekorative Entwürfe für irgendwelche andere Kunstzweige wie Teppichkunst, Glasfenster usw. abgeben würden, daß sie aber kaum eine Bildwirkung in unserem Sinne ausüben können. Wohl sein Bestes gibt Erbslöh in den beiden Bildern der Straßen
ecke und der Schneeschmelze. Vielleicht sind gerade diese Bilder für uns so sympathisch, weil der Künstler hierin bewußt oder unbewußt auf die verfehmte Wirkung des Impressionismus zurückkommt, wie jenseits von der grauen nüchternen Straße hellgrüne Bäume im Garten aufleuchten oder wie in dem anderen Bilde die weiter zurückliegenden Häuser mit ihren grellen Fronten und den dunklen Fensterhöhlen einen lebhaften Kontrast zu dem trüben Schnee des Vordergrundes bieten. Nicht so angenehm wirkt Erbslöh in seinen Figurenbildern; diese Reduktion der Formen und die grelle Farbengebung, die man sich in seinen Landschaften gefallen läßt, ist in den Figuren fast unerträglich, trotzdem die einzelnen Stellungs- und Bewegungsmotive gut wiedergegeben sind. Vielleicht ist es ein allgemein menschliches Mitgefühl, das den Betrachter beim Anblick dieser Figuren ergreift und so keinen künstlerischen Genuß aufkommen läßt.
Ähnlich wie Erbslöh will Alexander Kanoldt wirken durch die Primitivität seiner Formen und Farben. Auch bei ihm ist die Studie, ein Haus in Bergen darstellend, sein Bestes.
Weniger bedeutend sind die Bilder von A. Mogileswki, »Frühling« und »Im Hafen« genannt. Mogilewski macht es sich wirklich gar zu leicht, eine solche Vereinfachung der Formen gibt nur etwas Unbeholfenes und Kindliches.
Auch die beiden Stilleben der Barrera-Bossi würden nicht weiter auffallen, wenn nicht gerade durch ihre bizarre Darstellungsweise.
Neben den anspruchsvollen Anhängern des Expressionismus haben es die Künstler der alten Art nicht leicht, sich Geltung zu verschaffen. Zu erwähnen wäre hauptsächlich die sympathisch anmutende Kunst von J. G. Dreydorff- Pontresina, der in stimmungsvollen Interieurs sein Bestes gibt; eine sehr geschmackvolle Auswahl der Farben, neutrale Töne, ein sattes Grün und ein kräftiges Braun werden bevorzugt, verleihen den Bildern einen großen Reiz. Auch seine Stilleben sind von kräftiger, doch stets delikater
und angenehmer Farbenwirkung. Nicht ganz so gut sind seine Landschaften, doch zeigen seine Frühlings- und Winterbilder eine gesunde und frische Auffassung der Natur.
Die Landschaften Rudolf Höckners, die in demselben Raume hängen, fallen dagegen sehr ab; sie wirken ziemlich flau in der Farbe und unklar in der Zeichnung.
Noch unselbständig erscheint Walter von Ruckteschell. Er lehnt sich stark an Hodler, Segantini und Erler nicht nur in der Auswahl seiner Motive, sondern auch in seiner pastosen Malweise an.
Die Bilder von Adolf und Anna Beyer-Darmstadt erheben sich kaum über ein gewisses Niveau. Auch die Holzschnitte von Heine Rath, Grunewald-Berlin lassen ziemlich kalt. Im Erdgeschoß des Gebäudes befindet sich noch eine Ausstellung von Knaben-Handarbeiten, die recht Intressantes bietet, aber schon an anderen Orten gezeigt war.
Riga. Die Ausstellung zur Erinnerung an den Krieg von 1812 ist geschlossen. Sie hatte eine große Anzahl außerordentlich wertvoller und künstlerisch interessanter Gegenstände aus Privatbesitz an die Öffentlichkeit gebracht, die nun zum Teil in nächster Zeit nach Breslau auf diejahrhundertausstellung wandern, darunter die Porträts Napoleons, Herders und Wielands von Gerh. von Kügelgen, Porträts vonVogel v. Vogelstein, Karl Aug.Senff, Schlachtenbilder von Alexander Sauerweid, Miniaturen, Silberarbeiten der Dresdner Goldschmiede Gebrüder Schroedel, Bronzen von Thomire u. a. — In die Ausstellungsräume ist seit einigen Tagen der baltische Künstlerbund mit einer sehenswerten Ausstellung eingezogen, in der die Gemälde von Theodor Kraus, Wilh. Purvit, Gerhard v. Rosen und Jan Rosenthal das größte Interesse beanspruchen. — Im städtischen Museum findet zurzeit eine umfangreiche Plakatausstellung statt und gleichzeitig die Nachlaßausstellung eines Dücker-Schülers, des kürzlich in Petersburg verstorbenen, aus Dorpat gebürtigen Oskar Hoffmann. N—n.
SAMMLUNGEN
Breslau. Die Galerie des »Schlesischen Museums der bildenden Künste« ist um zwei sehr beachtenswerte Werke der Bildnismalerei bereichert worden. Sie erwarb aus eigenen Mitteln das Selbstporträt von Oskar Zwintscher, das den Dresdner Meister als einen »jungen, blassen, leuchtäugigen, deutschen Johannes« an der Staffelei stehend darstellt. Ferner wurde der Sammlung durch den »Schlesischen Museumsverein« das vor kurzem von Max Liebermann geschaffene Bildnis Gerhart Hauptmanns als Gabe überwiesen. Der Erwerb dieses Gemäldes ist für Breslau in doppelter Hinsicht bedeutsam. Erstens ist Liebermann, der bisher nur mit einer kleinen Landschaft vertreten war, jetzt durch dasselbe gut repräsentiert. Dann aber ist auch die nachträgliche Geburtstagsehrung, welche dem ehemaligen Breslauer Kunstschüler, dem heute fünfzigjährigen Schlesischen Dichter durch die Hauptstadt seiner Heimatprovinz bereitet wurde, mit Freuden zu begrüßen. Sie erscheint doppelt angebracht in einer Zeit, wo man sich in Breslau anschickt, in dem riesigen Kuppelbau der »Jahrhunderthalle« das von Gerhart Hauptmann verfaßte Festspiel zur Erinnerung an die Freiheitskriege durch Reinhardts Regieund Inszenierungskunst in großzügigster Weise zur Aufführung zu bringen. a. L.
Florenz. Am 5. März ist durch den Sindaco die Galerie für moderne Kunst (Galleria d’Arte Moderna) im 1. Stockwerk der Akademie nach monatelangem Geschlossensein wieder eröffnet worden. Die Zeremonie hielt sich in bescheidenen Grenzen und entsprach damit besser der Bedeutung des Neugeschaffenen als die pomphaften Ankündigungsartikel der Zeitungen. Es muß zugestanden
Von den übrigen Künstlern der neuen Künstlervereinigung ist A. Erbslöh die bedeutendste Persönlichkeit, besonders in seinen Landschafts- und Straßenbildern. Hier zeigt sich bei einer andeutenden Darstellung des Raumes eine tiefe, satte Farbengebung, die allerdings ganz auf dekorative Wirkung ausgeht. Wie so oft bei den Bildern des Impressionismus kommt man von dem Eindruck nicht los, daß sie im Grunde eigentlich prachtvolle dekorative Entwürfe für irgendwelche andere Kunstzweige wie Teppichkunst, Glasfenster usw. abgeben würden, daß sie aber kaum eine Bildwirkung in unserem Sinne ausüben können. Wohl sein Bestes gibt Erbslöh in den beiden Bildern der Straßen
ecke und der Schneeschmelze. Vielleicht sind gerade diese Bilder für uns so sympathisch, weil der Künstler hierin bewußt oder unbewußt auf die verfehmte Wirkung des Impressionismus zurückkommt, wie jenseits von der grauen nüchternen Straße hellgrüne Bäume im Garten aufleuchten oder wie in dem anderen Bilde die weiter zurückliegenden Häuser mit ihren grellen Fronten und den dunklen Fensterhöhlen einen lebhaften Kontrast zu dem trüben Schnee des Vordergrundes bieten. Nicht so angenehm wirkt Erbslöh in seinen Figurenbildern; diese Reduktion der Formen und die grelle Farbengebung, die man sich in seinen Landschaften gefallen läßt, ist in den Figuren fast unerträglich, trotzdem die einzelnen Stellungs- und Bewegungsmotive gut wiedergegeben sind. Vielleicht ist es ein allgemein menschliches Mitgefühl, das den Betrachter beim Anblick dieser Figuren ergreift und so keinen künstlerischen Genuß aufkommen läßt.
Ähnlich wie Erbslöh will Alexander Kanoldt wirken durch die Primitivität seiner Formen und Farben. Auch bei ihm ist die Studie, ein Haus in Bergen darstellend, sein Bestes.
Weniger bedeutend sind die Bilder von A. Mogileswki, »Frühling« und »Im Hafen« genannt. Mogilewski macht es sich wirklich gar zu leicht, eine solche Vereinfachung der Formen gibt nur etwas Unbeholfenes und Kindliches.
Auch die beiden Stilleben der Barrera-Bossi würden nicht weiter auffallen, wenn nicht gerade durch ihre bizarre Darstellungsweise.
Neben den anspruchsvollen Anhängern des Expressionismus haben es die Künstler der alten Art nicht leicht, sich Geltung zu verschaffen. Zu erwähnen wäre hauptsächlich die sympathisch anmutende Kunst von J. G. Dreydorff- Pontresina, der in stimmungsvollen Interieurs sein Bestes gibt; eine sehr geschmackvolle Auswahl der Farben, neutrale Töne, ein sattes Grün und ein kräftiges Braun werden bevorzugt, verleihen den Bildern einen großen Reiz. Auch seine Stilleben sind von kräftiger, doch stets delikater
und angenehmer Farbenwirkung. Nicht ganz so gut sind seine Landschaften, doch zeigen seine Frühlings- und Winterbilder eine gesunde und frische Auffassung der Natur.
Die Landschaften Rudolf Höckners, die in demselben Raume hängen, fallen dagegen sehr ab; sie wirken ziemlich flau in der Farbe und unklar in der Zeichnung.
Noch unselbständig erscheint Walter von Ruckteschell. Er lehnt sich stark an Hodler, Segantini und Erler nicht nur in der Auswahl seiner Motive, sondern auch in seiner pastosen Malweise an.
Die Bilder von Adolf und Anna Beyer-Darmstadt erheben sich kaum über ein gewisses Niveau. Auch die Holzschnitte von Heine Rath, Grunewald-Berlin lassen ziemlich kalt. Im Erdgeschoß des Gebäudes befindet sich noch eine Ausstellung von Knaben-Handarbeiten, die recht Intressantes bietet, aber schon an anderen Orten gezeigt war.
Riga. Die Ausstellung zur Erinnerung an den Krieg von 1812 ist geschlossen. Sie hatte eine große Anzahl außerordentlich wertvoller und künstlerisch interessanter Gegenstände aus Privatbesitz an die Öffentlichkeit gebracht, die nun zum Teil in nächster Zeit nach Breslau auf diejahrhundertausstellung wandern, darunter die Porträts Napoleons, Herders und Wielands von Gerh. von Kügelgen, Porträts vonVogel v. Vogelstein, Karl Aug.Senff, Schlachtenbilder von Alexander Sauerweid, Miniaturen, Silberarbeiten der Dresdner Goldschmiede Gebrüder Schroedel, Bronzen von Thomire u. a. — In die Ausstellungsräume ist seit einigen Tagen der baltische Künstlerbund mit einer sehenswerten Ausstellung eingezogen, in der die Gemälde von Theodor Kraus, Wilh. Purvit, Gerhard v. Rosen und Jan Rosenthal das größte Interesse beanspruchen. — Im städtischen Museum findet zurzeit eine umfangreiche Plakatausstellung statt und gleichzeitig die Nachlaßausstellung eines Dücker-Schülers, des kürzlich in Petersburg verstorbenen, aus Dorpat gebürtigen Oskar Hoffmann. N—n.
SAMMLUNGEN
Breslau. Die Galerie des »Schlesischen Museums der bildenden Künste« ist um zwei sehr beachtenswerte Werke der Bildnismalerei bereichert worden. Sie erwarb aus eigenen Mitteln das Selbstporträt von Oskar Zwintscher, das den Dresdner Meister als einen »jungen, blassen, leuchtäugigen, deutschen Johannes« an der Staffelei stehend darstellt. Ferner wurde der Sammlung durch den »Schlesischen Museumsverein« das vor kurzem von Max Liebermann geschaffene Bildnis Gerhart Hauptmanns als Gabe überwiesen. Der Erwerb dieses Gemäldes ist für Breslau in doppelter Hinsicht bedeutsam. Erstens ist Liebermann, der bisher nur mit einer kleinen Landschaft vertreten war, jetzt durch dasselbe gut repräsentiert. Dann aber ist auch die nachträgliche Geburtstagsehrung, welche dem ehemaligen Breslauer Kunstschüler, dem heute fünfzigjährigen Schlesischen Dichter durch die Hauptstadt seiner Heimatprovinz bereitet wurde, mit Freuden zu begrüßen. Sie erscheint doppelt angebracht in einer Zeit, wo man sich in Breslau anschickt, in dem riesigen Kuppelbau der »Jahrhunderthalle« das von Gerhart Hauptmann verfaßte Festspiel zur Erinnerung an die Freiheitskriege durch Reinhardts Regieund Inszenierungskunst in großzügigster Weise zur Aufführung zu bringen. a. L.
Florenz. Am 5. März ist durch den Sindaco die Galerie für moderne Kunst (Galleria d’Arte Moderna) im 1. Stockwerk der Akademie nach monatelangem Geschlossensein wieder eröffnet worden. Die Zeremonie hielt sich in bescheidenen Grenzen und entsprach damit besser der Bedeutung des Neugeschaffenen als die pomphaften Ankündigungsartikel der Zeitungen. Es muß zugestanden