Im fünften Saale dominiert Giovanni Fattori (1825 bis 1908). Seine großen Kriegsbilder lassen kalt, — sie stoßen sich im Raume. Aber gefesselt wird das Auge durch die kleineren Bilder und Skizzen. Wie eine Studie von Hans von Marées wirkt die »Rotonda di Palmeri« in ihrem rhythmischen Aufbau aus klaren intensiven Lokaltönen.
Der sechste Saal mit Arbeiten Giolis, Egistio Ferronis und Niccolo Canniccis bietet noch eine Überraschung: Federigho Zandomenighi. Seine »drei Damen am Flügelsind ein erstaunlich gelungenes Bild in der farbigen Differenzierung und im Aufbau der Gruppe. Ein kleines Ufermotiv von der Seine zeigt, wie eifrig der Maler die Franzosen studiert hat. Das Bildchen hat gewiß einen schweren Stand neben den beiden juwelenhaft leuchtenden Landschaften Camille Pissarros, aus dem Nachlaß Martelli, die dicht daneben hängen. Aber so schwer es ist, bei solchem Vergleich gerecht zu bleiben, schließlich muß doch immer wieder betont werden: die Macchiaioli Toskanas sind Künstler von eigenem Gesicht, die der Natur auf persönliche Art zu Leibe rückten. Sie haben vieles gelernt von den Franzosen, aber sie sind keine Nachahmer, sie sind Gleichstrebende gewesen. Daß uns das die junge Florentiner Galerie vor Augen führt, ist ein unbestreitbares Verdienst. Möchte sie sich in der Richtung weiterentwickeln, die ihre letzten drei Säle weisen! w. r. b.
Die Neuorganisation des Stockholmer Nationalmuseums. Das Stockholmer National- (d. h. Kunst- und Kunstgewerbe-) Museum macht in diesen Tagen eine Neuorganisation von radikaler und in Europa seltener Art durch, so daß man ihren Wirkungen mit der höchsten Spannung entgegensieht. Das Museum war bisher eine vielköpfige Republik, was sich vor allem darin zeigte, daß sowohl die Ankäufe wie auch die organisatorischen Fragen von zwei Ausschüssen besorgt wurden. Der »Museumsausschuß« von fünf Mitgliedern war die eigentliche Direktion und hatte dabei die Ankäufe zu machen, außer die von Kunstwerken lebender schwedischer Künstler. Diese letzten wurden von dem »Einkaufsausschuß«, der aus dem Museumsausschuß und vier anderen Mitgliedern bestand, für die Landesregierung in Vorschlag gebracht, und die Regierung hatte nachher diese Vorschläge zu prüfen. Seit langem war es klar, daß diese Organisation viel zu schwerfällig für ein modernes Museum ist, besonders da die Mitglieder des Museumsausschusses für Lebenszeit ernannt waren. — Aber mit dem 1. April dieses Jahres treten neue Statuten in Kraft, die auf einer weitgehenden Selbständigkeit basieren. Nur ein Museumsausschuß besteht noch, aber er ist nun aus dem Direktor (dem »Oberintendant«) und seinen drei Abteilungsvorstehern (den »Intendanten«) zusammengesetzt, und das Bestimmungsrecht liegt ungeteilt in der Hand des Direktors. Was die Kunstwerke von lebenden schwedischen Künstlern betrifft, so ist die Landesregierung noch die zuletzt ausschlaggebende Instanz.
Im Zusammenhang mit den neuen Statuten soll eine Neuordnung und ein allmählicher Umbau des Museums stattfinden. Ein erster Entwurf ist von dem bekannten Maler und Kunstschriftsteller Richard Bergh gemacht und wird jetzt von einem Komitee mit dem Oberintendant Dr. L. Looström, dem Intendant Dr. Georg Göthe und Herrn Bergh näher geprüft. — Von allen diesen Veränderungen erhofft man eine neue lebenskräftige Ära für das schöne Stockholmer Museum. e. w—n.
VEREINE
+ München. Kunstwissenschaftliche Gesellschaft. Sitzung vom 3. März 1913.
Herr Berolzheimer teilt mit, daß seine in der letzten Sitzung (10. Febr.) gemachte Behauptung, auch Lehrs halte
das von Weigmann besprochene Blatt von Dürers Degenknopfstich für eine Kopie, irrig gewesen sei.
Herr Graeff spricht über ein kürzlich von der alten Pinakothek als Lorenzo Costa erworbenes Familienbild, das in der Literatur des 19. Jahrhunderts mehrfach erwähnt wird und den ferraresischen Edlen Uberto Sacrati mit seiner Frau und seinem Söhnchen Thomas darstellt. Das Werk das bald dem Lorenzo Costa, bald dem Cosimo Tura zugeschrieben wurde, befand sich bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts im Palazzo Strozzi in Ferrara. Graeff gibt eine Charakteristik des Stils der ferraresischen Meister Cos. Tura, Francesco Cossa, Ercole Roberti und Lorenzo Costa und findet, daß das in Frage stehende Werk, das er um 1480—85 datiert und in dem er auch lombardische Einflüsse verspürt, mit keinem derselben zusammenzubringen sei. Er glaubt den Meister in Baldassare d’Este, dem natürlichen Sohn Nicolo III. d’Este, der seine künstlerische Ausbildung in Mailand erhalten hatte und längere Zeit in Diensten der Herzoge Francesco und Galeazzo Maria Sforza gestanden war, gefunden zu haben. Auf Grund des Venturischen Artikels in Thiemes Künstlerlexikon gibt der Redner eine ausführliche Lebensbeschreibung des vor allem als Porträtmaler tätig gewesenen Baldassare, erwähnt die in den Quellen genannten Werke des Künstlers, die fast sämtlich verschollen, bespricht ein bei Herbert Cook wieder aufgetauchtes Werk des Meisters, den Tito Strozzi darstellend, das starke Übereinstimmungen mit dem Münchener Bild zeigt und führt schließlich noch einige Bilder an, die vielleicht von Baldassare herrühren, worüber man sich in dem in Bälde erscheinenden Aufsatz Graeffs im Münchener Jahrbuch orientieren mag.
Herr Habich spricht über einige Neuerwerbungen des Münchener Münzkabinetts: Buchsmodell mit dem Brustbild des Peter Resch von Christoph Weiditz, einem Augsburger Medailleur, dem Habich soeben im Jahrbuch der preuß. Kunsisammlungen eine Monographie gewidmet hat, ferner ein größeres in Kelheimer Stein geschnittenes Medaillen-Modell, das den Nürnberger Georg Tetzel in Rüstung mit dem Streitkolben in der Hand zeigt, nach Habich eine Arbeit des J. Deschler. Ferner bringt Habich in Vorlage eine Reihe goldener Medaillen des Hauses Wittelsbach, darunter ein Schaustück Herzog Albrechts von Leuchtenberg in reicher Goldschmiedfassung, weiter einige griechische Münzen, etruskische Skarabäen und andere geschnittene Steine, die vom kgl. Kabinett neuerdings erworben wurden. Endlich spricht Habich über eine in Privatbesitz befindliche Gemme mit Darstellung des Kampfes des Herakles mit dem Kentauren, die von Sosis signiert ist und von Furtwängler für ein hervorragendes Werk hellenistischer Kirnst erklärt wurde.
Herr Leidinger berichtet über ein paar neuere Erwerbungen von Miniaturenhandschriften für die kgl. Hofund Staatsbibliothek. Aus Privatbesitz wurde ein Einzelpergamentblatt in Großfolio angekauft, geschmückt mit einer überaus lieblich komponierten und gemalten Verkündigung Mariä. Wie der Vortragende feststellt, gehörte das Blatt einst einer 1430 für das Mainzer Karmelitenkloster hergestellten Handschrift an, aus welcher zu den Zeiten der französischen Revolution mehrere der schönsten Blätter herausgeschnitten wurden. Die Handschrift befindet sich jetzt mit anderen in gleicher Weise prachtvoll mit Miniaturen ausgestatteten Bänden im Kapitelsaale des Domes zu Mainz und gehört zu den Hauptwerken der mittelrheinischen Miniaturmalerei. Das Blatt mit der Verkündigung, welches 1832 Franz Hubert Müller in seinen »Beiträgen zur teutschen Kunst- und Geschichtskunde durch Kunstdenkmale« abgebildet hatte und welches seitdem als verschollen galt, bildet für die Münchener Bibliothek ein