erwünschtes Beispiel der Kunstübung einer bis jetzt dort nicht vertretenen Schule. — Aus dem Antiquariatshandel konnte für die Bibliothek eine vorzüglich erhaltene Pergamenthandschrift (zwei Bände in Quart) erworben werden, deutsche Heiligenlegenden, geschmückt mit 42 sehr guten Initialminiaturen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In die Initialen sind in reizvoller Weise die Bilder der behandelten Heiligen in frischen, lebhaften Farben hineingemalt. Man hat es mit einem Erzeugnis der älteren Augsburger Malschule zu tun, von der nur verhältnismäßig wenig bessere Miniaturen erhalten sind, so daß auch diese Handschrift eine erfreuliche Bereicherung der Münchener Schätze darstellt.
Herr Pringsheim legt Wilhelm Bodes Werk »Die Anfänge der Majolikakeramik in Toskana* vor und spricht über dieses Gebiet mit Heranziehung von einschlägigen Stücken seiner eigenen Sammlung, die er in ausgezeichneten handkolorierten Photographien zur Anschauung bringt. Er kündigt eine Publikation seiner Sammlung in einem Prachtwerk an, das bei Sijthoff in Leiden erscheinen wird und für das die vorgelegten, von einer Frau Annette von Eckardt vorzüglich bemalten Aufnahmen bestimmt sind.
Herr Rohe zeigt eine von ihm in Spanien erworbene Hinterglasmalerei von außergewöhnlicher Größe, die eine Landschaft darstellt und nach seiner Ansicht Verwandtschaft mit den Arbeiten David Vinckboons aufweise, jedenfalls im 17. Jahrhundert entstanden sein dürfte, wenngleich man sich zuerst an das 18. Jahrhundert erinnert fühle.
Herr Sieveking zeigte die Photogravure-Tafeln der von ihm herausgegebenen Kleinbronzen der Sammlung James Loeb in München und gab zu den wichtigeren Stücken kurze Erläuterungen. Hervorzuheben sind u. a. eine ägyptische Katze, eine etruskische weibliche Flügelfigur in jonischer Gewandung, eine archaische Sirene, die als Deckelgriff gedient hat, ein archaischer Standspiegel mit Frauenfigur als Stütze, ein liegender Ziegenbock des 5. Jahrhunderts, ein polykletischer Hermes mit römischen Attributen, ein Lar, dessen Gegenstück sich in Berlin befindet, ein herrlicher lysippiscber Poseidon, das Hauptstück der Sammlung, ein stehender Alexander, ein fliegender Eros, eine Domitiansbüste, ein Tigerkopf als Wasserspeier, eine Hydria mit Reliefapplike des die Oreithyia raubenden Boreas, zwei griechische Klappspiegel, der eine mit einem Athenakopf, der andere mit einem Greifen in Relief, endlich eine etruskische Ziste mit Gigantenkampf in Gravierung.
* Der Dresdner Museumsverein, der am 1. Dezember 1911 auf Anregung des Oberbürgermeisters Geh. Rats Dr. Beutler gegründet wurde, veröffentlicht seinen ersten Jahresbericht. Der Verein kann schon auf bemerkenswerte Erfolge verweisen. Am Jahresschluß gehörten ihm 300 Mitglieder, darunter zehn auf Lebenszeit (mit einmaligem Jahresbeitrag von mindestens 3000 M.) an. Alle Mitglieder, die dem Verein im ersten Jahre seines Bestehens beigetreten sind, erhielten als Widmungsurkunde eine Originalradierung des Malers Otto Fischer, ein Motiv aus dem Zwinger zu Dresden darstellend. Insgesamt nahm der Verein 111 988 M. ein. Es konnten daher bereits im ersten Vereinsjahr reichliche Mittel zum Erwerb von Kunstwerken für die Kgl. Sammlungen in Dresden verwendet werden, insgesamt 57764 M. 50 Pf. Für die Gemäldegalerie wurde das Selbstbildnis des Hans Marées erworben, das er während seines Dresdner Aufenthalts im Jahre 1872 gemalt hat, und ein großes Bild von Carl Schuch, das 1877/78 in Venedig entstanden ist. Das große Gemälde, das der Meister selbst als eines seiner Hauptwerke betrachtet hat, gibt in malerischer Anordnung ein Stilleben wieder, dessen Mittelpunkt ein gelblicher Totenkopf auf schimmernd weißem Tuche
bildet; an der Wand hängt, nur zum Teil sichtbar, jene Landschaft von Hans Thoma, die Schuch besaß und die heute der Berliner Nationalgalerie gehört. »Aber nicht die Zusammenstellung der vielen verschiedenartigen Dinge reizte den Künstler zur Darstellung, sondern der Zauber der farbigen Erscheinung, der den alltäglichsten Dingen einen künstlerischen Wert verleiht, jene Abwandlung von saftigem Schwarz, um dessen satte Tiefe sich Schuch in dieser Zeit mit besonderem Eifer bemühte, und von Rot im Teppich, das in die zartesten Farbentöne ausklingt, vor dem kalten Silbergrau der Stubenwand, während der gedämpfte Zweiklang von Gelb im Krug und Blau in der Delfter Schüssel vorn der ganz auf farbige Werte gestimmten Komposition den pikanten Akzent gibt. Eine überraschend sichere und meisterhafte Technik reizt nicht nur das Auge des Liebhabers, sondern muß selbst den Neid des Ausübenden erregen*. Dem Kgl. Kupferstichkabinett wurden eine Reihe wertvoller und wichtiger Aquarelle, Handzeichnungen, Radierungen, Holzschnitte und Lithographien überwiesen, die mit einer Ausnahme von lebenden deutschen Künstlern stammen und auf der großen Dresdner Kunstausstellung des Jahres 1912 angekauft wurden. Es befinden sich darunter Blätter von Fritz Beckert, Wilhelm Claus, Otto Gußmann, Carlos Grethe, Bernhard Pankok, Olaf Gulbransson, Eduard Thöny, Ludwig von Hofmann, Käthe Kollwitz, Walter Zeising, Otto Fischer, Ferdinand Steiniger, Max Slevogt, Emil Orlik, Paul Päschke, Graf Leopold Kalckreuth, Adolph Schinnerer,Rudolph Sieck,Joseph Stoitzner u. a. Besonders wertvoll ist die nur in sieben Abzügen gedruckte herrliche Lithographie des Parisers Jean Louis Forain: Sous la Tonnelle, die das im Kabinett besonders reich vertretene Werk dieses großen Künstlers in erfreulicher Weise vervollständigt. — Der Kgl. Skulpturensammlung wurden drei Bronzewerkeund drei Silbermünzen überwiesen: Max Klingers Bildnis des Geh. Hofrats Prof. Dr. Lamprecht in Leipzig, auf Onyxsockel, Prof. Lederers Büste des Generalmusikdirektors Richard Strauß und die Statuette einer badenden Japanerin von Georg Kolbe; die drei Silbermünzen stammen von Theodor von Gosen. Alle sechs Werke bilden eine willkommene Bereicherung der Kgl. Skulpturensammlung.
VERMISCHTES
Königsberg i. Pr. Die in den beiden letzten Jahren erfolgte Niederlegung der Festungswälle hat große Veränderungen des Stadtbildes veranlaßt. Die Ausgestaltung der Straßen und Plätze auf dem dadurch neu gewonnenen Terrain hat zu einer bedeutenden Bautätigkeit angeregt. Ein neuer Justizpalast wird in diesem Jahre entstehen, das neue Polizei-Präsidium reckt schon seine Umfassungsmauern bis zum ersten Stockwerk aus der Erde hervor und der Neubau des Luisenlheaters, vom Architekten Kuckuck entworfen, beherrscht mit seinen guten Formen die Hufenallee. Im Anfang Februar wurde auch die neue Kunsthalle eingeweiht, die aus freiwilligen Beiträgen der Bürger unter der Regie des Kunstvereins von Professor Friedrich Lahrs erbaut wurde. Die erste darin veranstaltete Ausstellung ist dem Gedächtnis der 100jährigen Wiederkehr der Erhebung Ostpreußens, die den Anfang der Befreiungskriege bedeutet, gewidmet. Die Ausstellung, die in Anwesenheit des Kaisers eröffnet wurde, bietet ein interessantes kultur- und kunstgeschichtliches Bild der Zeit vor hundert Jahren. Ausgestellt sind Porträts der bedeutenden Männer der großen Zeit und Mitkämpfer der Befreiungskriege. Es sind wertvolle Stücke darunter: Werke von Angelika Kauffmann, Kügelgen, Tischbein, Wolf und ein ausgezeichnetes Bildnis von Lawrence, den Grafen von Hardenberg darstellend. Von besonderem