Was früher schon gesammelt ist (besonders Universitätssammlung) und was in neueren staatlichen Ausgrabungen unter Leitung von Dr. Hock gefunden wurde, sehen wir — ohne Samt und Seide — auf lichtgraugrünem Leinengrund vorzüglich aufgestellt. Dann folgt die plastische Abteilung, die, in allen Räumen verteilt, sich besonders im Stock 1 ausbreitet. Die ältere Steinplastik muß man natürlich im Dom und den Kirchen Würzburgs suchen. Einzelne Stücke, wie ein Romanischer Taufstein des 12. Jahrhundert mit Christus und den Aposteln, aus Neustadt, ein Stiftungsstein mit Trinita aus dem Bürgerspital (zirka 1340), eine bemalte Alabastermadonna halber Naturgröße, seien erwähnt. Wegen der großen Vollständigkeit interessanter ist die Holzskulptur, die sich natürlich 1500 um Tilman Riemenschneider gruppiert. Neben den berühmten Steinfiguren des Adam und der Eva, anderen bekannten Stücken, wie der Doppelmadonna, ist die in der sehr guten Erhaltung der Bemalung glänzende Schmerzensmutter (vor dem Kruzifix) hervorzuheben. Eine Fülle Studienmaterial liegt in den Werkstatt- und Schularbeiten verborgen, die uns bis tief in das 16. Jahrhundert führen und deren Überleitung in das Barock hinein zur Erkenntnis der Wandlungen des Stilempfindens von besonderem Reiz ist. Einige Nürnberger Arbeiten, Veit Stoß oder seiner Schule gehörend, stehen dort noch nicht erkannt. Während das späte Barock etwas zurücktritt, ist das Rokoko durch vorzügliche Tonmodelle J. P. Wagners gut vertreten.
Etwas ganz Eigenartiges, das sich in gleicher Reichhaltigkeit wohl nirgends sonst findet, sind die Stuckdecken. Sie beginnen mit der Decke aus dem Sandhof (1596—1614), es folgen die Arbeiten aus Unterzell (seit 1687), der bedeutende Jagdfries aus Schwäbisch- Hall, sie erreichen ihren Höhepunkt mit dem Plafond des Treppenhauses und Stücken aus dem Huttenpalais. Entworfen hat sie Baltasar Neumann, neben Riemenschneider der Hauptmeister Würzburgs, als Architekt und Dekorateur von allererster Größe. Er hat die Residenz gebaut und ihm dankt Würzburg eine glänzende Entfaltung des Handwerks im 18. Jahrhundert, wie sie in vielen prächtigen Zimmer- und Deckenverkleidungen, den Möbeln der Privathäuser noch verborgen liegt.
Einige sehr schöne Zimmer sind wieder neu aufgerichtet; so das Prunkzimmer aus Lohr (Kopie), das Fichtelzimmer von 1724 und ein Zimmer des Huttenschlößchens (zirka 1730), letztere beide besonders interessant, weil sie die gewaltige Stilwandlung der Zeit vom Louis XlV-Stil zum Rokoko in feinster Delikatesse zeigen. Von den glänzenden Möbelstücken seit der Renaissance bis zum Empire (reiche Intarsia), den Öfen usw. wäre noch zu reden. Hervorragend ist die süddeutsche keramische Sammlung, die als geradezu vollständig bezeichnet werden muß. Zum Breuning-Krug (zirka 1548) ist kaum ein Gegenstück da. Ebenso einzigartig ist die Fahne aus dem Dom von 1266 mit dem stehenden Christus. Die Ordensgewändersammlung wird hoffentlich bald bereichert durch die des Domstiftes. Das Kunstgewerbe
ist im übrigen nicht so gut vertreten. Die großartige Sammlung von Architektur-Entwürfen und -Skizzen des Baltasar Neumann konnte leider nicht aufgestellt werden, da natürlich der Bau, wie es Regel zu werden scheint, am Ende zu klein war. Endlich muß als etwas absolut Originelles die Synagoge aus Kirchheim bei Würzburg aus dem 18. Jahrhundert mit dem eigentümlichen Mittelbau interessieren. Jedenfalls wird man im ganzen sagen, daß kaum eine Sammlung der Provinz dem Würzburger Museum an die Seite gestellt werden kann. F. K-
NEKROLOGE
Wilhelm Walther f. Am 7. Mai starb in Dresden im hohen Alter von 86 Jahren der Historien- und Genremaler, ehemalige Professor an der Kgl. Kunstakademie Hofrat Adolph Wilhelm Walther. Er war der Schöpfer eines der bekanntesten monumentalen Kunstwerke Dresdens: des Fürstenzuges an der äußeren Stallhofmauer in der Augustusstraße, der ursprünglich in Sgraffitomalerei ausgeführt war, die jedoch, nachdem das Gemälde durch die Unbilden der Witterung stark gelitten hatte, durch wetterfeste Unterglasurmalerei in Meißner Porzellan ersetzt wurde. (Der Fürstenzug stellt die wettinischen Fürsten zu Pferde von Konrad dem Großen bis auf König Albert nebst Gefolge dar.) Walther war als Sohn eines herrschaftlichen Försters am 18. Oktober 1826 in Kämmerswalde bei Purschenstein geboren, besuchte die Dresdner Kunstakademie und arbeitete 1863 mit an den Sgraffitomalereien im Semperschen Polytechnikum zu Zürich. Im Jahre 1875 wurde er als Lehrer an die Dresdner Akademie berufen, 1878 zum Professor ernannt. Außer dem Fürstenzuge (1872—76) malte er zahlreiche biblische und Genrebilder, Kartons zu Glasgemälden für eine Kirche in Glatz, für die Stadtkirche zu Meißen, ferner für Beiersdorf, Nossen, Neuhausen i. E. usw. ln Meißen am Eingang in den Domplatz befindet sich von -ihm auch ein buntes Mosaikbild: Ritter Georg als Drachentöter.
In Paris ist im Alter von 57 Jahren der Maler Henry Moret gestorben. Moret war Schüler Geromes und malte zuerst ziemlich trockene Genrebilder, wandte sich dann den Symbolisten zu, die zu Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre viel von sich reden machten, und fand seine endgültige Bestimmung bei den Impressionisten. Er hat die schroffen Felsküsten der Bretagne hundertmal gemalt und zwar in einer Weise, die sich nur durch die gröbere oder kräftigere Ausführung von Bildern ähnlichen Inhalts Claude Monets unterscheiden läßt — wobei auch die Ähnlichkeit des Namens mitunter zu Verwechslungen geführt haben mag.
PERSONALIEN
Die philosophisch-historische Klasse der Berliner Akademie der Wissenschaften hat den ordentlichen Professor der Archäologie an der Berliner Universität, Geh. Reg.- Rat Prof. Dr. GeorgLoeschcke, zum ordentlichen Mitgliede gewählt.
Der Elberfelder Architekt Prof. Theobald Hofmann wurde zum korrespondierenden Mitglied des Kaiserlich- Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin von der Zentraldirektion des Instituts gewählt. Hofmann ist mit einer wertvollen literarischen Arbeit über Raffaels Tätigkeit als Architekt besonders bekannt geworden.
Richard Engelmann, der bekannte Berliner Bildhauer, wurde als Leiter der Abteilung für Bildhauerei an die Weimarer Hochschule für bildende Kunst berufen.