Platz finden können. Nach der Jurysitzung erfolgte die Wahl für den dritten diesjährigen Preis der Villa Rotnana, Florenz (ein Jahr Aufenthalt, Atelier und Wohnung in der Villa Romana und 2000 Mark). Auch hier war die Beteiligung eine ganz außergewöhnliche. Es waren 135 Bewerber mit 1330 Werken angemeldet. Den Preis erhielt Maler Moritz Melzer, zurzeit Paris. In die engste Wahl kamen Walter Klemm-München, A. Faure-Stuttgart und E. A. Weinzheimer - Köln a. Rh. Die offizielle Eröffnung fand am Sonnabend, den 17. Mai statt. Ein ausführlicher Bericht folgt.
Die Leipziger Jahresausstellung 1913. Die Räume im Städtischen Handelshof, in denen der Verein L.J. A. die einzigen beiden Ausstellungen seit seiner Gründung untergebracht hatte, waren ein Notbehelf. Man hat sich in diesem Jahr auf dem Gelände der Baufachausstellung eingerichtet, in der Kreisschen Betonhalle, die stehen bleiben und vom Rat der Stadt Leipzig später übernommen werden wird. Der große Oberlichtsaal ist den Bildern denkbar günstig, und auch in den kleinen Räumen zu beiden Seiten gibt es keine dunklen Ecken. Bequem gehängt warten etwa 450 Gemälde auf die bis jetzt noch seltenen Besucher. — Man sieht viele gute Bilder, noch mehr tüchtigen Durchschnitt, und gering an Zahl sind nur die schlechten und die Meisterwerke. Also eine sehr respektable Ausstellung; sie wäre es auch in Berlin. Um so erfreulicher, daß man sie in Leipzig suchen darf. Nur war man so unvorsichtig, ein Programm zu formulieren: »Die Figurenmalerei und Bildnerei der letzten 30 Jahre.« Aber welche Figurenmalerei, die deutsche, die europäische? Nicht einmal die deutschen Künstler sind alle vertreten, von den Franzosen ausgerechnet: Renoir und van Gogh (und dieser mit Landschaften!), von den Schweizern Hodler und Boß. Ein Stück Kunstgeschichte wird man am besten immer nur durch »Werke« illustrieren, weniger durch Namen. Und man kann nicht sagen, daß man von all den Künstlern, die im Katalog verzeichnet stehen, gerade die charakteristischsten Arbeiten ausgewählt hätte. Wenn man aber die Figurenmalerei der letzten dreißig Jahre zeigen wollte, warum dann die vielen Landschaften? Das Unternehmen konnte auch nicht gelingen; es hätte ungefähr ein Drittel der Vorbereitungszeit der Jahrhundertausstellung erfordert und noch mehr Köpfe und Hände. Man tut darum gut, nicht an das Programm zu denken.
Es ist hübsch, einige seltene Arbeiten älterer Maler zu finden: einen Theodor Alt (Porträt des Pfarrers Alt), einen Leibi (Porträt seines Lehrers), einen Lenbach aus 1868 (Porträt von Heßling und Sohn), der aussieht wie ein wiedergeborener Tintoretto, ein sehr schönes Stilleben von Schuch, und zu ihnen gehört auch Hagemeister, dessen »Toter Damhirsch« sehr an Courbet erinnert. Es ist immerhin fraglich, ob man Trübners schlimmste Entgleisungen seiner Anfänge öffentlich ausstellen darf. Wollte man sein Schaffen angemessen charakterisieren durch Bilder wie: »Kaiser Wilhelm auf dem Schlachtfelde von Walküren begrüßt«? Von Uhde nichts als eine kleine Skizze zur »Bergpredigt«. Liebermanns reifes, überreifes Bild »Samariter« der vorigen Sezessionsausstellung hängt, nicht eben glücklich, neben einem hart und kalt durchgearbeiteten Hodler aus 1887 »Vom Sturme überrascht« (Surpris par l’orage). Das Bild ist interessant, charakteristisch aber nur für Hodlers schwere Übergangsperiode der achtziger Jahre. (Und dazu arbeitete Hodler noch ohne eigene Wahl des Motivs, das ihm als Preisaufgabe des Concours Diday gegeben war.) Man sieht dann noch von ihm eine sitzende weibliche Figur, eine Studie zur zweiten Fassung der »Heiligen Stunde« von 1910, einen »Landsknecht
(etwas früher entstanden als die bekannten 22 Figuren für das Palais der Genfer Landesausstellung von 1896, von kleinerem Format und sorgfältiger durchgearbeitet als diese) und endlich eine wenig gute Aktstudie »Blick auf die Wiese«, die man hier nicht hätte ausstellen dürfen. Renoir ist vertreten durch ein merkwürdiges Bild »Clown im Zirkus«, aus 1868, dessen Hintergrund nicht ganz fertig geworden zu sein scheint, und durch ein ausgezeichnetes Damenbildnis seiner besten mittleren Zeit; van Gogh durch einige frühe und späte Landschaften. Nimmt man noch eine Anzahl wirklich tüchtiger Bilder derKalckreuth, Habermann, Albert von Keller, Kuehl, Landenberger, Grethe, Dettmann (der sich in jüngster Zeit ernsthaft und mit Erfolg um einen monumentalen Stil bemüht), Bohle und anderen hinzu, so bleibt nichts Wesentliches mehr zu erwähnen übrig. — Die mittlere Generation (Berlin, München, Dresden, Karlsruhe, Stuttgart usw.) hat zwar zahlreich ausgestellt, aber man sieht längst bekannte und nicht immer die besten Bilder der letzten Jahre. Beckmanns »Sintflut« wirkt hier als Malerei trübe und schmutzig. Das bedeutende Bild braucht eine Wand für sich allein. Man notiert noch Waldschmidts pathetischen Karton »Christus-Prometheus«, Tuchs dekoratives Gemälde »Frühling«, von E. R. Weiß eine »Frauengruppe« in Cezanne-Tönen, von dem begabten Münchener Caspar eine »Geißelung«. Der Schweizer Ernst Württenberger sandte ein »Bauernmädchen mit Rosenkranz(1913); das Bild wirkt wie ein Hodlersches Porträt der achtziger Jahre.
Und nun die Schar der Jungen: Expressionisten, Mitglieder der früheren »Neuen Sezession«, gemäßigte Kubisten und andere. Man hat sich hier entsetzt über diese Zerstörer der Malerei. Etwas mehr Fassung wäre zu empfehlen, sonst wird man in fünf Jahren sein eigenes Lamento nicht mehr begreifen können. Es ist gut und für die jüngeren Leipziger Künstler außerordentlich nützlich, daß diese Sachen hier gezeigt werden. Einige Verrücktheiten, gutgemeinte Entgleisungen, noch schlimmer: einige Talentlosigkeiten sind mit dabei. Im Moment schon kommt man ihnen auf die Schliche; so sind sie unschädlich, aber immerhin amüsanter als der furchtbar brave Durchschnitt der Akademien. Max Pechstein, der talentvollste dieser Kühnen, wirkt für den, der seine Entwickelung verfolgen konnte, mit diesen Arbeiten schon fast reif und voller Qualität. Seitdem er mit jenen Problemen, die dem eigentlichen Tafelbild Vorbehalten sind, nicht mehr ernsthaft konkurriert, sondern einfach Dekorationen malt, freut man sich der schönen starken Farbe (ein warmes Orange gegen Blau im »Herbst«), der es gelingt, selbst ein Porträt zu einem rein dekorativen Ensemble umzustilisieren. Immerhin geht die Rechnung hier nicht ganz auf; beste Cezanne-Traditionen aber wirken in dem »Stilleben«. Mackes großes Triptychon »Zoologischer Garten« ist hübsch als Farbe, in der Form und Komposition aber reichlich bizarr. Kirchner und Melzer sind im allgemeinen weit besser, als sie sich hier zeigen; mit den ausgestellten Arbeiten kann auch der Positivste nicht viel anfangen. Der junge Heinrich Heuser interessiert in zwei kleinen lustigen Kompositionen: »Badende«; so ähnlich fing Hans Meid vor ein paar Jahren in der Berliner Sezession an, der sich seitdem anders entschieden hat. Von dem Hamburger Fritz Ahlers-Hestermann sieht man zwei reizende Sachen: »Dekoratives Bildund das »Fenster«, von stumpfer, harmonischer Farbe, in der Form ein wenig elliptisch stilisiert, in der Stimmung an jenen Pariser Henri Rousseau erinnernd, der 1910 starb, und dessen Bilder im vorigen Jahre in der Berliner Sezessionsausstellung gezeigt wurden. Die originellen Arbeiten von Klaus Richter, Magnus und Rudolf Zeller seien hier gleich angefügt; sie gehören mit in den Kreis