ersten Pfiff schön macht. In einer Bremer Delegiertentagung wurde denn auch beschlossen, abzusagen.
Aber nun ereigneten sich allerlei Seltsamkeiten. Ihr Resultat ist, daß trotz allem eine ganze Reihe von Künstlerbundleuten am Lehrter Bahnhof erschienen. Wie es geschah, das »sagt sich nicht«. Soeben ist festgestellt worden, daß eines der wichtigsten Werke dieses Kreises: Max Klingers »Pieta« aus der Dresdener Galerie ohne, oder vielmehr gegen den Willen des Meisters nach Berlin kam. Vielleicht gibt es noch mehr »Enthüllungen« dieser Art.
Jedenfalls ist auf solche Weise eine Retrospektive zustande gekommen, die zwar Arbeiten verschiedenster Prägung aufweist, schließlich aber doch ein recht unorganisches Kompromiß, eine nicht systematisch, sondern mehr zufällig (und durch was für Zufälle!) entstandenen Überschau darstellt. Dennoch bildet sie mit den zahlreichen Qualitäten, die von ungefähr den Weg zu ihr fanden, den Schwerpunkt der ganzen Ausstellung. Bei den Berlinern geht es von Menzels »Gasteiner Prozession« — die gewiß keines seiner großen Meisterwerke zu nennen ist — und einem Selbstporträt von Knaus bis zu dem früheren Sezessionisten Leo v. König, der vom Kurfürstendamm im Zorn geschieden ist und nun in Moabit mit seinem bekannten Pierrotbilde auftaucht. Dazwischen steht allerlei Interessantes: das wenig bekannte, vorzügliche Bildnis des einstigen liberalen Parlamentariers Ludwig Loewe von Stauffer- Bern; eine köstliche frühe Landschaft von Lesser Ury; das delikate Porträt des Herrn v. d. Knesebeck vom Grafen Harrach; mehr oder weniger bezeichnende Stücke von Gussow, Paul Meyerheim, Gude, von den Bildhauern Begas, Schaper, Brütt. Es ist wenig Logik und Konsequenz in diesen norddeutschen Kabinetten. Von Anton von Werner, dessen Konflikt mit der Ausstellungsleitung immer noch in mystischem Dämmer schwebt — fehlte doch unter den Geburtstagsgratulanten des Siebzigjährigen am 9. Mai sogar der Kaiser, der ihn einst so gern ehrte — findet man nur die große Reichstagseröffnung von 1888, also ein rechtes Jubiläumsstück, eine ungemein tüchtige, aber ebenso kühle Arbeit. Bei den Sachsen herrschen dann, neben dem unfreiwilligen Führer Klinger Gotthard Kuehl und seine Schule, dazu das Porträt Wrbas von Otto Gußmann. Bei den Karlsruhern Hans Thomas volksliedmäßiger »Gärtner« und das brillante Reiterbild des hessischen Großherzogs von Trübner, einiges von Dill und die »Heilige Cäcilie« von Volz. Bei den Stuttgartern die frische Kunst der süddeutschen Landschafter sowie ein paar der prachtvollen Eisenbahnszenerien des allzu früh dahingegangenen Hermann Pleuer. Bei den Münchenern zwei Köpfe von Leibi (darunter der Geheirnrat Seeger), Porträts von Lenbach und ein gut charakterisierender Uhde (»Der heilige Abend«), sowie sorgsam ausgewählte Plastik. Auch ein Wiener Saal ist da, mit liebenswürdigen Dingen, wie den von der dortigen Sezession her bekannten »Zwei Frauen« von Rudolf Bacher, wie den Bildern von Schattenstein, Victor Scharf u. a. Besonders fesselt die Weimarer Abteilung, wo eine Kollektion
reizvoller phantastischer Skizzen Ludwig von Hofmanns mit der großen bäuerischen Allegorie »Das Leben« von Egger-Lienz freilich seltsam genug kontrastiert.
Aus Wien kommt auch Ferdinand Schmutzer, der wieder einmal, wie schon früher, kollektiv vertreten ist. Aber diesmal weniger glücklich, da er neben seinen Radierungen eine größere Zahl mittelmäßiger Aquarelle geschickt hat. Von den graphischen Arbeiten stehen das Bild des Vaters und das Selbstporträt in ihren sparsamen Linien höher als die meisten andern, allzu sehr ans Photographische streifenden Porträts. Auch der Kopf des deutschen Kaisers ist Schmutzer nicht gelungen. Eine allgemeine rückschauende graphische Abteilung, die sich hier anschließt, bringt, ebenso wie eine zeitgenössische, keine Überraschungen.
Dagegen verlangt die umfangreiche, sogar allzu groß geratene und wenig übersichtlich gestaltete »Nationale Architektur-Ausstellung«, die eine Fülle vorzüglichen Materials zusammenbringt, eine besondere und ausführliche Würdigung, die Vorbehalten sei. Dann wird auch Zeit sein, damit die tief verstimmende »Kaiserliche Architektur-Ausstellung« zu vergleichen, eine Aufreihung von Phothographien, Modellen und Plänen solcher Bauwerke, an denen Wilhelm II. seit 1888 »besonderes Interesse« genommen hat, wie es der Katalog bei dieser »auf Befehl Seiner Majestät« eingerichteten Abteilung ausdrückt. Zwei Kollektivausstellungen gliedern sich diesen Architektursälen an: ein Separatraum Bodo Ebhardts und drei Kabinette des Berliner Stadtbaurats Ludwig Hoffmann.
Als »Clou« der ganzen Ausstellung ist eine riesige Kollektion von Franz Stuck zurechtgestutzt. Sie umfaßt, aus öffentlichen und privaten Galerien entlehnt, eine große Reihe der bekannten Hauptwerke, die »Sünde«, den »Krieg«, die »Sphinx« usw., diese Erzeugnisse einer mächtigen, aber immer unerträglicher auf äußeren Effekt eingestellten Begabung. Am besten hält sich Stuck immer noch in seinen leichteren Phantastereien und kleineren Stücken, wie der leidenschaftlichen Skizze zum Golgathabilde, den »Spielenden Faunen«, oder den neuen Studien nach Tilla Durieux als Circe. Hier ist er bei bescheideneren Ansprüchen malerisch reicher und ohne das forcierte Pathos, das sonst so empfindlich stört.
Sehr angenehm wirkt neben Stuck eine zwei kleinere Säle füllende Sammlung von Bildern Schönlebers; vor allem die kleineren älteren Landschaften sind oft Meisterstücke in Ton und Stimmung, während die spätere Epoche auch Nieten hervorgebracht hat.
______________(Schluß folgt.)____________________
NEKROLOGE
In Paris hat der Maler Eugfene Cottin Selbstmord begangen. Cottin war im Jahre 1850 in Straßburg geboren und hatte in Paris den Unterricht Victor Dupres und Bonnats genossen. Obgleich er einige Jahre im Salon ausgestellt hatte, war er dem größeren Publikum doch nur durch seine ironischen und satirischen Illustrationen bekannt geworden. Am liebsten zeichnete er die Leute im Palais
Aber nun ereigneten sich allerlei Seltsamkeiten. Ihr Resultat ist, daß trotz allem eine ganze Reihe von Künstlerbundleuten am Lehrter Bahnhof erschienen. Wie es geschah, das »sagt sich nicht«. Soeben ist festgestellt worden, daß eines der wichtigsten Werke dieses Kreises: Max Klingers »Pieta« aus der Dresdener Galerie ohne, oder vielmehr gegen den Willen des Meisters nach Berlin kam. Vielleicht gibt es noch mehr »Enthüllungen« dieser Art.
Jedenfalls ist auf solche Weise eine Retrospektive zustande gekommen, die zwar Arbeiten verschiedenster Prägung aufweist, schließlich aber doch ein recht unorganisches Kompromiß, eine nicht systematisch, sondern mehr zufällig (und durch was für Zufälle!) entstandenen Überschau darstellt. Dennoch bildet sie mit den zahlreichen Qualitäten, die von ungefähr den Weg zu ihr fanden, den Schwerpunkt der ganzen Ausstellung. Bei den Berlinern geht es von Menzels »Gasteiner Prozession« — die gewiß keines seiner großen Meisterwerke zu nennen ist — und einem Selbstporträt von Knaus bis zu dem früheren Sezessionisten Leo v. König, der vom Kurfürstendamm im Zorn geschieden ist und nun in Moabit mit seinem bekannten Pierrotbilde auftaucht. Dazwischen steht allerlei Interessantes: das wenig bekannte, vorzügliche Bildnis des einstigen liberalen Parlamentariers Ludwig Loewe von Stauffer- Bern; eine köstliche frühe Landschaft von Lesser Ury; das delikate Porträt des Herrn v. d. Knesebeck vom Grafen Harrach; mehr oder weniger bezeichnende Stücke von Gussow, Paul Meyerheim, Gude, von den Bildhauern Begas, Schaper, Brütt. Es ist wenig Logik und Konsequenz in diesen norddeutschen Kabinetten. Von Anton von Werner, dessen Konflikt mit der Ausstellungsleitung immer noch in mystischem Dämmer schwebt — fehlte doch unter den Geburtstagsgratulanten des Siebzigjährigen am 9. Mai sogar der Kaiser, der ihn einst so gern ehrte — findet man nur die große Reichstagseröffnung von 1888, also ein rechtes Jubiläumsstück, eine ungemein tüchtige, aber ebenso kühle Arbeit. Bei den Sachsen herrschen dann, neben dem unfreiwilligen Führer Klinger Gotthard Kuehl und seine Schule, dazu das Porträt Wrbas von Otto Gußmann. Bei den Karlsruhern Hans Thomas volksliedmäßiger »Gärtner« und das brillante Reiterbild des hessischen Großherzogs von Trübner, einiges von Dill und die »Heilige Cäcilie« von Volz. Bei den Stuttgartern die frische Kunst der süddeutschen Landschafter sowie ein paar der prachtvollen Eisenbahnszenerien des allzu früh dahingegangenen Hermann Pleuer. Bei den Münchenern zwei Köpfe von Leibi (darunter der Geheirnrat Seeger), Porträts von Lenbach und ein gut charakterisierender Uhde (»Der heilige Abend«), sowie sorgsam ausgewählte Plastik. Auch ein Wiener Saal ist da, mit liebenswürdigen Dingen, wie den von der dortigen Sezession her bekannten »Zwei Frauen« von Rudolf Bacher, wie den Bildern von Schattenstein, Victor Scharf u. a. Besonders fesselt die Weimarer Abteilung, wo eine Kollektion
reizvoller phantastischer Skizzen Ludwig von Hofmanns mit der großen bäuerischen Allegorie »Das Leben« von Egger-Lienz freilich seltsam genug kontrastiert.
Aus Wien kommt auch Ferdinand Schmutzer, der wieder einmal, wie schon früher, kollektiv vertreten ist. Aber diesmal weniger glücklich, da er neben seinen Radierungen eine größere Zahl mittelmäßiger Aquarelle geschickt hat. Von den graphischen Arbeiten stehen das Bild des Vaters und das Selbstporträt in ihren sparsamen Linien höher als die meisten andern, allzu sehr ans Photographische streifenden Porträts. Auch der Kopf des deutschen Kaisers ist Schmutzer nicht gelungen. Eine allgemeine rückschauende graphische Abteilung, die sich hier anschließt, bringt, ebenso wie eine zeitgenössische, keine Überraschungen.
Dagegen verlangt die umfangreiche, sogar allzu groß geratene und wenig übersichtlich gestaltete »Nationale Architektur-Ausstellung«, die eine Fülle vorzüglichen Materials zusammenbringt, eine besondere und ausführliche Würdigung, die Vorbehalten sei. Dann wird auch Zeit sein, damit die tief verstimmende »Kaiserliche Architektur-Ausstellung« zu vergleichen, eine Aufreihung von Phothographien, Modellen und Plänen solcher Bauwerke, an denen Wilhelm II. seit 1888 »besonderes Interesse« genommen hat, wie es der Katalog bei dieser »auf Befehl Seiner Majestät« eingerichteten Abteilung ausdrückt. Zwei Kollektivausstellungen gliedern sich diesen Architektursälen an: ein Separatraum Bodo Ebhardts und drei Kabinette des Berliner Stadtbaurats Ludwig Hoffmann.
Als »Clou« der ganzen Ausstellung ist eine riesige Kollektion von Franz Stuck zurechtgestutzt. Sie umfaßt, aus öffentlichen und privaten Galerien entlehnt, eine große Reihe der bekannten Hauptwerke, die »Sünde«, den »Krieg«, die »Sphinx« usw., diese Erzeugnisse einer mächtigen, aber immer unerträglicher auf äußeren Effekt eingestellten Begabung. Am besten hält sich Stuck immer noch in seinen leichteren Phantastereien und kleineren Stücken, wie der leidenschaftlichen Skizze zum Golgathabilde, den »Spielenden Faunen«, oder den neuen Studien nach Tilla Durieux als Circe. Hier ist er bei bescheideneren Ansprüchen malerisch reicher und ohne das forcierte Pathos, das sonst so empfindlich stört.
Sehr angenehm wirkt neben Stuck eine zwei kleinere Säle füllende Sammlung von Bildern Schönlebers; vor allem die kleineren älteren Landschaften sind oft Meisterstücke in Ton und Stimmung, während die spätere Epoche auch Nieten hervorgebracht hat.
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NEKROLOGE
In Paris hat der Maler Eugfene Cottin Selbstmord begangen. Cottin war im Jahre 1850 in Straßburg geboren und hatte in Paris den Unterricht Victor Dupres und Bonnats genossen. Obgleich er einige Jahre im Salon ausgestellt hatte, war er dem größeren Publikum doch nur durch seine ironischen und satirischen Illustrationen bekannt geworden. Am liebsten zeichnete er die Leute im Palais