de Justice und begegnete hier nicht nur sachlich Daumier, sondern einige seiner besten Blätter könnten wirklich von Daumier herrühren, — ein Umstand, der den Händlern schon lange bekannt ist und der vielleicht den einen oder andern »Daumier« auf den Markt und zu Geldwert gebracht hat, der in seiner Eigenschaft als »Cottin« unbeachtet und ungeschützt geblieben wäre.
Im Alter von 50 Jahren ist in Paris der Maler Gaston Hochard gestorben, ein sehr tüchtiger Künstler, der in der breiten, kräftigen Art Lucien Simons Darstellungen aus dem französischen Volksleben gab und dabei zur Würze auch einen anekdotischen Beigeschmack nicht verschmähte. Von seinen vortrefflichen Bildern, deren eines dem Luxembourg gehört, seien die Prozession in Orleans, die Bücherfreunde und die seeländischen Bauern hervorgehoben.
PERSONALIEN
George Mosson, dem bekannten Berliner Maler und Lehrer an der Zeichen- und Malschule des Vereins der Künstlerinnen, ist der preußische Professortitel verliehen worden.
Rom. Für den Direktorposten der spanischen Kunstakademie ist Edoardo Chicharro ernannt worden, der vor etwa zehn Jahren selbst Stipendiat in dem schönen Haus bei San Pietro in Montorio war. Er ist in Madrid geboren und Schüler von Dominguez.
WETTBEWERBE
Bei dem Wettbewerb für ein Lutherdenkmal auf der Feste Koburg erhielten von den 150 konkurrierenden Künstlern je einen ersten Preis von 3000 M.: Bildhauer Eberhard Enke-Berlin, Prof. Wrba-Dresden und Walther Bischof-München, einen zweiten Preis von 2000 M. Arthur Lange und einen dritten Preis von 1000 M. Prof. Gottlieb Elster und Architekt Kurt Sommer, beide in Weimar.
AUSGRABUNGEN
Veji. Die großen Ausgrabungen, welche die Regierung begonnen hat, gehen mit gutem Resultat weiter. Zwanzig Gräber, von denen einige auf das neunte vorchristliche Jahrhundert datiert werden, sind zum Vorschein gekommen. Noch interessanter ist ein kleines Theater bei der Akropolis, der uralten Etruskerstadt, dessen wohlerhaltene Ruinen in diesen Tagen ans Licht gekommen Sind.
Fed. H.
AUSSTELLUNGEN
Ausstellung der Pariser Socidt6 nationale. Wer in den großen offiziellen Ausstellungen des Frühjahrs eine bestimmende Richtung, eine kenntliche Linie künstlerischer Tendenzen sucht, kommt nicht auf seine Rechnung. So etwas ließe sich vielleicht bei den Unabhängigen oder auch im Herbstsalon finden, in der dereinst als revolutionär ausgegebenen Societe nationale findet man es so wenig wie bei den Artistes frangais. Übrigens ist es mit dem revolutionären Geiste der französischen Sezessionisten des Jahres 1890 nicht weit her. Schon der Name ihres Anführers Meissonier müßte genügen, um darzutun, daß es sich wenigstens nicht um eine künstlerische Revolution handelte. Meissonier war ein überaus eitler Herr, der sich für den größten Maler seiner Zeit und für einen der größten Meister aller Zeiten hielt. Als daher im Salon nicht alles unbedingt so geschah, wie er es wünschte, trat er aus, und die unzufriedene Minorität schloß sich ihm an. Der jetzige Präsident der Societe nationale, Roll, hat neulich erzählt, wie es dabei zuging: ergab einem Camelot fünf Franken und sagte ihm, er solle jedem aus dem Industriepalast,
wo die Generalversammlung der Künstler tagte, Heraustretenden sagen, Meissonier warte auf ihn im Restaurant Doyen. Geschmeichelt kamen mehr als hundert Leute in das Restaurant, wo Meissonier in der Tat zu Mittag aß, Roll und andere Rädelsfiiher empfingen sie, und der neue Künstlerbund wurde gegründet. Einige merkten, daß man sie hintergangen hatte, und traten wieder aus, darunter Bonnat. Es handelte sich also eher um die Befriedigung der persönlichen Eitelkeit Meissoniers als um irgendwelche künstlerische Tendenzen, die sich gegen den alten Salon empörten.
Trotzdem fanden sich, wie das natürlich war, in dem neuen Salon wirklich die Stürmer und Dränger zusammen, und gegen seinen eigenen Willen wurde Meissonier zum Häuptling der Revolutionäre. Sehr lange dauerte das aber nicht und jetzt sind die Mitglieder der Societe nationale in jeder Beziehung durchaus ebenso brav und akademisch wie ihre Kollegen bei den Artistes frangais. Bei diesen wie bei jenen kann man also wohl die Mode und den zeitweiligen Geschmack des Publikums erkennen, aber künstlerische Tendenzen lassen sich hier nicht merken. Man kann bei ihnen beobachten, was im großen Publikum interessiert, ob man friedlich oder revanchistisch gesonnen ist, ob das Automobil oder das Luftschiff Beifall findet, von welchen Männern und Vorgängen man spricht usw. Künstlerische Richtungen, Gesichtspunkte, Linien lassen sich hier nicht festlegen, und wenn man die Ausstellung besprechen will, muß man auf alle großen ästhetischen Gesichtspunkte verzichten und einfach mit dem Kataloge in der Hand die Säle durchwandern, um anzustreichen, was einem gefällt oder auffällt. Erst wenn sich das Gebräu im Hexenkessel der Unabhängigen geklärt hat, also so ungefähr zehn Jahre nach ihrem ersten Auftreten, werden wir die jeweiligen Neuerer künstlerischer Anschauungen in den offiziellen Salons sehen.
In dem Ehrensaal, wo man sonst Zuloaga bewundern konnte, glaubt man ihn auch diesmal begrüßen zu können. Man wundert sich sogar, daß er so viele Arbeiten ausstellen darf, denn da hängen wenigstens fünfzehn große Spaniolerien, seine beliebten Modelle, Stierkämpfer und Mädchen in Mantilla und Manta, Bauern, Bettler, blinde Musikanten. Erst beim nähern Hinschauen merkt man, daß nicht eines dieser Bilder von Zuloaga herrührt. Unendlich scheint die Zahl seiner Nachahmer zuzunehmen, außer Spaniern und Franzosen stellen auch Italiener und HolländerZuloagabilder aus, und einige darunter unterscheiden sich eigentlich nur durch die Signatur von ihrem Vorbilde. Sollte Zuloaga in dreihundert Jahren noch auf dem Kunstmarkt existieren, so werden ohne Zweifel sehr viele von diesen Bildern dann unter seinem Namen gehen, und die dereinstigen Kunsthistoriker werden viele dicke Bücher schreiben und in der Nachprüfung der Echtheit ihre Weisheit zeigen können.
Den Clou der diesjährigen Ausstellung hat ein anderer Spanier geliefert, ein Spanier, der allerdings schon so lange in Paris wohnt, daß er kaum noch als Landsmann des Cervantes gelten kann. Vielleicht hat er, gerade um sein unverfälschtes spanisches Blut zu zeigen, dieses Bild gemalt, diesen Don Quijote, der ohne Zweifel das tiefste und bedeutendste Werk von Antonio de la Gandara ist. Vermißt man in seinen mondänen Bildnissen nur zu oft jedes innerliche Leben, wird man häufig versucht, sie einfach für angekleidete Gliederpuppen, für »Mannequins« und Probiermamsellen zu halten, so erlebt man vor diesem Ritter von der Mancha eine überaus angenehme Überraschung. Dieser Don Quijote ist vielleicht das beste Bild, das man jemals von dem Helden Cervantes und des spanischen Volkes gemalt hat. Er ist arm, zerlumpt, ausgehungert, geschunden und zerschlagen, aber stolz und kühn, aber edel und groß. Er ist närrisch, aber seine Narrheit kommt