haupt nicht dreinzureden hat. Wenn nicht das evangelischlutherische Landeskonsistorium den Segen der Tätigkeit der Kommission erkannt hätte und sie in Anspruch nähme, hätte sie kaum irgendwelchen Einfluß. Namentlich fehlt es an einem Landeskonservator, der im Lande umherreist und sich von etwaigen Bauvorhaben überzeugt. Die Einrichtung der nun 20 Jahre bestehenden Kommission möchte daher reformiert werden. Über den reichen positiven Inhalt der beiden Vorträge zu berichten fehlt es an Raum. Gediegen und inhaltreich war auch der Vortrag von Prof. Dr. Bestelmeyer über baukünstlerische Aufgaben der evangelischen Kirche in der Gegenwart. Weiter sprach Prof. Dr. Bruck über die künstlerische Ausstattung des gottesdienstlichen Raums, Prof. Dr. Berling über kirchliche Kleinkunst und der Rektor des Freiberger Gymnasiums Prof. Dr. E. O. Schmidt über den älteren Kirchenbau in Sachsen in kulturgeschichtlicher Beziehung. Den Schluß machte Prof. Dr. Högg mit einem sehr anregenden Vortrag über Friedhofskunst. Dazu wurden die wichtigsten Dresdner evangelischen Kirchen — Frauenkirche, Kreuzkirche, Christuskirche — besichtigt und im Kgl. Kunstgewerbe-Museum war eine Ausstellung kirchlicher Kleinkunst veranstaltet. Der ganze Kursus in seiner zweckmäßigen Ausgestaltung und in seiner straffen Durchführung, verlief durchaus befriedigend und übermittelte den Teilnehmern eine Fülle von Belehrungen und Anregungen. Es ist deshalb zu wünschen, daß er nicht der einzige seiner Art in Sachsen bleibe, sondern in nicht allzuferner Zeit wiederholt werde. Auch in anderen deutschen Städten, wie in Bonn (durch Clemen) und in München (durch Hager) haben ja schon ähnliche Kurse stattgefunden und sich gleichen starken Beifalls zu erfreuen gehabt.
LITERATUR
C. G. H. Geißler, der Zeichner der Leipziger Völkerschlacht. Aus dem Nachlaß von Gustav Wustmann. Mit 40 Textabbildungen und vier Farbendrucktafeln. Verlag von E. A. Seemann in Leipzig 1912. Brosch. M. 5.—, in Ganzleinen geb. M. 6.—.
Gottfried Geißler, geboren 1770 in Leipzig, gestorben in Leipzig 1844, ist keiner von den Großen im Reiche der Kunst. Nicht als Maler, sondern als Zeichner hat er den Beifall seiner Zeitgenossen gefunden; als Illustrator und als Schilderer der wichtigsten zeitgenössischen Ereignisse ist er bei Sammlern und Forschern bekannt und geschätzt geblieben, und diesen Blättern verdankt er auch die stattliche Monographie, die jetzt zu der 100. Wiederkehr des großen Jahres 1813 erschienen ist. Möge sie Geißlers Namen in weite Kreise tragen!
Geißler ist mit seiner Vaterstadt Leipzig eng verwachsen, doch folgte auf seine Lehrjahre in Leipzig zunächst ein längerer Aufenthalt in Rußland in den Jahren 1790 bis 1798. Als Reisebegleiter und Zeichner des berühmten Naturforschers Pallas lernte er Südrußland und die Krim gründlich kennen, überall für die wissenschaftlichen Werke seines Gönners eifrig arbeitend und die künstlerischen Eindrücke seiner Fahrten durch das fremdartige Land mit dem Zeichenstift festhaltend. Er drang so tief in die Eigenart des russischen Volkes ein, daß er oft noch in späteren Blättern unwillkürlich russische Gestalten aufs Papier warf, auch wo es sich gar nicht um russische Szenen handelte.
Leipzig, schon damals der Vorort des deutschen Buchhandels, der Sitz großer und rühriger Verlagshandlungen, bot dem jungen Künstler nach seiner Rückkehr aus Rußland reiche und mannigfaltige Arbeit. Sein eigentliches Lebenswerk setzte aber erst imjahre 1806 ein, als die große Not der Zeit auch über Leipzig hereinbrach. Nach der unglücklichen Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt rückte am 18. Oktober 1806 das Korps des Marschalls Davoust in Leipzig ein, und von diesen Oktobertagen des Jahres 1806 bis zu den welterschütternden Oktobertagen des Jahres 1813 hat Geißler eifrig und geschickt die großen Ereignisse der Zeit durch seinen Stift auf dem Papier festgehalten. Vielen Tausenden, die Geißlers Namen kaum kennen, sind doch Geißlersche Blätter bekannt: die Ankunft der Löffelgarde in Leipzig und die Blätter der Leipziger Kriegsszenen und der Sächsischen Kriegsszenen, die Trümmer der französischen Armee bei ihrer Rückkehr aus Rußland und unter den zahlreichen Szenen aus der Schlacht bei Leipzig das große Blatt mit dem Schlußkampf der Völkerschlacht auf dem Fleischerplatze am 19. Oktober 1813. Was Geißlers Darstellungen vor denen anderer Künstler auszeichnet, das ist die Wahl des günstigsten Augenblickes, die scharfe Beobachtung dessen, was er wirklich gesehen hat, und die lebenswahre, treue Zeichnung. Die Schilderung, wie der Künstler am 19. Oktober 1813 von Matratzen umpanzert den pfeifenden Kugeln an dem Fenster seiner Wohnung trotzt, um die letzten Kämpfe auf dem Fleischerplatze zu skizzieren, ist ein sprechendes Zeugnis seiner Glaubwürdigkeit. Das sind keine Phantasiegebilde; es ist lebensvolle Wahrheit. Als treuer, gewissenhafter Zeichner der Leipziger Völkerschlacht wird Geißler auch in fernen Zeiten noch lebendig bleiben.
Die übrigen Werke Geißlers — Bilder aus dem täglichen Leben, Buchschmuck, allerlei Gelegenheitsarbeiten, in denen uns oft ein liebenswürdiger Humor entgegentritt — sind weithin verstreut, und es hat einer langen Arbeit des Sammelns und Sichtens bedurft, diesen Überblick über das ganze Lebenswerk des Künstlers zu geben; da soll besonders hervorgehoben werden, daß man dem Buche die oft mühselige Mosaikarbeit nicht anmerkt. Gustav Wustmann, der Verfasser des größten Teils des Textes, hat die Veröffentlichung nicht mehr erlebt. Als er am 22. Dezember 1910 starb, war das Manuskript etwa zu drei Vierteilen für den Druck ausgearbeitet. Das Werk zu vollenden, dazu war niemand mehr berufen als der Sohn, Rudolf Wustmann, der wie sein Vater gründliches Wissen mit der Kunst geschmackvoller Darstellung verbindet. Die Fugen zwischen der Arbeit des Vaters und des Sohnes sind nirgends sichtbar, und es ist gewiß auch recht, daß sie nicht durch äußere Zeichen oder in Anmerkungen kenntlich gemacht sind. Groß ist auch die eigene Arbeit Rudolf Wustmanns gewesen, besonders bei der Beschaffung der einzelnen Blätter Geißlers; erfreulicherweise haben hierbei neben den öffentlichen Sammlungen in Leipzig mehrere private Sammler ihre Mappen bereitwillig zur Verfügung gestellt. Ein Beitrag der König-Johann-Stiftung hat die Herstellung der farbigen Tafeln ermöglicht, und die Verlagshandlung von E. A. Seemann hat das Buch reich und schön ausgestattet. Ein Wunsch bleibt vielleicht noch übrig: ein Verzeichnis der einzelnen Blätter Geißlers, aber dieser Wunsch soll unsere Freude über diese wertvolle literarische Gabe nicht beeinträchtigen. Ernst Kroker.
Inhalt: Die Berliner Jubiläums-Kunstausstellung. — Eugene Cottinf; Gaston Hochardt. - Personalien. — Wettbewerb: Lutlierdenkmal auf der Feste Koburg. — Ausgrabungen in Veji.— Ausstellungen in Paris, Königsberg i. Pr., Dresden, London. — Graph. Sammlung des Leipziger Museums. — Alte Kopien nach Cuyp. — Hermann-Stiftung in Dresden. — Vermischtes. — Literatur.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig