mentaler Gestaltung mit einem unendlich feinen differenzierten Gefühl für die zartesten Schwellungen und Senkungen der Epidermis. Diese Feinfühligkeit unterscheidet ihn von Metzner, bei dem die architektonisch-ornamentalen Absichten vielleicht zu sehr im Vordergründe stehen. Hanak hingegen ist der »reine Bildhauer«: ohne architektonische oder kunstgewerbliche Nebenabsichten, der Bild flauer im eigentlichen Sinne des Wortes, dem ein schönes Stück Stein seinen Formenwillen auslösen kann. Daher haben seine Werke alle etwas so urwüchsig Starkes und dabei doch wieder kindlich Naives, Weiches. Von seinen Arbeiten sind der »Gigant«:, »Abschied« (unvollendet), der mit dem Reichelpreis gekrönte Brunnen, »Das Kind über dem Alltag«, und zwei Porträtbüsten ausgestellt.
Unter den Malern zeigen Grom-Rottmayer, Harlfinger und vor allem Hänisch Bilder von hoher Qualität. Hänischs Landschaften und Stilleben bedeuten in ihren mit fließendem Pinsel hingestrichenen leuchtenden Farben Genüsse für ein farbenfrohes Auge. Es ist nicht zu übersehen, daß er manches von van Gogh gelernt hat — eine Konstatierung, die der angesehene Künstler wahrscheinlich entrüstet als beleidigend zurückweisen würde. Ein paar Bilder von Oswald Roux (der in den Bahnen des stärkeren Andri geht) sind nennenswert. Viktor Hammer, der im Vorjahre zum ersten Male mit einer Reihe kleiner, vortrefflicher Porträts vor der Öffentlichkeit erschien, hat auch heuer ein paar sehr gute Bildnisse ausgestellt. Die Sezession hat diesmal einen Versuch gemacht, die großdekorative Malkunst zu fördern, indem sie eigene Räume einzelnen Malern zur einheitlichen Ausgestaltung überließ: Grom-Rottmayer und Harlfinger haben zusammen einen »kleinen Festraum für einen Familiensitz« geschaffen, der bestimmt ist, »bedeutungsvollen Vorgängen im Leben der Familie als Rahmen zu dienen«, Otto Friedrich hat in einem »Vorraum zu einem Musikzimmer« einen »Rhythmen«-Zyklus gemalt. Beide Versuche müssen als gänzlich gescheitert bezeichnet werden. Es sind Aufgaben, die weit über die Kraft der Begabungen hinausgehen. Es ist ein bedauerliches Mißverständnis, das zwei in ihrem bestimmten Gebiete so tüchtige Maler wie Grom-Rottmayer und Harlfinger veranlaßt hat, einen Versuch zu wagen, der ganz und gar außer ihrer Domäne liegt und dessen völliges Versagen sie der Lächerlichkeit preisgibt. Davon wollen wir gar nicht sprechen, daß die beiden »Räume« auch als architektonische Gebilde absolut verunglückt sind. Es waren zwei ganz unnötige Experimente. Unbegreiflicherweise ist Friedrich für sein »Rhythmen«-Zimmerder Reichelpreis, der höchste in Österreich zu vergebende Preis, verliehen worden, eine Auszeichnung, die z. B. Gustav Klimt niemals zuteil geworden ist.
Das Künstlerhaus hat sich ein Verdienst dadurch erworben, daß es dem obdachlosen »Hagenbund(dessen im Vorjahre plötzlich geräumtes Haus bis heute noch immer nicht demoliert wurde) einen der großen Parterresäle in kollegialer Weise zur Verfügung gestellt hat. Durch geschickte Einziehung von Scherwänden sind eine Reihe kleiner Räume ge
wonnen worden, die eine Kollektion von 130 Arbeiten bequem unterzubringen gestatteten. Besondere Hervorhebung verdienen die ganz prächtigen Holzplastiken (»Tanzende Faune«, »Panther«, »Malaiischer Bär«) von Franz Barwig, der durch eine gar nicht schematisierende und doch starke Stilisierung die bedeutendsten Wirkungen hervorzurufen versteht. Weniger Geschmack vermag ich seinen, Konrad Meitschen Figürchen allzu stark anempfundenen, kleinen figuralen Holzstatuetten abzugewinnen. Der starke tschechische Bildhauer Jan Stursa, von dem in früheren Aufsätzen manchmal berichtet werden konnte, ist diesmal nicht ganz seiner Bedeutung entsprechend vertreten. Unter den Malern (und Graphikern) interessiert diesmal wieder Oskar Laske an erster Stelle, wie schon in den letzten Ausstellungen des Bundes. Dieser Architekt, der sich ganz der Malerei und Zeichnung zugewendet hat, bringt von der Architektur die fabelhaft sichere Komposition der Raum- und Figurenmassen, das souveräne Schalten mit dem stark betonten Detail, das doch in der Gesamtwirkung restlos aufgeht, her. Dabei verfügt Laske über eine so außerordentlich reiche und lebendige, manchmal groteske und skurrile Phantasie, daß man unwillkürlich immer wieder an seine niederländischen Geistesverwandten des 16. Jahrhunderts, an den Bauernbreughel und an Hieronymus Bosch denken muß. Die großen Bilder »Die Pest«, »Der heil. Franziskus von Assisi predigt den Vögeln« und »Die Schwabenhochzeitsind exzeptionelle Arbeiten eines ganz selbständigen Kunsttemperamentes, das, in ruhiger Entwickelung begriffen, Bedeutendes verspricht. Schließlich möchte noch die Reihe von »Skizzen aus Ceylon« vom Prager Otto Nejedly zu nennen sein, deren schöne, von Gauguin ausgehende Farbenkompositionen die Erwartung wecken, einmal größere Bilder in dieser Art zu sehen.
Die große Bedeutung des Hagenbundes für das Wiener Kunstleben war darin gelegen, daß er zahlreiche Gäste in seinen Räumen aufnahm und so das Publikum mit interessanten Persönlichkeiten, Künstlergruppen, ja ganzen Nationen (Norwegerausstellung) bekannt machte. Seit seine Tätigkeit lahmgelegt ist, bleibt diese Aufgabe nur mehr den Kunsthandlungen überlassen. Miethke und Arnot haben sich besondere Mühe gegeben, zwei sehr schöne Ausstellungen französischer Künstler des 19. Jahrhunderts zusammenzubringen. Bei Miethke konnte man neben Arbeiten von Manet (Skizze zur Erschießung Maximilians), Pissarro, (»Bauernhof« von 1876, von dem klare Linien zu Cezanne hinübergehen), Monet, Boudin und anderen, besonders gut Renoir in allen Stadien seiner Entwickelung studieren, von den Bildern der frühen siebziger Jahre mit ihrem noch schweren und trüben Ton über die herrlichen, in klare Farbflecken zerlegten Landschaften der achtziger Jahre, in denen die Luftstimmung so unübertrefflich gemalt ist, zu den Arbeiten der letzten zwei Jahrzehnte, wo aus dem Farbenanalytiker sich der Synthetiker gebildet hat, der auf plastische Geschlossenheit der Figur im Raume ausgeht. Die unsagbar zarte und