Galerie wird daher erst in ihrem neuen Heim nach Gebühr gewürdigt und studiert werden können; man ist ganz überrascht, was das Museum an interessanten und schönen Werken alles enthält. — Das Licht ist im allgemeinen günstig; nur in den Kabinetten, wo die Glanzstücke des Museums, die Hals hängen, ist man einigermaßen enttäuscht; hier fällt nämlich das Licht von zwei Seiten ein, einmal kühles Nordlicht aus den Fenstern, und außerdem Licht aus den nicht durch Türen geschlossenen Türöffnungen, die sich in der den Fenstern gegenüberliegenden Wand befinden und die Zugang zu einem hinter den Kabinetten herlaufenden Gang geben; dieses doppelte Licht stört sehr und reicht auch nicht aus; an dunkeln Tagen wird man wohl kaum etwas sehen können; aber hoffentlich ist diesem Übelstand noch auf die eine oder andere Weise abzuhelfen. Was die Ausstattung des Museums betrifft, so ist sie von einer wohltuenden Einfachheit und altmodischen Gediegenheit: getünchte Wände, der untere Teil verschiedentlich mit Holz bekleidet, und Balkendecken, die die einfache Konstruktion offen zeigen. Diese Anspruchslosigkeit der Umgebung, diese Abwesenheit von allem unorganischen Schmuck kommt den Gemälden sehr zugute; durch nichts wird die Aufmerksamkeit abgelenkt oder unser Auge unangenehm berührt; alles fordert zu einem ruhigen und ungestörten Genuß auf. Nur ein paar Räume in dem Hauptgebäude, das über dem hohen Erdgeschoß noch ein zweites Stockwerk trägt, sind anders eingerichtet; diese Räume haben entweder ihre alte Ausstattung beibehalten, wie das ehemalige Regentenzimmer mit seiner in Weiß und Gold gehaltenen Rokokowandbekleidung und seinem Rokokokamin, oder sie sind mit alten Prunkstücken anderer Herkunft, schönen Schränken und Truhen, Tischen und Möbeln, Spiegeln und Stühlen ausstaffiert worden — besondere Erwähnung verdienen die reizenden an den Kaminwänden angebrachten alten Fliesen — und bilden so ein kleines Kunstgewerbemuseum, wie der ehemalige Speisesaal und das anstoßende Zimmer, das mit alter Goldledertapete aus einem Raume des Stadthauses neu ausgeschmückt worden ist. ln diesen Zimmern hängen von künstlerischem Standpunkte meistens weniger bedeutsame Werke, ferner Familienporträts oder Schöpfungen des 18. Jahrhunderts, worunter sich allerdings sehr hübsche Wanddekorationen und zwei reizende Pastelle von Jelgersma befinden. — Die Anordnung der Bilder ist im übrigen möglichst chronologisch; man beginnt bei der Wanderung durch das Museum mit den Romanisten, wie Scorel und Heemskerck, der hier durch neun typische Werke vertreten ist; dann folgen Cornelis Cornelisz, Frans de Grebber, Jan de Bray und die übrigen Meister der Haarlemer Schule, die man nirgends so gut als hier studieren kann, bis man zuletzt zu dem größten von allen, zu Frans Hals kommt. Seine acht Schützen- und Regentenstücke sind auf vier Kabinette verteilt. Zwei hängen einander immer gegenüber, flankiert von kleineren Sachen von Zeitgenossen. Das neue Museum beherbergt jetzt auch einige moderne holländische Gemälde, meistens Aquarelle, unter anderem von Meistern wie Israels, Mesdag, Bisschop, denen ein besonderes Kabinett eingeräumt ist; in der letzten Auflage des Katalogs sind diese noch nicht beschrieben. Vermehrt ist die Sammlung ferner noch um ein großes Werk von Cornelis Cornelisz, die Hochzeit des Peleus und der Thetis, das sich früher im Mauritshuis im Haag befand und vom Reiche als Leihgabe dem Museum überlassen ist. Übrigens sind noch viele Gemälde, die in dem alten Museum keinen Raum fanden, jetzt zur Aufstellung gekommen. Nach dem neuen Museum sind auch die Schaukästen mit den frühesten Erzeugnissen der holländischen Buchdruckkunst überführt worden, unter denen sich bekanntlich drei Blockbücher, zwei Ausgaben
des Speculum und eine der Apokalypse befinden. Außerdem sind in dem Museum noch eine alte Apotheke, die aber nicht so vollständig und so schön wie die Apotheke im städtischen Museum in Amsterdam ist, und eine Folterkammer eingerichtet, und in den etwas niedrigen Räumen des ersten Stockwerkes im Hauptgebäude sollen später in Vitrinen auf Haarlem bezügliche Siegel, Pläne und Stiche gezeigt werden. m. d. Henkel.
Urbino. Die Einweihung der Galleria nazionale per le Marche. Am 25. Mai ist mit einer Rede des Generaldirektors Corrado Ricci die von Dr. Lionello Venturi neugeordnete Nationalgalerie im alten herzoglichen Palast zu Urbino eröffnet worden. Was Ricci über Baroccio, dessen dreihundertjähriges Jubiläum in diesen Tagen gefeiert wird, gesagt hat, ist so interessant, daß ich hier das Wichtigste daraus bringen will. Ricci betonte mit Recht Baroccios Beziehungen zu Correggio. Beilori erzählt in seinem Leben Baroccios, daß er die Kunst des großen Meisters aus Zeichnungen und Kartons, die ein Maler aus Parma nach Urbino gebracht, kennen gelernt hatte. Alle die, welche über Baroccios Kunst geschrieben haben, hielten sich an Belloris Erzählung, Ricci glaubt statt dessen, daß man eine Reise des Urbiner Künstlers nach Parma auf jeden Fall annehmen müsse, weil es sonst unmöglich wäre, den mächtigen Einfluß von Correggios Kunst auf ihn zu erklären. Baroccios Kopie der Madonna del San Girolamo, die Nachahmung der Madonna della scodella glaubt Ricci als sichere Beweise einer Reise Baroccios nach Parma ansehen zu können. Ricci nimmt an, daß diese Studienreise nach seinem ersten Aufenthalt in Rom, also zwischen den Jahren 1555 und 1560 gemacht worden sei. ln dieser Zeit hat der Maler die Marter des heiligen Sebastian gemalt, in welcher alles Mögliche an Correggio gemahnt, vor allem die Figur des einen Schergen, den man von rückwärts sieht, und der ganz nach dem Henker, der in Correggios Bild den heiligen Placidus tötet, gemalt ist. — Was die Galerie betrifft, so ist sie jetzt in acht Sälen geordnet. In der Sala degli Angioli sind die ältesten Malereien aufgestellt: ein vor kurzem entdecktes Triptychon von Giuliano da Rimini, ein Kruzifix von Pietro da Rimini und Tafeln von Lorenzo I. da San Severino und von Antonio da Ferrara. In dem großen Saal, der nach dem Herzog Federico genannt ist, sind nur Justus van Gents herrliche Einsetzung des heiligen Abendmahls, die Werke von Giovanni Santi, Timoteo Viti und Paolo Uccello vereint. Ein Saal enthält die Tapeten, ein anderer herrliche Renaissancerahmen, die Dr. Venturi in einem Dachboden des herzoglichen Palastes aufgestöbert hat, und ein anderer die Werke Baroccios, die leider gewiß nicht zu den besten des Meisters gehören, trotz des gro ßen Altarbildes, das die Generaldirektion vor kurzem erworben hat. In einem kleineren Zimmer ist der große Alkoven aufgestellt worden, den Herr Nardini neuerdings entdeckt hat und der mit interessanten Malereien aus Piero della Francescas Schule geschmückt ist. Fed. H.
VEREINE
X Die Berliner Sezession ist gesprengt — das ist das Resultat der Krisen, Konflikte, Streitigkeiten und Kämpfe, die sich innerhalb der Vereinigung nun schon seit Jahren abspielten und seit der Wahl des Kunsthändlers Paul Cassirer akut geworden waren. Die »Refüsiertender diesjährigen Sezessionsausstellung, von deren Protesten hier schon wiederholt Bericht gegeben wurde, wollten ihren Fall innerhalb des Vereins selbst zum Austrag bringen; sie traten nicht aus, sondern richteten die heftigsten Angriffe gegen den Präsidenten und die zu ihm haltenden Künstler. Ohne Frage waren die Zurückgewiesenen sachlich in gewissem Sinne im Recht, wenn sie über die ihnen
des Speculum und eine der Apokalypse befinden. Außerdem sind in dem Museum noch eine alte Apotheke, die aber nicht so vollständig und so schön wie die Apotheke im städtischen Museum in Amsterdam ist, und eine Folterkammer eingerichtet, und in den etwas niedrigen Räumen des ersten Stockwerkes im Hauptgebäude sollen später in Vitrinen auf Haarlem bezügliche Siegel, Pläne und Stiche gezeigt werden. m. d. Henkel.
Urbino. Die Einweihung der Galleria nazionale per le Marche. Am 25. Mai ist mit einer Rede des Generaldirektors Corrado Ricci die von Dr. Lionello Venturi neugeordnete Nationalgalerie im alten herzoglichen Palast zu Urbino eröffnet worden. Was Ricci über Baroccio, dessen dreihundertjähriges Jubiläum in diesen Tagen gefeiert wird, gesagt hat, ist so interessant, daß ich hier das Wichtigste daraus bringen will. Ricci betonte mit Recht Baroccios Beziehungen zu Correggio. Beilori erzählt in seinem Leben Baroccios, daß er die Kunst des großen Meisters aus Zeichnungen und Kartons, die ein Maler aus Parma nach Urbino gebracht, kennen gelernt hatte. Alle die, welche über Baroccios Kunst geschrieben haben, hielten sich an Belloris Erzählung, Ricci glaubt statt dessen, daß man eine Reise des Urbiner Künstlers nach Parma auf jeden Fall annehmen müsse, weil es sonst unmöglich wäre, den mächtigen Einfluß von Correggios Kunst auf ihn zu erklären. Baroccios Kopie der Madonna del San Girolamo, die Nachahmung der Madonna della scodella glaubt Ricci als sichere Beweise einer Reise Baroccios nach Parma ansehen zu können. Ricci nimmt an, daß diese Studienreise nach seinem ersten Aufenthalt in Rom, also zwischen den Jahren 1555 und 1560 gemacht worden sei. ln dieser Zeit hat der Maler die Marter des heiligen Sebastian gemalt, in welcher alles Mögliche an Correggio gemahnt, vor allem die Figur des einen Schergen, den man von rückwärts sieht, und der ganz nach dem Henker, der in Correggios Bild den heiligen Placidus tötet, gemalt ist. — Was die Galerie betrifft, so ist sie jetzt in acht Sälen geordnet. In der Sala degli Angioli sind die ältesten Malereien aufgestellt: ein vor kurzem entdecktes Triptychon von Giuliano da Rimini, ein Kruzifix von Pietro da Rimini und Tafeln von Lorenzo I. da San Severino und von Antonio da Ferrara. In dem großen Saal, der nach dem Herzog Federico genannt ist, sind nur Justus van Gents herrliche Einsetzung des heiligen Abendmahls, die Werke von Giovanni Santi, Timoteo Viti und Paolo Uccello vereint. Ein Saal enthält die Tapeten, ein anderer herrliche Renaissancerahmen, die Dr. Venturi in einem Dachboden des herzoglichen Palastes aufgestöbert hat, und ein anderer die Werke Baroccios, die leider gewiß nicht zu den besten des Meisters gehören, trotz des gro ßen Altarbildes, das die Generaldirektion vor kurzem erworben hat. In einem kleineren Zimmer ist der große Alkoven aufgestellt worden, den Herr Nardini neuerdings entdeckt hat und der mit interessanten Malereien aus Piero della Francescas Schule geschmückt ist. Fed. H.
VEREINE
X Die Berliner Sezession ist gesprengt — das ist das Resultat der Krisen, Konflikte, Streitigkeiten und Kämpfe, die sich innerhalb der Vereinigung nun schon seit Jahren abspielten und seit der Wahl des Kunsthändlers Paul Cassirer akut geworden waren. Die »Refüsiertender diesjährigen Sezessionsausstellung, von deren Protesten hier schon wiederholt Bericht gegeben wurde, wollten ihren Fall innerhalb des Vereins selbst zum Austrag bringen; sie traten nicht aus, sondern richteten die heftigsten Angriffe gegen den Präsidenten und die zu ihm haltenden Künstler. Ohne Frage waren die Zurückgewiesenen sachlich in gewissem Sinne im Recht, wenn sie über die ihnen