wohnerzahl auf ca. 17000 herab!), da sorgten die Schatzgräber dafür, daß die unterirdischen Monumente nicht unbenutzt ruhten. Das Graben nach Schätzen (es gibt eine ganze kleine Literatur darüber, wo und wie man mit Erfolg zu graben habe!) wurde bis ins 17. Jahrhundert hinein ganz geschäftsmäßig betrieben, man assoziierte sich unter Umständen dazu und warf ein bestimmtes Betriebskapital aus. Der Gewinn muß oft sehr bedeutend gewesen sein; denn wenn auch das Zwölf-Tafelgesetz verbot, den Toten Gold mit ins Grab zu geben, außer wenn es zur Befestigung der Zähne diene, so hatte sich in der spätrömischen Kaiserzeit doch der Brauch wieder eingeschlichen, die Leichen mit Preziosen zu schmücken. Der reichste Grabfund dieser Art wurde im Februar 1542 gemacht bei den Bauarbeiten für St. Peter unter Antonio da Sangallo d. J. Man stieß dabei durch Zufall auf das Grab der Kaiserin Maria, der Tochter des Stilicho, Gemahlin des Honorius, und scheute sich nicht, es barbarisch auszurauben. Man riß den Leichnam aus dem Marmorsarkophag und entkleidete ihn seines golddurchwirkten Gewandes, aus dem man 40 Pfund des edlen Metalles herausschmolz. Ungeheuer war die Beute an Geschmeide. 40 Fingerringe mit geschnittenen Steinen, von denen ein Smaragd mit dem Bildnis des Kaisers allein auf 500 Scudi geschätzt wurde, — Ohrringe, Halsketten, Anhänger, weiterhin ein silberner Toilettenkasten — fast einen halben Meter lang — mit Fläschchen und Büchschen aus Achat und Onyx (darunter ein Lämpchen in Schneckenform aus Bergkristall mit Goldzieraten), mit vielerlei Tierfigürchen aus kostbaren Steinen usw. Leider hat sich nichts davon erhalten. Papst Paul 111. verlangte die Auslieferung der Kostbarkeiten. Das Gold wanderte in die Münze, mit den Juwelen ließ er Tiaren, Mitren und kirchliche Geräte schmücken.
Als in der Renaissance die Bautätigkeit wieder in erhöhtem Maße einsetzte, mehrten sich sofort auch wieder die Ausgrabungen antiker Kunstwerke. Die ersten verständnisvollen, fast wissenschaftlich genauen Ausgrabungsberichte gibt uns Lorenzo Ghiberti in seinen Commentari. Er beschreibt unter anderem die Entdeckung und Bergung einer heute leider nicht mehr nachweisbaren Hermaphroditenstatue bei S. Celso während seines römischen Aufenthalts im Jahre 1445.
Ein wirklich archäologisches Gewissen aber entwickelte sich erst im Cinquecento. Raffael ist der erste gewesen, der ein umfassendes archäologisches Ausgrabungs- und Rekonstruktionsprojekt ausarbeitete. Die Zeitgenossen können sich nicht genug tun im Rühmen dieser Idee, das antike Rom in seiner ganzen Herrlichkeit wieder erstehen zu lassen. Raffael wollte die Kaiserpaläste, die Fora, Amphitheater, Theater und Thermen zunächst freilegen und bis ins Detail exakt aufnehmen. Eine große umfassende Rekonstruktionszeichnung sollte sodann die Krönung des Werkes bilden, sollte den Zeitgenossen die »Roma aeterna« vorführen, »als ob sie selbst gegenwärtig wäre«. Der vorzeitige Tod des großen Künstlers verhinderte die Ausführung, vielleicht wäre sie auch an praktischen Schwierigkeiten gescheitert, die er wohl nicht ganz überschaute. Immerhin lebten seine Ideen fort, und die führenden Künstler um die Mitte des Cinquecento ließen nicht ab, sich um die Erforschung der antiken Denkmäler zu mühen. Um sich völlige Klarheit zu verschaffen, setzte man nicht selten den Spaten an, und jetzt grub man nicht mehr nach Schätzen, sondern um der Erkenntnis willen. Die Zeichnungen und Stiche der Peruzzi, Sangallo, Dosio, Duperac, Labacco, Ligorio, Lauro usw. legen Zeugnis ab von dem nur noch sachlich interessierten, archäologischen Spüreifer der Cinquecentisten, dem die Kunst der Folgezeit eine Fülle von Anregungen verdankt.
In der zweiten Hälfte des Cinquecento beginnen die planmäßigen Grabungen nach antiken Statuen und Reliefs. Es war Mode geworden, Palastfassaden und Höfe damit zu schmücken, und die Mode heischte gebieterisch die Herbeischaffung immer neuen Materiales. Der Kardinal Deila Valle hatte mit der Dekoration seines Palasthofes auf dem Campo Marzio den ersten Anstoß gegeben. Er ließ sich dazu von dem Raffaelschüler Lorenzetto di Lodovico und seinen Gehilfen eine große Zahl antiker Statuen restaurieren. Das Beispiel dieser vielbewunderten Dekoration fand die eifrigste Nachahmung. In voller Wirkung erscheint sie heute noch im Hof des Palazzo Mattei. Eine Menge ähnlicher Schöpfungen — wie in den Villen Borghese und Ludovisi, und im Palazzo Giustiniani ist im 19. Jahrhundert zerstört worden, andere schon früher. Man begreift, daß zur Befriedigung dieser Dekorationsbedürfnisse unzählige Grabungen in und um Rom, an einsamen Stellen, in Vignen und Gärten, angestellt werden mußten.
Gleichzeitig begann der hauptsächlich von Bildhauern gepflegte Antikenhandel im großen nach auswärts. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entfaltete sich von Rom aus der Export antiker Statuen, Büsten, Reliefs usw. nach den Provinzen, nach Frankreich, Spanien, Deutschland und England in erstaunlicher Weise. Er blühte das ganze Seicento hindurch und bedingte beständiges Suchen und Graben. Allein das ausschließliche Geschäftsinteresse und die Hast des Betriebes machte jede archäologische Akribie unmöglich. Man achtete nicht auf die Begleitumstände der Funde und schüttete die Fundstellen ohne weiteres wieder zu.
Einen neuen entscheidenden Aufschwung nahmen die archäologischen Grabungen erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts durch die Wiederenldeckung Herkulaneums und Pompejis. In Pompeji hat sich die moderne wissenschaftliche Grabungsmethode entwickelt. Der ungeheure Eindruck, den die Tatsache, daß hier eine ganze antike Stadt zu zweitem Leben zu erwecken war, auf die Zeitgenossen machte, und der sich noch lebendiger als in den Berichten Winckelmanns und Goethes in dem Gedicht des nie in Pompeji gewesenen Schiller spiegelt, — dieser ungeheure Eindruck ließ auch in den leitenden neapolitanischen Kreisen ein neues Verantwortlichkeitsgefühl entstehen. Allerdings nicht sogleich! Als 1748 König Karl III. — aufmerksam gemacht durch die Antikenfunde eines Bauern — mit Grabungen begann, da suchte man zunächst nur nach Statuen und Erzgeräten und schüttete die Fundstellen wieder zu — genau so wie es 30 Jahre vorher der Herzog von Parma bei den Grabungen in seinem Garten auf dem Palatin zu Rom halten ließ. Dann aber rang sich die neapolitanische Regierung doch allmählich zu dem Entschlüsse durch, den Grund und Boden von Pompeji eigentümlich zu erwerben und die ausgegrabenen Ruinen in voller Ausdehnung zu erhalten. Die Ausgrabungsmethode blieb zunächst noch ziemlich primitiv. In dem Wunsche, möglichst schnell auf den Kunstwerke bergenden Grund zu kommen, grub man darauf los ohne Rücksicht auf die oberen Schichten, die man achtlos durchbrach und beiseite schaufelte. Hieraus erklärt sich die früher allgemein geltende, irrige Annahme, daß die pompejanischen Häuser ohne Ausnahme eingeschossig gewesen seien. Die Fundobjekte wurden nicht am Ort belassen, sondern nach Neapel ins Museum geschafft, wo die endlosen Reihen der mit Kandelabern, Vasen und Utensilien gefüllten Schränke den Beschauer nur zu leicht ermüden. Das Suchen nach Kunstwerken und kunstgewerblichen Gegenständen blieb immer noch, wenn auch nicht mehr das einzige Ziel, so doch das Hauptinteresse. Einen Hemmschuh für die Ent