wicklung der wissenschaftlichen Methode bedeutete ferner der sogen. »Scavo preparato« (vorbereitete Ausgrabung), der zu Ehren durchreisender Potentaten und Fürstlichkeiten veranstaltet wurde. Um den betreffenden hohen Herren mit Bestimmtheit ein Fundstück zur Erinnerung anbieten zu können, grub man zur Vorsicht vorher irgend ein Kunstwerk ein. Das berüchtigtste Beispiel dafür ereignete sich 1849 bei dem Besuch Papst Pius’ IX. Man fand in seiner Gegenwart ein schönes Marmorrelief, das nachher — als es im Vatikan mit einer Gedenktafel aufgestellt war, von den Archäologen als ein griechisches Originalwerk aus Tindari in Sizilien erkannt wurde.
Den entscheidenden Fortschritt zu moderner Exaktheit machte die Ausgrabungsmethode unter der ausgezeichneten Leitung Giuseppe Fiorellis (f 1896), der seit 1860 begann die Stadt planmäßig frei zu legen und auch die beweglichen Fundstücke möglichst an Ort und Stelle zu konservieren. Er gab als erster die veraltete Grabungsweise des Wühlens von oben nach unten auf und führte die Schichtgrabung (scavo a strati) ein, bei der jede Lage des Erdbodens genau durchsucht wird, ehe man sie entfernt. Und über den Befund jeder Lage gibt sich der Archäologe durch Zeichnungen, Messungen und mit Hilfe des photographischen Apparates peinlichst Rechenschaft, ehe er weitergraben läßt, sodaß er zum Schluß imstande ist, den ganzen Verlauf der Ausgrabung in seinen einzelnen Phasen zu reproduzieren. Die Neuerungen Fiorellis, nach deren Muster sich die römischen Ausgrabungen — namentlich auf dem Palatin und auf dem Forum — richteten, führten die moderne wissenschaftliche Grabungsmethode zu einem Höhepunkte, auf dem der Archäologe im Bunde mit dem Ingenieur, dem Geometer und dem Photographen tätig ist. Italien wurde durch sie zur hohen Schule für die Archäologen der ganzen Welt. Wo man in der Folge auch immer den Spaten ansetzte, — in Griechenland, Kleinasien, in Ägypten, im Orient oder am römischen Limes in Süddeutschland, immer blieb Italien das klassische Vorbild. Auch die großen deutschen Ausgräber« fühlten sich als Zöglinge der italienischen Methode, sie bauten auf ihren Errungenschaften fort und führten sie durch zähe Ausdauer und glückliche Ausnutzung zu beispiellosen Erfolgen.
w. R. B.
AUSSTELLUNGEN
Die Graphische Sammlung des Leipziger Museums der bildenden Künste veranstaltet in den Sommermonaten eine Ausstellung ausgewählter Handzeichnungen aus ihrem Besitz, die insgesamt 250 Blatt umfassen wird. Die ältere deutsche und niederländische Schule sowie die Italiener, Holländer und Franzosen des 16.—18. Jahrhunderts, endlich die deutschen Meister bis zum Jahre 1800 werden mit hervorragenden Stücken vertreten sein. Der Katalog der vom 1. Juli ab geöffneten Ausstellung nennt unter den Altdeutschen die Namen Schongauer, den Hausbuchmeister, die beiden Holbein, H. S. Beham, Schäuffelein, Cranach und den älteren Breu; unter den Niederländern P. P. Rubens, Bramer, Goltzius, Ruisdael, J. Brueghel, Terborch usw.; ferner Meister wie Filippino Lippi, Alvise Vivarini, Farinati, Giulio Romano, Cambiaso, Barocci, Zuccari, Carracci, Guercino, Canaletto u. a. Die »Zeitschrift für bildende Kunst« wird im Juliheft die Ausstellung in einem reich illustrierten Aufsatze von Dr. Hermann Voss würdigen. Das wissenschaftliche Verzeichnis der ausgestellten Blätter, das ebenfalls von Dr. Voss auf Grund eigener Forschungen und Mitteilungen von Fachgenossen ausgearbeitet worden ist, kann vom Verlage E. A. Seemann bezogen werden.
X Berliner Ausstellungen. Im Künstlerhause ist nach langen, sorgfältigen Vorbereitungen die erste Ausstellung
des »Komitees zur Förderung der Holzbildkunst« eröffnet worden, von der man sich viel versprochen hat, die aber nur wenig von diesen Hoffnungen erfüllt. Der Gedanke, die alte Holzbildnerei, die gerade in Deutschland heimisch war, wieder zu erneuern und auf eine gesundere Grundlage zu stellen, ist gewiß sympathisch und verdient die Unterstützung aller Kunstfreunde; aber es zeigt sich doch, daß hier ganz anders vorgegangen werden muß. Die Sache ist wichtig genug. Nicht allein um die Wiedererweckung eines fast verkümmerten Zweiges der Plastik handelt es sich —: das Holzbildwerk, darauf wird mit Recht hingewiesen, fügt sich wie kein anderes dem Rahmen der Innendekoration im deutschen Hause ein, wo das Holz mit seinen warmen Tönen vorherrscht; ganz abgesehen von dem niedrigeren Preise des Materials gegenüber dem Aufwand, den Bronze, Marmor und anderes edleres Gestein verursachen. Es ist auch ein gutes Zeichen, daß die Berliner Bestrebungen beim Handwerk eingesetzt haben. Die gewerblichen Holzbildhauer und Holzschnitzer machten den Anfang und die Berliner Handwerkskammer hat im Jahre 1911 einen Meisterfachkursus eingerichtet, dessen Leitung dem Bildhauer Gotthard Sonnenfeld unterstellt wurde. Das sind günstige Auspizien; doch es bedarf noch einer gründlichen Revision der gewählten Mittel, wenn man zum Ziele kommen will. Soll eine wirkliche Gesundung der Holzbildkunst erreicht werden, so ist zweierlei absolut erforderlich. Erstens muß der alte Zustand erstrebt werden, der in der Renaissancezeit herrschte: daß der Bildhauer, also der künstlerische Erfinder des betreffenden Werkes, auch der Schnitzer ist, daß eine Personalunion des Entwerfenden und Ausführenden eintritt, oder daß, wie es gleichfalls in früheren Jahrhunderten der Fall war, der Ausführende zum Entwerfenden in einem nahen und dauernden persönlichen Verhältnis steht, als Gehilfe oder Geselle zum Meister, oder als Schüler zum Lehrer. Und zweitens: daß die Skulptur jedesmal durchaus und allein für das Holz bestimmt, aus den Bedingungen dieses Materials ersonnen und angelegt ist. Beide Bedingungen werden vorläufig, das beweist die Ausstellung, nur in den seltensten Fällen erfüllt. Im allgemeinen herrscht die verkehrte Scheidung zwischen Bildhauer und Holzschnitzer oder Holzschnitzwerkstatt. Von beiden Gruppen gibt der Katalog ganz naiv die Liste an. Und diese Verkehrtheit führt natürlich gleich eine zweite mit sich. Wenn der Bildhauer einfach in Ton modelliert und seine Arbeit, die meist ebensogut in Marmor, Bronze oder gar in Wachs ausgeführt werden könnte, einer Werkstatt überläßt, so ist dies ein grundfalsches Vorgehen. Man findet bezeichnenderweise auf der Ausstellung sogar Arbeiten, die früher in gleichem und größerem Format in anderem Material hergestellt wurden, nun plötzlich in Holz, wie etwa Werke von Ernst Herter, der ursprünglich niemals an den Schnitzer gedacht hat. Von den hervorragenden deutschen Bildhauern, die wirklich mit dem Holz auf vertrautem Fuße stehen, ein Gefühl für diesen kostbaren Stoff haben und es verstehen, seine Struktur, seine besondere Art der Festigkeit und Weichheit, seiner Maserung und seiner farbigen Wirkung zu nutzen, ist eigentlich nur Max Kruse vertreten. Aber man vermißt Meister wie Ignaz Taschner und Ernst Barlach oder den Tiroler Michael Penz oder seinen Landsmann Ottomar Zeiller, die hier wichtige Anregungen hätten geben können. Das Holz ist ein herbes Material und verlangt Vereinfachung der Formen und Flächen, verlangt eine stilisierende Haltung der Arbeit, etwas Hartes, Kräftiges, Knorriges im Ausdruck. Es sträubt sich gegen glatte Lieblichkeit und zuckrige Süße. Wohl kann auch bei »herzigen« Genrefigürchen und -Grüppchen, bei der geleckten »Holdheit« puppiger Köpfchen, bei der Wiedergabe
Den entscheidenden Fortschritt zu moderner Exaktheit machte die Ausgrabungsmethode unter der ausgezeichneten Leitung Giuseppe Fiorellis (f 1896), der seit 1860 begann die Stadt planmäßig frei zu legen und auch die beweglichen Fundstücke möglichst an Ort und Stelle zu konservieren. Er gab als erster die veraltete Grabungsweise des Wühlens von oben nach unten auf und führte die Schichtgrabung (scavo a strati) ein, bei der jede Lage des Erdbodens genau durchsucht wird, ehe man sie entfernt. Und über den Befund jeder Lage gibt sich der Archäologe durch Zeichnungen, Messungen und mit Hilfe des photographischen Apparates peinlichst Rechenschaft, ehe er weitergraben läßt, sodaß er zum Schluß imstande ist, den ganzen Verlauf der Ausgrabung in seinen einzelnen Phasen zu reproduzieren. Die Neuerungen Fiorellis, nach deren Muster sich die römischen Ausgrabungen — namentlich auf dem Palatin und auf dem Forum — richteten, führten die moderne wissenschaftliche Grabungsmethode zu einem Höhepunkte, auf dem der Archäologe im Bunde mit dem Ingenieur, dem Geometer und dem Photographen tätig ist. Italien wurde durch sie zur hohen Schule für die Archäologen der ganzen Welt. Wo man in der Folge auch immer den Spaten ansetzte, — in Griechenland, Kleinasien, in Ägypten, im Orient oder am römischen Limes in Süddeutschland, immer blieb Italien das klassische Vorbild. Auch die großen deutschen Ausgräber« fühlten sich als Zöglinge der italienischen Methode, sie bauten auf ihren Errungenschaften fort und führten sie durch zähe Ausdauer und glückliche Ausnutzung zu beispiellosen Erfolgen.
w. R. B.
AUSSTELLUNGEN
Die Graphische Sammlung des Leipziger Museums der bildenden Künste veranstaltet in den Sommermonaten eine Ausstellung ausgewählter Handzeichnungen aus ihrem Besitz, die insgesamt 250 Blatt umfassen wird. Die ältere deutsche und niederländische Schule sowie die Italiener, Holländer und Franzosen des 16.—18. Jahrhunderts, endlich die deutschen Meister bis zum Jahre 1800 werden mit hervorragenden Stücken vertreten sein. Der Katalog der vom 1. Juli ab geöffneten Ausstellung nennt unter den Altdeutschen die Namen Schongauer, den Hausbuchmeister, die beiden Holbein, H. S. Beham, Schäuffelein, Cranach und den älteren Breu; unter den Niederländern P. P. Rubens, Bramer, Goltzius, Ruisdael, J. Brueghel, Terborch usw.; ferner Meister wie Filippino Lippi, Alvise Vivarini, Farinati, Giulio Romano, Cambiaso, Barocci, Zuccari, Carracci, Guercino, Canaletto u. a. Die »Zeitschrift für bildende Kunst« wird im Juliheft die Ausstellung in einem reich illustrierten Aufsatze von Dr. Hermann Voss würdigen. Das wissenschaftliche Verzeichnis der ausgestellten Blätter, das ebenfalls von Dr. Voss auf Grund eigener Forschungen und Mitteilungen von Fachgenossen ausgearbeitet worden ist, kann vom Verlage E. A. Seemann bezogen werden.
X Berliner Ausstellungen. Im Künstlerhause ist nach langen, sorgfältigen Vorbereitungen die erste Ausstellung
des »Komitees zur Förderung der Holzbildkunst« eröffnet worden, von der man sich viel versprochen hat, die aber nur wenig von diesen Hoffnungen erfüllt. Der Gedanke, die alte Holzbildnerei, die gerade in Deutschland heimisch war, wieder zu erneuern und auf eine gesundere Grundlage zu stellen, ist gewiß sympathisch und verdient die Unterstützung aller Kunstfreunde; aber es zeigt sich doch, daß hier ganz anders vorgegangen werden muß. Die Sache ist wichtig genug. Nicht allein um die Wiedererweckung eines fast verkümmerten Zweiges der Plastik handelt es sich —: das Holzbildwerk, darauf wird mit Recht hingewiesen, fügt sich wie kein anderes dem Rahmen der Innendekoration im deutschen Hause ein, wo das Holz mit seinen warmen Tönen vorherrscht; ganz abgesehen von dem niedrigeren Preise des Materials gegenüber dem Aufwand, den Bronze, Marmor und anderes edleres Gestein verursachen. Es ist auch ein gutes Zeichen, daß die Berliner Bestrebungen beim Handwerk eingesetzt haben. Die gewerblichen Holzbildhauer und Holzschnitzer machten den Anfang und die Berliner Handwerkskammer hat im Jahre 1911 einen Meisterfachkursus eingerichtet, dessen Leitung dem Bildhauer Gotthard Sonnenfeld unterstellt wurde. Das sind günstige Auspizien; doch es bedarf noch einer gründlichen Revision der gewählten Mittel, wenn man zum Ziele kommen will. Soll eine wirkliche Gesundung der Holzbildkunst erreicht werden, so ist zweierlei absolut erforderlich. Erstens muß der alte Zustand erstrebt werden, der in der Renaissancezeit herrschte: daß der Bildhauer, also der künstlerische Erfinder des betreffenden Werkes, auch der Schnitzer ist, daß eine Personalunion des Entwerfenden und Ausführenden eintritt, oder daß, wie es gleichfalls in früheren Jahrhunderten der Fall war, der Ausführende zum Entwerfenden in einem nahen und dauernden persönlichen Verhältnis steht, als Gehilfe oder Geselle zum Meister, oder als Schüler zum Lehrer. Und zweitens: daß die Skulptur jedesmal durchaus und allein für das Holz bestimmt, aus den Bedingungen dieses Materials ersonnen und angelegt ist. Beide Bedingungen werden vorläufig, das beweist die Ausstellung, nur in den seltensten Fällen erfüllt. Im allgemeinen herrscht die verkehrte Scheidung zwischen Bildhauer und Holzschnitzer oder Holzschnitzwerkstatt. Von beiden Gruppen gibt der Katalog ganz naiv die Liste an. Und diese Verkehrtheit führt natürlich gleich eine zweite mit sich. Wenn der Bildhauer einfach in Ton modelliert und seine Arbeit, die meist ebensogut in Marmor, Bronze oder gar in Wachs ausgeführt werden könnte, einer Werkstatt überläßt, so ist dies ein grundfalsches Vorgehen. Man findet bezeichnenderweise auf der Ausstellung sogar Arbeiten, die früher in gleichem und größerem Format in anderem Material hergestellt wurden, nun plötzlich in Holz, wie etwa Werke von Ernst Herter, der ursprünglich niemals an den Schnitzer gedacht hat. Von den hervorragenden deutschen Bildhauern, die wirklich mit dem Holz auf vertrautem Fuße stehen, ein Gefühl für diesen kostbaren Stoff haben und es verstehen, seine Struktur, seine besondere Art der Festigkeit und Weichheit, seiner Maserung und seiner farbigen Wirkung zu nutzen, ist eigentlich nur Max Kruse vertreten. Aber man vermißt Meister wie Ignaz Taschner und Ernst Barlach oder den Tiroler Michael Penz oder seinen Landsmann Ottomar Zeiller, die hier wichtige Anregungen hätten geben können. Das Holz ist ein herbes Material und verlangt Vereinfachung der Formen und Flächen, verlangt eine stilisierende Haltung der Arbeit, etwas Hartes, Kräftiges, Knorriges im Ausdruck. Es sträubt sich gegen glatte Lieblichkeit und zuckrige Süße. Wohl kann auch bei »herzigen« Genrefigürchen und -Grüppchen, bei der geleckten »Holdheit« puppiger Köpfchen, bei der Wiedergabe