das, was sich nach den derzeitigen Umständen hier schaffen ließ, nicht gemacht werden. Die Zusammenstellung verrät den klugen und verständnisvollen Praktiker, und Justi hat in Verbindung mit dem Museumsarchitekten Wille dafür gesorgt, daß in der Herrichtung der Räume wie in der Anordnung der Werke ein kultivierter Geschmack waltet, der den Torso doch bereits als ein Ganzes von geschlossener Wirkung erscheinen läßt.
Eine Bildnissammlung hat nicht rein künstlerische Ziele, und darum war es gut und logisch, sie aus der Nationalgalerie, wo allein die »voraussetzungslose« Kunst herrschen soll (oder sollte) ebenso auszusondern wie die Serie der Historienbilder, die nun im Zeughaus hängen und sich da sehr wohl fühlen werden. Wie sie, hat auch eine Massenfolge von Porträts »Literatur« im Leibe, Tendenzen des Berichts, der Mitteilung und Belehrung. Doch es ist die beste und anständigste Form der »Literatur«, die hier mitspricht, und sie führt darum auch am ehesten zu hoher und höchster Kunst. Trotzdem umfaßt die Porträt-Enklave in der Bauakademie nichts weniger, als lauter Arbeiten ersten oder auch zweiten, auch dritten Ranges; zumal da manche Stücke vornehmster Qualität naturgemäß in der Nationalgalerie selbst als Merksteine der malerischen und plastischen Entwicklung zurückgehalten werden mußten.
Dennoch wandelt man mit Genuß, oft mit Entzücken durch die acht Säle im ersten Stockwerk des roten Schinkelschen Backsteinhauses. Geradeswegs vom Eingang führt eine Treppe zum Vorsaal hinauf, die in der vornehmen Zurückhaltung ihrer Ausstattung auf die dekorative Gesamthaltung der Räume weist, die ohne historisierende Kleinlichkeit dem Stil des hier aus vielen Gründen berechtigten Berliner Klassizismus folgt. Der erste Saal, den man nun betritt, gehört dem königlichen Hause. Er enthält nur wenige Nummern: Bronzeabgüsse der Schadowschen Büsten Friedrich Wilhelms 111. und der Königin Luise aus früher Zeit (1799), Joseph von Kopfs schlichte Marmorbüste des alten Kaisers, als Pendant dazu die Kaiserin Augusta von Römer, als einziges Ölgemälde das Porträt Wilhelms II. von Koner. Die gelblichen Wände mit ihrer ruhigen Flächenteilung, die abgestumpften Ecken mit ihren Nischenblenden, die kreisrunden Muster an der Decke und am Parkettfußboden geben dem Raume Noblesse und Charakter.
Der nächste Saal zeigt eine grüne Wandtönung — die Räume heben sich nun stets durch solche Nuancen ab. Er beherbergt Gelehrte: Mommsen und Helmholtz von Knaus, die sich hier viel besser ausnehmen, als an ihrer früheren Stelle, Eduard Zeller von Scheurenberg, weiter Curtius von Koner, Richard Lepsius von Gottlieb Biermann, Droysen von Bendemann, Ranke von Julius Schräder, die Physiker Weber und Franz Neumann von Biermann und Steffeck, durchaus nicht alles Meisterwerke der Malerei, aber eine Versammlung königlicher Häupter. Der Katalog, den Hans Mackowsky, auch sonst als Helfer Justis hier allenthalben betätigt, ungemein geschickt als einen Führer mit sachlichen Angaben bearbeitet hat — eben weil hier die Dargestellten, der Stoff wichtiger sind als die Künstler — gibt zu jedem Bildnis einen knappen und treffenden Umriß dessen, was die Bedeutung des Porträtierten ausmacht.
Der dritte Saal strotzt in Rot und Gold, um die Konkurrenz mit den schweren Prunkrahmen der Generalsbilder aus den wilhelminischen Kriegen auszuhalten. Er bietet mit geringen Ausnahmen noch weniger ein Musterkabinett der Porträtkunst, aber wiederum eine Gruppe prachtvoller Köpfe. Begas’ Bismarck- und Moltkebüsten stehen dazwischen. Dann aber ein feiner Kontrast; nach der bunten militärischen Repräsentation diskrete Zartheit. Ein Kabinett mit Zeichnungen und Büsten, die gegen hellblauen Grund
vorzüglich stehen. Und hier nun eine ganze Reihe hervorragender Stücke. Gleich zu Anfang Max Liebermanns Porträt Fontanes, in Kreide. Weiter einige der kostbaren Studien Menzels zum Krönungsbild. Der Conrad Ferdinand Meyer (Kohleskizze zur Radierung) von Stauffer-Bern. Allerlei Korrektes von Fritz Werner.
Wir kommen zu den Künstlern, wo der junge Menzel von Eduard Meyerheim, der Richard Wagner Lenbachs, Otto Lessings schöne Halbfigur von Knaus, Gustav Richters Selbstporträt, und, ein Gast unter den Deutschen, Jenny Lind in Eduard Magnus’ bezauberndem Bilde herrschen. Und ein zweiter Schwarz-Weiß-Saal (wiederum mit hellblauen Wänden) gibt die Ergänzung dazu.
Die Ölgemälde des nächsten großen, wieder ein wenig reicher ausgestatteten Saales, der den Titel »Das Zeitalter Goethes« trägt, halten das hohe künstlerische Niveau. Denn am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden noch nicht so viele schlechte Bilder gemalt wie später. Hier stehen einige der wunderbaren Graff-Porträts an der Spitze, darunter das Selbstbildnis, der Sulzer und der Schauspieler Ekhof, der durch Friedrich Haases Vermächtnis hierher kam. Dazu ein paar glänzende Büsten: Moses Mendelssohn von Tassaert, Schadows Nicolai und als Zentrum des Ganzen: Klauers meisterlicher Goethe.
Endlich ein Ausblick auf die künftige größere Porträtgalerie: einzelne Bildnisse aus dem Zeitalter der Reformation, des Dreißigjährigen Krieges und der Aufklärung. Hans Sachsens pfiffiger Kopf in Jost Ammanns Stich eröffnet den Reigen. So rundet sich immerhin, wenn auch noch nicht abgewogen und ausgeglichen, der Kreis seit der glorreichen Epoche deutscher Kunst und Kultur im 16. Jahrhundert bis zu unseren Tagen. m. O.
Dresden. Der Dresdner Bildhauer Friedrich Offermann, der kürzlich verstorben ist, ist in Dresden wohl durch ein paar plastische Monumentalwerke vertreten, nämlich durch die großen Gruppen die ruhige Elbe und die bewegte Elbe, die am Altstädter Eingang der Carolabrücke stehen, aber in keinem Dresdner Museum war eines seiner Werke zu finden. Dem hat jetzt die Tiedge-Stiftung abgeholfen, indem sie eine bemalte Holzbüste eines Reisigen angekauft und dem Stadtmuseum überwiesen hat. Offermann hat im Kunstleben Dresdens eine so ansehnliche Rolle gespielt, daß es erfreulich ist, sein Andenken nun auch auf diese Weise bewahrt zu sehen.
Wien. Die Frage des Baues des Stadtmuseums, von dem im letzten »Wiener Briefe« die Rede war, ist nun in zwei Instanzen entschieden worden und dürfte in kurzem von der letzten Instanz im gleichen Sinne entschieden werden : das Projekt Tranquillini-Hofmann wird ausgeführt werden, das ebenfalls preisgekrönte Projekt des Hofrates Otto Wagner wird in die Mappe der vielen unausgeführten Bauten dieses Architekten wandern. Damit wird wiederum eine wichtige bauliche Angelegenheit Wiens in dem Sinne erledigt, wie es bei den in Wien herrschenden Verhältnissen in Kunstdingen kaum anders zu erwarten war: Die einem konservativen Publikumsgeschmack entsprechende Mittelmäßigkeit siegt über den starken, um Konzessionen unbekümmert schaffenden Künstler. Es ist für Wiener Verhältnisse bezeichnend, daß dieser »noch heute wie am ersten Tagum Anerkennung ringende und immer wieder enttäuschte Künstler im Alter von 72 Jahren steht! Bei dem Entschlüsse der Kommune in der Frage der Bauvergebung dürften außer angeblichen »museumstechnischen« Gründen noch andere Erwägungen mit gespielt haben: Kurz vor der entscheidenden Sitzung sprach die »Genossenschaft der Wiener Bildhauer« beim Bürgermeister vor und bat ihn, dahin zu wirken, daß kein »streng moderner« Entwurf zum Bau an
Eine Bildnissammlung hat nicht rein künstlerische Ziele, und darum war es gut und logisch, sie aus der Nationalgalerie, wo allein die »voraussetzungslose« Kunst herrschen soll (oder sollte) ebenso auszusondern wie die Serie der Historienbilder, die nun im Zeughaus hängen und sich da sehr wohl fühlen werden. Wie sie, hat auch eine Massenfolge von Porträts »Literatur« im Leibe, Tendenzen des Berichts, der Mitteilung und Belehrung. Doch es ist die beste und anständigste Form der »Literatur«, die hier mitspricht, und sie führt darum auch am ehesten zu hoher und höchster Kunst. Trotzdem umfaßt die Porträt-Enklave in der Bauakademie nichts weniger, als lauter Arbeiten ersten oder auch zweiten, auch dritten Ranges; zumal da manche Stücke vornehmster Qualität naturgemäß in der Nationalgalerie selbst als Merksteine der malerischen und plastischen Entwicklung zurückgehalten werden mußten.
Dennoch wandelt man mit Genuß, oft mit Entzücken durch die acht Säle im ersten Stockwerk des roten Schinkelschen Backsteinhauses. Geradeswegs vom Eingang führt eine Treppe zum Vorsaal hinauf, die in der vornehmen Zurückhaltung ihrer Ausstattung auf die dekorative Gesamthaltung der Räume weist, die ohne historisierende Kleinlichkeit dem Stil des hier aus vielen Gründen berechtigten Berliner Klassizismus folgt. Der erste Saal, den man nun betritt, gehört dem königlichen Hause. Er enthält nur wenige Nummern: Bronzeabgüsse der Schadowschen Büsten Friedrich Wilhelms 111. und der Königin Luise aus früher Zeit (1799), Joseph von Kopfs schlichte Marmorbüste des alten Kaisers, als Pendant dazu die Kaiserin Augusta von Römer, als einziges Ölgemälde das Porträt Wilhelms II. von Koner. Die gelblichen Wände mit ihrer ruhigen Flächenteilung, die abgestumpften Ecken mit ihren Nischenblenden, die kreisrunden Muster an der Decke und am Parkettfußboden geben dem Raume Noblesse und Charakter.
Der nächste Saal zeigt eine grüne Wandtönung — die Räume heben sich nun stets durch solche Nuancen ab. Er beherbergt Gelehrte: Mommsen und Helmholtz von Knaus, die sich hier viel besser ausnehmen, als an ihrer früheren Stelle, Eduard Zeller von Scheurenberg, weiter Curtius von Koner, Richard Lepsius von Gottlieb Biermann, Droysen von Bendemann, Ranke von Julius Schräder, die Physiker Weber und Franz Neumann von Biermann und Steffeck, durchaus nicht alles Meisterwerke der Malerei, aber eine Versammlung königlicher Häupter. Der Katalog, den Hans Mackowsky, auch sonst als Helfer Justis hier allenthalben betätigt, ungemein geschickt als einen Führer mit sachlichen Angaben bearbeitet hat — eben weil hier die Dargestellten, der Stoff wichtiger sind als die Künstler — gibt zu jedem Bildnis einen knappen und treffenden Umriß dessen, was die Bedeutung des Porträtierten ausmacht.
Der dritte Saal strotzt in Rot und Gold, um die Konkurrenz mit den schweren Prunkrahmen der Generalsbilder aus den wilhelminischen Kriegen auszuhalten. Er bietet mit geringen Ausnahmen noch weniger ein Musterkabinett der Porträtkunst, aber wiederum eine Gruppe prachtvoller Köpfe. Begas’ Bismarck- und Moltkebüsten stehen dazwischen. Dann aber ein feiner Kontrast; nach der bunten militärischen Repräsentation diskrete Zartheit. Ein Kabinett mit Zeichnungen und Büsten, die gegen hellblauen Grund
vorzüglich stehen. Und hier nun eine ganze Reihe hervorragender Stücke. Gleich zu Anfang Max Liebermanns Porträt Fontanes, in Kreide. Weiter einige der kostbaren Studien Menzels zum Krönungsbild. Der Conrad Ferdinand Meyer (Kohleskizze zur Radierung) von Stauffer-Bern. Allerlei Korrektes von Fritz Werner.
Wir kommen zu den Künstlern, wo der junge Menzel von Eduard Meyerheim, der Richard Wagner Lenbachs, Otto Lessings schöne Halbfigur von Knaus, Gustav Richters Selbstporträt, und, ein Gast unter den Deutschen, Jenny Lind in Eduard Magnus’ bezauberndem Bilde herrschen. Und ein zweiter Schwarz-Weiß-Saal (wiederum mit hellblauen Wänden) gibt die Ergänzung dazu.
Die Ölgemälde des nächsten großen, wieder ein wenig reicher ausgestatteten Saales, der den Titel »Das Zeitalter Goethes« trägt, halten das hohe künstlerische Niveau. Denn am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden noch nicht so viele schlechte Bilder gemalt wie später. Hier stehen einige der wunderbaren Graff-Porträts an der Spitze, darunter das Selbstbildnis, der Sulzer und der Schauspieler Ekhof, der durch Friedrich Haases Vermächtnis hierher kam. Dazu ein paar glänzende Büsten: Moses Mendelssohn von Tassaert, Schadows Nicolai und als Zentrum des Ganzen: Klauers meisterlicher Goethe.
Endlich ein Ausblick auf die künftige größere Porträtgalerie: einzelne Bildnisse aus dem Zeitalter der Reformation, des Dreißigjährigen Krieges und der Aufklärung. Hans Sachsens pfiffiger Kopf in Jost Ammanns Stich eröffnet den Reigen. So rundet sich immerhin, wenn auch noch nicht abgewogen und ausgeglichen, der Kreis seit der glorreichen Epoche deutscher Kunst und Kultur im 16. Jahrhundert bis zu unseren Tagen. m. O.
Dresden. Der Dresdner Bildhauer Friedrich Offermann, der kürzlich verstorben ist, ist in Dresden wohl durch ein paar plastische Monumentalwerke vertreten, nämlich durch die großen Gruppen die ruhige Elbe und die bewegte Elbe, die am Altstädter Eingang der Carolabrücke stehen, aber in keinem Dresdner Museum war eines seiner Werke zu finden. Dem hat jetzt die Tiedge-Stiftung abgeholfen, indem sie eine bemalte Holzbüste eines Reisigen angekauft und dem Stadtmuseum überwiesen hat. Offermann hat im Kunstleben Dresdens eine so ansehnliche Rolle gespielt, daß es erfreulich ist, sein Andenken nun auch auf diese Weise bewahrt zu sehen.
Wien. Die Frage des Baues des Stadtmuseums, von dem im letzten »Wiener Briefe« die Rede war, ist nun in zwei Instanzen entschieden worden und dürfte in kurzem von der letzten Instanz im gleichen Sinne entschieden werden : das Projekt Tranquillini-Hofmann wird ausgeführt werden, das ebenfalls preisgekrönte Projekt des Hofrates Otto Wagner wird in die Mappe der vielen unausgeführten Bauten dieses Architekten wandern. Damit wird wiederum eine wichtige bauliche Angelegenheit Wiens in dem Sinne erledigt, wie es bei den in Wien herrschenden Verhältnissen in Kunstdingen kaum anders zu erwarten war: Die einem konservativen Publikumsgeschmack entsprechende Mittelmäßigkeit siegt über den starken, um Konzessionen unbekümmert schaffenden Künstler. Es ist für Wiener Verhältnisse bezeichnend, daß dieser »noch heute wie am ersten Tagum Anerkennung ringende und immer wieder enttäuschte Künstler im Alter von 72 Jahren steht! Bei dem Entschlüsse der Kommune in der Frage der Bauvergebung dürften außer angeblichen »museumstechnischen« Gründen noch andere Erwägungen mit gespielt haben: Kurz vor der entscheidenden Sitzung sprach die »Genossenschaft der Wiener Bildhauer« beim Bürgermeister vor und bat ihn, dahin zu wirken, daß kein »streng moderner« Entwurf zum Bau an