auf. Noch komplizierter ist der Weg der dritten Komposition. Eine Madonna in Halbfigur des Luca della Robbia muß nach Deutschland gelangt sein, wo sie um zwei vorhangtragende Engel bereichert wurde. Die gesamte Komposition wurde dann wiederum in Italien, und zwar wahrscheinlich in der Gegend von Venedig in Stuck nachgeformt. Die drei hochinteressanten Stücke sind Geschenke der Herren Antonio Salvadori in Venedig, G. Sangiorgi in Rom, Giuseppe Salvadori in Florenz.
In das 17. Jahrhundert endlich führt eine Bronzestatuette der Madonna von Ercole Ferrata, die die Kunsthandlung Durlacher Bros. in London der Sammlung überwies, und zurück in das Mittelalter ein gotisches und ein spätromanisches Kapitell, Geschenke von Alfredo Barsanti in Rom und M. Jules Sambon in Paris, sowie das merkwürdigste Stück der Reihe, ein Relief der Danae aus altchristlicher Zeit, das Dr. Ludwig Pollak in Rom stiftete.
Zu gleicher Zeit mit dieser stattlichen Zahl von Geschenken, die wie seinerzeit die »Florakinder« als persönliche Ehrung Wilhelm Bodes den Sammlungen überwiesen wurden, konnten einige weitere Werke der Gemäldegalerie einverleibt werden. Über die beiden Erwerbungen aus der ehemalig Weberschen Sammlung wurde bei Gelegenheit von deren Auflösung hier bereits kurz berichtet. Friediänder bespricht beide nunmehr in den Amtlichen Berichten, und seine Resultate seien hier wiedergegeben. Das Triptychon mit der Dreieinigkeit, das die Familie Weber der Sammlung schenkte, bringt er in Verbindung mit Buchmalereien niederländischer Herkunft, indem er so die Bestimmung des vielbesprochenen Werkes als französisch ablehnt und gleichzeitig das unbestimmte Wort burgundisch für das angeblich aus Dijon stammende Altärchen präzisiert. Noch wichtiger ist das Resultat, zu dem Friedländer bezüglich des anderen Werkes der Webersammlung, des Diptychons mit dem Sebastiansmartyrium, das die Firma Rud. Lepke der Galerie überwies, gelangt. Kein anderer als Dürer kommt seiner Ansicht nach für das um 1490 entstandene Werk in Frage, und die Nebeneinanderstellung eines Reiters des Hintergrundes mit einem Reiter der Bremenser Zeichnung von 1489 wirkt in der Tat höchst schlagend. Die interessante Hypothese verdient allseitige Beachtung, denn sie ist ein neues und sehr wichtiges Glied in der Kette der Fragen, die sich an Daniel Burckhardts Zuweisung der Terenzillustrationen an den jungen Dürer anschlossen.
Wie dieses Werk ein ganz neues und unerwartetes Licht auf die Frühzeit der Dürerschen Kunst werfen könnte, so das Festmahl im Freien auf die ganz unbekannte Jugendzeit des Frans Hals, falls sich die vermutungsweise Zuschreibung dieses ebenfalls der Galerieneu eingereihten Werkesauf den Haarlemer Meister weiter stützen läßt. Innere Gründe jedenfalls sprechen für diese Hypothese, und die Qualität des zumal in den Figuren äußerst geistvollen, frischen Bildes widerspricht ihr keineswegs. Ein schönes Fischstilleben des Abraham van Beyeren sei im Vorbeigehen genannt. Endlich verdient das Brustbild eines Heiligen, das im
Stile an Scorel gemahnt, Erwähnung. Der Dargestellte ist seinen Attributen nach der heilige Bavo oder der heilige Jeron. Beide kommen ebenso mit Jagdfalke und Schwert in Stichen des Jakob Matham vor.
Wie die Sammlungen des Kaiser-Friedrich-Museums, so erfuhren auch die des Kupferstichkabinetts beachtenswerten Zuwachs. Vor allem konnte eine ganze Reihe der immer seltener werdenden deutschen Zeichnungen des 15. Jahrhunderts erworben werden. Vom Anfang des Jahrhunderts stammt eine sitzende Madonna, die in Böhmen entstanden sein dürfte. Eine stehende Frau mit einem Helm weist die charakteristische Strichführung des Meisters E S auf und geht mit dessen Wappenstichen zusammen. Sehr interessant ist ferner die qualitativ hochstehende Zeichnung der Taufe Christi im Rund, die durch das Wappen der Familie Fürleger mit Sicherheit nach Nürnberg lokalisiert wird, wohin auch der Stil weist; zeitlich ist das Blatt um 1480 anzusetzen. In das Ende des Jahrhunderts gehört ein Blatt mit Gewandstudien zu einer Mater dolorosa. Es existieren mehrere verwandte Zeichnungen, von denen eine auch das Kupferstichkabinett besitzt, aber eine genauere Lokalisierung des sicher oberdeutschen Meisters ist noch nicht gelungen. Ein bezeichnetes Blatt des Cornelis Massys, eine Landschaft von 1541, ist kunsthistorisch wichtig. Endlich gelangte als Geschenk eine dem bekannten Hamburger Blatt sehr nahestehenden Federzeichnung des Willem Buytewech, eine holländische Stube darstellend, in die Sammlung.
Neben einer Reihe älterer graphischer Werke, die aufzuführen hier zu weit führen würde, sind als Neuerwerbungen derneuen Abteilung diesmal vorallem Franzosen zu nennen. Das Werk des Honoré Daumier erfuhr bedeutende Bereicherungen, die zum größeren Teile jetzt in der umfangreichen Daumier-Ausstellung des Kabinetts zu sehen sind. Ferner wurde die Delacroix-Sammlung vermehrt. Unter den Neuerwerbungen befindet sich unter anderem die Folge der Hamlet- Illustrationen. Eine der ganz seltenen Lithographien von Ingres, das Porträt des Baron de Montbreton, wurde erworben. Von Corot finden sich zwei Glasklischees und ein ebensolches von Daubigny. Und schließlich wurde die Sammlung von Arbeiten Toulouse-Lautrecs um einige besonders hervorragende Blätter wie die Viennoise, die Herr Model schenkte, die Idylle princiére, die Folge der Künstlerbildnisse und endlich die sieben, erst jetzt bekannt gewordenen Kaltnadelarbeiten, ein Geschenk des Herrn A. Strölin in Paris, vermehrt.
G.
PERSONALIEN
Professor Kaspar Ritter v. Zumbusch ist zum Ehrendoktor der Wiener philosophischen Fakultät ernannt worden.
Zum Vorstand des Kunstgewerbemuseums in Bremen ist Dr. Leo Balet, bisher wissenschaftlicher Assistent am Landesgewerbemuseum, gewählt worden. Der 1878 in Rotterdam geborene Gelehrte hat in Freiburg (Schweiz) mit einer Dissertation über Geertgen tot Sint Jans promoviert. Vor seinem Eintritt in das Landesgewerbemuseum war er Volontär an der k. Altertümersammlung in Stuttgart.