und zeichnerischen Werken eine lückenlose Reihenfolge. Im Malerischen gibt sich überraschend zu erkennen, daß Weltis Entwicklung zwar von Böcklin ausgeht, aber, durch den venetianischen Aufenthalt bestimmt, das Dekorative bald aufgibt und in eine koloristisch-malerische Bahn mündet, die ebenso bellinesk wie schweizerisch eigenartig ist. Prof. Ad. Frey, der in einer feinen Würdigungsrede die Stellung und das Verdienst Weltis in der Schweizer Kunst kennzeichnete, hob mit Recht hervor, daß Welti als peintre cérébral auf der Linie Füßli, Böcklin, Hodler liege, aber, im Gegensatz zum antikischen Böcklin, durchaus auf die deutsche Seite gefallen und ein Künstler der raunenden Sage, des Märchens geworden sei, daß er, ähnlich wie G. Keller, eine seltsame Mischung von Realismus und Romantik mit einer gewissen Neigung zur Fülle zeige. Das Eigentümliche Weltis liegt auch darin, daß er alte Motive neu behandelt, und daß er jedem Einfluß gegenüber seine Eigenart festhält.
Die Ausstellung umfaßt zunächst gegen 100 Nummern Öl- und Temperabilder, deren langsames Reifen bis zur letzten Klarheit an zahlreichen zeichnerischen und malerischen Stadien verfolgt werden kann. Es gehört zum erstaunlichsten, was man erleben kann, zu sehen, wie Welti die Motive in seinen Bildern auswertet, und wie aus einem oft jahrelang kaum beachteten Studienblatt plötzlich ein meisterlicher Treffer sich gestaltet. Es ist Tatsache geworden, was Welti einmal aussprach: Naturstudien kommen für die Kunst erst in Betracht, wenn »die Naturin ihnen überwunden ist. Das gilt auch für die Landschaften Weltis, die in ihrer Fülle, Vielseitigkeit und Unmittelbarkeit hier zum erstenmal in die Öffentlichkeit gelangen.
Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die dekorativen und monumentalen Arbeiten Weltis, die in ihrer überquellenden Phantastik und streng zeichnerischen Komposition an die strengste oberitalienische Kunst sich anschließen. Schade ist, daß — wenigstens bei der Eröffnung der Ausstellung — die Folge der Entwicklungszustände zu dem Wandbild für die »Landsgemeinde« im Ständeratssaal zu Bern nicht zu sehen war, die den echten Freskostil Weltis aufweist, wie sehr der Linearstil Hodlers zurzeit auch geschätzt sein mag. Von Böcklin trennt sich die Kunst Weltis auch im Zug für das Kunstgewerbliche. Bei Böcklin war er gar nicht vorhanden; bei Welti ist er im gewissen Sinne nicht ausgereift. Aber er war da in einer Stärke und Üppigkeit, wie ihn einst nur Holbein besaß.
Die grandiose Holzschnittkunst des Basler Meisters hat in Welti keine Nachfolge gehabt. Dagegen zeigt das vollständige graphische Werk Weltis seine Eigenart in der allerbesten Weise. Urtümliche Ideen, die seltsamsten technischen Ausdrucksweisen — Welti hat mit technischen Versuchen nach seinen eigenen Worten sehr viel Zeit vertan — und eine Sicherheit im klaren Gestalten stellen das Radierwerk Weltis in die erste Reihe der zeitgenössischen Kunst. Blätter wie »Mondnacht«, »Amor vincit« u. a. rechnet die deutsche Graphik heute schon zu den Meisterwerken aller Zeiten.
Die Züricher Kunstgesellschaft beabsichtigt, die Schaffung eines Welti-Kabinettes oder -Saales in die Wege zu leiten. Die Verwirklichung dieses Gedankens ist bei dem äußerst reichhaltigen Nachlaß und bei den sicher aufzubringenden Mitteln zweifellos zu erreichen und wird Zürich eine künstlerische Anziehungskraft ersten Ranges verleihen.
Dr. Beringer.
SAMMLUNGEN
Den Entwurf für die Erweiterung des Germanischen Museums legte der Direktor Geheimrat von Bezold in der letzten Sitzungdes VerwaltungsausschussesdesMuseums
vor. Für den Entwurf, den von Bezold auf Grund der vorjährigen Ausschußberatungen bearbeitet hat, war verlangt, daß in dem Neubau die Kunstsammlungen, das Kupferstichkabinett und einige Sammlungsabteilungen untergebracht werden sollten; die sich über den Rahmen des kulturgeschichtlichen Gesamtbildes hinaus selbständig entwickelt haben. Das aus diesem Programm hervorgehende Raumbedürfnis erfordert nicht die vollständige Überbauung der Grundfläche der ehemaligen Beckhschen Fabrik, sondern es genügt, wenn ein Flügel an der Grenze zwischen dieser und dem alten Museum und ein zweiter an der oberen Grasersgasse errichtet wird. Aus dieser Lage ergibt sich, daß der Bau nicht als glänzender Monumentalbau zu behandeln ist, sondern als Bedürfnisbau im höheren Sinne, für dessen Gestaltung die Anordnung der Sammlungen und deren gute Beleuchtung maßgebend sind. Nach dem Entwurfe sollen die Kunstsammlungen im Obergeschoß untergebracht werden, die anderen Abteilungen im Erdgeschoß. Die Prüfung des Entwurfes wurde einer Kommission überwiesen und über die Finanzierung des Baues wurden einleitende Besprechungen gepflogen. In der Besprechung, die sich an den von Geheimrat Wilhelm Bode erstatteten Bericht der Bau-Kommission knüpft, wurde namentlich gewünscht, daß die im Erdgeschoß unterzubringenden Abteilungen, soweit sie dem Publikum allgemein zugänglich sind, in engeren Zusammenhang gebracht und daß für die Kunstsammlungen im Obergeschoß an hervorragender Stelle einige kleinere Säle zu größeren vereinigt werden.
Die Haarlemer Museumsfrage. Zum Direktor des Hals-Museums in Haarlem, das einschneidenden Veränderungen entgegengeht, indem es aus dem ehrwürdigen, aber feuergefährlichen und für ein Museum ungeeigneten Stadthaus in ein besonderes, freistehendes Gebäude, ein altes »Hofje« verlegt werden soll, ist der Haager Maler G. D. Gratama ernannt worden. Mit dieser Ernennung hat man sich wieder auf den alten, in den meisten anderen Kulturstaaten längst aufgegebenen Standpunkt zurückversetzt, als ob ein Maler von alten Gemälden und ihrer Konservierung und Restauration mehr verstehen müsse als ein Kunsthistoriker; denn diese Wahl war keine Verlegenheitswahl. Um die vakante Stelle hatte sich auch eine durch mehrjährige Museumstätigkeit wissenschaftlich geschulte Kraft beworben, allerdings unter dem Vorbehalt, daß das Gehalt der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung eines Museumsdirektors angemessen sei; statt des vom Magistrat in Aussicht gestellten Anfangsgehaltes von 1500 fl. (2500 M. ) hatte derselbe ein Minimum von 2000 fl. (3400 M. ) verlangt, in Anbetracht der kostbaren Sammlung und im Vergleich mit den Gehältern von Museumsleitern im Ausland eine bescheidene Forderung. Erschwerend fällt bei dem Beschluß der Haarlemer Stadtverordneten, die in dieser Angelegenheit das letzte Wort zu sprechen hatten, ins Gewicht, daß der erwähnte Kunsthistoriker auf Grund des Vorschlages der Museumskommission von dem Kollegium der Schöffen und dem Bürgermeister, die hier nur beratende Stimme haben, als Nummer eins auf die Kandidatenliste gesetzt war. Es ist beschämend, daß in einer solchen Kulturfrage einige lumpige hundert Gulden den Ausschlag geben mußten. Daß ein so wertvolles Erbe, wie das die Werke des größten Haarlemer Kindes sind, auch Verpflichtungen auferlegen, dafür fehlt in Haarlem offenbar das richtige Verständnis. Aber schließlich steht es in anderen holländischen Städten mit der Fürsorge für die öffentlichen Sammlungen nicht besser, eher sogar schlechter, wenn man an das Städtische Museum der holländischen Residenzstadt, des Haags, denkt, das in
Die Ausstellung umfaßt zunächst gegen 100 Nummern Öl- und Temperabilder, deren langsames Reifen bis zur letzten Klarheit an zahlreichen zeichnerischen und malerischen Stadien verfolgt werden kann. Es gehört zum erstaunlichsten, was man erleben kann, zu sehen, wie Welti die Motive in seinen Bildern auswertet, und wie aus einem oft jahrelang kaum beachteten Studienblatt plötzlich ein meisterlicher Treffer sich gestaltet. Es ist Tatsache geworden, was Welti einmal aussprach: Naturstudien kommen für die Kunst erst in Betracht, wenn »die Naturin ihnen überwunden ist. Das gilt auch für die Landschaften Weltis, die in ihrer Fülle, Vielseitigkeit und Unmittelbarkeit hier zum erstenmal in die Öffentlichkeit gelangen.
Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die dekorativen und monumentalen Arbeiten Weltis, die in ihrer überquellenden Phantastik und streng zeichnerischen Komposition an die strengste oberitalienische Kunst sich anschließen. Schade ist, daß — wenigstens bei der Eröffnung der Ausstellung — die Folge der Entwicklungszustände zu dem Wandbild für die »Landsgemeinde« im Ständeratssaal zu Bern nicht zu sehen war, die den echten Freskostil Weltis aufweist, wie sehr der Linearstil Hodlers zurzeit auch geschätzt sein mag. Von Böcklin trennt sich die Kunst Weltis auch im Zug für das Kunstgewerbliche. Bei Böcklin war er gar nicht vorhanden; bei Welti ist er im gewissen Sinne nicht ausgereift. Aber er war da in einer Stärke und Üppigkeit, wie ihn einst nur Holbein besaß.
Die grandiose Holzschnittkunst des Basler Meisters hat in Welti keine Nachfolge gehabt. Dagegen zeigt das vollständige graphische Werk Weltis seine Eigenart in der allerbesten Weise. Urtümliche Ideen, die seltsamsten technischen Ausdrucksweisen — Welti hat mit technischen Versuchen nach seinen eigenen Worten sehr viel Zeit vertan — und eine Sicherheit im klaren Gestalten stellen das Radierwerk Weltis in die erste Reihe der zeitgenössischen Kunst. Blätter wie »Mondnacht«, »Amor vincit« u. a. rechnet die deutsche Graphik heute schon zu den Meisterwerken aller Zeiten.
Die Züricher Kunstgesellschaft beabsichtigt, die Schaffung eines Welti-Kabinettes oder -Saales in die Wege zu leiten. Die Verwirklichung dieses Gedankens ist bei dem äußerst reichhaltigen Nachlaß und bei den sicher aufzubringenden Mitteln zweifellos zu erreichen und wird Zürich eine künstlerische Anziehungskraft ersten Ranges verleihen.
Dr. Beringer.
SAMMLUNGEN
Den Entwurf für die Erweiterung des Germanischen Museums legte der Direktor Geheimrat von Bezold in der letzten Sitzungdes VerwaltungsausschussesdesMuseums
vor. Für den Entwurf, den von Bezold auf Grund der vorjährigen Ausschußberatungen bearbeitet hat, war verlangt, daß in dem Neubau die Kunstsammlungen, das Kupferstichkabinett und einige Sammlungsabteilungen untergebracht werden sollten; die sich über den Rahmen des kulturgeschichtlichen Gesamtbildes hinaus selbständig entwickelt haben. Das aus diesem Programm hervorgehende Raumbedürfnis erfordert nicht die vollständige Überbauung der Grundfläche der ehemaligen Beckhschen Fabrik, sondern es genügt, wenn ein Flügel an der Grenze zwischen dieser und dem alten Museum und ein zweiter an der oberen Grasersgasse errichtet wird. Aus dieser Lage ergibt sich, daß der Bau nicht als glänzender Monumentalbau zu behandeln ist, sondern als Bedürfnisbau im höheren Sinne, für dessen Gestaltung die Anordnung der Sammlungen und deren gute Beleuchtung maßgebend sind. Nach dem Entwurfe sollen die Kunstsammlungen im Obergeschoß untergebracht werden, die anderen Abteilungen im Erdgeschoß. Die Prüfung des Entwurfes wurde einer Kommission überwiesen und über die Finanzierung des Baues wurden einleitende Besprechungen gepflogen. In der Besprechung, die sich an den von Geheimrat Wilhelm Bode erstatteten Bericht der Bau-Kommission knüpft, wurde namentlich gewünscht, daß die im Erdgeschoß unterzubringenden Abteilungen, soweit sie dem Publikum allgemein zugänglich sind, in engeren Zusammenhang gebracht und daß für die Kunstsammlungen im Obergeschoß an hervorragender Stelle einige kleinere Säle zu größeren vereinigt werden.
Die Haarlemer Museumsfrage. Zum Direktor des Hals-Museums in Haarlem, das einschneidenden Veränderungen entgegengeht, indem es aus dem ehrwürdigen, aber feuergefährlichen und für ein Museum ungeeigneten Stadthaus in ein besonderes, freistehendes Gebäude, ein altes »Hofje« verlegt werden soll, ist der Haager Maler G. D. Gratama ernannt worden. Mit dieser Ernennung hat man sich wieder auf den alten, in den meisten anderen Kulturstaaten längst aufgegebenen Standpunkt zurückversetzt, als ob ein Maler von alten Gemälden und ihrer Konservierung und Restauration mehr verstehen müsse als ein Kunsthistoriker; denn diese Wahl war keine Verlegenheitswahl. Um die vakante Stelle hatte sich auch eine durch mehrjährige Museumstätigkeit wissenschaftlich geschulte Kraft beworben, allerdings unter dem Vorbehalt, daß das Gehalt der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung eines Museumsdirektors angemessen sei; statt des vom Magistrat in Aussicht gestellten Anfangsgehaltes von 1500 fl. (2500 M. ) hatte derselbe ein Minimum von 2000 fl. (3400 M. ) verlangt, in Anbetracht der kostbaren Sammlung und im Vergleich mit den Gehältern von Museumsleitern im Ausland eine bescheidene Forderung. Erschwerend fällt bei dem Beschluß der Haarlemer Stadtverordneten, die in dieser Angelegenheit das letzte Wort zu sprechen hatten, ins Gewicht, daß der erwähnte Kunsthistoriker auf Grund des Vorschlages der Museumskommission von dem Kollegium der Schöffen und dem Bürgermeister, die hier nur beratende Stimme haben, als Nummer eins auf die Kandidatenliste gesetzt war. Es ist beschämend, daß in einer solchen Kulturfrage einige lumpige hundert Gulden den Ausschlag geben mußten. Daß ein so wertvolles Erbe, wie das die Werke des größten Haarlemer Kindes sind, auch Verpflichtungen auferlegen, dafür fehlt in Haarlem offenbar das richtige Verständnis. Aber schließlich steht es in anderen holländischen Städten mit der Fürsorge für die öffentlichen Sammlungen nicht besser, eher sogar schlechter, wenn man an das Städtische Museum der holländischen Residenzstadt, des Haags, denkt, das in