vorkommt, die daher jünger sind, als man bisher annahm. Die neue Grabung hat unsere Vorstellung von der einheimisch melischen Malerei bestätigt und erweitert. Die einheimischen Töpfer haben es trotz schlechtem Ton und geringen Farben verstanden, die kretischen Vorbilder eigenartig und reizvoll nachzubilden, so daß heimische Arbeit auf starken Import folgt. Die Stadt hat bis gegen 1000 v. Chr. gestanden. Feinste kretische Vasen wußte man in Melos zu würdigen und kaufte sie. In die Zeit der ersten und die Anfänge der zweiten Stadt fällt die sicher bezeugte Sitte, daß Kinder in Pithoi innerhalb der Häuser beigesetzt wurden, während man Erwachsene außerhalb der Stadt begrub.
In Pergamon ist auf der Akropolis an drei Stellen gegraben worden: im Gymnasion, im Hera-Heiligtum und im Demeter-Bezirk. Im Gymnasion wurde der Ost- und Haupteingang freigelegt, wobei der Hermenkopf eines bärtigen Dionysos gefunden wurde. — Auf der Demeterterrasse kamen bei Abtragung ungeheurer Erdmassen einige noch schön und hoch erhaltene Mauern der Oikoi zum Vorschein. Ferner wurden zwei Säulenhallen im Norden und Westen des Bezirks uud die schönen Stützmauern im Süden ausgegraben und zum Teil neu unterfangen. — Das Hauptergebnis der Grabung bot der Heratempel nördlich vom Gymnasion. Zum Pronoas hinauf führte eine Freitreppe, dann gelangt man rechts und links in eine Stoa und eine Exedra. Der Pronaos hatte vier Säulen. Für den dorischen Tempel sind die nötigen Glieder, ausgenommen Kapitelle, zur Rekonstruktion vorhanden. Von dem feinen Mosaik, das den Boden der Cella bedeckte, ist der Rand mit einem schönen hellenistischen Girlandenfries erhalten. Drei Statuenbasen befandensich im Tempel in Situ, für das Kultbild in der Cella, für eine Ehrenstatue der Adobogiona, Tochter des Deiotarus und Gemahlin des Brogitaros, und für eine Priesterin. Reste einer Statue mögen zu einer Porträtstatue Attalos 11. gehört haben. — Eine Grabung in Kaleh Agili bei Dikeli in der pergamenischen Landschaft legte Reste eines stattlichen hellenistischen Hauses auf der Spitze des Berges frei, das wohl sicher zu der Burg Atarneus des Tyrannen Hermeias gehört hat. Eine kleinere Burg wurde oberhalb Beiram Tepeh und weiter Ruinen einer größeren Ansiedlung weiter nördlich an dem Flusse Assar Bogas entdeckt.
Auf Samos gelang es, den Heratempel vollständig und den nördlichen und östlichen Peribolos größtenteils freizulegen. Der Tempel mißt 115×55 m, hat an den Langseiten zwei Säulenreihen zu 24, an der Ostseite (Eingang) drei Reihen zu 8, an der Westfront drei Reihen zu 9 Säulen. Der Prostasis ist eine zehnstufige Treppe aus römischer Zeit, als Ersatz einer älteren Anlage vorgesetzt. Der Pronaos ist quadratisch und wird durch zwei Reihen zu fünf Säulen in drei gleichbreite Schiffe geteilt. Die Cella nimmt den ungeheuren Raum von 54×23 m lichter Weite und zwar ohne Innenstützen ein. Vom Aufbau sind außer der stehenden Säule und mehreren Marmorbasen nur die aus weißem Kalkstein bestehenden Fundamente in Situ erhalten. Der Tempel wurde nie vollendet, obwohl er eine lange Bauzeit hatte, deren Beginn sicher bis ins Ende des 6. Jahrhunderts hinaufreicht. Die erwähnte römische Treppe aus Augusteischer Zeit ist sicher der jüngste Teil der Baues. Tiefgrabungen haben zwar ältere Reste ergeben, doch ist damit der ältere Heratempel, von dem über 70 archaische Kalksteinbasen prachtvollster Arbeit im Mauerfundament des neuen Tempels eingebaut sind, noch nicht gefunden.
In Milet und Didyma nähern sich die großen Ausgrabungen der Berliner Museen ihrem vorläufigen Abschluß, In Milet fanden nur Reinigungs- und Aufräumungsarbeiten statt, vorwiegend im Gebiet des Nordmarktes und
der anschließenden Bauten. — In Didyma wurde hauptsächlich mit dem Aufräumen des Innern der Cella, des Adyton, fortgefahren. Die unteren Teile der Cellawände scheinen durch, schon vor dem Ende des 15. Jahrhuunderts angesammelte aus Erde und kleinen Steinen bestehende, Schuttmassen geschützt gewesen zu sein. Bei deren Ausräumung wurden die Reste einer kleinen spätbyzantinischen Kapelle, die über den Trümmern einer zerstörten größeren Kirche errichtet worden war, welche letztere aus dem 6. Jahrhundert noch zu stammen scheint, gefunden. In dieser Kirche stieß man auf einen heiligen Brunnen, den Nachfolger der Orakelquelle des Tempels, aus dem Mittelalter. Nach dem Abbruch der genau und allseitg aufgenommenen Kirchenreste fand sich die eine, von dem Tempelvorsaal zu dem tief unter dem äußeren Stylobat liegenden Boden der Cella hinabführende, breite Marmortreppe von 22 Stufen, die als das besterhaltene Beispiel einer großen antiken Treppenanlage angesehen werden darf. Von gleich schöner Erhaltung ist eine mit sehr feiner Umrahmung versehene Tür. — Neben den Arbeiten im Innern des Tempels wurde die Aufräumung der Ringhalle im Norden und Süden fortgesetzt. Auch mit dem Ordnen der Sturzmasse der nordöstlichen Ecksäule und des zugehörigen Gebälkes wurde begonnen (wichtig für das richtige Verständnis der in Konstantinopel befindlichen Fragmente des südöstlichen Eckkapitells).
Über die Ausgrabungen in Sardes vgl. Kunstchronik 1911/12, Spalte 92.
Auf Kreta ist eine kleine Ruhepause in der minoischen Forschung eingetreten, die dringend nötig ist, um Zeit für Veröffentlichung der Funde und Diskussion der vielen schwierigen Probleme zu bieten. — Zu Tylissos ist dieses Jahr wieder gegraben worden (vergl. im Bericht über den III. Internationalen archäologischen Kongreß in Rom, Kunstchronik 1912/13, Spalte 87). — Über die Ausgrabungen in Gortyn vergl. Kunstchronik 1911 /12, Spalte 7 und Spalte 503). Später ist bei der sogen. Basilika in Gortyn neben dem Pythion ein prächtiges Nymphäum freigelegt worden. Drei Bassins, zu welchen Sarkophage verwendet worden waren, mit je drei Mündungen bildeten eine Enneakrunos. An Statuen wurden hier ein paar Nymphen, eine Replik des polykletischen Diadumenos (Torso) und eine des Kopfes der Athena von Velletri gefunden. Das aus der frühen Kaiserzeit stammende Nymphäum ist unter Kaiser Heraklios (610—640 nach Chr. ) umgebaut worden. Ein zweites Nymphäum wird zurzeit ausgegraben.
In Lebena, der Hafenstadt von Gortyn, wurde an dem arg zerstörten Asklepieion weitergearbeitet und dabei der Thesauros, eine ausgemauerte Grube, welche der Opfergrube im Pythion von Gortyn entspricht und wie diese ein Nachkomme der alten Vorratskästen unter dem Pflaster der Magazine im Palaste von Knossos ist, genau erforscht. Das älteste Heiligtum des Asklepios, das dann in der römischen Zeit umgebaut worden ist und bis in späte Zeit geblüht hat, stammt aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.
Wenn wir nun zu R. Delbrücks wertvollem Bericht aus Italien übergehen, müssen wir eine Bemerkung vorausschicken. In Italien ist ein derartiges Entgegenkommen der einheimischen Gelehrten sowohl wie infolge davon auch der der dort vertretenen fremden Schulen für die Berichterstattung im Archäologischeu Anzeiger nicht zu finden, wie ein solches in Griechenland besteht. Wenn man sich nicht den in keiner Weise maßgeblichen und immer in majorem gloriam einer Person oder Sache abgefaßten italienischen Zeitungs- und populären Zeitschriftenberichten preisgeben will, ist man auf das Erscheinen offizieller
Publikationen für die Berichterstattung angewiesen;
und da diese meistens ein, zwei oder mehrere Jahre nach