ernsthafte Versuche künstlerischer Gestaltung auf dem Gebiete des Kunstgewerbes. Durch die Vereinigung wurde es anders. Die jungen künstlerischen Kräfte, die besondere Eigenart aufwiesen, wie H. Coßmann, A. Doering, F. M. Jansen, F. Kreutzer, W. Kamper haben die Anregungen schnell aufgegriffen und dem bisherigen Kunstgewerbe, wie es u. a. die Arbeiten von L. Paffendorf und Grete Alsberg charakterisierte, eine neue entwicklungsfähige Note aufgeprägt. Um die rein künstlerische Bewegung im neuen Kunstgewerbe klar in Erscheinung treten zu lassen, hat die Vereinigung fremde Künstler, zumeist aus dem Rheinlande, hinzugezogen, unter denen sich u. a. ein Könner vom Schlage F. H. Ehmckes befindet. Ferner stellen Schmidt- Rottluff, E. Heckei und E. Kirchner in Berlin aus und beweisen, wie viele gerade für die angewandte Kunst fruchtbare Keime in ihrer bekannten malerischen Richtung stecken. Von einzelnen Arbeiten seien erwähnt die getriebenen Silberschnallen der zuletzt genannten Künstler, die zum erstenmal mit vollem Bewußtsein eine echte stoffliche Behandlung und eine schöpferische Formgestaltung aufweisen, die mit der überlieferten unstofflichen, harten Metallbearbeitung völlig gebrochen hat. Bei den Kölner Künstlern liegen die stärksten künstlerischen Werte wohl in den großzügig monumental aufgefaßten Glasgemälden von F. M. Jansen und in dem stilstrengen Mosaik Coßmanns. Eine Dame, F. Creutzer, zeigt Stickereien von phantasiestarker Formensprache in neuartiger wirkungsvoller Technik. Dann wäre noch Schneidler in Barmen zu nennen, der sich zu bedeutender Freiheit der künstlerischen Anschauung durchgerungen hat, wie seine Zeichnungen zu Heines Atta Troll und sein Buchschmuck für den Verlag von E. Diederichs zeigt. Schneidler beweist klar die Erstarkung der schöpferischen Kraft, wenn das Formgefühl sich einmal mit innerer Notwendigkeit von den abstrakt-ornamentalen Formen, den Spiralen, Dreiecken, Quadraten abgewandt hat.
Diese auf das Geschmackvollste zusammengestellte Ausstellung beweist viel besser als die Bilderschau im Museumslichthofe, wie viel Neues und Lebenskräftiges in Köln im Entstehen begriffen ist. Schade, daß es noch viel zu wenig gewürdigt wird! An dieser Stelle sollte wenigstens einmal die Anerkennung ausgesprochen werden, auf die die »Vereinigung für Kunst in Handel und Gewerbeund ihre treibende Kraft, eben Dr. Lüthgen, ein Anrecht haben.
× Berliner Ausstellungen. Im Kunstgewerbe-Museuni hat gegenwärtig die Schule dieses Instituts eine Ausstellung veranstaltet, die allgemeines Aufsehen erregt und von kunstgewerblichen Lehrkräften aus ganz Deutschland eifrig besucht wird. Die Bedeutung dieses Überblicks geht weit über die aller ähnlichen Veranstaltungen hinaus, die wir seit langen Jahren in Berlin gesehen haben. Es ist gleichsam ein Rechenschaftsbericht, den Prof. Bruno Paul, vor nunmehr fast sechs Jahren an die Spitze der Berliner Kunstgewerbeschule berufen, über die schon vorher im Prinzip angenommene, aber erst jetzt systematisch durchgeführte Methode des Unterrichts in seinem Bereich erstattet. Die Ausstellung gibt von der zielbewußten Art, wie hier der Nachwuchs erzogen und herangebildet wird, eine imponierende Vorstellung. Man sieht, wie nach sorgsam durchdachtem Programm der Zögling dazu geführt wird, in organischem Lehrgang sein Raum-, Flächen-, Formund Farbenempfinden zu festigen und zu vertiefen, um allmählich zu selbständigen Leistungen aufzusteigen. Aber man sieht noch mehr! Denn man erkennt, daß die Kunstgewerbeschule in Wahrheit die »Akademie der Zukunftsein wird! Hier wird die wichtige Forderung erfüllt, die von den Kennern der Verhältnisse seit Jahr und Tag immer
aufs neue gestellt wird, aber stets nur taube Ohren trifft: daß nur der zu künstlerischer Tätigkeit vom Staate erzogen werden sollte, der auf dem Boden des Handwerks steht. Die Schüler, die hier eintreten, kommen sämtlich aus einem praktischen Betrieb, wo sie sich technisch gebildet und gelernt haben, ihre Hand zu brauchen. Dann erhalten sie hier eine straffe Erziehung aufs Gewerbliche hin, das ihnen immer die Möglichkeit einer soliden Fundamentierung ihres Lebensberufes bietet, ihnen zugleich aber, wenn die Begabung reicht, alle Türen zu einer freien künstlerischen Tätigkeit öffnet. Die Ausstellung zerfällt in zwei Abteilungen. Die erste betrifft die »Tagesklassen«. Sie gibt Aufklärung über das Prinzip des Unterrichts vom Beginn bis zum Abschluß der ersten Ausbildung. Man verfolgt hier an der Hand sorgfältig ausgesuchter Proben und knapper, sehr instruktiver Inschriften auf den Rahmenleisten an den Wänden, wie sich der Schulvorgang abspielt. Wie die Neulinge mit allen Techniken vertraut gemacht, alle Überbleibsel des alten Schematismus aus dem Tempel gejagt werden, wie ununterbrochen der Schüler in engster Beziehung zum Handwerklichen gehalten wird. In der zweiten Abteilung der »Fachklassen«, die etwa den Meisterateliers der akademischen Hochschule zu vergleichen sind, gewinnt man einen Überblick, wie die Begabtesten unter den Fortgeschrittenen gleichfalls in allen möglichen Zweigen, in der dekorativen Malerei und Bildhauerei, in der Graphik und im Möbelbau, zu selbständiger Arbeit aufsteigen, immer fest an die technische Herstellung der Schmuck- und Gebrauchsstücke gebunden, die sie vornehmen. Mehrere Vitrinen zeigen eine größere Auswahl von Arbeiten aus verschiedenen Gebieten des Kunsthandwerks, die von demselben angehenden jungen Künstler entworfen und bis ins letzte Detail ausgeführt sind. Viele große Fabriken, namentlich Porzellan-Manufakturen, treten mit den älteren Schülern dieser Fachklassen bereits in Verbindung. Und schließlich — das ist von größter Bedeutung — erkennt man, wie die Zöglinge der Schule auch den Weg zu nicht mehr am gewerblichen Zweck haftenden Schöpfungen, zum Bilde, zur freien Plastik, zur Radierung usw. finden.
Zum zweiten Male haben wir jetzt hier eine Juryfreie Kunstschau. An demselben Tage, da im neuen Lepkehause an der Potsdamer Brücke in den rückwärts gelegenen Auktionsräumen die Versteigerung der Sammlung Lippmann alle Würden der vergangenen Kunst entfaltete, ward an der Straße, wie es sich gehört, in den unvermieteten Läden des Vorderhauses, dieser zwangloseste Berliner Herbstsalon eröffnet, in dem sich die Gegenwart nach allen Regeln austobt. Denn wie alle juryfreien Veranstaltungen erhält auch diese durch die radikale Jugend ihren Stempel. Die Stürmer der Neuen Sezession (von der man nicht recht weiß, ob sie in der alten oder in einer neuen Form noch existiert), die Tappert, César Klein, Segal, Hans Richter, bringen ihre neuen Experimente an, die, wie früher, viel Begabung mit viel Unruhe und Unreife vereinen, aber als Zeugnisse einer neuen Sehnsucht immer willkommen sind, solange wir kein Genie haben, das die Wünsche dieser Generation völlig überzeugend zusammenfaßt. Natürlich sind auch kubistische und sogar futuristische Einflüsse zu spüren. Eine Reihe jüngerer Franzosen, die man als Verstärkung aus Paris herbeirief, treiben gleichfalls fast durchweg im Fahrwasser des Kubismus. Aber es zeigt sich, daß dies seltsame Dogma, das sein Erfinder Picasso immerhin zu so merkwürdigen Gebilden, oft von fast mystischer Kraft, zu führen weiß, unter den Händen kleiner Nachahmer alle Ergiebigkeit verliert. Unter den Berlinern sind zwei neue jugendliche Talente zu nennen: Franz Heckendorf und Erich Waske, die, jeder in seiner Weise, starken Farbensinn mit dem entschlossenen Rhythmus verbinden,
Diese auf das Geschmackvollste zusammengestellte Ausstellung beweist viel besser als die Bilderschau im Museumslichthofe, wie viel Neues und Lebenskräftiges in Köln im Entstehen begriffen ist. Schade, daß es noch viel zu wenig gewürdigt wird! An dieser Stelle sollte wenigstens einmal die Anerkennung ausgesprochen werden, auf die die »Vereinigung für Kunst in Handel und Gewerbeund ihre treibende Kraft, eben Dr. Lüthgen, ein Anrecht haben.
× Berliner Ausstellungen. Im Kunstgewerbe-Museuni hat gegenwärtig die Schule dieses Instituts eine Ausstellung veranstaltet, die allgemeines Aufsehen erregt und von kunstgewerblichen Lehrkräften aus ganz Deutschland eifrig besucht wird. Die Bedeutung dieses Überblicks geht weit über die aller ähnlichen Veranstaltungen hinaus, die wir seit langen Jahren in Berlin gesehen haben. Es ist gleichsam ein Rechenschaftsbericht, den Prof. Bruno Paul, vor nunmehr fast sechs Jahren an die Spitze der Berliner Kunstgewerbeschule berufen, über die schon vorher im Prinzip angenommene, aber erst jetzt systematisch durchgeführte Methode des Unterrichts in seinem Bereich erstattet. Die Ausstellung gibt von der zielbewußten Art, wie hier der Nachwuchs erzogen und herangebildet wird, eine imponierende Vorstellung. Man sieht, wie nach sorgsam durchdachtem Programm der Zögling dazu geführt wird, in organischem Lehrgang sein Raum-, Flächen-, Formund Farbenempfinden zu festigen und zu vertiefen, um allmählich zu selbständigen Leistungen aufzusteigen. Aber man sieht noch mehr! Denn man erkennt, daß die Kunstgewerbeschule in Wahrheit die »Akademie der Zukunftsein wird! Hier wird die wichtige Forderung erfüllt, die von den Kennern der Verhältnisse seit Jahr und Tag immer
aufs neue gestellt wird, aber stets nur taube Ohren trifft: daß nur der zu künstlerischer Tätigkeit vom Staate erzogen werden sollte, der auf dem Boden des Handwerks steht. Die Schüler, die hier eintreten, kommen sämtlich aus einem praktischen Betrieb, wo sie sich technisch gebildet und gelernt haben, ihre Hand zu brauchen. Dann erhalten sie hier eine straffe Erziehung aufs Gewerbliche hin, das ihnen immer die Möglichkeit einer soliden Fundamentierung ihres Lebensberufes bietet, ihnen zugleich aber, wenn die Begabung reicht, alle Türen zu einer freien künstlerischen Tätigkeit öffnet. Die Ausstellung zerfällt in zwei Abteilungen. Die erste betrifft die »Tagesklassen«. Sie gibt Aufklärung über das Prinzip des Unterrichts vom Beginn bis zum Abschluß der ersten Ausbildung. Man verfolgt hier an der Hand sorgfältig ausgesuchter Proben und knapper, sehr instruktiver Inschriften auf den Rahmenleisten an den Wänden, wie sich der Schulvorgang abspielt. Wie die Neulinge mit allen Techniken vertraut gemacht, alle Überbleibsel des alten Schematismus aus dem Tempel gejagt werden, wie ununterbrochen der Schüler in engster Beziehung zum Handwerklichen gehalten wird. In der zweiten Abteilung der »Fachklassen«, die etwa den Meisterateliers der akademischen Hochschule zu vergleichen sind, gewinnt man einen Überblick, wie die Begabtesten unter den Fortgeschrittenen gleichfalls in allen möglichen Zweigen, in der dekorativen Malerei und Bildhauerei, in der Graphik und im Möbelbau, zu selbständiger Arbeit aufsteigen, immer fest an die technische Herstellung der Schmuck- und Gebrauchsstücke gebunden, die sie vornehmen. Mehrere Vitrinen zeigen eine größere Auswahl von Arbeiten aus verschiedenen Gebieten des Kunsthandwerks, die von demselben angehenden jungen Künstler entworfen und bis ins letzte Detail ausgeführt sind. Viele große Fabriken, namentlich Porzellan-Manufakturen, treten mit den älteren Schülern dieser Fachklassen bereits in Verbindung. Und schließlich — das ist von größter Bedeutung — erkennt man, wie die Zöglinge der Schule auch den Weg zu nicht mehr am gewerblichen Zweck haftenden Schöpfungen, zum Bilde, zur freien Plastik, zur Radierung usw. finden.
Zum zweiten Male haben wir jetzt hier eine Juryfreie Kunstschau. An demselben Tage, da im neuen Lepkehause an der Potsdamer Brücke in den rückwärts gelegenen Auktionsräumen die Versteigerung der Sammlung Lippmann alle Würden der vergangenen Kunst entfaltete, ward an der Straße, wie es sich gehört, in den unvermieteten Läden des Vorderhauses, dieser zwangloseste Berliner Herbstsalon eröffnet, in dem sich die Gegenwart nach allen Regeln austobt. Denn wie alle juryfreien Veranstaltungen erhält auch diese durch die radikale Jugend ihren Stempel. Die Stürmer der Neuen Sezession (von der man nicht recht weiß, ob sie in der alten oder in einer neuen Form noch existiert), die Tappert, César Klein, Segal, Hans Richter, bringen ihre neuen Experimente an, die, wie früher, viel Begabung mit viel Unruhe und Unreife vereinen, aber als Zeugnisse einer neuen Sehnsucht immer willkommen sind, solange wir kein Genie haben, das die Wünsche dieser Generation völlig überzeugend zusammenfaßt. Natürlich sind auch kubistische und sogar futuristische Einflüsse zu spüren. Eine Reihe jüngerer Franzosen, die man als Verstärkung aus Paris herbeirief, treiben gleichfalls fast durchweg im Fahrwasser des Kubismus. Aber es zeigt sich, daß dies seltsame Dogma, das sein Erfinder Picasso immerhin zu so merkwürdigen Gebilden, oft von fast mystischer Kraft, zu führen weiß, unter den Händen kleiner Nachahmer alle Ergiebigkeit verliert. Unter den Berlinern sind zwei neue jugendliche Talente zu nennen: Franz Heckendorf und Erich Waske, die, jeder in seiner Weise, starken Farbensinn mit dem entschlossenen Rhythmus verbinden,