sicher vor 1541 entstanden, da er noch nicht das Beschauzeichen aufweist, das nach dieser Zeit obligatorisch wurde. Außer dem Nürnberger »N» trägt das Stück ein bisher nicht näher gedeutetes Monogramm. Es zeigt sich nun, daß die Muschelschnitte mit den Herkulestaten nach einer Folge von zwölf Zeichnungen Dürers gearbeitet sind, die das Datum 1511 tragen und in der Bremer Kunsthalle aufbewahrt werden. (Der zwölfte Muschelschnitt des Bechers ist in späterer Zeit durch ein Wappen ersetzt worden. ) Der Zusammenhang wäre vielleicht schon früher bemerkt worden, wenn Lippmann die Zeichnungen in seinen Dürerkodex aufgenommen hätte. Pauli trat in einem Aufsatz des Bremer Jahrbuches für die Echtheit der Zeichnungen ein und dachte an die Möglichkeit, daß sie zum Schmuck eines Buches bestimmt gewesen seien. Die Technik der sehr sauber ausgeführten und mit weißer Farbe gehöhten Zeichnungen, die Lippmann zu seinem Zweifel verführte, erklärt sich nun aus der besonderen Bestimmung der Blätter als Vorlagen für den Muschelschneider, Zwei andere in ähnlicher Weise behandelte Zeichnungen mit der Auferstehung (in Wien) und dem Kampf des Simson (in zwei Exemplaren in Berlin) von 1510 haben sich ebenfalls als Bildhauervorlagen erwiesen. Nach ihnen wurden zwei große Steinreliefs in der Fuggerkapelle der Annenkirche zu Augsburg gearbeitet. Ob der Becher auch auf einen Entwurf Dürers zurückgeht, läßt sich nicht entscheiden. Max Rosenberg bringt als Goldschmied Ludwig Krug in Vorschlag, nach der Beziehung zu einem nur in der Zeichnung des Aschaffenburger Heiltumsbuches erhaltenen Stück. Es ergibt sich aber die Schwierigkeit, daß Krug erst 1522 Meister wurde. Von Wichtigkeit ist gerade die durch die Beziehung zu Dürers Zeichnungen von 1511 gewonnene Datierung des Bechers, die auch für die Einordnung verwandter Stücke maßgebend sein dürfte.
München. Kunstwissenschaftliche Gesellschaft. Sitzung vom 9. Dezember 1912. Der Vorsitzende Herr Wolters widmet dem Gedächtnis Winkelmanns einige Worte und gibt Mitteilungen geschäftlicher Art, wonach die offiziellen Sitzungsberichte der Gesellschaft, die zur Zeit 96 Mitglieder zählt, von nun an in der Seemannschen Kunstchronik erscheinen werden.
Herr Berolzheimer legt sechs vergoldete, mit kleinen Löchern zum Anmachen an ein Kästchen versehene Silbergüsse vor, die die Tugenden mit Ausnahme der Stärke vorstellen. Sie sind nach Kupferstichen des Marc Antonio Raimondi Bartsch 386—88, 390—92 gefertigt, vermutlich aber nicht nach frühen Drucken, sondern entweder nach retuschierten oder nach Aquarellen des Francesco Villamena. Die Vorzeichnungen für Marc Anton rühren nach allgemeiner Annahme von Raffael her, einzig Delaborde neigt dazu, Giulio Romano für den Urheber zu nehmen.
Herr Habich legt die Photographie einer Porträtminiatur von Hans Holbein d. J. vor, die, obwohl schon seit 1787 dem Meister zugeschrieben, bisher von der Wissenschaft nicht beachtet worden war und somit auch in dem Sammelband von Paul Ganz (Hans Holbein d, J., Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt 1912) keine Aufnahme gefunden hatte. Sie stellt einen jüngeren Mann in schwarzem Seidenkleid und schwarzer Samtmütze auf blauem Grund dar und trägt die Jahreszahl 1543. Die Hausmarke auf dem Ring des Dargestellten läßt ihn als ein Mitglied der Kaufmannsfamilie von Schwarzwald erkennen. Habich vermutet, daß das schöne Stück, daß in Bälde in einer wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert werden soll, weshalb hier nicht näher darauf eingegangen werden kann, im Staalhof zu London entstanden ist.
Herr Pringsheim legt zwei Limogesplatten aus seiner
Sammlung mit Darstellungen aus der Äneide vor, Äneas und Achates vor Dido und Äneas in den Elyseischen Gefilden der Unterwelt. Auf der Pariser Ausstellung 1867 befanden sich zwölf solcher Platten, und Victorien Sardou war es, der die Ähnlichkeit dieser Darstellungen mit Holzschnitten einer in seinem Besitz befindlichen Virgilausgabe von 1529 bemerkte. Das Original dieser Ausgabe war, wie dann Darcel nachwies, 1502 bei Grüninger in Straßburg erschienen. Der Bodesche Katalog der Sammlung Hainauer hatte acht solcher Limogestafeln verzeichnet. Neuerdings hat Marquet de Vasselot im ganzen ihrer 63 nachweisen können (Hauptsammler Jules Porgès, Paris mit 18 Stück, einzelne im Berliner Kunstgewerbemuseum, Kensington-, Louvre, Amsterdamer Museum usw. ) und die Ergebnisse seiner Forschungen in einer Monographie (»Une suite d’Emaux Limousins à sujets tirés de L’Éneide, Bulletin de la Société de l’histoire de l’art français 1912«), die eine Beschreibung von 55 dieser Platten enthält, niedergelegt. Acht Platten im Besitz der Baronin Salomon Rothschild- Paris konnten als unzugänglich nicht behandelt werden. Vasselots Feststellungen sind folgende: Virgilausgaben der fraglichen Art sind erschienen:
1. In Straßburg 1502 bei Grüninger. Herausgegeben von Seb. Brandt, Text lateinisch. Enthält außer der Äneis auch die Bucolien und Georgien. 215 Illustrationen, davon 143 auf die Äneis fallend. Spruchbänder mit Namen. 1515 ebenfalls bei Grüninger, eine deutsche Ausgabe mit nur 114 Illustrationen.
2. In Lyon bei Jacobus Saccon 1517 und bei Jean Crespin 1529. Sie sind mit den Grüningerschen Holzstöcken hergestellt. Die Spruchbänder häufig schadhaft, Namen manchmal unleserlich.
3. In Venedig 1519, 22, 33, 34, 37, 42, 44, 52. Kopien der Grüningerschen Illustrationen. Spruchbänder ohne Namen.
Von diesen Ausgaben kommt nur die von 1502 für die Limogen in Betracht. Die Ausgabe von 1515 enthält gar nicht alle Vorbilder und die Lyoner und Venetianer Drucke können wegen der teilweise unleserlichen oder überhaupt leeren Spruchbänder nicht als Vorlagen gedient haben, da der Limousiner Meister sicher nicht imstande gewesen wäre, die Namen selbständig zu ergänzen. Die Zeichnungen zu den Holzstöcken wurden von einem Unbekannten nach Angaben Sebastian Brandts hergestellt.
Die Entstehungszeit der hiernach gefertigten Limogen, von denen es keine einzige Dublette gibt, ist nach Contreemail, Stil und Technik in die Zeit zwischen 1525 und 1530 zu setzen. Der Meister ist unbekannt und wird nach dieser Serie benannt. Ebenso war bisher nicht zu eruieren, welchem Zweck die Platten gedient haben. Möglicherweise zur Ausschmückung eines Kabinetts, analog dem Cabinet des émaux im Inventar (1589) der Katharina von Medici.
Herr L. Scherman legte die Hauptstücke der auf seiner indischen Reise zusammengebrachten Sammlung von Textilien vor, die in der Technik der sogenannten Brettchenweberei hergestellt sind. Die Apparate selbst befanden sich s. Z. unter der übrigen Reiseausbeute in der Akademie der Wissenschaften; einer stammt aus Sikkim, zwei aus Birma; alle waren mitten von der Arbeit weg erworben und gewähren deshalb mit den halbfertigen Geweben den besten Einblick in die Herstellungsweise, die auch durch an Ort und Stelle aufgenommene Photographien Erläuterung findet. In Sikkim und den benachbarten Himalayastaaten entstehen in dieser Technik Gürtelbände und Borten mit Fransen; in Birma und den Shanstaaten arbeitet man so bestimmte Ausrüstungsgegenstände für den buddhistischen Kult: Bänder zur Verschnürung der heiligen Bücher, Trag