malerischer Qualität zu kaufen — was sonst nicht immer Vorkommen soll.
Endlich gibt es noch in der Galerie Miethke eine Gedächtnisausstellung des vor kurzem verstorbenen tschechischen Malers (urdeutschen Namens) Hans Schwaiger, dessen Bilder in größerer Menge freilich enttäuschen, so köstlich auch einige von den phantastischen, urderben und knorrigen Märchen- und Spukgeschichten sind. Das Zentrum bildet ein riesiges Aquarell mit vielen Hunderten von Gestalten und Köpfen, »Die Wiedertäufer«, bei dem aber der fehlende architektonisch-kompositioneile Aufbau der Gruppen das Ganze in ein wirres Nebeneinander von Details zerfallen läßt. Schwaiger war im Leben wie in der Kunst ein seltsamer Eigenbrödler und Sonderling, der weit abwärts stand und auch gar keinen Anschluß gesucht; ein letzter Ausläufer der Romantik Schwindscher Fassung, nur derber und urwüchsiger.
Lebende Künstler findet man diesmal — seltsame Fügung des Schicksals! — nur im altehrwürdigen Künstlerhause. Freilich nicht in der Ausstellung der üblichen malenden und bildhauernden Mitglieder. Die sind schon bei Lebzeiten meist gründlicher tot als so mancher, dessen 100. Geburtstag man heute feiert! Auch der Gast, der Karlsruher Professor Ludwig Dill, ist nicht der Mann, um jemand zu begeistern. Dagegen ist eine Kollektion von Zeichnungen des Oberbaurats Prof. Friedrich Ohmann ausgestellt, die Entwürfe und ausgeführte Bauten aus den letzten fünf Jahren zeigt und die außerordentliches Interesse zu erwecken geeignet ist. Ohmann ist nämlich ein Zeichenkünstler, wie es nur sehr wenige Architekten gegeben hat, so daß es ein ausgesprochen künstlerischer Genuß hohen Ranges ist, diese Zeichnungen zu betrachten. Was freilich in der Zeichnung ein Vorzug ist, kann im ausgeführten Bau ein Fehler sein, und wirklich verleitet der geniale Zeichner Ohmann den Architekten Ohmann oft zu Dingen, die dann recht papieren ausfallen — wie z. B. beim Wienfluß-Abschluß im Stadtpark. Trotzdem er sich gewöhnlich an alte Stile — am liebsten an das österreichische Barock und Rokoko — anschließt, so ist sein Schaffen doch ein durchaus künstlerisches und neuschöpferisches, es wirkt dadurch immer geschmackvoll und vor allem charaktervoll. Wie glücklich wären wir, wenn wenigstens ein solcher »Stil«-Architekt unsere neuen großen Bauten bekäme, damit nicht so unsagbar trostlose Pfuscher unsere schönsten Plätze und Straßen mit ihren geistlosen und dabei unerträglich anspruchsvollen Elaboraten für viele Jahrzehnte schänden dürften.
Für kurze Zeit hat in Wien auch die Gruppe der italienischen Futuristen, deren Werke allenthalben soviel Zeitungslärm verursacht haben, ihr Zelt aufgeschlagen. Tant de bruit..! Der Lärm ist nicht recht zu verstehen. Talentvolle (Severini) und minder talentierte, selbst kitschige Versuche, den toten Impressionismus in neuer Form wieder emporzubringen, sind doch wahrlich nichts Welterschütterndes! Jedenfalls nichts umstürzlerisch Neues! Im Gegenteile, wie allen Ausläufern großer Bewegungen haftet auch diesen Bildern etwas Abgestorbenes, Totes, ja Akademisches
an. Dabei sind sie ja auch ein gut Teil literarisch und ohne den — im Katalog bereitwilligst gelieferten — Kommentar unverständlich. Wie stark erinnert das alles an die Zeiten der Historienbilder mit den kilometerlangen erklärenden Titeln! Auffallend ist es auch, daß es gerade Italiener sind, die diesen Wiederbelebungsversuch am Impressionismus machen, während zu einer Zeit, als der Impressionismus sich entwickelte und in Blüte stand, sich gerade die Italiener am wenigsten um ihn kümmerten. Heute aber, wo bereits um ganz andere Probleme gekämpft wird, wollen sie ihn retten. Den Namen »Futuristen« dürften sie sich mit Unrecht beigelegt haben, denn die Zukunft wird andern Künstlern gehören und nicht diesen akademischen Nihilisten.
O. P.
SEDELMEYER GEGEN BREDIUS
Von W. v. Seidlitz
In einer reich illustrierten Schrift 1) sucht der Nestor des internationalen Kunsthandels, der jugendfrische Charles Sedelmeyer, die Echtheit des Gemäldes der ehemaligen Sammlung Weber, der Ehebrecherin vor Christus, gegenüber den Angriffen von Bredius zu erweisen.
Von der Beunruhigung, die dem Kunsthandel durch solche Anzweiflungen erwächst, soll hier nicht die Rede sein, da es sich dabei stets in erster Linie um die kunstgeschichtliche Frage handelt: wie gestaltet sich das Bild des Künstlers, wenn ihm ein bestimmtes Werk ab- oder zugesprochen wird. Hierüber gehen gerade bei Rembrandt die Ansichten weit auseinander, und ganz besonders in bezug auf das genannte Bild, wie aus den ungeheuren Schwankungen der Preise hervorgeht, die dafür in den letzten Jahrzehnten bezahlt worden sind.
Sedelmeyer bespricht die Kostüme, die Typen, die Farbe und die Technik des Gemäldes. Die Zipfelmütze des Mannes, der den Schleier vom Kopf der Ehebrecherin hebt, sucht er durch den Vergleich mit Kopfbedeckungen von Juden und Landstreichern zu rechtfertigen, die er in großer Zahl abbildet; doch wird sich nicht jedermann durch diesen Beweis befriedigt sehen. Der Johannes soll die Züge von Rembrandts Sohn Titus tragen, was trotz der vielen Abbildungen ebensowenig überzeugt. Richtig dagegen ist, daß Johannes nicht, wie flüchtige Betrachtung ergeben könnte, einen van Dyck-artigen Umlegekragen, sondern ein kragenloses Hemd trägt. Die vielen hier mit abgebildeten Darstellungen von alten Juden zeigen wohl, daß der Typus des Greises ein ähnlicher ist; dadurch wird dieser aber noch nicht zu einem Werk Rembrandts, wenn auch die Barthaare wie bei Originalwerken mit einem »drei Zentimeter breiten« Pinsel gemalt sind. Wertvoll ist vor allem der Hinweis, daß in der Ehebrecherin Hendrickje Stoffels dargestellt sei; diese Erkenntnis wird aber durch eine falsche Deutung des reich beigebrachten Abbildungsmaterials nicht für das wichtige weitere Ergebnis ausgenutzt, daß Hendrickje schon für das von 1644 datierte Bild der Ehebrecherin in der Londoner Nationalgalerie, also bereits ein Jahr nach Saskias Tode, Modell gestanden habe.
All diese Bildervergleichungen, welche Beziehungen zu Rembrandtschen Werken mit mehr oder weniger Glück
1) Charles Sedelmeyer. Die Ehebrecherin vor Christus. Gemälde von Rembrandt. Offener Brief an Dr. Abraham Bredius über die Echtheit dieses Gemäldes. Paris, Ch. Sedelmeyer, 1912. Gr. 4°.
Endlich gibt es noch in der Galerie Miethke eine Gedächtnisausstellung des vor kurzem verstorbenen tschechischen Malers (urdeutschen Namens) Hans Schwaiger, dessen Bilder in größerer Menge freilich enttäuschen, so köstlich auch einige von den phantastischen, urderben und knorrigen Märchen- und Spukgeschichten sind. Das Zentrum bildet ein riesiges Aquarell mit vielen Hunderten von Gestalten und Köpfen, »Die Wiedertäufer«, bei dem aber der fehlende architektonisch-kompositioneile Aufbau der Gruppen das Ganze in ein wirres Nebeneinander von Details zerfallen läßt. Schwaiger war im Leben wie in der Kunst ein seltsamer Eigenbrödler und Sonderling, der weit abwärts stand und auch gar keinen Anschluß gesucht; ein letzter Ausläufer der Romantik Schwindscher Fassung, nur derber und urwüchsiger.
Lebende Künstler findet man diesmal — seltsame Fügung des Schicksals! — nur im altehrwürdigen Künstlerhause. Freilich nicht in der Ausstellung der üblichen malenden und bildhauernden Mitglieder. Die sind schon bei Lebzeiten meist gründlicher tot als so mancher, dessen 100. Geburtstag man heute feiert! Auch der Gast, der Karlsruher Professor Ludwig Dill, ist nicht der Mann, um jemand zu begeistern. Dagegen ist eine Kollektion von Zeichnungen des Oberbaurats Prof. Friedrich Ohmann ausgestellt, die Entwürfe und ausgeführte Bauten aus den letzten fünf Jahren zeigt und die außerordentliches Interesse zu erwecken geeignet ist. Ohmann ist nämlich ein Zeichenkünstler, wie es nur sehr wenige Architekten gegeben hat, so daß es ein ausgesprochen künstlerischer Genuß hohen Ranges ist, diese Zeichnungen zu betrachten. Was freilich in der Zeichnung ein Vorzug ist, kann im ausgeführten Bau ein Fehler sein, und wirklich verleitet der geniale Zeichner Ohmann den Architekten Ohmann oft zu Dingen, die dann recht papieren ausfallen — wie z. B. beim Wienfluß-Abschluß im Stadtpark. Trotzdem er sich gewöhnlich an alte Stile — am liebsten an das österreichische Barock und Rokoko — anschließt, so ist sein Schaffen doch ein durchaus künstlerisches und neuschöpferisches, es wirkt dadurch immer geschmackvoll und vor allem charaktervoll. Wie glücklich wären wir, wenn wenigstens ein solcher »Stil«-Architekt unsere neuen großen Bauten bekäme, damit nicht so unsagbar trostlose Pfuscher unsere schönsten Plätze und Straßen mit ihren geistlosen und dabei unerträglich anspruchsvollen Elaboraten für viele Jahrzehnte schänden dürften.
Für kurze Zeit hat in Wien auch die Gruppe der italienischen Futuristen, deren Werke allenthalben soviel Zeitungslärm verursacht haben, ihr Zelt aufgeschlagen. Tant de bruit..! Der Lärm ist nicht recht zu verstehen. Talentvolle (Severini) und minder talentierte, selbst kitschige Versuche, den toten Impressionismus in neuer Form wieder emporzubringen, sind doch wahrlich nichts Welterschütterndes! Jedenfalls nichts umstürzlerisch Neues! Im Gegenteile, wie allen Ausläufern großer Bewegungen haftet auch diesen Bildern etwas Abgestorbenes, Totes, ja Akademisches
an. Dabei sind sie ja auch ein gut Teil literarisch und ohne den — im Katalog bereitwilligst gelieferten — Kommentar unverständlich. Wie stark erinnert das alles an die Zeiten der Historienbilder mit den kilometerlangen erklärenden Titeln! Auffallend ist es auch, daß es gerade Italiener sind, die diesen Wiederbelebungsversuch am Impressionismus machen, während zu einer Zeit, als der Impressionismus sich entwickelte und in Blüte stand, sich gerade die Italiener am wenigsten um ihn kümmerten. Heute aber, wo bereits um ganz andere Probleme gekämpft wird, wollen sie ihn retten. Den Namen »Futuristen« dürften sie sich mit Unrecht beigelegt haben, denn die Zukunft wird andern Künstlern gehören und nicht diesen akademischen Nihilisten.
O. P.
SEDELMEYER GEGEN BREDIUS
Von W. v. Seidlitz
In einer reich illustrierten Schrift 1) sucht der Nestor des internationalen Kunsthandels, der jugendfrische Charles Sedelmeyer, die Echtheit des Gemäldes der ehemaligen Sammlung Weber, der Ehebrecherin vor Christus, gegenüber den Angriffen von Bredius zu erweisen.
Von der Beunruhigung, die dem Kunsthandel durch solche Anzweiflungen erwächst, soll hier nicht die Rede sein, da es sich dabei stets in erster Linie um die kunstgeschichtliche Frage handelt: wie gestaltet sich das Bild des Künstlers, wenn ihm ein bestimmtes Werk ab- oder zugesprochen wird. Hierüber gehen gerade bei Rembrandt die Ansichten weit auseinander, und ganz besonders in bezug auf das genannte Bild, wie aus den ungeheuren Schwankungen der Preise hervorgeht, die dafür in den letzten Jahrzehnten bezahlt worden sind.
Sedelmeyer bespricht die Kostüme, die Typen, die Farbe und die Technik des Gemäldes. Die Zipfelmütze des Mannes, der den Schleier vom Kopf der Ehebrecherin hebt, sucht er durch den Vergleich mit Kopfbedeckungen von Juden und Landstreichern zu rechtfertigen, die er in großer Zahl abbildet; doch wird sich nicht jedermann durch diesen Beweis befriedigt sehen. Der Johannes soll die Züge von Rembrandts Sohn Titus tragen, was trotz der vielen Abbildungen ebensowenig überzeugt. Richtig dagegen ist, daß Johannes nicht, wie flüchtige Betrachtung ergeben könnte, einen van Dyck-artigen Umlegekragen, sondern ein kragenloses Hemd trägt. Die vielen hier mit abgebildeten Darstellungen von alten Juden zeigen wohl, daß der Typus des Greises ein ähnlicher ist; dadurch wird dieser aber noch nicht zu einem Werk Rembrandts, wenn auch die Barthaare wie bei Originalwerken mit einem »drei Zentimeter breiten« Pinsel gemalt sind. Wertvoll ist vor allem der Hinweis, daß in der Ehebrecherin Hendrickje Stoffels dargestellt sei; diese Erkenntnis wird aber durch eine falsche Deutung des reich beigebrachten Abbildungsmaterials nicht für das wichtige weitere Ergebnis ausgenutzt, daß Hendrickje schon für das von 1644 datierte Bild der Ehebrecherin in der Londoner Nationalgalerie, also bereits ein Jahr nach Saskias Tode, Modell gestanden habe.
All diese Bildervergleichungen, welche Beziehungen zu Rembrandtschen Werken mit mehr oder weniger Glück
1) Charles Sedelmeyer. Die Ehebrecherin vor Christus. Gemälde von Rembrandt. Offener Brief an Dr. Abraham Bredius über die Echtheit dieses Gemäldes. Paris, Ch. Sedelmeyer, 1912. Gr. 4°.