darunter die feine »Heimsuchung« eines primitiven oberrheinischen Meisters vom 15. Jahrhundert, die in freien leichten Farben gemalte »Auferstehung« des Meisters von Meßkirch, die Reber auf der Auktion Lippmann gekauft hat, ein pikantes Interieur von van Craesebeck, ein funkelndes Stilleben von Kalff, eine dramatische Gefangennahme Christi, die auf Rubens’ Nähe deutet, und drei Goyas, unter denen die geniale Komposition der »Spinnerinnen« auf Velazquez zurück- und auf den Impressionismus vorandeutet. Es zeigt sich auch hier, daß sich scheinbar unüberbrückbare Gegensätze in nächster Nachbarschaft ausgezeichnet miteinander vertragen können. Aber wenn Herr Reber nun einmal seine Galerie der öffentlichen Kritik und Kontrolle unterstellt, so muß er auch hinnehmen, wenn man ihm die Forderung entgegenhält, daß er auch die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts und der unmittelbaren Gegenwart mehr berücksichtigen sollte. Natürlich wird sich niemand vermessen, einem Kunstfreunde seine Sympathien diktieren zu wollen, aber es könnte sein, daß die Ausstellung einer solchen Privatgalerie programmatisch wirkt, daß andere Sammler das Beispiel nachahmen und die Meinung fassen, sie brauchten (oder gar sie »dürften«) gar keine deutschen Bilder kaufen, die Rücksichtslosigkeit gegen die Produktion des eignen Volkes sei nicht nur erlaubt, sondern womöglich gar für den, der auf der Höhe der Zeit wandeln will, Bedingung. Ich bin überzeugt, daß solche Gedanken dem Besitzer dieser Barmer Sammlung fern liegen. Er hat auch soeben wenigstens einen Liebermann, ein helles Strandbild gekauft, und überdies auch schon, wie ich höre, auf andere deutsche Stücke gefahndet, leider ohne Erfolg. Er möge nun bedenken, daß auch ein privater Sammler der Allgemeinheit gewisse Rücksichten schuldig ist, nicht im gleichen Maße wie der Direktor eines Museums, aber, in gewissem Abstand, doch in ähnlicher Weise.
Stuttgart. Die Jahrhundertausstellung schwäbischer Kunst, die in Stuttgart geplant wird und die ursprünglich für dieses Jahr in Aussicht genommen war, ist jetzt auf das Jahr 1916 verschoben worden. Es geschah das auf Beschluß des Vorstandes der diesjährigen Stuttgarter Großen Kunstausstellung, da man der Ansicht war, die Ausstellung werde für das Jahr 1916, das Jahr des fünfundzwanzigjährigen Regierungsjubiläums König Wilhelms II., sich besonders eignen.
Straßburg i. Els. Am Elsässischen Kunsthaus wurde am 5. Januar eine 30 Werke umfassende Sonderausstellung der Malerin Marie Starkie-Munzinger eröffnet. Die Künstlerin, die in München bei W. Thor, in London bei John Lavery und in Paris bei Charles Guérin arbeitete, stellt Interieurs, Stilleben, Kinderporträts und Tierbilder aus. Von ihren Arbeiten verdienen die Interieurs und Stilleben am meisten Beachtung. — Die Ausstellungen im Kunsthaus pflegen in Abständen von drei Wochen abzuwechseln. Als nächste sind Kollektivausstellungen der Straßburger Malerin Doris Ewald, des Landschafters Lucien Blumer und des Malers Heinrich Beecke vorgesehen. k.
LITERATUR
Adolf Philippi, Der Begriff der Renaissance. Daten zu seiner Geschichte. Mit 24 Bildertafeln. (Leipzig 1912, E. A. Seemann. Brosch. 4. 50, geb. 5. 50).
Kein neues Buch über die Renaissance, sondern eine Aneinanderreihung von Quellenstudien, manchmal mit wörtlicher Anführung, und zwar von Quellen, in denen von
Kunstschriftstellern, Künstlern, Geschichtsschreibern und Literarhistorikern von der neuen Epoche, die mit dem 14. Jahrhundert in Italien eintrat, gesprochen wird; besonders wird dann gezeigt, wie sehr allmählich das Wort Renaissance für die Wiedergeburt der Literatur und Wissenschaft und Kunst in Anwendung kommt. Der Begriff des Neuen ist ziemlich früh da, zugleich die Empfindung, daß dieses Neue einen Gegensatz gegen das Mittelalterliche, Gotische bildet und in engem Zusammenhang mit dem Alten steht. Der Verfasser beschränkt sich aber nicht auf eine bloße Stellenanhäufung, sondern gibt wertvolle Bemerkungen zur Kunstgeschichte, Charakteristiken der von ihm ausgezogenen Werke, mitunter auch manche bestreitbare Ausführungen, z. B. über Enea Sylvio, »diesen menschlich genommen widerwärtigen Kleriker« (S. 38). Erst Vasari braucht für die Kunstgeschichte das Wort rinascita, unter dem er etwa die Periode von 1250 an versteht; das Wort Roma rinata findet sich zuerst bei Macchiavelli, aber nur im Sinne einer politischen Entwicklung, die mit Cola di Rienzi einsetzte und mit ihm auch begraben war. Während die Franzosen im 17. und 18. Jahrhundert für die große Umwandlung der Zeiten eine ganze Anzahl Ausdrücke brauchten, wie etwa: Le retour à un meilleur goût, la nature, la raison, le style de l’antiquité, aber das Wort Renaissance noch nicht kennen, sind sie es dann, die jenes Wort wirklich einführen. Zuerst Seroux d’Agincourt in einem gegen Ende des 18. Jahrhunderts geschriebenen, aber 1823 herausgekommenen Werke. Bei ihm findet es Anwendung für die Erneuerung der Architektur im 18., der Bildhauerkunst und der Malerei im oder seit dem 13. Jahrhundert. Zum eigentlichen Schlagwort für die ganze Zeit — also nicht nur beschränkt auf die Kunst wurde es durch Sismondi 1832. Durch ihn wurde es für die kunst- und politische, durch Michelet für die ganze Menschheitsentwicklung gebraucht und durch beide unmittelbar Jakob Burckhardt zugeführt. Erst durch ihn wurde das Wort, nachdem es in Deutschland vor 1840 kaum angewendet worden war, zu einer allgemeinen, geradezu unentbehrlichen Bezeichnung. Über das Werk von Jakob Burckhardt »Kultur der Renaissance«, dessen Bearbeitung ich seit dem Jahre 1877 unternommen habe, finden sich S. 157 ff. eine Anzahl Bemerkungen, mit denen ich mich nicht durchweg befreunden kann. Namentlich die hohe Schätzung des Schäferschen Wortes über das Erwachen der Persönlichkeit erscheint mir unbegründet. Das von Schäfer Beigebrachte sind doch nur recht allgemeine, aber unerwiesene Behauptungen. Dagegen stimme ich mit dem Urteile Philippis über den in Deutschland gar sehr überschätzten Gobineau (S. 164 Anm. ) vollkommen überein. Das Philippische Buch, das mit einer ziemlichen Anzahl (24) guter Illustrationen versehen ist, darf als ein nützlicher Beitrag, über den der Verfasser selbst im Vorwort sehr bescheiden urteilt, zur Entstehung und allmählichen Ausbildung des Wortes und Begriffs Renaissance willkommen geheißen werden. Ludwig Geiger.
FORSCHUNGEN
G. F. Hill bringt im Dezemberheft des Burlington Magazine wieder einige Notizen über italienischeSchaumünzen. Es sind meist florentinische Arbeiten, die in die Nähe Niccolò Fiorentinos gehören oder in sein Werk einzufügen sind. Es folgen dann noch Bemerkungen über eine Medaille auf Gerolamo da Panico und Pompeo Ludovisi von dem Paduaner Gerolamo dal Cavino und eine auf Girolamo Vida von dem Cremoneser Tegniza. —l.
Inhalt:Die Sammlung Nemes. Von E. Waldmann. — Marti y Monsò † — Personalien. — Ausstellungen in Berlin, Stuttgart, Straßburg i. Els. — Philippi, Der Begriff der Renaissance. — Notizen über italienische Schaumünzen.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11 a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig