motiven einen Vorklang des Eisenwalzwerks bietet. Noch weiter zurück deutet eine flott gezeichnete Joseph-Potiphar- Szene von Schnorr und einige italienische Landschaften von Heinrich Reinhold. Schließlich findet man noch eine Reihe der außerordentlich talentvollen Zeichnungen von Ludwig Pietsch, namentlich schnell erfaßte Szenerien aus dem Feldzug von 1870.
Die neu erworbenen Skulpturen werden eingeleitet durch zwei herrliche Büsten des (auch durch zwei geniale Zeichnungen vertretenen) alten Schadow: Friedrich der Große (1792) und Nicolai (1798). Von Reinhold Begas wurde die schöne Marmorgruppe »Venus und Amor« (1864), die entzückende Bronzefigur der »Badenden« (aus demselben Jahre) und ein Relief aus der Weimarer Zeit angekauft. Von neueren Werken deutscher Plastik sind zu nennen, der holzgeschnitzte »Wandersmann« von IgnatzTaschner, die Richard Strauß-Büste von Hugo Lederer, ein famoses »Perlhuhn« von Max Esser, Georg Kolbes bezaubernde nackte Tänzerin, die im vorigen Sommer auf der Berliner Sezession war, eine sehr gute Büste Albert Hertels von Ebbinghaus und die nicht sehr glückliche Marmorstatue eines Jünglings von Peterich. Es sind gewiß nicht durchweg Werke allerersten Ranges, die hier zu nennen waren, und man vermißt wohl einige Namen, die eigentlich in der Nationalgalerie vertreten sein müßten; aber im ganzen ist der Ertrag dieser Jahresernte kein geringer und sei willkommen.
Um den preußischen Museen in Zukunft den Erwerb wertvoller deutscher Kunstwerke zu erleichtern, fordert der preußische Kultusminister im neuen Etat eine Summe von dreiviertel Millionen Mark. Die Summe soll auch im kommenden Jahre noch einmal für den gleichen Zweck vom preußischen Abgeordnetenhause gefordert werden.
FORSCHUNGEN
Ein Bildnis des Herzogs Borso d’Este von Baldassare d’Este will Graf Malaguzzi-Valeri in einem Täfelchen der Sammlung des Fürsten Trivulzi erkennen. Er publiziert das Bild im 7. Heft der Rassegna d’Arte. Die Identifikation des Dargestellten ist durch den Vergleich mit den zahlreichen Bildnissen des Herzogs auf den Fresken des Palazzo Schifanoja gesichert; für die Zuschreibung an Baldassare sprechen mehrere Wahrscheinlichkeitsgründe. Leider ist die Tafel sehr schlecht erhalten. Besser erhalten ist ein zweites Bildnis von Baldassare d’Este, das H. Cook im 10. Heft derselben Zeitschrift abbildet, nachdem er es schon im vorigen Jahrgang des Burlington Magazine publiziert hatte (vol. XIX, p. 228 ff). Dieses Gemälde trägt die volle Signatur Baldassares und steht stilistisch dem Bilde beim Fürsten Trivulzi so nah, daß man beide Arbeiten wohl demselben Künstler zuschreiben kann. Mit ihnen ist also ein fester Ausgangspunkt zur Rekonstruktion des Werkes Baldassare d’Estes gewonnen, der in Zukunft die Zuschreibung anderer Bilder ermöglichen wird. —l.
Das November-Dezemberheft (1912) der »Revue de Vart chrétien« enthält den dritten Teil des hochinteressanten Artikels über die Maler von Nizza von L. H. Labande, der sich mit der Ikonographie der Tafelbilder der Nizzaer Gegend beschäftigt. In einem kürzeren Artikel weist P. Bautier nach, wie eine kleine Verkündigung der Sammlung G. Taymans in Brüssel (ausgestellt auf der Brüsseler Miniaturenausstellung), das er für eine Arbeit des Vollschen Meisters der Perle von Brabant zu halten geneigt ist, in verschiedenen Zeichnungen (Berliner Kupferstichkabinett, Sammlung Duval) sowie in zwei größeren Altarflügeln des Meisters des Altars von Ehningen in der Stuttgarter Galerie
bereits im 15. Jahrhundert Wiederholungen erlebt hat. Der Abbé Paul Liebaert bespricht alsdann einige jetzt in der Bibliothek zu Autun befindlichen, für zwei Bischöfe dieser Stadt, den Kardinal Rollin und Antoine de Châlon, ausgeführten Miniaturhandschriften — interessante Produkte der Fouquetschen und franco-flandrisch en Richtungen.
—th.
VERMISCHTES
Amerikanische Notizen. Unter der Redaktion von Wilhelm R. Valentiner, dem rührigen Leiter der kunstgewerblichen Abteilung im Metropolitan-Museum zu New York wird demnächst eine ernsthafte kunstwissenschaftliche Publikation, die erste in ihrer Art in Amerika, in New York erscheinen. Die neue Zeitschrift, »Art in America« betitelt, soll vornehmlich den künstlerischen Angelegenheiten der Vereinigten Staaten dienen und zählt unter ihren zukünftigen Mitarbeitern alle irgendwie bekannten Kunstschriftsteller der Union und mehrere bedeutende europäische Kunstgelehrte.
Soeben ist im Verlag des Metropolitan Museums in New York eine Geschichte dieses größten Kunstinstituts der Vereinigten Staaten, von Miß Winifred C. Howe verfaßt, erschienen. Der stattliche, etwa 300 Seiten fassende Band enthält zahlreiche Illustrationen und ist in museumstechnischer sowohl als in kunsthistorischer Beziehung äußerst lehrreich.
Dieses Museum hat auf der an sensationellen Preisen so reichen Doucet-Auktion im Frühjahr vorigen Jahres J. B. Chardins »Les Apprêts d’un déjeuner« erstanden. Das Bild ist in Jean Guiffreys Katalog unter Nr. 120 zu finden. Weitere Neuerwerbungen des Museums sind ein großes, signiertes Stilleben von Jan Davidsz de Heem, eine Bramantino zugeschriebene Madonna, Damenbildnis von Jan van Ravesteyn, Bildnis des Leonhardt von Eck von Barthel Beham, sowie einige moderne amerikanische Bilder von Walter Gay, J. C. Nicoll usw. Unter den Skulpturen, die neuerdings in das Museum gekommen sind, verdienen Erwähnung zwei marmorne Basreliefs-Porträts — von P. P. Olivieri und zwei bemalte italienische Holzstatuen von ca. 1400 — die Jungfrau und Johannes der Evangelist.
—th.
In Paris sind in dem neuen Theater an den Champs Elysées, das in der kommenden Saison eröffnet werden soll, einem beschränkten geladenen Kreise die Deckenmalereien gezeigt worden, die Maurice Denis für den Zuschauerraum geschaffen hat. Die Decke ist in vier Felder eingeteilt, auf denen der Tanz, die Symphonie, die Oper und das lyrische Drama dargestellt sind. Der Tanz zeigt uns Apollo als Reigenführer mit den tanzenden Musen in einer antiken Landschaft, in der Symphonie erscheinen Beethoven und Bach mit dem Gefolge ihrer allegorisierten Schöpfungen in einem geheimnisvollen Hain, die Oper findet ihre Örtlichkeit im Park von Versailles, wo zwischen den Vertretern ihrer Hauptrollen die Komponisten Mozart, Lulli, Rameau und Gluck sichtbar werden, und im lyrischen Drama, worunter Denis das zu verstehen scheint, was man in Deutschland die große Oper nennt, sieht man Parsival mit dem erhobenen Graal, Brunhilde und Sieglinde und in einer anderen Gruppe die Trojaner von Berlioz. Maurice Denis hat hier wohl die schönste Aufgabe erhalten, die ihm bisher zuteil geworden ist, und es ist sehr erfreulich, daß er endlich Gelegenheit gefunden hat, seine starke und eingenartige dekorative Begabung an einem Orte zu betätigen, der dem Publikum zugänglich ist oder sein wird.
Inhalt:Das mittelalterliche Hausbuch. — Personalien. — Friedhof in Orleans; Kirche zu Holebüll. — Adalbert Stifter-Denkmal in Wien. — Numantinische Ausgrabungen; Weibliche amerikan. Archäologen. — Ausstellungen in Berlin, Hannover, Graz, Leipzig, Hamburg, London, Paris. — Berliner National-Galerie; Preußische Museen. — Forschungen. — vermischtes.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig