förmiges Gefäß ohne Ausguß mit polygonalen Einritzungen, die vielleicht eine Schildkröte nachahmen sollen (ein gleiches Gefäß in Athen); ein böotisches Gefäß mit Ausguß und einer hochaufsteigenden Einflußröhre im Boden, offenbar ein Milchfläschchen für kleine Kinder; ein kugelförmiges Gefäß mit siebartig durchlöchertem Boden und einem hohlen Bügel mit kleiner Öffnung, wodurch das Stück als Weinheber gekennzeichnet wird. Man taucht das Gefäß in den Krater, legt dann den Finger auf die Öffnung des Bügels und vermag nun infolge der Wirkung des Luftdrucks die mit Wein gefüllte Kugel emporzuheben ohne etwas von der Flüssigkeit zu verlieren (vergl. die Kanne des Kolchos). Eine kleine Truhennachahmung (römisch) mit der Inschrift Felix und einem eingeritzten Glücksschweinchen, wird durch die Einwurföffnung im Deckel als Sparkasse gekennzeichnet. Als letztes Stück wird ein aus Unteritalien stammender Askos mit plastisch aufgesetzten Ornamenten, darunter einer mit dem Fries von Gjölbaschi auffällig übereinstimmenden Figur, vorgelegt. Er zeigt, daß der Töpfer des, im Gegensatz zu den später üblichen phantastischen Ausgestaltungen noch einfachen und in der Form geschlossenen Gefäßes im Zusammenhang mit der im 5. Jahrhundert lebendigen formalen Tradition stand.
VERMISCHTES
Henriette Feuerbach, die Mutter Anselms, hat in ihrer Heimatstadt Ansbach eine Ehrentafel erhalten; sie wurde auf Veranlassung der Stadt an dem Hause angebracht, in dem sie achtzigjährig am 5. August 1892 gestorben ist.
Bei jeder Neuwahl zur Präsidentschaft der Republik Frankreich gibt es auch in Künstlerkreisen eine kleine Aufregung, und diesmal ist sie stärker als gewöhnlich. Es handelt sich um die Frage, wer die offiziellen Bildnisse des neuen Präsidenten modellieren und malen soll, die nachher in tausendfacher Vervielfältigung alle öffentlichen Gebäude Frankreichs schmücken. Bisher war Bonnat so ziemlich der offizielle Präsidentenmaler, der sie alle von Thiers an in Öl gesetzt hat, und seit zwanzig Jahren ist der äußerst mittelmäßige Bildhauer Denys Puech, der sich durch nahe Verwandtschaft mit einem Deputierten gleichen Namens auszeichnet, der offizielle Verfertiger der Präsidentenbüste gewesen. Nun heißt es aber, Herr Poincaré besitze eignen Geschmack und werde sich weder von Bonnat malen noch von Puech modellieren lassen. Vielmehr soll er sich den Maler Besnard und den Bildhauer Rodin ausersehen haben. Rodin als Schöpfer der in allen Bürgermeistereien und Präfekturen stehenden Präsidentenbüste! Der Gedanke ist etwas kühn, und schließlich eignete sich Denys Puech viel besser zu diesem Amte des republikanischen Hofbildhauers.
Ludwig Dettmann, der Direktor der Königsberger Akademie, vollendet drei Kolossalgemälde: Yorks Ansprache an die ostpreußischen Stände, Preußens Erhebung, Preußens Befreiungskampf.
X Das neue Gebäude der Deutschen Botschaft in St. Petersburg. Zu Anfang des neuen Jahres ist in St. Petersburg der Neubau der Deutschen Botschaft fertiggestellt worden, der nach verschiedenen Richtungen hin ein ganz besonderes Interesse beansprucht. Es ist hier tatsächlich das Wunder geschehen, daß vom offiziellen Deutschland ein Bauwerk geschaffen wurde, das als bedeutende künstlerische Leistung vor dem Urteil der Welt bestehen kann. Das nicht mit dem üblichen akademischen Formelkram wirtschaftet, sondern mit recht verstandenen und erfaßten norddeutschen Überlieferungen, denen moderner Sinn neues Blut zugeführt hat. Der Bau, der im
Juli 1911 begonnen wurde, ist ein Werk von Peter Behrens, dem zugleich, wie es sich gehört, aber im amtlichen Betriebe leider durchaus nicht immer der Fall ist, auch die gesamte Innenausstattung anvertraut wurde, so daß wahrhaft eine große Einheit entstand, hervorgegangen aus schöpferischem Geiste. Wir sind dem verstorbenen Staatssekretär des Auswärtigen, Herrn von Kiderlen-Wächter, übers Grab hinaus für diese Tat, von der die Öffentlichkeit bisher fast nichts wußte, zu aufrichtigem Danke verpflichtet. Behrens hatte es mit einem schwierigen Gelände zu tun. Der Neubau sollte sich an der Stelle der früheren Deutschen Botschaft erheben: am Isaaksplatz, der von dem berühmtesten Gotteshaus der russischen Hauptstadt, der Isaakskathedrale, beherrscht und von mehreren älteren Monumentalbauten umzogen ist. Dieser Umgebung mußte Rechnung getragen, zugleich aber ein spitzer Winkel überwunden werden, den das Terrain nach der Nebenstraße Morskaja hin bildet. Der Architekt löste diese Aufgabe sehr glücklich, indem er zwei an sich rechtwinklige Bautrakte ineinander schob, wobei er die Ecke selbst ein wenig abschnitt, so daß also die Räume sämtlich eine regelmäßige Form erhalten konnten. Als Material wählte er rötlich schimmernden finnischen Granit, und er gliederte nun die beiden Fronten so, daß er der Hauptfassade nach dem Isaaksplatz vierzehn, durch drei Stockwerke geführte Säulen gab, dies Säulensystem rechts und links durch zwei kräftige Pfeiler einrahmte und dadurch einen Übergang fand zu den ebenso durchgeführten Pilastern an der Seitenfassade in der Nebenstraße. Säulen, Pfeiler und Pilaster zeigen den schönen, malerisch körnigen, in der Struktur der Fläche an Muschelkalk erinnernden Stein geglättet, die dazwischen liegenden, also etwas vertieften Partien in Rustika- Bearbeitung. Das Dach ist abgetreppt und trägt zwei kupfergetriebene Rossebändiger, die der Bildhauer Encke in Berlin modelliert hat — nach den Abbildungen erscheinen sie ein wenig riesenhaft (5 m hoch), wenn auch von gutem Umriß. Der ganze Außeneindruck hat etwas Modern- Preußisches, man könnte sagen: einen verjüngten Brandenburger Tor-Stil. Dieser preußische Klang ist auch im Innern, das dabei doch die charakteristische Sprache Peter Behrens’ durchweg aufzeigt. Das Bauwerk demonstriert im fremden Lande, was Kunst und Kunstgewerbe des gegenwärtigen Deutschland bedeuten; es vertritt die neuen Tendenzen, die hier zur Geltung gelangt sind, und zugleich den Sinn für die Fortführung und Verwertung richtig begriffener heimischer Traditionen. In glänzender Grundrißanordnung, die alle praktischen Erfordernisse mit höchstem Raffinement befriedigt, ist die große Zahl der Säle und Zimmer aneinandergereiht. Das größte Interesse konzentriert sich auf die imposante Flucht repräsentativer Festräume im ersten Stock. Behrens hat dabei jede Einzelheit sorgsam und mit Geschmack durchgearbeitet, die Decken wie die Kamine, die Wandverkleidung wie die Möbel. Alles ist auf den Rhythmus der Formen, Flächen und Linien gestellt, ohne daß irgendwelche unnütze angeklebte Ornamentik falsche Pracht vortäuschen soll. Den Mittelpunkt bildet ein großer Thronsaal, dessen Wände gelblichen Stucco lustro zeigen. Auf den Feldern ist in alter, heute wenig mehr üblicher Technik diskret verteilte Freskomalerei. Die Decke ist in fünfzehn große quadratische Kassetten geteilt, in denen runde Reifen die Beleuchtungskörper tragen. Ein benachbarter großer Speisesaal ist in weißem Stuck mit weiß lackierten Holzmöbeln gehalten, von denen namentlich der Tisch ein Meisterstück guter deutscher Handwerksarbeit ist. Eine Nische trägt hier eine hübsche Plastik des jungen, tüchtigen Berliner Bildhauers Renker, der auch für den Hof eine sehr reizvolle Brunnenfigur geschaffen hat. Auch der künstlerische