will man nun verhüten, daß auch diese das Vaterland des Künstlers verlassen.
STIFTUNGEN
Eine Stiftung zur Förderung der Bauwissenschaft. Die am 4. September in Halle gestorbene Gattin des Geheimen Baurats Michaelis stiftete zur Förderung der Bauwissenschaft die Summe von 250000 M. Die Verwaltung der Stiftung übernimmt der Rektor der Technischen Hochschule zu Charlottenburg; die Zinsen werden zu acht Stipendien für Leistungen auf bauwissenschaftlichem Gebiet verwendet werden.
VERMISCHTES
Eine Abordnung der Städtischen Kunstdeputation von Berlin hat die Ausstellung der Berliner Sezession besucht, um die diesjährige Auswahl der von der Stadt anzukaufenden Kunstwerke zu treffen, die bisher infolge des Konfliktes mit dem Bürgermeister Reicke hinausgeschoben worden war. Angekauft wurden die Ölgemälde »Blumenstückvon George Mosson-Berlin und »Dampfer in Eis« von Ulrich Hübner-Travemünde, sowie die Bronze »Ungarischer Stier« von Louis Tuaillon-Berlin.
Vom Allgemeinen Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker und herausgegeben von Ulrich Thieme, ist soeben der siebente Band erschienen (Cioffi — Cousyns). Der sechste Band wurde vor einigen Monaten ausgegeben, der achte ist bereits im Druck, der beste Beweis, daß das großartige Unternehmen rüstig fortschreitet.
FORSCHUNGEN
»Was wissen wir von Lor. Berninis Tätigkeit als Maler? « Diese Frage wird von O. Pollak in Heft 32 der Kunstchronik in absolut negativem Sinne beantwortet. Ich könnte den Folgerungen Pollaks um so mehr beistimmen, als ich selber an zwei von ihm nicht berücksichtigten Stellen das gleiche Problem mit ganz ähnlichen Resultaten behandelt habe 1), glaube aber vor gewissen allzu radikalen Formulierungen entschieden warnen zu müssen. In meinem Borroaufsatz habe auch ich, Titi folgend, die Ausführung des Mauritiuswunders (heute im Studio del Musaico des Vatikans) Carlo Pellegrini zugeschrieben, wofür jetzt Pollak den aktenmäßigen Nachweis erbringt. Damit ist aber die Frage nach dem Erfinder der Komposition durchaus nicht erledigt. Es gilt zu bedenken, daß das Bild tatsächlich, wenn anders das Dekret vom 14. Mai 1627 mit Recht darauf bezogen wird, Bernini in Auftrag gegeben worden ist und sehr wohl nach seinem Entwurf von Pellegrini gemalt worden sein kann. Dafür spricht nicht nur die von Baldinucci nach Kenntnis des Titischen Führers bestimmt aufgestellte Behauptung, sondern vor allem der mit den Zeichnungen Berninis übereingehende Stil. Pollak selber charakterisiert diesen völlig zutreffend mit den Worten: »Es sind
1) In meinem Aufsatz »Di Pierfrancesco Mola, pittore e incisore comasco« (Rivista Archeologica della Provincia e antica Diocesi di Como 1910) und »Wer ist der Meister des sogen. Alessandro del Borro im Berliner Kaiser-Friedrich- Museum? « (Monatsh. f. Kunstw. 1910).
die typischen Bildhauerzeichnungen, die mit Linien die Figuren wie mit einem Meißel oder Schnitzmesser aus dem Block hervorholen, so eminent plastisch sind sie im Formausdruck«. Und wenn er findet, daß dieser eigenartige Charakter sich noch in den Stichen, die darnach angefertigt wurden, verrät, so kann das Gleiche in vielleicht noch stärkerem Maße von dem Mauritiusbilde gesagt werden. Es fällt nicht schwer unter den originalen Handzeichnungen des Meisters die unmittelbarsten Parallelen — für Komposition, Linienführung, Bewegungsmotive usw. — nachzuweisen.
Zu dem, was Pollak über den hl. Bruno der Sammlung Doria-Pamphily äußert, wäre einiges nachzutragen, was ich in meiner zitierten Schrift über Mola ausgeführt habe. In diesem Bilde, das Fraschetti ganz unverständlicherweise Bernini zuweisen wollte, erkannte ich die von Pascoli, dem einen Biographen Molas, überlieferte Komposition des hl. Bruno, die gerade 9×6 palmi messen sollte. Pollak hat sehr Recht, gegen die Originalität des römischen Exemplares Bedenken zu erheben; sicherlich steht es der Pariser Fassung nach und ist wohl, wie ich seinerzeit als Vermutung aufgestellt habe, eine Atelierkopie, der der Meister einige eigenhändige Verbesserungen zuteil werden ließ, um sie als Original verkaufen zu können. Übrigens existiert zu dem hl. Bruno eine Handzeichnung im Städelschen Institut, die im Lieferungswerke als »hl. Franz« und mit der Zuschreibung an Giov. Battista Mola wiedergegeben ist (Lieferung V, Bl. 5). Vielleicht handelt es sich hier indes, wie ich nach näherem Studium der Zeichnungsmanier Molas annehmen möchte, um eine (französische? ) Nachzeichnung, die nur in einigen Teilen (Baumstamm u. a. ) nicht ganz vollendet worden ist.
Pollak konstatiert bei dem hl. Bruno von Mola einen engen Anschluß an Sacchi. Ich vermag ihm hierin nicht zu folgen. Molas Vorbilder waren vielmehr Guercino und Albani. In dem Anschluß an Albani berührt er sich allerdings mit Sacchi, der bekanntlich ein Schüler des bolognesischen Meisters war, doch bleiben die Ähnlichkeiten mit Sacchi bei Mola ganz allgemeiner Art und erklären sich aus den äußeren Umständen hinlänglich. Aber selbst wenn der Zusammenhang wirklich so eng wäre wie Pollak annimmt, so bliebe doch die folgende Bemerkung unberechtigt: »ein so enger Anschluß an Sacchi... ist bei Bernini völlig ausgeschlossen, besonders, wo man weiß, wie extrem feindlich diese beiden Künstler in ihren künstlerischen Anschauungen und Absichten zueinander standen. « Wie extrem feindlich in der Tat die künstlerischen Anschauungen waren, lese man in meinem Borroaufsatz im einzelnen nach: die Aussprüche Berninis, wie sie uns aus Chantelous Journal und Baldinuccis Vita ganz ähnlich überliefert sind und die bei Pascoli angeführten Meinungen Sacchis stimmen, obwohl im einzelnen voneinander unabhängig, in den Hauptsachen frappant miteinander überein. Das hindert natürlich nicht, daß beide Meister als Rivalen ihre Leistungen gegenseitig kritisierten und persönlich im schärfsten Gegensatz zueinander standen.
Ich brauche nicht zu erwähnen, daß ich in der Angelegenheit der bei Fraschetti reproduzierten »Susanna im Bade« vollkommen der Ansicht Pollaks bin. Auch in der Sache der von Hermanin Bernini zugewiesenen Samariterin der Galerie Spada neige ich der älteren Auffassung zu, die an den Bernininachahmer Gaulli dachte.
Hermann Voss.
Inhalt:Münchener Brief. Von W. Bayersdorfer. — Paul Mißbach †. — Personalien. — Wettbewerbe: Neubau der Kunstakademie in Düsseldorf; Rathaus in Landsberg a. W. — Denkmal für die Brüder van Eyck in Gent; Friedrich List-Denkmal in Leipzig; Denkmäler in der Schweiz. — Römische Ausgrabungen. — Ausstellungen in München, Wien. — Kunstgewerbemuseum in Leipzig; Goethe-Nationalmuseum in Weimar; Van Gogh-Museum in Holland. — Stiftung zur Förderung der Bauwissenschaft. — Vermischtes. — Lor. Berninis Tätigkeit als Maler.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig