wiedergeben. Von Ottilie Roederstein sieht man zwei ältere, glattere Porträts (Selbstbildnis und Bildnis des Professors Stockhausen), ein neueres, breiteres, aber etwas derbes Porträt des Malers Nußbaum, und ein mehr buntes als koloristisches Stilleben. —
Von nicht Frankfurter Kunst wären hervorzuheben die ehrlichen, sympathischen Porträts eines liebenswürdigen, älteren bürgerlichen Ehepaars von Carl Sohn (1805 bis 1867) aus den vierziger Jahren etwa, das Brustbildnis eines Bildhauers von einem venezianischen Maler des 18. Jahrhunderts, das an die Art des Pietro Longhi erinnert, dann ein »Narcissus sich in der Quelle spiegelnd« von Camillo Genelli, dem Sohne des Bonaventura Genelli, aus dem Jahre 1865. Das Bild vereint mit der formalen Schönheit des im Beugen langgestreckten Jünglingskörpers und dem Wohlklang der Komposition eine sehr starke farbige Art, deren tiefer und kräftiger Klang an Courbets Farbe erinnern kann. — Einige ausgestellte Bronzen zeigen die Anfänge einer Sammlung moderner Skulptur. Ich zähle auf: J. H. Dalou, Tanzendes Mädchen (Bronzestatuette); Alphonse Legros, Weiblicher Torso (Bronzestatuette); August Kraus, Kauerndes Knäbchen; Georg Kolbe, Liebeskampf; Constantin Meunier, An der Tränke; Hugo Lederer, Büste des Komponisten Richard Strauß; A. Maillol, Büste des Malers Renoir. — a. w.
Ein Kapitel kgl. bayrischer Kunstpflege. Unter obigem Titel erschien kürzlich im Hans Sachs-Verlag-München ein Aufsehen erregendes Schriftchen aus der Feder des früheren Konservators an der Münchener graphischen Sammlung Dr, iur. et phil. Otto Weigmann, das sich energisch gegen den derzeitigen Betrieb an genanntem Institut, wie gegen das in letzter Zeit bei Behandlung von Kunstfragen öfters wenig rühmlich hervorgetretene bayrische Kultusministerium wendet. Veranlassung waren für Weigmann die im vergangenen Sommer im bayrischen Landtag von dem Abgeordneten Dr. Dirr vorgebrachten Angriffe gegen die graphische Sammlung und die darauf von der Regierung durch den Kunstreferenten Ministerialrat Winterstein gegebene, durchaus ungenügende und sogar, wie Weigmann behauptet, nicht ganz der Wahrheit ensprechende Antwort. Abgeordneter Dirr hatte sich gegen das langwierige Katalogisierungssystem und besonders gegen große Unterlassungssünden im Ankauf moderner, namentlich Münchener Graphik gewendet, wodurch die Sammlung im Lauf der Jahre ihre hervorragende Stelle eingebüßt habe. Hierzu gibt Weigmann ausführliche Erläuterungen; er rügt die Maßnahmen, die eine Vollendung des Kataloges in 50—60 Jahren möglich machten, die Wertloses und Wertvolles vollständig gleichstellten und den Gebrauch gewisser Gebiete der Sammlung für den wissenschaftlichen Arbeiter bedeutend erschwerten. Noch gewichtiger aber sind die Anklagen, die den zweiten Punkt betreffen, die Stagnation im Ausbau der Sammlung, durch die das Ansehen derselben wirklich bedeutend gesunken ist. Im Ministerium ist man allerdings anderer Ansicht, sieht in der graphischen Sammlung die größte in ihrer Art in Deutschland und zeigt sich über die anderen Sammlungen des Reichs so glänzend orientiert, daß man öffentlich erklärt: »Während die Kupferstichkabinette in Berlin und Dresden in der Hauptsache nur Kupferstichsammlungen sind, d. h. Sammlungen reproduktiver (sic) Kunst, verbindet unsere Sammlung damit eine große Kollektion von Originalhandzeichnungen und eine große Bibliothek«. 1)
1) Ministerialrat Winterstein in der Landtagsverhandvom 2. August 1912. Siehe Landtagsberichte in der Augsburger Abendzeitung 1912 Nr. 214, S. 8.
Weigmann erörtert eingehend die mangelnde Initiative der Leitung der Münchener Sammlung, die die wichtigsten Auktionen ungenützt vorübergehen lasse und erhebt gleich Dirr besonders Anklagen wegen der durchaus mangelhaften Vertretung Münchener Künstler, wobei er eine Reihe von Namen anführt. Mag man ihm nun in der Wertschätzung einzelner Künstler auch nicht unbedingt zustimmen, so muß man ihm doch andererseits in vielen Fällen recht geben, wie es z. B. wirklich blamabel ist, daß sich von den Simplicissimuszeichnern Gulbransson, Th. Th. Heine, Thöny, Reznicek, E. Wilke kein einziges Werk vorfindet. Im Zusammenhang mit der Besprechung der Ankäufe moderner Graphik geht W. dann noch auf einen Abschnitt der erwähnten Landtagsverhandlungen besonders ein. Auf den Vorhalt Dr. Dirrs, daß von Münchener Künstlern so wenig für die graphische Sammlung erworben werde, hatte Ministerialrat Winterstein erwidert, daß jährlich durchschnittlich 5000 Mark für Arbeiten Münchener Künstler und zwar hauptsächlich ohne Vermittelung des Kunsthandels ausgegeben würden. Die Richtigkeit dieser vor dem ganzen Land gemachten Angaben zieht Weigmann in Zweifel, mit anderen Worten, er zeiht die verantwortliche Stelle mindestens großer Ungenauigkeit in der Berichterstattung und macht mit Verweis auf die öffentlichen Auskunftsberichte wahrscheinlich, »daß nur ein Bruchteil diesen Zwecken zugeführt wurde«. Es ist dem Fernerstehenden ohne genaue Sach- und Materialkenntnis in dieser Angelegenheit nicht möglich, klar zu unterscheiden, wie die Dinge wirklich liegen. Doch darf man annehmen, daß Dr. Weigmann nicht mit einem derartigen Vorwurf hervortreten würde, wenn nicht etwas an der Sache wäre, und so möchte man es wirklich wünschenswert bezeichnen, daß das bayrische Kultusministerium zu der Broschüre bald Stellung nähme und Aufklärung brächte, wenn allenfalls ein Irrtum vorliegen sollte. W. Bayersdorfer.
+ München. Die Kgl. alte Pinakothek wurde Sonntag, den 16. Februar, nachdem sie 1½ Monate geschlossen gewesen, dem allgemeinen Besuch wieder geöffnet. Vier Säle, der Holländer- (IV), der Vlamen- (V), der van Dyck- (VII) und der Frühitalienersaal- (VIII) haben neue Bespannungen erhalten, und zwar Saal IV, der auch neu gehängt wurde und sehr gut wirkt, ein leichteres Rot, Saal V grün, desgleichen der van Dycksaal, während man bei Saal VIII. analog dem altdeutschen Saal zu einem ganz hellen Grund gegriffen hat, weißgrau mit goldenem Sternenmuster. Der Venetianersaal, der noch nicht zugänglich, soll dem Vernehmen nach auch auf grün gestimmt und erst in einigen Wochen wieder geöffnet werden. In den Kabinetten sind einige Änderungen in der Hängung zu bemerken, die zum Teil durch neue aus den Filialgalerien eingezogene Bilder veranlaßt wurden. Eine große Überraschung für die Besucher bedeutet ein neuerworbenes, dem Cosimo Tura (? ) zugeschriebenes Familienbild in Halbfiguren, das als solches, vor allem in der Komposition sehr interessant ist, in seiner Erhaltung aber so ruinös, daß der sehr hohe Preis, der in hiesigen Kunsthistorikerkreisen kolportiert wird, kaum glaublich erscheint. Auf die ganzen Neuerungen wird im nächsten »Münchener Brief« ausführlicher eingegangen werden.
STIFTUNGEN
Mannheim. Die Mannheimer Kunstbewegung beschleunigt in ihrer Entwicklungenergisch ihr eingeschlagenes Tempo. Durch eine Millionenstiftung eröffnen sich ungeahnte Perspektiven für die Zukunft. Die Ehrenbürger der Stadt, Geheimerat Dr. K. Reiß und Frl. Anna Reiß haben ihr mehrere Millionen betragendes Vermögen zur Förderung