hat es bei der ersten Ausstellung, die er hier vorführt, verstanden, von den jüngeren Begabungen, die sich in Berlin mühen, bezeichnende und möglichst gelungene Arbeiten aufzuspüren. Das ist alles noch auf den Wegen der Entwicklung, des Suchens, noch ohne Anspruch auf Abgeschlossenheit, aber doch zusammengehalten von der großen Sehnsucht, auf den Wogen des fortgeführten Impressionismus oder des Rückschlages gegen seine Prinzipien zu einem malerischen Stil der Zukunft zu gelangen. Man notiert etwa ein Stilleben und das Porträt eines jungen Mädchens am Meer von H. Dornbach, einen figurenreichen, recht interessanten Kampf nackter Gestalten am Wasser von Hasler, einen von heller Sonne beschienenen Garten von Bloch, individuell aufgeführt. Porträts von Kerschbaumer, Fräulein von Zitzewitz, Hans Rosenberg, eine Landschaft mit prachtvollem Licht von Boje Postel, ein großes Bild zweier dänischer Bauernkinder von Freese, dazu ein famoses Stilleben aus bunten Feldblumen von Franz Heckendorf — bis auf diesen sind es fast alles unbekannte Namen. Und ebenso viele Hoffnungen. Ein paar jüngere Franzosen gesellen sich hinzu: Othon Friesz, Manguin, Herbin, Vlamingk, Girieud — auch hier erfreut das gute Verständnis, mit dem die Wahl getroffen ist. Von einem jungen Österreicher Friedrich Feigl sieht man eine Kollektion. Er strebt auf eigene Faust, ohne näheren Zusammenhang mit den andern, vorwärts; aber doch noch nicht in einer eigenen Art. Feigl, der, wie man sieht, vor sechs und sieben Jahren noch auf die Wirkungen heller farbiger Harmonien ausging, hat sich inzwischen mit einem eigentümlichen, fast altmeisterlichen Helldunkel eingelassen, bei dem er die verschiedenartigsten Anlehnungen sucht. In Holland malte er Landschaften im Stil der alten Niederländer, in England etwa à la Wilson plus Constable. Eine Szene am Bahnhof stammt von Daumier. Porträtversuche erinnern gar an Lenbach. Es steckt viel angeborenes Können in allen diesen Dingen, ohne daß man bisher einen Willen bemerkte. Aber man glaubt zu spüren, daß aus solchen Ansätzen einmal etwas reifen werde.
SAMMLUNGEN
Die Sammlungen des Berliner Kupferstichkabinetts haben wieder eine Reihe interessanter Neuerwerbungen gemacht, u. a. eine Federzeichnung Adam Elsheimers, Christus und zwei Apostel. Dann ist da eine von Dr. P. von Schwabach in Berlin geschenkte prunkvolle Zeichnung einer Anbetung der Könige, eine niederländische Arbeit aus der Zeit um 1520, und ein großes mit Gold gehöhtes Blatt eines seltenen späten Italieners, des Ligozzi, Christus als Weltrichter. Von Liebermann wurden mehrere neue Arbeiten geschenkt, von Edvard Munch Radierungen und Steindrucke. Unter den Ankäufen ist ein federgezeichneter kleiner heiliger Bischof des Nürnbergers Hans von Kulmbach und ein Studienblatt des interessanten Brescianers Girolamo Romanino. Unter den Holzschnittbüchern fesselt ein Nürnberger Druck des Jahres 1488: Bruder Claus mit interessanten sittenbildlichen Holzschnitten und ein Baseler Druck von 1507 mit einer Arbeit des Künstlers D. S. Von Modernen wurden Bracquemonds fliegende Vögel, mehrere Steindrucke von Delacroix, darunter die Große Oper, die radierte Windmühle des Haager Meisters Jacob Maris und Manets »Katze mit Blumen« angekauft.
Frankfurt a. M. Das Städelsche Kunstinstitut hat soeben einige Neuerwerbungen in die Galerie eingereiht, die zunächst eine sehr erfreuliche Abrundung des Besitzes an Werken der großen französischen Malerei des 19. Jahrhunderts für das Museum bedeuten, darüber hinaus
aber durch ihren Wert den allgemeinen Kunstbesitz Frankfurts in bedeutsamer Weise vermehren. Es sind drei kleine frühe Corots, sogenannte »Corots d’Italie«, zwei Landschaften und das Brustbildnis einer jungen italienischen Bäuerin. Ganz verschieden sind die beiden Landschaften. Die eine, eine waldige Gebirgslandschaft bei Marino in den Albanerbergen wiedergebend (erworben aus der Karl Schaubschen Stiftung auf der Versteigerung der Sammlung Jean Dollfuß; Nr. 22 des Versteigerungskataloges; Nr. 308 des Kataloges der Vente Corot 1875; Nr. 158 des Verzeichnisses von Robaut-Moreau Nélaton), ist im Allgemeineindruck dunkel. Ein nach der Tiefe hin abfallendes, bewaldetes Tal, das ganz in dunklen, grünen, grauen und bräunlichen Tönen gehalten ist, öffnet sich nach hellerem flachen Land; ein bewegter, feuchter, von geballtem, grauem Gewölk bedeckter Himmel liegt darüber. — Ganz hell und duftig ist die zweite Landschaft: Blick auf Marino. (Erworben auf der Versteigerung der Sammlung Henri Rouart; Nr. 107 des Versteigerungskataloges; Nr. 270 des Kataloges der Vente Corot 1875; Nr. 153 des Verzeichnisses von Robaut-Moreau Nélaton. ) Die Stimmung ist die des frühen Morgens. Noch liegen schwere Schatten am Abhang des nach der Ebene hin abfallenden Hügelrückens, auf dem der Ort liegt. In ganz hellem silbrigen Dunst liegt die in zarten violetten und blauen Tönen gegebene Ebene, die in einen hellen, schimmernden Himmel übergeht. — Die »Italienerin« (erworben aus der Schaubschen Stiftung auf der Versteigerung der Sammlung Henri Rouart; Nr. 147 des Versteigerungskataloges. Bezeichnet links »Corot«) entfaltet den ganzen milden und herben Charme Corotscher Frauendarstellungen. Der farbige Charakter ist tief, warm, sonor. — Eine sehr interessante Erwerbung ist das Bildnis des Schriftstellers Villiers von Puvis de Chavannes. (Signiert und datiert 1851. Erworben aus der Schaubschen Stiftung auf der Versteigerung der Sammlung Henri Rouart; Nr. 267 des Versteigerungskataloges. ) Das Bild steht in einem merkwürdigen Gegensatz zu den gehaltenen, architektonischen, hellfarbigen Historienbildern des Malers. Die dramatische, fast erregte Art, mit der der Dargestellte wiedergegeben ist, die breite, bewegte Art der Malerei, die kräftige Dunkelfarbigkeit läßt zunächst eher an Géricault als an Puvis de Chavannes denken. Übrigens kann man das im Städel selbst gut beobachten, da Puvis’ große »Magdalena in der Wüste« in demselben Kabinett hängt wie das Porträt. — Ein sehr wertvoller neuer Besitz ist Degas’ Bild »Musiciens à l’orchestre« aus dem Jahre 1872. (Eigentum der Städtischen Galerie. Erworben aus der Pfungstschen Stiftung von Durand Ruel). Das Problem der Darstellung ist das gleiche wie das des Bildes im South-Kensington-Museum aus dem gleichen Jahre: Der Blick auf eine Bühne mit Tänzerinnen über die Köpfe der Orchestermusiker hinweg. So bilden sich zwei Zonen: eine nahe, untere, dunkle mit den Köpfen der Musiker, den Notenblättern, Teilen der Instrumente, und eine entferntere, obere, helle mit den Gestalten der Tänzerinnen vor den Kulissen. Die gleichzeitig zeichnerische und malerische Bewältigung des Problems ist erstaunlich und einzigartig. Dazu kommt die kühne, ebenso eigenartige wie befriedigende Art des Ausschnittes. Eins mit der künstlerischen Gegeneinanderstellung der zwei Sphären ist die geistige. Sie kristallisiert sich in dem ernsten, schweren, bärtigen Musikantenkopf des Geigers links und in der duftigen Leichtigkeit der Prima Ballerina im Rampenlicht.
Gleichzeitig mit diesen neuen Erwerbungen haben auch Claude Lorrains große Osterlandschaft und die dem Piero di Cosimo zugeschriebene heilige Familie ihren Platz in den Räumen der Galerie gefunden.
A. W.