ein, so daß hinsichtlich des Verkaufs den Künstlern günstige Chancen sich eröffnen. Auch hat in den neuen Etat 5000 Mark für Ankäufe die Stadt eingesetzt, diese aber nicht nur für das laufende Jahr, sondern es besteht die Absicht, jedes Jahr vor der Hand die gleiche Summe zu Ankäufen von Werken neuerer Kunst aufzuwenden und damit den Grund für eine später zu begründende städtische Sammlung zu legen.
Die Stadt Kassel, die bisher sich des kostbaren Besitzes alter Kunst erfreuen durfte, aber nicht die Pflichten daraus ableitete, zu denen ein solcher Reichtum eigentlich ermahnte, wird aber nicht nur hier etwas tun; auch das neue Landesmuseum wird sich städtischer Beihilfe erfreuen dürfen. Diese großartige Neugründung, die im Laufe des Sommers der Öffentlichkeit übergeben werden soll, wird namentlich die (außer in Fachkreisen) nicht genügend bekannten, bedeutenden Sammlungen kunstgewerblicher Gegenstände aufnehmen, die man bisher im Erdgeschoß der Gemäldegalerie fand, ferner die Antiken aus dem Museum Fridericinum. Dazu kommen neu: ausgewählte Gegenstände aus dem Besitz des hessischen Geschichtsvereins, bisher in Marburg bewahrt, einige erlesene Objekte aus Schlössern, namentlich von der Löwenburg auf Wilhelmshöhe; eine reiche, in Jahren unermüdlichen Suchens vereinigte Sammlung von Gegenständen aus bäuerlichem Besitz usw. All das, dazu die Fahnen und Uniformen der kurhessischen Armee, wird der wundervolle Bau von Theodor Fischer umschließen, der so viele Diskussionen in der Stadt hervorrief, weil er so sehr einfach und monumental ist, und in der eigenartigen Fensterordnung jedem den Zweck der Anlage verrät. Daß er sich aufs feinste in das Stadtbild einfügt, diesen kleinen Umstand übersah die bürgerliche Kritik.
Während so die kunstgewerbliche Sammlung aufs reichste vermehrt neuem Leben entgegensieht, hat die Gemäldegalerie nur durch die seit bald Jahresfrist vollendete Neuordnung sich zu beleben vermocht; eine wesentliche Bereicherung aber ist bei den gegenwärtigen Zeiten mit ihren die höchsten Erwartungen stets überbietenden Preisen ausgeschlossen. Das hatte Oskar Eisenmann noch vor zwanzig und dreißig Jahren gekonnt; in der Gegenwart ist es bei einem kleinen Etat kaum noch möglich. So kann eigentlich nur von einer Vermehrung dieses stolzesten Kunstbesitzes zu Kassel gesprochen werden: von zehn Ölskizzen Friedrich August Tischbeins. Er gehört auch zu der Gruppe der Künstler, für deren Nachruhm eine Zeit kommen mußte, die eine für koloristische Qualität verfeinertes Gefühl besaß. Vielleicht hatte der eine und andere einmal vor den feinen Pastellen Halt gemacht, die man im Haag und in Amsterdam von ihm sieht; aber erst die Leipziger Porträtausstellung des vergangenen Jahres hat ihm den gebührenden Platz in der Geschichte der deutschen Malerei des 18. Jahrhunderts gesichert. Und fast noch besser als seine ausgeführten Porträts, gewiß geistvoller sind diese Skizzen, die, durch Feuchtigkeit unscheinbar geworden, sich in den der Galerie seit Jahren gehörigen Albums mit Kupfern und Zeichnungen
aller möglichen Tischbeins fanden. Von Hauser gereinigt, konnten sie zuerst im Vorjahre in Leipzig gezeigt werden und bilden jetzt eine besonders reizvolle Gruppe innerhalb der deutschen Bilder des vorvorigen Jahrhunderts. Von Wilhelm Tischbein, dem dank seinen Beziehungen zu Goethe berühmtesten (doch wahrlich nicht besten) Mitglied der an Künstlern so reichen Familie, besaß die Galerie bisher nichts. Jetzt ist sie durch private Schenkung in den Besitz von zwei Bildern und einer größeren Zahl von Zeichnungen gelangt. Das eine Bild mythologischen Inhalts (Pygmalion) ist eine für den Maler merkwürdig tonige Skizze »in Rembrandts Manier«, das andere stellt in der bekannten antikisch stilisierenden Art des Meisters eine Tochter von ihm dar.
Zum Schluß mag noch einer zur Weihnachtszeit erschienenen Publikation gedacht sein, weil sie das sehr beachtenswerte (und leider von Fremden wenig beachtete) Alte Kassel zum Gegenstand hat. Als zweites Heft einer Serie »Alt-Hessen« erschienen (Verlag N. G. Eiwert in Marburg), führt diese Publikation die wichtigsten Typen im Bilde vor, und in einer sehr reizvollen Einleitung skizziert der Verfasser, Dr. Holtmeyer, die historische Entwicklung der Stadtanlage und der einzelnen Häusertypen. Die verständige Art, wie er, ohne extravagante Forderungen zu stellen, für Bewahrung des wertvollen Besitzes eintritt, verdient allenthalben Beachtung, wo die gleichen Probleme zu lösen sind. Darum ist es mit großer Freude zu begrüßen, daß er vom 1. Oktober ab den Posten des Provinzialkonservators in Hessen übernimmt, als Nachfolger des Geheimrats von Drach, der in den Ruhestand tritt. G. Gr.
NEKROLOGE
Friedrich Offermann †. In Dresden ist am 24. Februar der Bildhauer Friedrich Offermann, ein geborener Hamburger, im 54. Lebensjahre gestorben. Er entstammte der Schule Hähnels an der Dresdener Kunstakademie und hat teils aus eigenem Antrieb, teils im Auftrage des Staates und von Gemeinden eine Reihe ansehnlicher Kunstwerke geschaffen. Zu der ersten Gattung gehören eine lebensgroße Kleopatra, die Vollfigur Schnitter Tod, die Halbfigur Macbeth, der Meuchelmörder (farbig), ein junges Mädchen auf einer steinernen barocken Pansfigur, ferner als Kabinettstücke ein Don Quixote, die Sonnenblume u. a. m. Für Marienberg i. Sa. schuf er im Auftrage des Staates das Standbild Heinrichs des Frommen, für das Hamburger Rathaus einen Johannes und eine Magdalene, für die Kreuzkirche zu Dresden die große Altargruppe, für den Eingang der Carolabrücke in Dresden die beiden großen Gruppen die segenbringende und die verderbliche Elbe, ferner Standbilder für die Kgl. Kunstakademie und für das Rathaus zu Dresden, für die Kirchen zu Zwenkau, Bautzen und Pegau. In der letzten Zeit wandte er sich wiederholt der Kleinkunst zu: allerlei Arbeiten für Porzellan, Silber und ähnl. bekunden einen vornehmen Geschmack. Seine Kunst wurzelte in einem gesunden und herben Realismus, der mit den technischen und stofflichen Mitteln wie mit den inneren Gesetzen des Schaffens genau vertraut war. Offermann war ein feingebildeter Mann und hat im Dresdener Kunstleben eine ansehnliche Rolle gespielt. Er war in den 1890er Jahren Vorsitzender des Vereins bildender Künstler Dresdens, später Vorsitzender der Dresdener Kunstgenossen