sich nicht hätte zu bemühen brauchen. Denn diese Bekanntschaft gehört wirklich nicht zu den irdischen Glückseligkeiten. Was hier gezeigt wird, ist überall zu sehen, und meistens besser. Werke, von denen man fühlt — wie das von jedem richtigen Kunstwerk gefordert werden muß —, daß sie geschaffen sind, weil es den Schaffenden unwiderstehlich dazu hingedrängt hat, weil er das Bild, das er in der Natur in sich aufgenommen, hat malen müssen, fehlen gänzlich. Die genügsame Selbstzufriedenheit überwiegt. Nicht, daß es überhaupt an Tüchtigem fehlte! Einige Pferdebilder von H. F. Hartmann, einige brillant bewegte Mövenbilder von Fritz Lißmann, ein in fließendem Licht gebadetes Innenraumbild von Eduard Steinbach, das freilich unendlich gewonnen hätte, wenn die hineingemalten Staffagefiguren ganz weggeblieben wären, Landschaften von F. Schaper, Graf L. Kalckreuth, M. E. Bahre — um nur einige zu nennen — genügen allen an ein gutes Bild gestellten maßvollen Anforderungen vollauf. Doch selbst diese guten und besten Gemälde sind gerade nur gut genug, um am Orte zu beschäftigen, nicht auch, um den Besucher noch eine Strecke Weges in der Erinnerung zu begleiten.
Auch an Bildnissen fehlt es nicht. Es sind sogar einige da (A. Siebelist, Paul Storm, Wilhelm Mann, Rudolf Zeller, Ines Lührsen-Debroe), die überall berechtigten Anspruch auf künstlerische Beachtung erheben könnten. Doch es sind Selbstporträts oder Bildnisse aus dem Umgang der betreffenden Maler. So wertvoll nun solche Studien-Porträts auch für den Schaffenden sein können, so wenig bedeuten sie als Materiale für die Kunsterziehung im allgemeinen. Die kann nur durch Bildnisse gefördert werden, die Kulturdokumente sind, d. h. die in den Dargestellten zugleich auch von dem Geist der Zeit Mitteilung machen, in der jene gelebt haben. Und wieviel ließe sich nach dieser Seite hin gerade aus den Köpfen der Hamburger Kaufherren, Seeleute, Senatoren und deren Frauen herausholen und ist auch schon herausgeholt worden! Solche Bildnisse aber fehlen gleichfalls auf unserer Ausstellung völlig, was um so mehr auffallen muß, als ein im Jahre 1889 begründetes Komitee von Kunstfreunden im Sinne der Pflege des monumentalen Bildnisses eine rege propagandistische Tätigkeit entfaltet. Die Erklärung dieser Erscheinung liegt nahe. In ihrem Streben nach malerischer Realität oder realistischer Malerei sind unsere durchweg modernistisch angehauchten jungen Maler dahingekommen, das Bildnis wie die Landschaft und das Innenraumbild zu behandeln, als ein vornehmlich auf Farbenwirkung anzulegendes Objekt. Daß es dabei doch auch ein wenig auf den Menschen ankommt, ist ihrem Gedächtnis entschwunden. Das hat zur Folge, daß der Laie, dessen Auffassungsfähigkeit in Fragen der Kunst im allgemeinen und der modernen im besonderen mit der des suchenden und ringenden Künstlers nicht Schritt halten kann, im Bedarfsfalle es vorzieht, sich an akkreditierte »Namen« zu halten, die den Besteller von der persönlichen Verantwortung entlasten.
Diesen in Hamburg akkreditierten Namen — Graf Kalckreuth, Max Liebermann, Hubert Herkomer, F. Laszlo u. a. hat sich in neuerer Zeit der völlig aus allen in Hamburg sonst gangbaren »Richtungen« schlagende Hugo Habermann zugesellt, von dem gleichfalls in diesen Tagen eine vielfach aus hamburgischem Privatbesitz ergänzte Sonderausstellung im Ausstellungslokale des Kunstvereins veranstaltet worden ist. Habermanns Malweise ist ja zur Genüge bekannt, und es ist darüber nichts Neues zu sagen. Ich komme darauf auch nur deswegen zurück, weil die Ausstellung zwanzig Tafeln aus dem Besitz eines Sammlers enthält, der sonst die Modernen stark begünstigt.
Gewiß ein nich uninteressanter Beitrag zur Psychologie des Kunstsammelns.
Fassen wir die aus den Darbietungen der zurzeit hier stattfindenden Ausstellungen gewonnenen Erfahrungen zusammen (eine neuestens hinzugetretene »Ausstellung der [bei Commeter] Zurückgewiesenen« ändert an dem bereits gewonnenen Bilde nichts) so kommen wir zu dem Ergebnis, daß bei überwiegend breitem Strich und heller Malweise der Sinn der jetzt führenden Hamburger Maler dem Dekorativen zugekehrt ist, während das malende »Alt- Hamburg« das Intime bevorzugte. Da nun der Hamburger von Hause aus konservativ ist, handelt es sich darum, zu zeigen, wer den längeren Atem hat, um den anderen zu sich herüber zu bekehren.
Im übrigen rüstet Hamburg der einhundertsten Wiederkehr des Gedenktages an die großen französischen Kriegsnöte entgegen, unter denen Hamburg bekanntlich weit schwerer zu leiden gehabt hat, als irgend eine andere Stadt in Deutschland. Das Gedenken soll durch einen großen, bilderreichen Festzug gefeiert werden, zu dem der Maler Arthur Illies die farbigen Entwürfe geliefert hat, die im Museum für Kunst und Gewerbe ausgehängt sind. Über den künstlerischen Wertgehalt dieser Entwürfe wird sich ein Urteil erst dann abgeben lassen, wenn das Leben hinzugetreten sein wird, dem sie dienen sollen. Das an ihnen auffallendste ist die frische Farbigkeit der Trachten der Zivilbevölkerung, die die Nachbarschaft der bunten Soldatenuniformen ohne Nachteil verträgt. Wir suchen krampfhaft nach Wiederbelebung des Kolorismus, den unsere Vorfahren ganz unbefangen hatten.
H. E. Wallsee.
Budapest. Im Ernst-Museum ist vor einigen Tagen die Kollektivausstellung von Ivàny-Grünwald geschlossen worden. In derselben wurde für das Museum der bildenden Künste in Budapest ein Stilleben (Porzellangruppen) erworben. Es ist ein erfreuliches Zeichen, daß der Künstler, welcher der Führer der Kecskemeter-Gruppe ist, sich nun von dem Einflusse des Gauguin emanzipiert hat und auf neuen Wegen wandelt. Besonders lobend muß erwähnt werden, daß er sich ernstlich mit Themata von breit angelegten Kompositionen beschäftigt. Vor seinen Gemälden mögen diejenigen, welche Dekorationszwecken dienen, hervorgehoben werden. Im Anschluß an diese Ausstellung ist eine Kollektivausstellung von Prof. Karl v. Ferenczy eröffnet worden. Er gehört zu der früheren Künstlervereinigung von Nagybànya, deren Erscheinen seinerzeit hier von geradezu revolutionärer Wirkung war. Ferenczy ist ein starkes und seltenes Talent, der während seiner langjährigen steten Entwickelung weder nach rechts noch nach links geschaut hat, der keiner besonderen Richtung angehört, der keine äußeren Einflüsse auf sich hat wirken lassen, somit auf eigenen Füßen steht. Diese Empfindung hat man auch in seiner jetzigen Ausstellung von Bildern und Handzeichnungen (82 Werke), die sieben Säle des Ernst-Museums füllen. Zu seinen neuesten gelungenen Schöpfungen gehören z. B. »Die Schlafende«, eine auf dem Sofa hingelagerte Blondine, sodann seine Gestalten aus dem Zirkusleben (zumeist Artisten) und das lebensgroße Porträt des Wirklichen Geheimrats Julius von Szalavszky, der in schwarzer ungarischer Nationaltracht auf hellgrauem Hintergrund dargestellt ist, eine vorzügliche Leistung. — Gleichzeitig mit dieser Ausstellung ist im Kunstgewerbemuseum die chinesische Sammlung der Frau Olga Julia Wegener, deren Name durch die in London und Berlin veranstalteten Ausstellungen wohl bekannt ist, zu sehen. Sie hat diesmal 172 Stück, welche sie in China gesammelt hatte, darunter neunzig Malereien aus den Epochen Ming und Tsching, sodann vier» Cho-ssü«-s (Seiden
Auch an Bildnissen fehlt es nicht. Es sind sogar einige da (A. Siebelist, Paul Storm, Wilhelm Mann, Rudolf Zeller, Ines Lührsen-Debroe), die überall berechtigten Anspruch auf künstlerische Beachtung erheben könnten. Doch es sind Selbstporträts oder Bildnisse aus dem Umgang der betreffenden Maler. So wertvoll nun solche Studien-Porträts auch für den Schaffenden sein können, so wenig bedeuten sie als Materiale für die Kunsterziehung im allgemeinen. Die kann nur durch Bildnisse gefördert werden, die Kulturdokumente sind, d. h. die in den Dargestellten zugleich auch von dem Geist der Zeit Mitteilung machen, in der jene gelebt haben. Und wieviel ließe sich nach dieser Seite hin gerade aus den Köpfen der Hamburger Kaufherren, Seeleute, Senatoren und deren Frauen herausholen und ist auch schon herausgeholt worden! Solche Bildnisse aber fehlen gleichfalls auf unserer Ausstellung völlig, was um so mehr auffallen muß, als ein im Jahre 1889 begründetes Komitee von Kunstfreunden im Sinne der Pflege des monumentalen Bildnisses eine rege propagandistische Tätigkeit entfaltet. Die Erklärung dieser Erscheinung liegt nahe. In ihrem Streben nach malerischer Realität oder realistischer Malerei sind unsere durchweg modernistisch angehauchten jungen Maler dahingekommen, das Bildnis wie die Landschaft und das Innenraumbild zu behandeln, als ein vornehmlich auf Farbenwirkung anzulegendes Objekt. Daß es dabei doch auch ein wenig auf den Menschen ankommt, ist ihrem Gedächtnis entschwunden. Das hat zur Folge, daß der Laie, dessen Auffassungsfähigkeit in Fragen der Kunst im allgemeinen und der modernen im besonderen mit der des suchenden und ringenden Künstlers nicht Schritt halten kann, im Bedarfsfalle es vorzieht, sich an akkreditierte »Namen« zu halten, die den Besteller von der persönlichen Verantwortung entlasten.
Diesen in Hamburg akkreditierten Namen — Graf Kalckreuth, Max Liebermann, Hubert Herkomer, F. Laszlo u. a. hat sich in neuerer Zeit der völlig aus allen in Hamburg sonst gangbaren »Richtungen« schlagende Hugo Habermann zugesellt, von dem gleichfalls in diesen Tagen eine vielfach aus hamburgischem Privatbesitz ergänzte Sonderausstellung im Ausstellungslokale des Kunstvereins veranstaltet worden ist. Habermanns Malweise ist ja zur Genüge bekannt, und es ist darüber nichts Neues zu sagen. Ich komme darauf auch nur deswegen zurück, weil die Ausstellung zwanzig Tafeln aus dem Besitz eines Sammlers enthält, der sonst die Modernen stark begünstigt.
Gewiß ein nich uninteressanter Beitrag zur Psychologie des Kunstsammelns.
Fassen wir die aus den Darbietungen der zurzeit hier stattfindenden Ausstellungen gewonnenen Erfahrungen zusammen (eine neuestens hinzugetretene »Ausstellung der [bei Commeter] Zurückgewiesenen« ändert an dem bereits gewonnenen Bilde nichts) so kommen wir zu dem Ergebnis, daß bei überwiegend breitem Strich und heller Malweise der Sinn der jetzt führenden Hamburger Maler dem Dekorativen zugekehrt ist, während das malende »Alt- Hamburg« das Intime bevorzugte. Da nun der Hamburger von Hause aus konservativ ist, handelt es sich darum, zu zeigen, wer den längeren Atem hat, um den anderen zu sich herüber zu bekehren.
Im übrigen rüstet Hamburg der einhundertsten Wiederkehr des Gedenktages an die großen französischen Kriegsnöte entgegen, unter denen Hamburg bekanntlich weit schwerer zu leiden gehabt hat, als irgend eine andere Stadt in Deutschland. Das Gedenken soll durch einen großen, bilderreichen Festzug gefeiert werden, zu dem der Maler Arthur Illies die farbigen Entwürfe geliefert hat, die im Museum für Kunst und Gewerbe ausgehängt sind. Über den künstlerischen Wertgehalt dieser Entwürfe wird sich ein Urteil erst dann abgeben lassen, wenn das Leben hinzugetreten sein wird, dem sie dienen sollen. Das an ihnen auffallendste ist die frische Farbigkeit der Trachten der Zivilbevölkerung, die die Nachbarschaft der bunten Soldatenuniformen ohne Nachteil verträgt. Wir suchen krampfhaft nach Wiederbelebung des Kolorismus, den unsere Vorfahren ganz unbefangen hatten.
H. E. Wallsee.
Budapest. Im Ernst-Museum ist vor einigen Tagen die Kollektivausstellung von Ivàny-Grünwald geschlossen worden. In derselben wurde für das Museum der bildenden Künste in Budapest ein Stilleben (Porzellangruppen) erworben. Es ist ein erfreuliches Zeichen, daß der Künstler, welcher der Führer der Kecskemeter-Gruppe ist, sich nun von dem Einflusse des Gauguin emanzipiert hat und auf neuen Wegen wandelt. Besonders lobend muß erwähnt werden, daß er sich ernstlich mit Themata von breit angelegten Kompositionen beschäftigt. Vor seinen Gemälden mögen diejenigen, welche Dekorationszwecken dienen, hervorgehoben werden. Im Anschluß an diese Ausstellung ist eine Kollektivausstellung von Prof. Karl v. Ferenczy eröffnet worden. Er gehört zu der früheren Künstlervereinigung von Nagybànya, deren Erscheinen seinerzeit hier von geradezu revolutionärer Wirkung war. Ferenczy ist ein starkes und seltenes Talent, der während seiner langjährigen steten Entwickelung weder nach rechts noch nach links geschaut hat, der keiner besonderen Richtung angehört, der keine äußeren Einflüsse auf sich hat wirken lassen, somit auf eigenen Füßen steht. Diese Empfindung hat man auch in seiner jetzigen Ausstellung von Bildern und Handzeichnungen (82 Werke), die sieben Säle des Ernst-Museums füllen. Zu seinen neuesten gelungenen Schöpfungen gehören z. B. »Die Schlafende«, eine auf dem Sofa hingelagerte Blondine, sodann seine Gestalten aus dem Zirkusleben (zumeist Artisten) und das lebensgroße Porträt des Wirklichen Geheimrats Julius von Szalavszky, der in schwarzer ungarischer Nationaltracht auf hellgrauem Hintergrund dargestellt ist, eine vorzügliche Leistung. — Gleichzeitig mit dieser Ausstellung ist im Kunstgewerbemuseum die chinesische Sammlung der Frau Olga Julia Wegener, deren Name durch die in London und Berlin veranstalteten Ausstellungen wohl bekannt ist, zu sehen. Sie hat diesmal 172 Stück, welche sie in China gesammelt hatte, darunter neunzig Malereien aus den Epochen Ming und Tsching, sodann vier» Cho-ssü«-s (Seiden