SAMMLUNGEN
Budapest. Dem Museum der bildenden Künste hat der vor vier Jahren verstorbene Graf Johann Pálffy in Preßburg den größten Teil seiner großartigen Sammlung von Gemälden alter und neuerer Meister testamentarisch vermacht. Im ganzen 176 Stück, von welchen nicht weniger als 126 Werke alter Meister den italienischen und niederländischen Schulen angehören. Diese Erbschaft bedeutet für das Museum einen großen Zuwachs, finden sich doch dabei etwa 30 Werke, die jeder großen Galerie zur Zierde gereichen würden. Die Bilder, die nun endgültig dem Museum übergeben wurden, werden in sechs zu diesem Zwecke neu ausgestatteten Sälen en bloc als die Pálffysche Sammlung aufgestellt und in einigen Monaten dem Publikum zugänglich gemacht. In dem heutigen kurzen Bericht soll nur auf einige der wichtigsten Bilder aufmerksam gemacht werden. Unter den Italienern seien genannt: Boltraffios großes Altarwerk, das der Künstler 1508 für die Kathedrale von Lodi malte: die Madonna in der Felsgrotte mit zwei Heiligen und dem knienden Donator, sodann wundervolle Madonnenbilder von Francia, desgleichen ein Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, eine Madonna mit Kind von Vittore Crivelli, die hl. Rochus und Ludwig von Borgognone, eine thronende Madonna mit Kind von Antonio Vivarini, ein Madonnenbild von Andrea Solario, eine Madonna mit Kind und Johannes in der Landschaft von Andrea Salaino, das Bildnis des Dogen Mocenigo von Jacopo Tintoretto und das herrliche Bildnis eines Dogen von Tizian, ferner eine Geburt Christi von Boccacino, sodann ein großes Gemälde von Bonifazio Veronese, welches zu der Suite der Bilder in Venedig und Wien gehört usw. Nicht minder hervorragend sind auch die Niederländer. Eine kleine Madonna mit Kind von Petrus Cristus (? ), zwei Madonnenbilder von Joos van Cleve. Glänzend sind die holländischen Landschaftsmaler vertreten: Jakob und Salomon Ruijsdael, Philip Koninck, van Goyen, Everdingen, Willem de Heusch, Aert van der Neer und eine sehr interessante Landschaft, vielleicht von Rembrandt oder Hercules Seghers, ein Seestück von Simon de Vlieger, ein signiertes Damenporträt von dem seltenen Meister de Bye von 1653, das lebensvolle Porträt des Kommandanten Wildt von Bartholomäus van der Heist (gemalt 1657) und ein feines Familiengruppenbild von Jan van Ochtervelt (1670). Besonders mögen auch die holländischen Genremaler hervorgehoben werden, so z. B. ein kostbares Bild von Jan Steen, Werke von Teniers, Ostade, Bega, Martens Sorgh und viele andere Bilder. Unter den Werken neuerer Meister seien genannt: der Titusbogen in Rom von Lenbach aus dem Jahre 1860, ein Hauptwerk seiner Frühzeit, ferner Landschaften von Daubigny, Mauve usw. a. v. T.
FORSCHUNGEN
Zur Frage nach dem Autor des Pal. Madama in Rom. Die Frage nach dem Schöpfer des schönen und für die Entwickelungsgeschichte der römischen Barockarchitektur sehr wichtigen Palazzo Madama ist kontrovers: Milizia, Gurlitt, Ricci u. a. verfechten die Ansicht, der Palast sei nach einem Entwurfe des Cigoli von Paolo Marucelli gebaut worden, die römischen Führer des 17. und 18. Jahrhunderts, Busse und ich behaupten, der Palast hätte mit Cigoli nichts zu tun (vergl. dazu Kunstchronik, N. F. XXIII, Nr. 33, S. 528 und Nr. 35, S. 560! ), sei vielmehr ein originales Werk des Paolo Marucelli. In einem diesbezüglichen Artikel im kunstgesch. Jahrbuch der Zentralkomm. 1910 (Beibl. S. 168 ff) habe ich nachzuweisen ver
sucht, daß die Ansicht Milizias, auf die die aller späteren Forscher zurückgeht, auf einer irrtümlich ausgelegten Stelle in Baldinuccis Vita des Cigoli beruht. Zur Bestätigung der Behauptung von der geistigen Urheberschaft des Marucelli am Pal. Madama brachte ich dort die zeitgenössische und glaubwürdige Stelle aus Martinellis »Roma ricercataund die Unterschrift auf dem Stiche im Werke des Ferrerio- Falda bei, die, wie in der Folge alle Autoren des 17. und 18. Jahrhunderts, Marucelli als den Architekten und das Jahr 1643 als das Erbauungsjahr angeben. Durch einen Zufall ist es mir nun gelungen, einen neuen und wie es mir scheint, endgültigen Beweis für meine Meinung zu finden, und zwar im Vitenwerke des Baglione, das 1642 in Rom erschienen ist. An einer Stelle, wo niemand diese Nachricht vermuten würde, nämlich in der Vita des Malers Gio. Antonio Lelli, berichtet Baglione auf S. 376, daß dieser Maler einige figurale Friese in den Zimmern des neuen Palastes des Großherzogs von Toscana, der auf Piazza Madama eben seiner Vollendung entgegengehe und ein schöner Bau des Paolo Marucelli sei, gemalt habe. (»Fece [Giv. Ant. Lelli] alcuni fregi con istorie nelle stanze del nuovo Palagio del Serenissimo Gran Duca di Toscana, che hora si compisce a Piazza Madama, bella architettura di Paolo Marucelli«). Das Buch von Baglione ist bekanntlich eine Quelle allerersten Ranges, fast in allen seinen Angaben durchaus verläßlich, denn als ausübender Künstler und in angesehener Stellung kannte er fast alle Künstler persönlich; und was mehr ist, er schrieb durchaus objektiv und weder von Kirchturm- noch von Cliquengeist wie andere Vitenschreiber irregeleitet. Als Künstler wußte er wohl, zu unterscheiden, ob ein Architekt nach eigenen oder nach fremden Entwürfen baute. Tatsächlich gibt er es auch immer gewissenhaft an, wenn ein Architekt einen vorliegenden Plan eines andern benutzt hat. Es ist also gar nicht einzusehen, wieso er bei einem während der Abfassung seines Buches zu Ende gehenden Baue von dem Vorhandensein eines älteren Planes gar nichts gewußt haben sollte; auch hat er, wie ich in dem zitierten Jahrbuchaufsatze bereits erwähnt habe, in seiner Vita des Cigoli kein Wort von einem Entwurfe für Pal. Madama gesagt. Nach den primitivsten Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung werden wir also wohl oder übel annehmen müssen, daß die Stimmen zweier wohlunterrichteter in Rom lebender Autoren, von denen der eine 1642 (Baglione) und der andere 1644 und 1660 (Marlinelli) über einen 1643 fertigen römischen Bau die gleiche Nachricht geben, schwerer in die Wagschale fallen müssen als die zweifelhafte Stelle in dem am Ende des 17. Jahrhunderts erschienenen Werke des Florentiners Baldinucci und fortan die Teilnahme des Cigoli an dem schönen Baue aus der Kunstgeschichte streichen müssen. Und was die Briefe des Cigoli betrifft, auf die sich Ricci beruft, so kam Busse auf Grund ebenderselben Briefe zu der Überzeugung, daß Cigoli mit dem heutigen Pal. Madama nichts zu schaffen hat (Thiemes Künstlerlex. VI. S. 591). Eine exakte und systematische Durchforschung der Archive und der literarischen Quellen wird noch manche andere Überraschungen bringen und manche jahrhundertealte Überlieferung zerstören; und meist in dem Sinne, das den großen, berühmten Künstlern aus ihrem Oeuvre genommen und den kleinen, unbekannten, vergessenen Künstlern gegeben wird.
Oskar Pollak.
Die Landschaft auf Dürers Blatt »Die Drahtziehmühle« (Lippmann 4) ist die des Pegnitztales, eine Stunde oberhalb von Nürnberg. Auf der Anhöhe in der Mitte des Bildes das alte Mögeldorf mit Kirche und den Herrensitzen Nürnberger Familien, die drei Gebäudegruppen durch die charakteristischen Hohlwege voneinander getrennt; hinter