der Kunst des 15. Jahrhunderts (Lehrs und Geisberg) zu erwarten wäre. — Neben zwei vortrefflichen Cranachzeichnungen und einer der etwas grotesken Zeichnungen H. C. Stimmers muß ein Dürerisches Studienblatt mit Gewandmotiven hervorgehoben werden. Obwohl Einzelheiten, wie die flüchtigen Zutaten von Gesicht und Händen der Knieenden, auf den ersten Blick befremden, hat Gabelentz m. E. doch richtig gesehen. Es freut mich sagen zu können, daß ich unabhängig von ihm, bei einer Nachprüfung bis auf zwei Blätter (L. 381, 572) dieselben Zeichnungen wie er als Belege der Echtheit zusammengestellt habe. Augenscheinlich gehören die Arbeiten zu jener Serie von Gewandstudien, mit denen sich Dürer im Zusammenhange mit größeren malerischen Plänen 1520/1521 beschäftigte. Die verschiedenen meisterlichen Studien nach einem pelzgefütterten Sammetrock könnten möglicherweise einer Anbetung der Könige zugedacht sein, die Dürer damals erwogen zu haben scheint. (Vgl. L. 584. ) — Die Zeichnung Rottenhammers von 1597 — eine der besten ihres Meisters — bietet in ihrer unbeholfenen Annäherung an Tintoretto noch ein gewisses Interesse. Lindtmayers Wappenzeichnung wäre dagegen wohl entbehrlich gewesen. — Unter den Niederländern finden wir Blätter hohen Wertes: den großen Frauenkopf des Lucas v. Leyden, die Studien von Pieter Brueghel d. Ä., Rembrandt, van Dyck, das stattliche, ersichtlich von Rembrandts berühmtem Londoner Selbstbildnis inspirierte Bildnis Vlincks und das anonyme Salomeblatt, das in die Nähe von Cornelis Engelbrechtsen weist. — Das Rubenssche Bildnis der Grafen Arundel erscheint als minder wichtig, da es durch eine rohe Retusche des Kopfes total entstellt und verfälscht ist. Eine ganz ähnliche brutale Überarbeitung kommt auf einer verwischten echten Kohlestudie des Rubens im Bremer Kabinett vor. (Gruppe zu einem Sturz der Verdammten. ) Die Rötelstudien von Bega und Toorenvliet sind echt und typisch, wenn auch nicht interessant und die Kompositionen von Everdingen, Cuyp und Dusart gehören zu jener populären, aber minder anregenden Kategorie der »fertig gemachten« Zeichnungen, die zu ihrer Zeit für den Markt produziert wurden. Dahin könnte man auch die Federzeichnung Hans Bols rechnen, wenn sie nicht in ihrer liebenswürdigen Fülle als die Arbeit eines Miniaturisten von vornherein anders bewertet werden müßte. — Den Beschluß der Reihe machen je zwei Italiener und Franzosen. Von Domenico Campagnola eine signierte Federzeichnung der Stigmatisation des hl. Franz, von Alessandro Allori eine etwas leere Porträtstudie in roter und schwarzer Kreide, von Boucher eine wundervolle Studie zu einem Tritonen und von Watteau ein Frauenköpfchen. Das letztere Blatt ist das einzige der Reihe, bei dem sich Zweifel an seiner Echtheit regen könnten. Wohl ist der Gesichtstypus der Dargestellten aus anderen Arbeiten Watteaus bekannt, dennoch aber sieht der zeichnerische Vortrag so leer und unlebendig aus, daß man die Kopie einer echten Zeichnung vor sich zu sehen glaubt. — Die wenigen Bedenken, die hier geäußert sind, möchten im Grunde weniger das Geleistete betreffen als vielmehr das noch zu Erwartende. Für die erste Lieferung haben wir alle Ursache dankbar zu sein, auch wenn wir uns von der Fortsetzung noch eine Steigerung des Dargebotenen erhoffen können. Bei aller Anerkennung des Herausgebers v. d. Gabelentz wollen wir schließlich auch der werbenden Bemühungen des Herrn R. Schrey in Frankfurt rühmend gedenken, der seinen Namen bei einem Unternehmen, das ihm zu danken ist, bescheiden verschwiegen hat.
G. Pauli.
Kunstgeschichte in Bildern. Neue Bearbeitung. I. Teil, Das Altertum: 2. Heft. Babylonisch-assyrische Kunst, von C. Frank. 3. Heft. Kretisch-mykenische Kunst, von Franz Winter. Leipzig, E. A. Seemann, je 1. 20 Mk.
Die unhandlich große erste Ausgabe wird hiermit durch eine glückliche, höchst zeitgemäße Neubildung ersetzt. Auf je 16 Großoktavblättern sind in kleinem Maßstab je 16 bis 20 oder mehr Aufnahmen in chronologischer oder sachlicher Ordnung vereinigt. Einige Textseiten dienen zur Orientierung. Ein großartiges, bisher weit zerstreutes Studienmaterial kann hiermit einem Blick überflogen werden. Wenn es gelingt, die ganze Kunstgeschichte bis in die Neuzeit derart aufzuarbeiten, so werden wir einen Atlas ohnegleichen empfangen. Br.
Leopold Ziegler, Florentinische Introduktion zu einer Philosophie der Architektur und der bildenden Künste. Leipzig, Felix Meiner, 4 Mk.
Mit außerordentlichem Vergnügen folgt man diesem ästhetischen Anschauungsunterricht, worin an Brunelleschis Bauten (Domkuppel, Palast Pitti, S. Spirito) die Gesetze der Architektur, an Michelangelos florentiner Bildwerken die der Plastik und an Masaccios Malereien die des Freskos entwickelt werden. Sie fallen natürlich im Kopf des reinen Denkers sehr streng aus und ganze Kunstepochen, wie das Barock könnten davor nicht bestehen. Auch pflegen die Künstler kraftvoller Schöpfungszeiten ein Gesetz der Freiheit in sich zu tragen, das aller Zähmung und Belehrung spottet. Aber für das Urteil des Genießers, zumal des grüblerischen Deutschen ist eine solche denkende Vertiefung und Einbohrung doch sehr heilsam, zumal, wenn wie hier der Blick in alle Weiten und Breiten der Kunst und des Wissens herumgeführt wird. Die nötigen Bilder sind dem tiefgründigen Büchlein beigegeben. Br.
Wilhelm Worringer, Die altdeutsche Buchillustration. München und Leipzig, R. Piper & Co., geb. 7 Mk.
Hier liegt ein Buch vor, an dem man eine ganze, ungemischte Freude hat. Nachdem einleitend die Entwicklung der mittelalterlichen Buchmalerei und die Anfänge des Holzschnittes in den Blockbüchern skizziert ist, werden Anfänge und Fortschritte des mit Holzschnitten illustrierten Buches und zwar sehr geschickt nach den Druckorten, Bamberg, Augsburg, Ulm, Köln, Mainz, Nürnberg, Basel, Straßburg, Lübeck beschrieben, woran sich die Vollender schließen, Dürer und sein Kreis, Hans Baidung, Urs Graf und Holbein. Es ist in hohem Maße belehrend und genußreich, an der Hand der eingedruckten 105 Proben zu verfolgen, wie aus den primitiven, noch auf Handbemalung berechneten Umrissen eine selbständige Schwarzweißkunst wird, die nun, ihrem Stil als Flächenkunst getreu, den völligen Einklang mit dem Druckbild sucht und erreicht oder andererseits unter den Händen von Malern der Bildwirkung nachstrebt, Gegensätze und Probleme, die schon von den Primitiven manchmal mehr unbewußt, von Dürer und Holbein einsichtig und vollkommen gelöst wurden. Das Buch ist famos gedruckt und ausgestattet, und es würde sicher noch einheitlicher wirken, wenn statt der Antiqua eine fette gotische Type verwandt wäre. Br.
VERMISCHTES
In Steyr wurde eine dem Andenken an Franz Wickhoff gewidmete Gedenktafel enthüllt. Sie trägt die Inschrift; »In diesem Hause wurde am 7. Mai 1853 Franz Wickhoff, o. ö. Professor der k. k. Universität in Wien, der Begründer der Wiener Schule der Kunstgeschichte, geboren. Gestorben zu Venedig am 6. April 1909«.
Inhalt:Der X. Intern, kunstgesch. Kongreß in Rom. — Zum Jubiläum des Leipziger Kunstvereins. — Friedrich Beer †. — Personalien. — Wettbewerb: Berliner Opernhaus. — Denkmalpflege in Potsdam. — Das rheinische Bismarckdenkmal; Denkmal für Franz Abt; Orabmal für Wilhelm Jensen. — Ausstellungen in Berlin, Chemnitz, München. — Literatur. — Vermischtes.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
G. Pauli.
Kunstgeschichte in Bildern. Neue Bearbeitung. I. Teil, Das Altertum: 2. Heft. Babylonisch-assyrische Kunst, von C. Frank. 3. Heft. Kretisch-mykenische Kunst, von Franz Winter. Leipzig, E. A. Seemann, je 1. 20 Mk.
Die unhandlich große erste Ausgabe wird hiermit durch eine glückliche, höchst zeitgemäße Neubildung ersetzt. Auf je 16 Großoktavblättern sind in kleinem Maßstab je 16 bis 20 oder mehr Aufnahmen in chronologischer oder sachlicher Ordnung vereinigt. Einige Textseiten dienen zur Orientierung. Ein großartiges, bisher weit zerstreutes Studienmaterial kann hiermit einem Blick überflogen werden. Wenn es gelingt, die ganze Kunstgeschichte bis in die Neuzeit derart aufzuarbeiten, so werden wir einen Atlas ohnegleichen empfangen. Br.
Leopold Ziegler, Florentinische Introduktion zu einer Philosophie der Architektur und der bildenden Künste. Leipzig, Felix Meiner, 4 Mk.
Mit außerordentlichem Vergnügen folgt man diesem ästhetischen Anschauungsunterricht, worin an Brunelleschis Bauten (Domkuppel, Palast Pitti, S. Spirito) die Gesetze der Architektur, an Michelangelos florentiner Bildwerken die der Plastik und an Masaccios Malereien die des Freskos entwickelt werden. Sie fallen natürlich im Kopf des reinen Denkers sehr streng aus und ganze Kunstepochen, wie das Barock könnten davor nicht bestehen. Auch pflegen die Künstler kraftvoller Schöpfungszeiten ein Gesetz der Freiheit in sich zu tragen, das aller Zähmung und Belehrung spottet. Aber für das Urteil des Genießers, zumal des grüblerischen Deutschen ist eine solche denkende Vertiefung und Einbohrung doch sehr heilsam, zumal, wenn wie hier der Blick in alle Weiten und Breiten der Kunst und des Wissens herumgeführt wird. Die nötigen Bilder sind dem tiefgründigen Büchlein beigegeben. Br.
Wilhelm Worringer, Die altdeutsche Buchillustration. München und Leipzig, R. Piper & Co., geb. 7 Mk.
Hier liegt ein Buch vor, an dem man eine ganze, ungemischte Freude hat. Nachdem einleitend die Entwicklung der mittelalterlichen Buchmalerei und die Anfänge des Holzschnittes in den Blockbüchern skizziert ist, werden Anfänge und Fortschritte des mit Holzschnitten illustrierten Buches und zwar sehr geschickt nach den Druckorten, Bamberg, Augsburg, Ulm, Köln, Mainz, Nürnberg, Basel, Straßburg, Lübeck beschrieben, woran sich die Vollender schließen, Dürer und sein Kreis, Hans Baidung, Urs Graf und Holbein. Es ist in hohem Maße belehrend und genußreich, an der Hand der eingedruckten 105 Proben zu verfolgen, wie aus den primitiven, noch auf Handbemalung berechneten Umrissen eine selbständige Schwarzweißkunst wird, die nun, ihrem Stil als Flächenkunst getreu, den völligen Einklang mit dem Druckbild sucht und erreicht oder andererseits unter den Händen von Malern der Bildwirkung nachstrebt, Gegensätze und Probleme, die schon von den Primitiven manchmal mehr unbewußt, von Dürer und Holbein einsichtig und vollkommen gelöst wurden. Das Buch ist famos gedruckt und ausgestattet, und es würde sicher noch einheitlicher wirken, wenn statt der Antiqua eine fette gotische Type verwandt wäre. Br.
VERMISCHTES
In Steyr wurde eine dem Andenken an Franz Wickhoff gewidmete Gedenktafel enthüllt. Sie trägt die Inschrift; »In diesem Hause wurde am 7. Mai 1853 Franz Wickhoff, o. ö. Professor der k. k. Universität in Wien, der Begründer der Wiener Schule der Kunstgeschichte, geboren. Gestorben zu Venedig am 6. April 1909«.
Inhalt:Der X. Intern, kunstgesch. Kongreß in Rom. — Zum Jubiläum des Leipziger Kunstvereins. — Friedrich Beer †. — Personalien. — Wettbewerb: Berliner Opernhaus. — Denkmalpflege in Potsdam. — Das rheinische Bismarckdenkmal; Denkmal für Franz Abt; Orabmal für Wilhelm Jensen. — Ausstellungen in Berlin, Chemnitz, München. — Literatur. — Vermischtes.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig